Romane & Erzählungen
Apokalypse der Unterwelt 1 - Kapitel 1

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"Apokalypse der Unterwelt 1 - Kapitel 1"
Veröffentlicht am 24. Juni 2011, 24 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Über den Autor:

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Apokalypse der Unterwelt 1 - Kapitel 1

Apokalypse der Unterwelt 1 - Kapitel 1

Beschreibung

Katja ist nicht die, die sie zu sein scheint. Doch leider weiß sie das selbst noch nicht. Der Montag, an dem sie ihm begegnete, verändert alles. Doch was hat er mit ihrer Vergangenheit, Zukunft und der toten Ellie zu tun?

Kapitel 1- Entschuldigung, woher kennen wir uns?

 Eigentlich wollte ich, wie jeden Montagabend, zu Tanzen gehen. Aber dummerweise wurde die Straße, an der ich sonst vorbeiging, neu gemacht. Ich musste also einen Umweg gehen. Entschieden hatte ich mich für den Park. Ich war spät dran, noch später als sonst. Gerade wollte ich in die Seitenstraße einbiegen- da sah ich ihn.

Er stand lässig an einen Baum gelehnt und schaute auf den Boden. Ich starrte ihn an. Da hob er seinen Kopf und begegnete meinem Blick. In dem Moment hätte ich wegschauen sollen, aber sein Blick fesselte mich. Er sah unheimlich und gefährlich aus, aber das Unheimliche hat mich schon immer angezogen. Es schien wie eine Ewigkeit, die Zeit hatte ich komplett vergessen. Die Szene hätte direkt aus einem dieser Filme sein können. Waren hier irgendwo Kameras? Nee, das war ziemlich unwahrscheinlich, hier in unserer kleinen Stadt. Obwohl... Er kam mit ruhigen Schritten auf mich zu. Wie einer dieser unglaublich attraktiven Bösen, die versuchen, die Guten rumzukriegen...
„Kennst du mich?“ Wohl doch nicht so gefährlich.
„Nein, äh, ... aber Sie sind irgendwie... gut aus... ich mein, faszinierend...“ Er lachte leise.
„Du kannst ruhig du zu mir sagen. So lange, wie ich dich schon kenne.“
Lange kennen? Er wirkte so vertraut, aber ich sah ihn wirklich zum ersten Mal in meinem Leben. Seine großen, dunklen Augen blickten mich an. Ich versank förmlich in ihnen. Als mich endlich wieder von seinen Augen losgerissen hatte, registrierte ich den Rest seines Gesichtes. Er hatte eine richtig blasse Haut, blasser noch als ich. Sein Gesicht war leblos, wenn er nicht lachte, er schien auch gar nicht oft zu lachen. Sein Mund war eine dünne Linie, Mundwinkel nach unten. Das ließ ihn älter aussehen, ich fragte mich sowieso, wie alt er war. Er hätte locker mein Vater sein können.
„Ich bin sogar noch viel, viel älter.“ Konnte er Gedanken lesen?
„Nicht direkt. Ich seh’ nur die Richtung, in die deine Gedanken gehen. Das hab ich achtzehnhundert-noch-etwas bei den tibetanischen Mönchen gelernt.“ Bitte was?
„Ich sagte doch schon, dass ich um einiges älter bin, als du denkst. Du kommst übrigens gleich zu spät. Wir sehen uns wieder.“
Er ging um mich herum und als endlich fähig war, mich umzudrehen, war er verschwunden. Erst im Bus fiel mir dieser Typ aus dem Park wieder ein. Bei Tanzen hatte ich ihn völlig vergessen. (Und natürlich war ich zu spät gekommen.) Ich fragte mich, wer er war, und wieso er mir so vertraut vorkam. Den ganzen Weg nach Hause grübelte ich.

