Krimis & Thriller
Wenn eine Stadt im Schnee versinkt - oder wie Ochtrup das Schneechaos überlebte

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"Wenn eine Stadt im Schnee versinkt - oder wie Ochtrup das Schneechaos überlebte"
Veröffentlicht am 07. Dezember 2007, 42 Seiten
Kategorie Krimis & Thriller
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Über den Autor:

Verträumt.
Wenn eine Stadt im Schnee versinkt - oder wie Ochtrup das Schneechaos überlebte

Wenn eine Stadt im Schnee versinkt - oder wie Ochtrup das Schneechaos überlebte

Beschreibung

Während dank des Stromausfalls alles drunter und drüber geht, ermittelt der Ochtruper Kriminalkommissar Tom Klincke in seinem letzten Fall.

Blut im Schnee

Es war still um ihn herum und er spürte die Strömungen in der Luft, die durch den Ofen erzeugt wurden. Zufrieden ließ er den Tagesablauf wie einen Film vor seinen Augen abspielen. Ihn umfing ein Gefühl der Genugtuung. Er konnte sich rächen. Wenn auch nicht an der Person, die ihm vor zehn Jahren das Leben zerstört hatte. Dann musste er sich einfach an der ganzen Stadt rächen. Und schon bald würden die Einwohner dieses Kaffs merken, wer er war, dachte er. Schon bald.



