Kurzgeschichte
Träume

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"Träume"
Veröffentlicht am 04. Juni 2011, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Träume

Träume

Beschreibung

Nach längerer Schaffenspause und Abstinenz melde ich mich mit diesem Text wieder. Aber keine Angst, dieses Mal gibt es keine gezwungenen Reime, stattdessen eine Kurzgeschichte, die ich persönlich für eines meiner bisher besten Werke zähle.

Endlich konnte er ihr sein Herz ausschütten, endlich konnte er ihr erzählen, dass seine Gedanken in letzter Zeit nur um sie kreisten. Auf einmal war alles so einfach, er konnte es geradewegs sagen und das in einem sehr lockeren Ton, der trotzdem den ernsten Charakter dieses Gespräches bewahrte und so eine intime Atmosphäre, die zwischen den beiden so noch nie herrschte, herstellte. Sie hörte ihm aufmerksam zu und zeigte dann eines ihrer schönsten Lächeln, dass von ihrer inneren Glückseligkeit zeugte, denn es war auffallend überzeugend und versetzte ihre gesamte Umgebung in Glücksgefühle. Es war wie im Traum, als ihm klar wurde, dass dies auch nur einer war.

Da saß er nun völlig ausgehungert im chinesischen Imbiss, für den er sich des Geldes wegen und seinem Wunsch folgend, endlich wieder chinesisch zu essen, entschied. Er war nicht alleine, doch fühlte es sich für ihn so an. Ihm gegenüber saß sein Freund, dem er allerdings nicht viel Beachtung entgegenbringen konnte, denn er war beschäftigt, beschäftigt mit seinen Gedanken. Er musste sie ordnen, denn auch, wenn sie sich alle nur um eine Person drehten, waren sie doch wirr. Vor ihm stand ein Teller Bami Goreng, das in diesem Lokal überraschenderweise Bambi Goreng hieß, doch tat dies dem Essen keinen Abbruch. Es schmeckte ihm - ziemlich gut sogar. Plötzlich keimte in ihm das Gefühl der Neugierde wie ein Pflanzensamen auf, genau wie die Verblüffung , denn in diesem Moment vibrierte es in seiner Hosentasche und er fragte sich, bei wem er in diesem Moment gefragt sein könnte. Das Essen ließ er links liegen und griff nur in die Hosentasche: "1 neue Nachricht" stand auf dem glänzenden Display seines Handys. Doch wie es der Zufall, oder besser das Schicksal wollte, lieferte dieses noch keine Informationen über den Absender, denn dieser war unbekannt. Dies steigerte noch einmal die Neugier, die inzwischen die Keimung abgeschlossen hatte und somit auch nach außen sichtbar wurde. Dies äußerte sich an seinen leicht zittrigen Fingern, mit denen er die Nachricht auf den Touchscreen öffnete. Ein Moment vollkommener Stille trat ein, nur das Geräusch des Schmatzens seines Freundes konnte man wahrnehmen. Doch dieses hörte er nicht, denn er übergab seine komplette mentale Anwesenheit vollständig an das Handy. Er las und las und las und um sicher zu gehen, las er nochmal. Als er sich dann sicher war, kam es in ihm auf, das Gefühl der Übelkeit, aber nicht etwa vom Essen. Nein, es lag an der Person, die ihm geschrieben hatte.

Den ganzen Tag schon zeigte er einen ambivalenten Charakter, der einerseits ein klares Ziel verfolgte, andererseits aber zögernd war beim Versuch dieses zu erreichen. Erst seit kurzem war er sich dem ganzen Ausmaß seiner Gefühle bewusst, verschwieg sie dennoch weitestgehend. Immer wieder kamen Zweifel in ihm auf, denn seinem Unterbewusstsein ging diese Entwicklung zu schnelle und es versuchte noch ihm diese auszureden. 

Das Gefühl der Übelkeit wurde mittlerweile noch stärker und es entwickelte sich ein regelrechter Brechreiz. Immer noch war es still. Die Stille dauerte nun schon eine Minute. Es waren lange sechzig Sekunden, womöglich die längsten in letzter Zeit für ihn. Diese Stille fiel auf, so auch seinem Freund, der mit einem einzigen Blick auf das Handy sein Interesse ausdrückte. Doch er erhielt keine Antwort, das Stillschweigen wurde fortgesetzt. Nach einer Weile konnte er den Blicken jedoch nicht mehr standhalten und musste das Schweigen brechen. "Mir ist schlecht" lautete der unerwartete erste Ausspruch seinerseits, bei dem er gleichzeitig sein Essen weiter von sich weg schob. Ein leicht verstörter Blick seines Freundes sagte ihm, er solle die Geschichte endlich auflösen. Und so tat er es auch, er fasste sich ein Herz und ließ die Übelkeit in den Hintergrund geraten, einzig das Zittern schlug sich auf seine Stimme nieder. Er machte seinem Freund deutlich, wer ihm geschrieben hatte und dass diese Person mit ihm ins Kino gehen wollte. Nun verstand sein Freund alles, denn das Zittern des ganzen Körpers, das den Magen so vibrieren ließ, dass ihm schlecht wurde, ließ keinen anderen Schluss zu. 

Es vergingen einige Momente zwischen höchster Begeisterung und äußerster Unsicherheit, in denen er die Realität vollends verlor und in Sphären idealistischer Träume eindrang, von denen er selbst überzeugt war, dass sie nur illusorisch sind. Trotzdem ließen sie ihn nicht los, aber das wollte er auch garnicht, denn zuweilen ist es schöner Illusionen auszuleben, als sich der kalten, harten, grauen Realität hinzugeben. Aber manchmal gehen Träume nicht in Erfüllung.  

 


 

 

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