„Wie kann man nur vergessen, jemanden zu fragen, wie er heißt! Das ist doch das erste, was man fragt, wenn man jemanden trifft.“
„Ach Jojo, du denkst doch auch nicht immer an alles... Aua!“
„Ein leichter Schlag auf den Hinterkopf soll wahre Wunder wirken.“
„Fragt sich, was du ‚einen leichten Schlag’ nennst!“ Da meldete sich unsere Französischlehrerin. „Bei der Stationsarbeit wird nur französisch gesprochen, wie oft soll ich das noch sagen?“
„Entschuldigen Sie bitte. Aber ich verstehe Katjas Französisch nicht.“
„Ich werd’ mir mehr Mühe geben, oui?“
Sie funkelte uns noch kurz durch ihre Brille an, dann widmete sie sich wieder dem Klassenbuch.

„Kommst du heut noch mit in die Stadt?“

„Ja klar. Hab ich dir heute früh schon gesagt. Womit wir wieder beim Thema Vergesslichkeit wären.“

„Ich höre immer noch kein französisch! Und ich bin mir sicher, dass die beiden Damen wissen, wie man sich auf französisch verabredet, nicht?“ Die nette alte Kuh stand direkt vor unserem Tisch.

„Pardon, Madame.“ Kaum war die ‚Madame’ wieder gegangen, fing Johanna wieder mit deutsch an: „Na okay, ich denk wirklich nich’ immer an alles... aber zu vergessen, jemanden nach dem Namen zu fragen, übertrifft echt alles!“

„On parle francais, Jo’anna!“

„Ach halt doch... ähm, n’importe qui!“

Von hinten flüsterte mir Essylt etwas zu.

„Was?“

„Katja, je voudrais... ach egal. Wie schreibt man das Scheiße-Wort auf französisch?“

C’est M-e-r-d-e.“ Essylt war eine Austauschschülerin aus Irland. Ihr Name ist so ähnlich wie das althochdeutsche ‚Ishilde’, also Isolde. Ihr Cousin hieß übrigens Tristan.

Die Schülerin, Emelie, bei der sie in Deutschland zu Gast war, machte den Tschechisch-Kurs, deshalb saß Essylt allein. Jo oder ich hätten uns ja gern zu ihr gesetzt, aber der strenge Sitzplan der ebenso strengen ‚Madame’ erlaubte dies nicht. In der Zehnten Klasse noch einen Sitzplan zu haben, war ziemlich dämlich, wie selbst unsere Klassenlehrerin fand. Aber wenn ‚Madame’ meinte, dass das unbedingt sein musste...

Ich fragte mich, warum wir ausgerechnet aus Irland Austauschschüler hatten. Aber durch die Zweisprachigkeit hatte unsere Schule ziemlich weitreichende Kontakte. Vor allem mit Tschechien, aber auch mit Ungarn, Niederlande, England und mit der Bretagne in Frankreich. Seit Neuestem eben auch mit einer irischen Schule. Neben Essylt waren noch Brian und Roxanne aus da. Da wir Grundschule, Mittelschule und Gymnasium unter einem Dach hatten, gab es zurzeit noch mehr Austauschschüler. Die Rumänen und Russen, die die Mittelschulklassen besuchten, blieben allerdings drei Tage länger als unsere Iren. Jojo hatte heimlich ein Auge auf diesen Dimitri geworfen, der hatte zu Hause aber eine Freundin. Sie hieß Ruxandra, das ist die russische Form von Roxanne, und war seinen - schwer verständlichen - Angaben zufolge bildschön und angehendes Model für deutsche Designer. Vielleicht hören wir ja mal was von ihr. Außer Dima waren noch Tamara, Franziska und Pavel aus Russland. Pavel war ein sehr kunstbegabter junger Mann, nach seinem eigentlichen Aufenthalt wollte er in unsere Klasse und nächstes Jahr Kunst als Leistungskurs machen. Endlich klingelte es zur Mittagspause.