*



Kommissar Klincke zog sich seinen samtschwarzen Mantelkragen bis zum Mund und blies Rauchkringel in die eisige Winterluft. Sein Hosensaum war schneegetränkt und seine Zehen spürte er schon seit langem nicht mehr. Beunruhigt lief er vorbei an den unbeleuchteten Häusern und seine Laune sank auf den Nullpunkt. Die schmale Straße engte ihn ein und er verfluchte wieder einmal dieses Höllenkaff. Wie gern hätte er diesen trüben Ort verlassen, nur seine Arbeit als Kriminaloberkommissar fesselte ihn an Ochtrup. Selbst seine in Ochtrupverliebte Frau Lisa, die vor einem Jahr durch einen tragischen Autounfall von ihm gegangen war, hätte ihn nicht am Gehen hindern können. Doch so waren ihm die Hände gebunden. Nach längerem Suchen fand er auch sein „Häuschen“, wie er es liebevoll nannte, indem ebenfalls furcht erregende Finsternis herrschte. Der Stromausfall hatte aus diesem ruhigen Örtchen wahrlich ein Gefängnis gemacht. Er war gerade dabei, mit gefrorenen Fingern den Haustürschlüssel in das Schloss zu fummeln, als sein einziges Verbindungsmittel zur Außenwelt, sein Handy, klingelte. „Tom! Bitte mach dich schnell auf den Weg zum Revier! Alles andere erklär ich dir später!“ Ihm blieb der Name „Tessa“ im Hals stecken- denn seine Kollegin hatte schon aufgelegt. In all den Jahren, in denen sie mehr oder weniger erfolgreich zusammengearbeitet hatten, hatte er sie nie so aufgeregt erlebt. Etwas in ihrer Stimme verriet ihm, dass es um etwas wirklich Wichtiges ging. Tessa Harke war von Natur aus eher ruhig und ausgeglichen, ihr Charakter spiegelte sich in ihrem Aussehen wieder: Die etwas gedrungene, mollige Figur, ihr langes, kräftiges, blondes Haar und ihre Polo-Tshirts in allen Farben, die einer Schuluniform glichen. Der Kommissar lief mit eiligen Schritten auf seinen dunkelblauen Mercedes der C-Klasse zu, der einzige Luxus den er sich gönnte, und drehte das Autoradio voll auf, bevor er den Motor startete und sich auf den Weg machte. Hätte er nicht lautstark einen Hit der 80’er mitgebrüllt, hätte er vielleicht das Handy auf seinem Beifahrersitz wahrgenommen, welches im Minutentakt läutete. Doch er bemerkte es nicht und es würde ihn zuerst schützen, dass er das Gespräch nicht annahm. Kaum hatte er das Präsidium erreicht, kam ihm auch schon eine tränenüberströmte Tessa in Begleitung des jungen Kollegen Schulz entgegen, der versuchte ruhig auf sie einzureden. Eine halbe Stunde später hatte Klincke von Schulz erfahren, dass Tessa vor zweieinhalb Stunden eine Nachricht von einem anonymen Anrufer entgegengenommen hatte, der behauptet habe, Tessas Cousine Annabelle sei umgebracht worden. Natürlich hatte Tessa dies sofort überprüft, indem sie bei ihrer Tante und ihrem Onkel vorbeigefahren war. Doch diese waren ebenfalls aufgewühlt und durcheinander, denn auch sie hatten kurze Zeit vorher dieselbe Nachricht erhalten. Annabelles Eltern hatten sofort bei Annabelles Freund angerufen, bei dem sie eigentlich das Wochenende hatte verbringen wollen, doch der gab an, Annabelle währe schon vor zwei Tagen zurück zu ihren Eltern gefahren. Kommissar Klincke war ein alter Hase in seinem Job und sein Gefühl sagte ihm, noch mal zu Annabelles Freund fahren zu müssen. Er musste durch die Ochtruper Innenstadt und kam vorbei an der alten Pumpe, an der rechts und links jeweils eine steinerne Figur zu sehen war und dessen Wasser er noch nie für sauber gehalten hatte. Seine Frau hatte ihr Leben lang versucht, ihm dieses Kaff schmackhaft zu machen und er hatte versucht den Ort als seine neue Heimatstadt zu respektieren. Nicht mehr und nicht weniger. Jetzt war sie nicht mehr da, ein Autounfall bei dem sie die Kontrolle über ihr Gefährt verloren hatte und gegen einen Baum geprallte war, hatte sie aus ihrem Leben gerissen. Dabei war sie sonst immerzu vorsichtig gefahren und für eine Frau war sie eine gute Autofahrerin gewesen, grübelte er. Das Klingeln seines Handys riss ihn aus den Gedanken und er nahm ab, in der Vorahnung mit Tessa zu sprechen. Doch es war nicht Tessa. Eine ihm fremde, dunkle Männerstimme drang in sein Ohr. „ Ich werde dich holen und mich rächen. Wie an dem Rest dieser verdammten Stadt. Wir sehen uns, verlass dich drauf.“ Dem Polizisten fuhr ein kalter Schauer über den Rücken und gleichzeitig trat ihm der Angstschweiß auf die Stirn, sodass seine Glatze im Sonnenlicht glänzte. Er hatte sich gerade wieder aufgerappelt und wollte dem Unbekannten etwas entgegnen, da hatte dieser schon aufgelegt. Benommen fuhr Klincke von der Hauptstraße in Richtung Rathaus und hielt für einen Moment an. Er konnte noch immer nicht begreifen, dass das was er soeben gehört hatte, der Realität entsprach. War dies der selbe Anrufer gewesen, der auch Tessa in Angst und Schrecken versetzt hatte? Klincke zwang sich zu einem Spaziergang und lief in Richtung Kirche. Aus seinem Besuch bei Annabelles Freund würde zumindest heute nichts mehr werden. Er war nun schon mehr als fünfundzwanzig Jahre im Dienst und er wusste, dass dies mit größter Wahrscheinlichkeit vorerst sein letzter Fall bleiben würde. Er ermittelte schon lange nicht mehr mit der Frische, die er vor zwanzig Jahren an den Tag gelegt hatte. Auf einmal schreckte er auf! Fast wäre er mit einem Postboten zusammengestoßen, der auf der falschen Straßenseite fuhr. Was fiel diesen Ochtrupern eigentlich ein, sich das Recht zu nehmen, auf der falschen Straßenseite zu fahren? Verärgert wandte er sich wieder seinen Überlegungen zu. Es war das erste Mal, in all den Jahren, dass eine seiner Kollegen Opfer einer solchen Drohung wurde und gerade bei Tessa, seiner Lieblingskollegin, tat es ihm im Herzen weh, sie so leiden zu sehen. Auf seinem Weg kam er auch am Stüwwenkopp vorbei und sein Blick fiel auf ein Gebüsch, unweit des zugefrorenen Brunnens. Sein Blick blieb an einem roten Etwas hängen, das er beim genaueren Hinsehen als roten Rucksack identifizierte. Er war sicher schon bald eine Spur zu dem Verbleiben Annabelles zu finden. Denn im nächsten Moment nahm er ein kleines Namensschildchen wahr, auf dem in ordentlichen, kleinen Buchstaben geschrieben stand: Annabelle Marie Harke. Die Zeit verging wie im Flug, in der er seinen Fund zum Revier brachte und seinen Kollegen die weitere Vorgehensweise erläuterte. So war es schon stockdunkel, als er seinen Mercedes vor der Garage parkte. Der Bewegungsmelder erleuchtete den Vorgarten und eine Minute später stieß der Kriminaloberkommissar einen spitzen Schrei aus. Auf dem Puderzucker-ähnlichen Schnee fiel sein Blick auf eine große, runde Blutlache und eine blutgetränkte Nachtigall lag dort drin. Zum wiederholten Male an diesem Tag kam ihm der Gedanke, dass der Täter nicht nur ihm, sondern ganz Ochtrup schaden wollte. Klincke wandte sich angeekelt ab und übergab sich mitten im weißen Schnee. Fast hätte er vor Ironie lachen müssen. Seine Frau war Hobby-Töpferin gewesen und hatte die Ochtruper Nachtigallen geliebt.



*




Gewidmet dem echten Komissar Klincke der aber nicht Tom sondern Antonius heißt.

