Kapitel 3
Die  beiden Paradiesvögel hatten sich getrennt, Mihula war ins Innere des  Tals aufgebrochen, um den Tieren von der Versammlung zu berichten und  sie zu bewegen, es sich noch einmal zu überlegen und ihr zu Ben zu  folgen. Cula hatte den längeren Weg in das Gebirge auf sich genommen.  Sie wusste, die Aufgabe würde nicht leicht fallen, die Tiere waren  voller Verzweiflung und Angst. Sie hoffte aber darauf, dass sie an Ben  glauben würden, er wird bestimmt eine Idee haben, einen Plan. Das war  bislang immer so gewesen. Sie wusste aber auch, dass die Lage noch nie  zuvor so bedrohlich gewesen war. Endlich wurde es etwas kühler, es ging  auf den Abend zu, die Sonne machte sich auf, hinter den Bergen zu  verschwinden. Das passte ihr sehr gut, denn so würden die Tiere eine  Pause einlegen, sich von den Strapazen erholen und auf den Morgentau  warten, um wenigsten etwas Flüssigkeit zu bekommen. Es dauerte auch  nicht lange, da entdeckte sie die große Familie der Affen. Das war ihre  Chance, wenn sie die überreden könnte, würde es auch bei den anderen  Tieren nicht schwer fallen, denn die Affen waren sehr intelligente  Tiere, die einen hohen Stellenwert unter den Bewohnern des Tals  innehatten. Sie schienen Rast zu machen. Schnell ließ sich Mihula etwas  fallen und landete sanft auf einem kleinen Baum, direkt neben dem Lager  ihrer Freunde. Der Baum war bereits komplett ausgetrocknet und welk. Die  Paradiesvogeldame musste an Ben denken, hoffentlich wird er noch genug  Kraft haben, sein Volk zu führen. 
 Gogon, der Kopf der Affenfamilie hatte sie mittlerweile entdeckt und  blickte sie fragend an. „Mihula, was machst du hier? Ist mit Cula alles  in Ordnung?“ fragte er besorgt. „Cula ist auf dem Weg in die Berge, die  anderen Tiere holen.“
 „Die Tiere holen? Warum sollten sie zurück ins Tal wollen? Wir müssen hier weg Mihula, wir werden sonst alle verdursten.“
 „Ich weiß die Lage ist ernst, Gogon, aber ihr müsst umkehren, sofort!“ 
 „Wir werden nicht den ganzen Weg wieder zurück laufen, tut mir leid. Es wäre auch sinnlos, ich muss an meine Familie denken.“
 „Es ist aber lebenswichtig…..Ben….“
 „Was ist mit Ben? Wie soll uns ein Baum, der auch nicht mehr lange existieren wird, in dieser Situation zur Seite stehen?“
 „Glaub mir, Gogon, ich müsst mir zu Ben folgen, das seid ihr ihm schuldig!“
 „Und dann? Was sollte das bringen?“
 Mihula unterbrach den Affen bestimmt, obwohl sie nicht wusste, ob dass, was sie sagte, stimmte.
 „Ben hat einen Plan, uns alle zu retten.“
Ben  beobachtete, wie die Sonne hinter den Bergen verschwand. Bald würde sie  wieder aufgehen und der Tau seiner Blätter würde ihm vielleicht noch  einmal ein wenig Kraft verleihen. Aber er spürte, mehr als je zuvor,  dass die Lebensgeister begannen, ihn zu verlassen. Der Tag war lang  gewesen, immer mehr Blätter waren von seinen unteren Ästen abgefallen,  die Trockenheit war bereits an seinen beweglichen Ästen angekommen.  Sollte er die nicht mehr nutzen können, wäre das sein Ende. Verzweifelt  ließ er seinen Blick über das Tal gleiten, dann Richtung Gebirge. Wo  bleiben nur Cula und Mihula? Ist ihnen was passiert? Sie sind die  einzige Rettung. Denn mittlerweile hatte er eine Idee. Für diese musste  er allerdings hoffen, das Chorm und seine Wölfe die Quelle schnell  finden würden, besser noch, bereits gefunden hatten. 
 Ein stechender Schmerz durchfuhr ihn. Nie hatte er so etwas gespürt.  Seine Sinne schwanden, er war für einen nicht enden wollenden Augenblick  nicht in der Lage einen klaren Gedanken zu fassen. Panik überkam ihn.  War dass das Ende? Nein! Er nahm sich zusammen, kämpfte mit aller Macht  gegen den Schmerz an, versuchte seine Äste zu bewegen…. Nichts. Er  versuchte, seine Gedanken zu ordnen, seine Konzentration. Er wollte  schreien, um Hilfe rufen. Doch kein Laut drang aus seiner Krone. Er  mobilisierte alle Kräfte, die er noch in sich hatte. Nicht aufgeben!  Nicht…..aufgeben…. Immer wieder wiederholte er im Geist diese Worte.  Dann ließ der Schmerz nach. Langsam wich die Blockade. Sein rechter  großer Ast bewegte sich. Es war vorbei. Existierte er noch? Ja, er  spürte den Wind. Erleichterung machte sich in ihm breit. Dann öffnete er  die Augen. Doch die Welt war dunkel. Er konnte nichts mehr sehen.