„Neeiiin- wir schreiben dann Klassenarbeit Sorbisch! Katja, ich hab die Vokabeln nicht gelernt, kannst du mich abfragen?“ Die Schüler stürmten aus der Klasse, und wir waren mal wieder die Letzten. Pavel wartete vor der Tür. Er fand Essylt ziemlich toll.

„Hallo. Ich bin fertig mit Schule für heute.“

„Hey Pavel, wir schreiben noch Sorbisch, vielleicht darf Essylt auch schon eher gehen.“ Jojo zwinkerte ihr verschwörerisch zu, woraufhin Essylt die Augen verdrehte und ihre Wangen ein bisschen pink wurden. Also, ich fand, sie fand ihn auch ganz süß. Jojo und ich mussten die beiden dringend mal ein bisschen verkuppeln, sonst ging da nie was. Im Essensraum wartete Emelie schon auf Essylt. Sie blickte Pavel finster an, sie hatte nicht viel übrig dafür, dass ihre Austauschschülerin mit einem, ihrer Meinung nach, ‚zwielichtigen Russentypen’ anbändelte.

„Emelie, was gibt’s heute?“ fragte Essylt mit angewidertem Blick.

„Ach, das Schulessen ist manchmal ziemlich... also nicht schön, aber hoffentlich selten.“

„Und was genau ist das heute?“

„Naja, das ist Essen B . Es gibt ja auch noch A und C. Was hast du bestellt?“

„Ich glaub’ A.“ Das war Milchreis. Johanna hatte einmal in ihrem Milchreis ein Stück Fleisch gefunden, und im Kompott war ein Fingernagel. Seitdem aß sie das in der Schule nie wieder.

„Du hast mir immer noch nicht gesagt, was du hattest, Emelie.“

„Offiziell heißt es, es sei panierter Brokkoli mit Röstkartoffeln und Rohkost.“ Jojo und ich hatten heute C, das waren Rührei mit Kartoffeln und Spinat. Also wenn das wässrige Pulverzeug hier Rührei sein sollte, dann wusste ich nicht, was das leckere Zeug zu Hause war, das mein Papa immer machte. Jojo behauptete hartnäckig, das Zeug hier, das sich Rührei nennt, sei ein Eigenname für gebratenes Wasser mit irgendwas drin, was kein Ei war. Wir aßen nur die Kartoffeln, der Spinat sah aus wie schon mal durchgekaut. Zum Glück würde sich das alles hier ab dem nächsten Schuljahr ändern. Die Schülersprecher setzten sich schon einem Jahr dafür ein, dass wir unser Essen nicht mehr von einem Großbetrieb bekamen. Mit Anfang des neuen Schuljahres würde es hier eine Cafeteria mit FRISCHEM und APPETITLICHEN Essen geben.

„Kommst du heut eigentlich mit in die Stadt?“

„Zum dritten Mal, Johanna: Jahaa!“

 

„Wann kommt noch mal dein Bus?“

„16.23 Uhr.“ Wir liefen zur Ampel vor dem Einkaufscenter, schräg gegenüber von meiner Bushaltestelle. Es war schwül heute, die Wolken hingen träge herab und die Schwalben flogen tief. Wahrscheinlich würde es anfangen zu regnen, bevor ich nach Hause kam. Zum Glück hat mir mein Opa früh Bescheid gesagt, sonst hätte ich gar noch Sandalen angezogen. Bei der Sonne war kaum etwas auf dem Display zu erkennen, weswegen ich angestrengt auf mein Handy starrte.

„Vorsicht, Katja!“ Irgend so ein Typ kam mit Sturmschritten auf mich zu und rannte mich fast um, ich versuchte auszuweichen, stolperte und klatschte hin. Mein Handy fiel mir aus der Hand, direkt auf die Straße. Das schwarze Auto machte eine Vollbremsung und kam kurz vor mir zum stehen. Ich glaubte, ich müsste sterben. Jojo schrie dem Typen böse Dinge hinterher, die man sonst nur aus amerikanischen Truckerfilmen kennt. Als ich versuchte, aufzustehen, gaben meine Knie nach. Ich blieb auf der Straße sitzen. Die Autotür öffnete sich, jemand ging um das Auto herum und kam auf mich zu. Mir blieb fast das Herz stehen.