Der Schafstall

Paul reckte und streckte sich und sein Blick fiel auf den Heuballen, der nicht weit entfernt von ihm gegenüber seinem Schlafplatz lag. Zufrieden, die erste Nacht in diesem Mordswinter warm hinter sich gebracht zu haben, strich sich der Landstreicher über den ungepflegten Bart. Mehr Strom als er in dieser Schafshütte hatte, hatten die Menschen in der Stadt in ihren Häusern auch nicht, dank des Stromausfalls, sprach er in Gedanken zu sich selbst. Er war Stolz, die Entdeckung dieser Hütte gemacht zu haben. Er war bei einer seinen unzähligen Streifzügen gestern auf sie gestoßen. Auch wenn er wusste, dass sie jeden Moment drohte einzufallen, war er sichtlich zufrieden über dieses Dach über dem Kopf. Als erstes aber würde er sich auf Nahrungssuche machen, in dieser gottverlassenen Gegend. Zwar befand sich ein paar Meilen weiter ein großer Bauernhof, aber er war schließlich kein Dieb. Zumindest bis jetzt noch nicht. Eine Bretterlatte fiel wie aus dem Nichts vom Dach und ein kleiner Lichtstrahl erhellte das dunkle Innere des Stalls. Ein moderiger Geruch schlug Pauls Nase entgegen und kurze Zeit später erfüllte der Gestank den ganzen Raum. Vorsichtig stieg er die morsche Holzleiter hoch, in der Hoffnung dem Gestank auf den Grund gehen zu können. Der alte Mann wäre fast vor Schreck die Leiter hinuntergefallen, hätte er sich nicht an einem der Bretter festgeklammert. Denn vor seinen Augen erschien ein Bild des Grauens. Eine Person, die man anhand der wallenden langen, brünetten Haaren als Frau erkennen konnte, lag dort in der hintersten Ecke in einer unnatürlich zusammen gekrümmten Haltung. Ihre Augen waren schon verwest und an ihrem Mund konnte man nur noch die Ansätze ihres Lippenfleisches erahnen. Und dennoch lag sie dort so friedlich, man konnte es unschwer an ihren Gesichtszügen sehen, als wäre sie eben erst eingeschlafen. Paul kletterte hastig die Leiter hinunter, packte seine Sachen zusammen und brach auf. Je eher er diesen Ort verlassen würde, desto weniger Spuren würde er hinterlassen. Und wer würde schon einem alten Landstreicher glauben, der in seiner Einsamkeit zu allem bereit war? Er wusste es nicht und er wollte es auch nicht wissen.

*

Klincke fuhr in einem Tempo zum Präsidium, in dem jeder gewöhnliche Einwohner Ochtrups angehalten worden wäre. Die vergangene Nacht hatte er kaum geschlafen, gequält von den Gedanken an die blutige Nachtigall. Seine Kollegen hatten die Sache schon längst als „ Dummer Jungen Streich“ abgehakt, aber er war sich dessen sicher, dass es mehr war als das. Der Anruf brachte ihn zu der Erkenntnis, dass er den Täter kennen musste. Gedankenverloren arbeitete er eine Mordakte nach der anderen durch, bis er auf den Fall Annabelle Harke stieß. Annabelle war erst 20, dass bedeutete dass die Kollegen davon ausgingen, dass sie nach einer Party eben zu Leuten gegangen war, die den Eltern unbekannt waren. An einem Freitag war das ja nichts Ungewöhnliches. Aber hatte sie das wirklich getan? Was war denn dann mit ihrem Rucksack? Warum hatte sie ihn am Stüwwenkopp verloren. Den Inhalt des Rucksacks hatte der Kriminaloberkommissar sorgfältig durchgearbeitet. Selbst das Handy hatte er gründlich nach Daten und verdächtigen Mitteilungen durchsucht. Wie immer befahl ihm seine innere Stimme trotzdem noch einmal alle Kontakte auf dem Handy durchzugehen und alle Mitteilungen zu durchforsten. Tatsächlich stieß er im Posteingang auf eine Nachricht, die er vorhin übersehen hatte. Sie beinhaltete: „ Wir treffen uns heute Abend um 20 Uhr an der alten Eiche. Bring niemanden mit.“ Die Mitteilung war am Mittwoch um 15 .15 Uhr geschickt worden von einem gewissen Oliver. Natürlich, Annabelles Freund! Von Lisa wusste er, dass die alte Eiche in der Bauernschaft Wester lag und in unmittelbarer Nähe ein großer Bauernhof gelegen war. Der Kommissar schwang sich wieder auf sein Fahrrad und wollte nun den verpassten Besuch nachholen. Nun stand er vor einem großen, sicherlich mit viel Geld gebauten, modernen Einfamilienhaus und drückte den Klingelknopf. Ein gut aussehender junger Mann im Anzug und hochgekämmten Haaren stand vor ihm und stellte sich als Oliver Bäumer vor. Doch auch nach mehr als zwei Stunden Befragung konnte Klincke nur aus ihm herausbekommen, dass er dieses SMS nie geschickt habe und er nur wüsste, dass Annabelle vor ein paar Tagen zurück zu ihren Eltern gefahren sei.

*

Er hatte ein Opfer gefunden und es würde vorerst reichen. Zum Glück hatte er das Mädchen zum Schweigen gebracht, es hätte ihm nur weitere Schwierigkeiten bereitet. Nun würde er sich für eine Weile nur auf die Person konzentrieren, auf die er es wirklich abgesehen hatte. In Zukunft würde man ihm nur mit großer Ehrfurcht begegnen. Das war nur der erste Streich , und der zweite folgt sogleich, dachte er mit einem boshaften Grinsen auf dem Gesicht.

