Biografien & Erinnerungen
Manchmal

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"Manchmal"
Veröffentlicht am 29. Januar 2011, 4 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Manchmal

Manchmal

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Manchmal hole ich aus dem hintersten Winkel meines Kleiderschrankes einen kleinen, abgewetzten Pappkarton hervor.

Gestern war es wieder soweit. Alleine zu Hause, die Stille und die Wärme des Kaminfeuers genießend, setzte ich mich mit dem Karton auf das Lammfell (war nie zur Jagt gewesen, deswegen habe ich auch kein Tigerfell) vor dem Kamin.

Viele von Euch werden ihn noch kennen: Original lagen darin einmal 20 Bögen Briefpapier und darüber auf zwei Stapeln verteilt 20 Briefumschläge. Inzwischen liegen nur noch einige, schon leicht vergilbte und abgegriffene Briefe darin. Sie stammen aus einer Zeit, als es keine E-Mails, Simse und auch noch wenig Telefon gab.

Obenauf liegt ein Brief von einer ehemaligen Brieffreundin. Der Briefumschlag ist mit bunten Filzstiften bemalt. Blumen im Wind und um die Briefmarke herum eine Sonne. Herzenswärme. Genüsslich lese ich die Zeilen, wie schon so oft. Erst heute fällt mir die etwas wacklige Kinderschrift auf. Aber super- im ganzen Brief kein Rechtschreibfehler und auch kein durchgestrichener Buchstabe oder so. Und das ohne dem Button "Rechtschreibprüfung" ;-)

Als nächstes fällt mein Blick auf einen Brief von meiner Mutter an ihre Mutter, meiner Oma also. Den Brief hab ich mir als Kind bei der Oma stibitzt. Zu der Zeit war ich der Meinung, Briefmarken sammeln zu müssen. Ein fehlender Brief ist nie aufgefallen- eine fehlende Briefmarke wäre das bestimmt.

Da fiel mir ein, was für ein fast feierlicher Moment es war, wenn meine Mutter früher so ca einmal in drei Monaten Briefe an die Verwandtschaft schrieb. Sie klappte die Nähmaschine zu und legte auf das so entstandenen Tischchen eine Plastik-Schreibunterlage. Nachdem sie Kaffee oder Tee bereitgestellt hatte, setzte sie sich nieder und nahm einen sg. Füllfederhalter zur Hand. Wir Kinder schlichen durch die Wohnung um sie nicht zu stören. Selbst mein Vater hatte plötzlich etwas im Keller zu erledigen. Als Jüngster durfte ich Muttern hin und wieder mal zuschauen. Was sie schrieb war mir eigentlich egal. Aber mich faszinierte (noch bis heute) ihre Handschrift. Gestochen scharf, jeder Buchstabe auf der virtuellen Linie befindlich und nach oben immer den gleichen Abschluß. Und das ganze nicht wie üblich nach rechts geneigt, sondern scharf nach links. Später in der Schule habe ich oft versucht, so zu schreiben. Naja, Gott oder wer auch immer hat mir lieber ne Axt in die Hand gegeben als einen Federhalter. 

Zärtlich und in Gedanken verloren faltete ich den Brief wieder zusammen. Eine Erinnerung an meine Mutter......und auch an meinen Vater.....ich war ein glückliches Kind ;-))))))

Kaum hatte ich den Karton wieder im Schrank versenkt, hörte ich Schritte auf der Treppe. Meine Frau kam etwas früher von Arbeit nach Hause. Ein Schmunzeln huschte über mein Gesicht- noch vor fünf Jahren war sie "nur" eine Online-Bekanntschaft. Unsere Wohnorte lagen über 500 km auseinander......

 

Zum Glück ist der Computer erfunden worden!!!

 

 

 

 

 

 

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BusOlaf2

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BusOlaf2 Re: gefällt mir... -
Zitat: (Original von LePoeteMos am 11.02.2011 - 13:18 Uhr) ...deine Art zu schreiben,

lg Michael


Hallo Michael,

danke für deine Worte. Allerdings....an deine Art zu schreiben komm ich lange nicht ran. Bin aber auch kein Schreiber, eher der Lesetyp.

LG
Olaf
Vor langer Zeit - Antworten
BusOlaf2 Re: -
Zitat: (Original von Majakana am 04.02.2011 - 23:43 Uhr) Eine sehr schöne Geschichte ;o)
Stimmt ein wenig nachdenklich, bringt einen selbst zum Schmunzeln... Lang lang ists her mit dem Briefe schreiben. Ich selbst habe eine ähnliche Kiste. Deine Geschichte vermittelt mir, das beides seine Zeit und beides seinen ganz persönlichen Charme hat und das beides prägend und schön war.