„Alles klar bei dir, Süße?“ Der Typ aus dem Park... reichte mir seine Hand, ich rappelte mich hoch und starrte ihn an.

„J... ja.“ Er hatte mein Handy aufgehoben und reichte es mir. Es hatte offensichtlich überlebt, war aber, anders als ich, schwer verletzt. Das war schon das dritte Mal in seinem kurzen Leben, dass es mir auf die Straße fiel.

„Darf ich dich nach Hause fahren?“ Irgendwann muss wohl mein Gehirn ausgesetzt haben, denn...

„Ja,“ hauchte ich. Johanna stand mit offenem Mund auf dem Bürgersteig. Ihr Blick sprach Bände. Nicht mit Fremden mitgehen... NICHT mit Fremden mitgehen...

Ich stieg ein. Hinter uns hupten andere Autos, die weiterfahren wollten. Er fuhr los. Im Rückspiegel sah ich Johanna, die uns sorgenvoll hinterher blickte.

 

Nach der Kurve fuhr er über den Supermarktparkplatz um zu wenden, denn zu mir nach Hause ging es genau in die andere Richtung. Wir würden wieder an Johanna vorbeifahren. Sie sah mich zum Glück nicht, sie starrte nachdenklich auf den Bürgersteig. Sie machte sich schreckliche Sorgen um mich. Fast überkam mich so was wie Schuldgefühl, bis mir wieder einfiel, wer neben mir saß. Mit der linken Hand hielt er das Lenkrad fest, die rechte Hand hielt er mir hin und sah mich fragend an. Ich nahm sie. Nervös und unsicher, brauchte ich irgendwas, an dem ich mich festklammern konnte. Es beruhigte mich. Mein Herzschlag beschleunigte sich allerdings sofort wieder, als ich sah, mit welcher Geschwindigkeit er durch die Stadt brauste.

„Solltest du nicht auf die Straße achten?“ Er verdrehte die Augen und grinste, richtete seinen Blick aber auf die Fahrbahn. Ich sollte nicht in seinem Auto sitzen, wer wusste schon, ob er mich auch wirklich nach Hause fuhr, und nicht sonst wohin, wo er...

Schreckliche Bilder von in finsteren Kellern eingesperrte Mädchen überkamen mich. Ebenso furchterregende Zeitungsartikel von entführten Kindern und Vergewaltigern... Als er meine Hand leicht drückte, vergaß ich das alles wieder und schaute ihn an. Er entzog mir seine Hand und legte sie aufs Lenkrad. Hätte er nicht tun sollen, denn mir fielen jetzt auch noch Horrornachrichten aus dem Fernsehen ein. Gleichzeitig wurde mir... Oh nein, litt ich etwa an Stockholm-Syndrom? Konnte man überhaupt von Stockholm-Syndrom sprechen, wo er mir bis jetzt noch gar nichts getan hatte?

„Würdest du die finsteren Gedanken bitte unterbrechen?“

„Gibst du mir wieder deine Hand?“

„Wie war das mit ‚auf die Straße achten’?“ Offenbar blickte ich ihn sehr verständnislos an. „Ich kann mich so nicht konzentrieren.“ Wir standen an einer Baustellenampel, er beugte sich zu mir rüber und küsste mich neben den Mund. Für einen Moment schloss ich die Augen und gab mich ihm hin. Als er sich wieder von mir weglehnte, öffnete ich die Augen wieder. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand eine alte Omi, die uns geschockt anstarrte. Ich musste einfach breit grinsen. Sie warf uns noch einen bösen Blick zu, dann ging sie kopfschüttelnd weiter. Mein schöner Chauffeur hatte ebenfalls ein verschmitztes Grinsen im Gesicht. Die Ampel schaltete auf grün und er fuhr weiter. Die restliche Fahrt verlief in einem angenehmen Schweigen.