*



Ein alter Fall lebt wieder auf

Ein alter Fall lebt wieder auf
Nach mehreren strammen Märschen durch den kniehohen Schnee ließ sich der alte Mann erschöpft in den Schnee fallen. Paul fiel in einen Schlaf, aus dem er vorerst nicht wieder erwachen würde. Er schlief lange, er selbst wollte aber später nicht glauben, dass es sich um Wochen handelte. Als er aufwachte, befand er sich in einem warmen Bett, mit weißer Bettwäsche und eine freundliche, sanfte Stimme drang zu ihm: „Es freut mich, dass Sie endlich aufgewacht sind. Sie hätten an Unterkühlung sterben können, hätte man Sie nicht gefunden, Herr Fahle.“ Doch mehr bekam er nicht mit. Zum Nicken war er zu schwach, geschweige denn zum Sprechen. Seine Augen schlossen sich wieder und er sank wieder in einen tiefen Schlaf.
*
„Herr Klinke, schön Sie wieder einmal hier zu sehen Gratulation zu ihrer erfolgreichen Entdeckung.“ Mit leicht spöttelndem Ton in seiner Stimme und übertriebener Herzlichkeit empfing ihn Kollege Schulz. Etwas in der Stimme seines Kollegen sagte Klincke, dass sich die Entdeckung der Spur zu schnell herumgesprochen hatte. Die Polizeidienststelle in Nähe des großen Kindergartens war über und über bedeckt mit Schnee. Einzig und allein die Kinder, die er durch das Fenster beobachten konnte, hatten Gefallen an dem Schnee und lieferten sich eine wilde Schneeballschlacht. Zusammen mit Schulze fuhr er an den umgeknickten Bäumen und Strommasten bis zur Stadthalle. Er und Schulze waren ausgesandt worden, um das Chaos in der Innenstadt etwas zu regeln. Auffällig schlecht gekleidet, dachte der Kommissar, als er einem Mann mit gelblichen Zähnen und fettigen langen dunklen Haaren entgegenkam. Im nächsten Moment schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, dass er diesen Mann schon einmal gesehen hatte. Aber wo? Schweigen lief er an der Seite von Schulze und nahm sich vor, noch einmal die Akten durchzuforsten nach diesem Gesicht. Schulze regelten den regen Autoverkehr in der verschneiten Innenstadt, währenddessen Klincke versuchte Tessa auf Handy zu erreichen. „Tessa ich schicke dir jetzt per MMS ein Bild. Schau mal ob du das Gesicht in den Akten wieder finden kannst!“ Mit dieser Bitte legte er auf. Gerade in dem Moment ,als Klincke das große Schlangentatoo auf dem Oberarm des Mannes entdeckte und ihm vor Schreck fast der Pappbecher voll brühend heißem Kaffee verschüttet hätte, meldete sich Tessa: „Halt dich gut fest, Tom! Es ist Leif van Hooge, der Mann, der damals erst seine Frau ermordet hat und ihre Leiche dann in den nahen Teich geschmissen hat. Es ging damals um Eifersucht und auch ein bisschen Geld war in die Sache verwickelt. Ich kann dir die Akte ja mal rausgeben. Du und Schulze habt ermittelt. Dieser van Hooge hat dich damals vor allen Geschworenen einen Mörder genannt und dich auf ewig verflucht. Es tut mir leid.“ „ Schon gut, danke.“ In seinem Kopf fügte sich ein Puzzle zusammen, dass sich schon vor Ewigkeiten zusammenfügen hätte können. Doch er hatte es jedes Mal erfolgreich verdrängen können. Van Hooge war damals zu zehn Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden und hatte deshalb einen guten Grund gehabt ihn zu hassen. Klar hatte er vor einem Jahr, als er von der Freilassung van Hooges erfuhr, nicht gerade Purzelbäume vor Freude geschlagen, aber er hatte sich weiter dabei nichts gedacht. Das also war die Rache eines Mannes, dem er zehn Jahre seines Lebens genommen hatte. Eine blutige Nachtigall? Ein anonymer Anrufer? Sollte dieser Mörder etwas mit der Entführung Annabelles zu tun haben? Er wurde blass und Schulz musterte ihn mit besorgter Miene. Klar musste sich der junge Kollege Sorgen machen, wenn sein klappriger, alter Kollege nicht allzu gesund aussah, dachte er grimmig.
*
„…Leiche…Hütte…es war ein Mädchen…!“ Die Dienst habende Krankenschwester schlug die Hände vors Gesicht. Wusste dieser fiebernde alte Mann eigentlich, was er da sagte? „…Was hätte ich denn machen sollen…bin doch nur ein armer Penner…!“ Da ihr nichts Besseres einfiel, begab sich die Krankenschwester auf kürzestem Weg zur Krankenhauskapelle. Selbst wenn dieser greise Mann ein elender Mörder war, sie würde ihn nicht verraten. Als sie zu Pauls Zimmer zurückkam, bedachte Paul sie mit einem Lächeln. Als wüsste er, dass sie ihn schützte! Die Krankenschwester aber wusste nicht, dass sie mit Paul nicht allein im Raum war. Eine Person verfolgte jeden Schritt von ihr und zog daraus seine Schlüsse.
*