Da hast du recht....alles hatte bzw. hat seine Zeit. Ich denke aber auch, dass die Zeit des handschriftlichen Briefeschreibens noch lange nicht vorbei ist.
Vielen Dank für deine netten Zeilen!!!

LG
Olaf
Vor langer Zeit - Antworten
Majakana Eine sehr schöne Geschichte ;o)
Stimmt ein wenig nachdenklich, bringt einen selbst zum Schmunzeln... Lang lang ists her mit dem Briefe schreiben. Ich selbst habe eine ähnliche Kiste. Deine Geschichte vermittelt mir, das beides seine Zeit und beides seinen ganz persönlichen Charme hat und das beides prägend und schön war.
Vor langer Zeit - Antworten
UteSchuster Re: Re: lieber Olaf, -
Zitat: (Original von BusOlaf2 am 29.01.2011 - 19:38 Uhr)
Zitat: (Original von UteSchuster am 29.01.2011 - 19:22 Uhr) nun hast du mir ein Stück meiner Mama und ein Stück meiner Briefeschreibeleidenschaft zurückgegeben. O ja die Briefmarken, diese wunderschönen bunten Bildchen, Klasse und dann die Briefe, ich habe Regenbogen und was weiß ich noch auf das papier gemalt. Meine Mutti hat Gedichte in ihre Briefe eingebaut, o wie schrecklich peinlich. Eine Gedichte schreibende Mutter, das geht gar nicht. Nun weiß ich auch warum mein Sohn mich milde belächelt ;-) eine Gedichteschreibene Mutter ;-))))).

Aber ohne den Computer, hätte ich keine Bücher geschrieben, hätte kein mystorys, würde dich jetzt nicht lesen und würde mich nun auch nicht an die Briefe meiner Mutter erinnern.

Danke und ganz liebe Grüße

Ute


Danke für diesen schönen Kommentar. Private Briefe wechseln heutzutage wirklich nur noch per online, nur einige amtliche Briefe tragen noch Briefmarken....schade um ein Stück Kultur.

LG
Olaf



wenn du wüsstest was ich an Porto im Monat habe (oje, wenn das mein Mann wüsste ;-) ) würdest du in Ehrfurcht erstarren. Ich schreibe wirklich noch Briefe, packe Packerl und habe den liebsten Briefträger der Welt. Müsste ich alles selbst zur Post tragen, würde ich vielleicht weniger Packerl in die Welt schicken.

Liebe Grüße Ute
Vor langer Zeit - Antworten
BusOlaf2 Re: lieber Olaf, -
Zitat: (Original von UteSchuster am 29.01.2011 - 19:22 Uhr) nun hast du mir ein Stück meiner Mama und ein Stück meiner Briefeschreibeleidenschaft zurückgegeben. O ja die Briefmarken, diese wunderschönen bunten Bildchen, Klasse und dann die Briefe, ich habe Regenbogen und was weiß ich noch auf das papier gemalt. Meine Mutti hat Gedichte in ihre Briefe eingebaut, o wie schrecklich peinlich. Eine Gedichte schreibende Mutter, das geht gar nicht. Nun weiß ich auch warum mein Sohn mich milde belächelt ;-) eine Gedichteschreibene Mutter ;-))))).

Aber ohne den Computer, hätte ich keine Bücher geschrieben, hätte kein mystorys, würde dich jetzt nicht lesen und würde mich nun auch nicht an die Briefe meiner Mutter erinnern.

Danke und ganz liebe Grüße

Ute


Danke für diesen schönen Kommentar. Private Briefe wechseln heutzutage wirklich nur noch per online, nur einige amtliche Briefe tragen noch Briefmarken....schade um ein Stück Kultur.

LG
Olaf
Vor langer Zeit - Antworten
UteSchuster lieber Olaf, - nun hast du mir ein Stück meiner Mama und ein Stück meiner Briefeschreibeleidenschaft zurückgegeben. O ja die Briefmarken, diese wunderschönen bunten Bildchen, Klasse und dann die Briefe, ich habe Regenbogen und was weiß ich noch auf das papier gemalt. Meine Mutti hat Gedichte in ihre Briefe eingebaut, o wie schrecklich peinlich. Eine Gedichte schreibende Mutter, das geht gar nicht. Nun weiß ich auch warum mein Sohn mich milde belächelt ;-) eine Gedichteschreibene Mutter ;-))))).

Aber ohne den Computer, hätte ich keine Bücher geschrieben, hätte kein mystorys, würde dich jetzt nicht lesen und würde mich nun auch nicht an die Briefe meiner Mutter erinnern.

Danke und ganz liebe Grüße

Ute
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