Ich wohnte im letzten Haus im Dorf, auf der rechten Seite. Er fuhr an unserer Ausfahrt vorbei und hielt kurz dahinter an.

„Sehen wir uns wieder?“ Meine Eltern waren zu Hause, also rechnete ich nicht damit, dass er mit rein kam.

„Bald.“ Das war so ziemlich die Antwort, die ich in dem Moment hören wollte. Ein letzter tiefer Atemzug, dann stieg ich aus. Ich spürte seinen Blick auf mir, als ich um den Fliederbusch bog.

 

Mittwoch hatten wir so gut wie keine Schule. Unsere Klasse war geteilt in künstlerisches und naturwissenschaftliches Profil, genau wie unsere Parallelklasse, von denen die Hälfte hatte mit uns, künstlerisches Profil, Unterricht. Die Lehrerin hatte wie immer keinen Plan, die erste Stunde saßen wir rum, die zweite Stunde saßen wir im Computerkabinett rum und in der dritten Stunde schrieben wir einen 10-Minütigen Test in Informatik. Den Rest der Stunde bekamen wir frei. In der Vierten Stunde führte uns der Lehrer ein Experiment vor und danach hatten Schultanzgruppe und Orchester eine Probe für das Abschlussprogramm vor der Zeugnisausgabe der Zwölften. Also die Hälfte der Klasse und die Austauschschüler.

Jo war leider nicht mit dabei, sie gehörte zum Nicht-Tanzgruppen-Teil unserer Klasse und musste Geografie mit den anderen machen. Mit den Leuten der Tanzgruppe und aus dem Orchester in unserer Klassenstufe entschieden wir uns, siebte und achte Stunde ‚ausfallen’ zu lassen.

Ich ging zu Jojo nach Hause, setzte mich vor ihren Fernseher auf die Couch und zockte Playstation 3 bis sie nach Hause kam. Sie wunderte sich erst gar nicht, das machte ich öfter so. Jo brachte aus dem Briefkasten einen ganzen Stapel Zeitschriften mit, den wir durchblätterten.

„Wovon träumst du nachts? Von A: deinem Freund/Traumtyp, B: Monster in deinem Zimmer oder C: deiner beruflichen Zukunft?“ Johanna stand voll auf die Psychotests in den Zeitschriften. Zu Weihnachten hat sie drei Zeitschriften abonniert bekommen, die so ziemlich einzigen Seiten, die sie liest, sind Witzeseiten und Psychotests. Ach ja, aus den Fotoromanen zeichnete sie des öfteren auch das eine oder andere Bild.

Wenn nicht immer so seltsame Antworten und Ergebnisse wären, würde ich das ja auch gern machen. Aber so hatte ich wenigstens etwas zu lachen.

„A.“

„Ich kann mir vorstellen, wer.“

„Ach echt? Bitte keine blöden Anspielungen... nächste Frage Jojo.“

„Mensch, wenn du gestern nicht angerufen hättest, ich hab mir solche Sorgen gemacht... ich stand kurz davor, die Polizei anzurufen!“

„Das hast du gestern schon am Telefon gesagt, Jojo. Müssen wir das jetzt gleich noch mal ausdiskutieren?“

„Ja! WAS HAST DU DIR DABEI GEDACHT?“

„Du bist so launisch heute, hast du deine Tage?“

„Nein, ich mach mir nur Sorgen um dich! Du warst ja schon immer verrückt, aber... wer weiß, wohin das führt... ich bin froh, wenn du dem Typen nie wieder begegnest!“ Ich hatte ihr den Großteil der gestrigen Autofahrt verschwiegen. Sie hätte sich nur noch mehr darüber aufgeregt. Johanna war früher nie so, aber seit dem Unfall vor ein paar Monaten machte sie sich viel zu viele Sorgen. Wenn Ellie noch da wäre... würden wir uns wohl wie immer streiten, aber ein wenig vermisste ich selbst das.