Die Scorpions brachten ihn mir ihrer „Hour One“ zu Hochstimmung, indem sie einfach immer und immer wieder durch die Autoanlage ihm ihr Lied entgegenschleuderten. Auf der Dienstleitungsstelle erwartete ihn die aufgebrachte Mutter von Annabelle, die es erfolgreich schaffte ihn wieder pessimistisch denken zu lassen. Ein Hagel Flüche und Beschimpfungen auf ihn und seine Kollegen hagelte auf ihn nieder und er versuchte der hysterischen Frau zu versichern, dass sie ihre Tochter schon bald finden würden, obwohl er sich dessen selbst nicht sicher war. Gierig stürzte er sich auf die Brötchen, die auf seinem Tisch samt einem Gruß von Tessa lagen, denn er hatte schon eine ganze Weile nichts mehr zu sich genommen. Kauend klickte er sich am PC durch die Fälle der letzten zehn Jahre. In diesem kleinen Örtchen gab es nicht viele Fälle vorzuzeigen, das meiste waren kleinere Diebstähle und Vermisstenmeldungen, bei denen meist die gesuchte Person nach 1-2 Tagen wieder da war. Dennoch fand er, wonach er gesucht hatte. Leif van Hooge, gebürtiger Ostberliner, hatte hier in Ochtrup als Schlosser bei van Delden gearbeitet. Weiter hinten in der Akte war vermerkt, dass dieser mehr als ein halbes Jahr krank geschrieben war. In dem Verfahren hatte van Hooge mehrmals angedeutet, Opfer seiner Kollegen zu sein. Welchen Grund aber hatten die Leute diesen Mann zu tyrannisieren. Abgesehen von seinem ungepflegten Äußeren, fiel Klincke ein. Klincke konnte einfach keinen Schluss aus dieser Akte ziehen. Was hatte dieser Mann ihm vorzuwerfen, bis auf die Tatsache dass Klincke mehr oder weniger Schuld war an seiner Festnahme war? Nach Dienstschluss schloss er seinen Drahtesel auf und radelte die Hellstiege entlang, danach weiter den Postdamm entlang. Er kam vorbei an den weiterführenden Schulen und ihm fiel auf, dass diese Gebäude offensichtlich geschlossen waren. Dank der Schneekatastrophe bekamen die Schüler und Lehrer schulfrei, was wohl beide Parteien gut aufnahmen, dachte er mit einem Grinsen. An der alten Ziegelei hielt er an und klingelte an einem nahe gelegenen Haus. Es öffnete eine hagere, erschöpft wirkende Frau mitte Vierzig, die er dank ihres Besuches auf dem Revier, schnell als Frau Harke erkannte. Er bat sie, ihm Annabelles Zimmer zu zeigen und nach einer Stunde gründlichsten Suchen hatte er eine handfeste Indizie. Es war zwar nur ein kleiner Zettel, eingelegt in ein kleines Schmuckkästchen- typisch Mädchen- auf dem in kritzeligen Lettern stand: „Treffen Mittwochabend 20 Uhr an der alten Eiche – Snake Fighter“ Natürlich sah er sofort das Schlangentatoo vor seinen Augen: Leif van Hooge musste sich Snake Fighter als Decknamen überlegt haben! Schnell loggte sich Klincke in den Computer ein, der gegenüber dem großen Fenster stand und stellte fest, dass Annabelle und Leif mehrere Wochen lang miteinander gechattet hatten. Es waren keine Anzeichen für eine Affäre da und er nahm an, sie war ihm in gewisser Weise ein Freund geworden. Eine verhängnisvolle Freundschaft?! Der Kommissar bemühte sich einen klaren Kopf zu bekommen und wollte nun schleunigst zur alten Eiche gelangen. Eine Weile später, er war garantiert schneller als es erlaubt war gefahren, unterhielten sich der Kriminalhauptkommissar Leitner und seine Kollegen schon mit einer aufgeregten Bäuerin, die nicht auf den Punkt kommen wollte. Leitner drängte sie, bis sie ihnen schließlich erzählte, dass sie eine zusammengeschlagene Frau bei sich aufgenommen hatte. Da sie im Moment kein Auto besaß und wegen des Schnees kein einziger Notfallwagen fuhr, auch die Telefonleitungen waren lahm gelegt, pflegte sie die Unbekannte so gut sie konnte. Sie ließen sich die Frau zeigen und trotz ihrer schweren Verunstaltung, ihre Augen waren blau-lila und ihr Augenlied war stark geschwollen, erkannte Klincke Frau Harke auf Anhieb. Zusammen mit Schulz trugen sie die Frau auf die Rückbank seines Mercedes. Während sie an der Gaststätte Blancke vorbeifuhren, verhörten sie die Frau, so gut es ging. Sie bekamen einzig und allein heraus, dass Frau Harke von dem anonymen Anrufer beauftragt worden war zur alten Eiche zu kommen und eine bestimmte Menge Lösegeld gegen ihre Tochter einzutauschen. Wie naiv konnte man sein, auf diesen alten Trick hereinzufallen, dachte Klincke. War ja kein Wunder, schließlich war sie Ochtruperin! Die hielten doch alle Menschen für ehrliche Menschen! Frau Harke war, wie auch anders, von hinten überrascht und zusammengeschlagen worden. Wie lange sie dort gelegen hatte und wer der Täter gewesen war, konnte sie ihnen nicht mehr sagen.
*
Endlich war er aufgewacht und bekam erst jetzt mit, dass er eine neue Zimmergenossin bekommen hatte und verlegt worden war. Na hoffentlich war sie nicht so eine Schnatterliese, dass konnte er gerade jetzt nicht gebrauchen. Doch sie sollte sich als nützlich erweisen. Paul stellte sich schlafend und bekam mit, dass sie und der Polizist, der vor ihrem Bett stand, sich über die alte Eiche unterhielten. Nun kamen sie auf einen Täter zu sprechen. Pauls Interesse war geweckt; hatte das alles mit der Leiche in seiner Hütte zu tun? In dieser Nacht sprach er wieder im Fiebertraum dieselben Worte, wie in der Nacht vorher bei der Krankenschwester auf der Intensivstation. Die Frau neben ihm schlief nicht so fest, wie sie vorgab und hörte jedes Pauls Worte. Doch er wusste es nicht.
*
Er saß zufrieden im Alt Ochtrup. Bei einem heißen Kakao feierte er still und heimlich seinen Sieg. Er war doch klüger als sie alle zusammen. Es würde nicht das letzte Mal sein, das er zuschlug. Zufrieden trank er aus, bezahlte und stapfte durch den Schnee, bis ihn die Dunkelheit verschlang.

Eine Leiche und viele Fragen

Als er es erfuhr, überkam ihn ein Gefühl der Erleichterung. Sie hatten eine neue Spur. Er war sich sicher, dass der alte Mann von seiner Entdeckung, nicht aber von seiner Mordtat gesprochen hatte. Frau Harke hatte es ihm im Vertrauen erzählt, was sie gehört hatte, und sie hatte es sich nicht nehmen lassen, ihm die bis jetzt nicht sehr erfolgreiche Ermittlung unter die Nase zu reiben. Klincke sah es der Frau an, dass sie es wirklich quälte hier liegen zu müssen, ohne etwas für ihre Tochter tun zu können. Über Handy erreichte er Tessa und erklärte ihr innerhalb einer Minute, wohin die Kollegen kommen mussten. Wie jeder Mann in seinem Alter war auch Klincke geizig und angesichts seiner Benzinkosten allein in dieser Woche, sah er schwarz. Trotzdem schmiss er den Motor an und nach einer Viertelstunde „mittleren“ Tempos kam er an der alten Schafhütte an. Nicht ohne vorher mehrere Passanten nach dem Weg zu dieser verlassenen Gegend zu fragen. Die dienst habende Ärztin Frau Dr. Altmann und die Pathologie Münster, b.z.w zwei ihrer Leute, waren auch schon angetroffen. Sie hatten keine Beweise und sie hatten den alten Mann auch nicht mehr fragen können, denn er war vor einem Tag an Folge seiner schweren Lungenentzündung verstorben. Jetzt hoffte Klincke inständig darauf, auch wirklich eine Leiche vorzufinden, allein wegen der vielen Leute, die vor Ort waren. Zögernd setzte sich das Ärzte-Polizistentrupp in Bewegung und gründlich wurde jeder Winkel des kleinen Hüttchens durchsucht. Klincke malte sich schon aus was dieser kleine Ort für eine Berühmtheit werden würde, angesichts des Leichenfunds, als von oben ein Ruf erklang: „Wir haben sie gefunden. Es ist eine Frau. Geschätztes Alter 20.“ Der Kriminaloberkommissar zuckte zusammen, er hatte gehofft Annabelle lebend wieder zu finden, so wie er es ihrer Mutter versprochen hatte. Er ließ seinen Blick auf die halb skelettierte Leiche gleiten, ohne den geringsten Zweifel, dass es Annabelle war. Sein Magen rebellierte gegen den Gestank, der von der Leiche ausging und er wandte sich angeekelt ab. Schon auf der Polizeischule hatte er den Anblick von Leichen gehasst, es war ein Grund mehr in Ochtrup zu bleiben, wo es fast nie Mordfälle gab. Nun würde ihm anhand der Beweislage, die SMS, nichts anderes übrig bleiben, als den jungen Bäumer festzunehmen. Obwohl seine Vernunft sich wehrte, musste er Oliver Bäumer vorerst als möglichen Mörder von Annabelle ansehen. Mit einem Kloß im Hals ging er zurück zu seinem Mercedes.
*

Sein Opfer war gefunden worden. Beunruhigt lief er durch den Raum und sah sich nervös mehrmals um. Im unteren Stockwerk saßen die vielen Leute, die nur hier warmes Essen bekommen konnten. Unbemerkt stahl er sich aus der Stadthalle und rief sich ein Taxi.