„Ach Katja... Ich bin heute mit dem festen Vorsatz aufgestanden, dir keine Vorwürfe zu machen, aber...“

„Du machst dir nur Sorgen. Und ich bin seit Montag so ziemlich der unverantwortlichste Mensch, dem ich je begegnet bin.“

„Glaubst du, ich werde je wieder normal?“

„Die einzige, die nicht normal im Kopf ist, bin ich. War schon immer so.“

„Wir haben uns alle so verändert. Ich wünschte, das wäre nie passiert...“ Ich wusste genau, wovon sie redete. Jo stand immer noch jeden zweiten Donnerstag vor Ellies Grab und gedachte ihr. Sie weinte nicht, Jo weinte selten, aber sie stand einfach nur da und war ganz traurig.

„Jojo, wir werden irgendwann darüber hinwegkommen. Wie heißt das doch, die Leber wächst mit ihren Aufgaben.“

„Ach Katja, das sagst du so leicht. Du hast nie groß um irgendwen getrauert, nach ein paar Wochen war immer alles für dich erledigt... Und ich vermiss sie immer noch so!“

„Glaubst du, ich vermiss sie nicht? Aber sie ist nun mal nicht mehr da, daran kann ich nichts ändern. Also behalt ich sie lieber in guter Erinnerung, statt um sie zu...“

„Du frisst das alles in dich rein!“

„Glaub’ ich nicht. Aber Tod gehört zum Leben dazu, damit hab ich mich früh abgefunden.“ Meine Tick-Tack-Oma, als Kleinkind dachte ich, es heißt ‚Uhr’-Oma, ist gestorben als ich fünf war. Mein Opa mütterlicherseits bereits, als ich drei war. Ich weiß nicht mehr genau, wie ich das verarbeitet hab, aber als kleines Mädchen hatte ich sicher ganz eigene Vorstellungen davon, was nach dem Tod passiert. Irgendein Gefühl sagte mir immer, dass es den Menschen nicht schlecht ging. Ich glaubte nicht an eine Hölle. Welcher Mensch war so abgrundtief böse, dass er das verdient hätte?

„Ach Katja.“

„Ach Jojo.“

„Was ist, wenn er dir was antut? Dann hab ich dich auch nicht mehr!“

„Nicht weinen, Jo. Ich weiß, dass ich ihm vertrauen kann.“

„Deswegen mach ich mir ja solche Sorgen!“

„Ich bleib bei dir. Da drin. Genau wie Ellie.“ Ich legte ihr die Hand auf ihr Herz und umarmte sie. Ganz fest. Sie weinte mir das ganze T-shirt nass. Es tat mir so Leid...

„Schon gut. Ich musste mich einfach nur mal ausheulen.“ Jojo hatte Stress mit ihrer Mutter und Stress in der Schule. Beides ziemlich schlimm sogar. Kurz vor Schuljahresende noch jeden Tag Arbeiten und so viele Hausaufgaben, von denen ich nur ca. die Hälfte machte, weswegen ich weniger Stress hatte... Bis Jojo heulte, brauchte es ziemlich lange. In meinem ganzen Leben habe ich sie nur ca. dreimal weinen sehen.

„Du musst los. Dein Bus kommt gleich.“ Jo lächelte mich tapfer an.

„Bis morgen, Schatz. Ich ruf dich an, Jojo.“

„Ich komm noch mit zur Haustür.“

Ich zog mich an und schulterte meine Tasche. Wir gingen aus der Wohnungstür und Hand in Hand die Treppe runter.

Vor der Haustür stand... Er.

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Schumanski
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Beplinerin Du kennst ja meine Meinung schon... - ... aber ich sag 's gerne noch mal: Mir gefällt 's.
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