Auf den zweiten Blick

Auf den zweiten Blick
Alle wichtigen Zeugen waren tot. Klincke blieb einzig und allein die verzweifelte Frau Harke. Er hatte soeben den Obduktionsbericht erhalten. Nun war sein trauriger Verdacht bestätigt worden: Bei der weiblichen Leiche handelte es sich um Annabelle Harke. Der Kommissar wagte sich nicht Tessa oder Frau Harke unter die Augen zu treten. Aber einer musste wenigstens Annabelles Mutter die schreckliche Nachricht überbringen, und wie in so vielen Fällen dieser Art war das Los auf ihn gefallen. Tessa natürlich ausgenommen. Von außen wirkte er nun mal wie ein ruhiger, freundlicher alter Polizist. Doch seit Lisas Tod war aus ihm mehr und mehr ein Griesgram geworden, der sich dieser schweren Aufgabe nicht gewachsen fühlte. Seufzend ließ er von seinen Gedanken ab und stand schließlich vor Harkes Haustür. Schon bevor er etwas sagen konnte, las er in Frau Harkes Augen das Wort „Versager“. Er sprach nur drei Worte, doch sie sagten alles. Es war einen Moment lang bedrückende Stille bis Herr und Frau Harke in heftiges Schluchzen ausbrachen. Sie sagten kein Wort, doch ihre anklagenden Blicke reichten aus und offenbarten ihm mehr als nur Worte. Klincke schämte sich, vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben. Er war zu spät gewesen, um ihre einzige Tochter zu retten. Obwohl er selbst nie Kinder gehabt hatte, verstand er die Verzweiflung und Wut dieser Eltern. Als er im Auto saß, konnte er einfach nicht fahren. Tränen, die sich in all den Jahren angesammelt hatte, brachen aus ihm heraus. Er weinte wie ein kleines Kind. Der Kommissar war fest entschlossen, wenigstens Annabelles Mörder ausfindig zu machen. Das war er ihren Eltern schuldig. Klincke arbeitete die Nacht durch und schließlich fand er etwas, was er längst hätte sehen müsste. Verglich man die Mitteilungen von Snake Fighter und Oliver, sah man, dass sie zeitlich übereinstimmten. Er hatte im Dunklen getappt, während der Mörder draußen frei herumlief. Das war doch kein Zufall! Angenommen, eine der beiden Personen hatte beide Nachrichten geschrieben, grübelte er, hatte derjenige mit der einen Nachricht die andere verdeckt. Aber wer von beiden war es gewesen, oder kam nun noch eine dritte Person ins Spiel? Auf einmal waren wieder alle Karten offen. Er konnte wieder von vorn anfangen. Auf dem Revier angekommen, teilte er alle Kollegen für die verschiedenen Aufgaben ein, ausgenommen Tessa, die sich vernünftigerweise beurlauben hatte lassen. Schulze fuhr zu Oliver und Klincke machte sich auf den Weg zu van Hooges jetzigem Wohnsitz.
*
Er blickte sich um und tauchte zwei Finger in das kalte Brunnenwasser, Vor ihm thronte die Ochtruper Nachtigall. Der letzte Schritt musste noch vollzogen würden, dann würde er im Ausland untertauchen. Nie wieder würde er dieses Ochtrup betreten müssen. Er lächelte.
*
Leif van Hooge, ein groß gewachsener, muskelbestählter Mann im Alter von 45 Jahren, saß in seinem Büro und hatte die Beine auf dem Schreibtisch hochgelegt. Der Blick auf den Mann neben sich gerichtet. Klincke war gerade dabei ihn nach seinem Alibi zu fragen. „Schön dich endlich wieder zu sehen, Klincke. Hab schon Jahre auf dich gewartet!“ Ohne den Sinn von Leifs Satz zu hinterfragen, fuhr er unbeirrt fort. „Herr van Hooge, wo waren Sie Mittwochabend um 20 Uhr?“ „ Das haben Sie doch soeben auf dem Zettel da vorn gelesen.“ Van Hooge wies auf die Mitteilung, die Klincke in Annabelles Zimmer gefunden hatte. Er spielt mit mir, schoss es Klincke durch den Kopf. Sie spielten dieses Katz-Mausspiel schon über eine Stunde. Allmählich hätte es einen Sieger geben müssen. „Also geben Sie zu, Frau Harke zusammengeschlagen und Annabelle Harke umgebracht zu haben?“ Leif van Hooge starrte trotzig in die Luft. „Ich gebe gar nichts zu!“ Nach einer halben Stunde Befragung wusste Klincke genauso viel wie vorher. Schulz und er berieten sich in der Mittagspause kurz und jeder schilderte seine Befragung. „Oliver ist völlig durch den Wind. Er hat heute erst von Annabelles Tod er fahren. Er hat irgendeinen Mist geredet. Er sprach von einem Mann, der ihm versprach sie lebend zu lassen. Und was von Geld. Aber ich denke, damit können Sie nicht viel anfangen, Herr Kollege?!“ Natürlich konnte er mehr als viel damit anfangen! Endlich begriff er: Oliver wurde von van Hooge erpresst! Ihm fiel erst jetzt ein Detail der Akte ein, das er bis jetzt übersehen hatte. Nicht nur er hatte Schuld an van Hooges Festnahme gehabt, sondern auch ein zehnjähriges Mädchen, dass die Liebschaft ihrer Mutter Marie Laat und Leif van Hooge ausgeplaudert hatte. Es fiel ihm wie Schuppen von den Augen: Das Mädchen musste an die zwanzig sein und die Beschreibung passte haargenau auf Annabelle Harke. Ihre Mutter war die Geliebte von Leif van Hooge gewesen? Spielte sie in dieser Sache vielleicht doch eine größere Rolle, als er bereits vermutete hatte?
*
Er sah an den Augen des Polizisten, dass er alles wusste. Jetzt war keine Zeit mehr, um ins Ausland zu fliehen. Er wollte sich dem Schicksal stellen. Mit dem Fahrrad fuhr er an der verlassenen Lambertischule vorbei, die vor seinen Augen plötzlich erleuchtete. Endlich war er am Bahnhof angekommen. Kurz bevor er sich auf die kalten Schienen legte, dachte er: Es ist vollbracht! Ich habe mich gerächt!

Alles klärt sich auf

Alles klärt sich auf
Klincke saß seit geringer Zeit im Wohnzimmer der Harkes. Herr Harke erklärte gerade, dass die Affäre seiner Frau schon lange kein Thema mehr sei. Wie Unrecht er nur hatte, kam es Klincke in den Sinn. Wie die damals zehnjährige Annabelle allerdings der Liebschaft ihrer Mutter auf den Grund gegangen war, konnte sich Herr Harke nicht erklären. Frau Harke schwieg zu diesem ungemütlichen Thema. Sie war sich relativ sicher gewesen, dass diese Sache Grund für die Entführung ihrer Tochter gewesen sei, hatte es aber wegen ihrem mangelnden Vertrauen in die Polizei nie ausgesprochen. Und als der Kriminaloberkommissar eine Weile später mit Schulz bei Oliver saß, erfuhren sie, dass van Hooge Oliver jahrelang erpresst hatte. Seine Eltern hatten eine kleine Firma, und ein beträchtliches Vermögen, so hatte van Hooge von Oliver Schutzgeld für Annabelle gefordert. Oliver hatte alles bezahlt, aber als Annabelle drohte zur Polizei zu gehen, hatte Leif sie mit einem Ast erschlagen, als sie sich mit ihm an der alten Eiche getroffen hatte. Bis vor einem Jahr hatte Annabelle nicht gewusst, wer sich im Chat hinter Snake Fighter verbarg. Bis sie ihn in der Essensausgabe des Deutschen Roten Kreuzes anhand seiner Schlangentatoos wieder erkannt hatte. Van Hooge hatte Annabelles Leiche in die abgelegene Schafshütte gebracht und hatte sich aus dem Staub gemacht. Auf die Frage, warum Oliver denn nicht zur Polizei gegangen wäre, brach dieser in heftiges Schluchzen auf. Es war ein komisches Bild: Ein Polizist und ein weinender 24-jähriger. Oliver schrie aufgebracht: „ Sie haben ja keine Ahnung, wie ich mich gefühlt habe. Entweder hätte ich meinen eigenen Cousin Leif verraten oder ich hätte nur ein bisschen Geld blechen müssen. Wie hätten Sie es denn gemacht?!“ Klincke dachte grimmig, ob hier wohl jeder mit jedem verwandt war? Auf der Polizeidienststelle herrschte Trubel. Ein Mann hatte sich selbst umgebracht. Er hatte sich auf die Schienen gelegt und um ca. 13 Uhr hatte er sein Ende gefunden, als der heranrasende Zug nicht mehr rechtzeitig zum Stehen kam. Der Strom war zu Ochtrup zurückgekehrt und für Klincke war der Fall nun abgeschlossen. Denn nur eine halbe Stunde später war klar: Der Tote ist Leif van Hooge.
Die Totenglocken läuteten und die Lambertikirche war proppenvoll. Der alte Landstreicher Paul und der Mörder Leif van Hooge sollten zu Grabe getragen werden. Die Kirche erstrahlte in ihrem ganzen Glanz. Ein älterer, schon weißhaariger Pastor hielt andächtig die heilige Messe. Denn obwohl beide Verstorbene kaum Angehörige hinterlassen hatten, waren die beiden Seitenschiffe zum Altar hin voll besetzt. Klincke dachte an seine Frau Lisa, die sicher stolz auf ihn gewesen wäre. Zum ersten Male in zwanzig Jahren fühlte er sich so richtig wohl hier in Ochtrup. Fast hatte er allen Argwohn gegen diese kleine Stadt im Münsterland vergessen.
*
Tessa Harke setzte ein halbes Jahr mit ihrer Arbeit als Polizistin aus, da sie den Tod ihrer Cousine Annabelle nicht wirklich verkraften konnte. Oliver Bäumer fand erst vier Jahre später eine neue Freundin, die er ehelichte. Tom Klincke arbeitete noch ganze fünf Jahre als Kriminaloberkommissar, bis er in den verdienten Ruhestand ging. Er blieb sein Leben Lang in Ochtrup.
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momo93
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Gast Re: -
Zitat: (Original von Gast am 16.12.2010 - 16:17 Uhr) Manchmal ist die relative Chronologie nicht ganz klar.

bin kein gast, nur nich eingeloggt, findest mich unter Toimion
Vor langer Zeit - Antworten
Gast Manchmal ist die relative Chronologie nicht ganz klar.
Vor langer Zeit - Antworten
momo93 Re: super -
Zitat: (Original von Meerjungfrau am 09.12.2010 - 23:45 Uhr) eine total spannende story, sehr gut geschrieben

Danke, Danke :-)
Ich wundere mich, dass sich nochmal wer bei dieser Geschichte verirrt hat !

GLG,
Maren
Vor langer Zeit - Antworten
Meerjungfrau super - eine total spannende story, sehr gut geschrieben
Vor langer Zeit - Antworten
Dragonfly *deleted* Moin ! - Ich muss zu meiner Schande gestehen, das ich diese Story nicht ganz bis zuende gelesen habe.
Aber eines war mir anfangs gleich bewußt.
Du hast einen wundervollen Erzählstil!
Ich werde bei Zeiten diese Story ganz und gar lesen in Ordnung?
bis dahin für das Handwerkliche schon mal fünf Punkte!
Willkommen!
Gruss
Stefan
alias Dragonfly
Vor langer Zeit - Antworten
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