Kurzgeschichte
Tornados in Schweden

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"Tornados in Schweden"
Veröffentlicht am 21. November 2007, 6 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Tornados in Schweden

Tornados in Schweden

Lachend schob ich mich durch die Tür und hielt sie für die Personen hinter mir fest. Umklammerte dabei meine volle Badetasche und hielt mein Gesicht in die kühle Brise. Leicht flatterten meine noch nicht ganz trockenen, schulterlangen Haare um meinen Hals. Ich kicherte. Ließ die schwere Tür wieder fallen und ging den anderen im schnellen Tempo hinterher. Kicherte immer noch. Plötzlich blieben sie stehen und redeten, lachten sich an. Ich gesellte mich dazu, stellte mich neben sie und schaute auf den leeren, unbelebten Platz. Vögel flatterten auf und ließen sich wieder auf dem dunklen, grauen Beton nieder. Suchten einige Körner. Einzelne Menschen liefen an uns vorbei. Hetzend. Quatschend. Lachend. Weinend. Mit Mimik und Gestik in der Sprache. Mit vollem, unendlichen Leben in ihren Gesichtern. Jeder in seinen Mantel eingehüllt. Den Schal vor den Mund geklemmt. Roten Ohren und Nasen. Auf einmal fühlte ich etwas Warmes an meiner rechten Wange. Ich schloss die Augen und berührte die Stelle kurz. Vorsichtig. Öffnete wieder die Augen, drehte mein Gesicht etwas nach rechts und blinzelte den Sonnenstrahlen entgegen. Lächelte und schob versonnen den Hals zum Sonnenlicht. Nahm Stimmen war. Schloss die Augen wieder. Hörte ihnen zu. Kicherte erneut leicht, als mein Onkel von einer lustigen Geschichte erzählte. Ich liebte diese Witze. Seine Scherze. Kicherte weiter und drehte mich wieder zu meiner Familie. Etwas bimmelte hinter mir. Wendete mich um und sah meinen kleinen Cousin Fahrrad fahren. Wie er die Tauben jagte. Sich anschlich und dann mit hohem Tempo auf sie zu preschte. Dabei lachte und wie wild klingelte. Über den ganzen leeren Platz. Auf und ab. Dabei lachte. Auch meine Eltern sahen ihm dabei plötzlich zu. Lachten auch. Auf und ab. Geschichten. Phantasievolle Geschichten. Aus der Wirklichkeit. Von uns. Peinlich und doch so komisch. Ich stieß meine Tasche wieder weiter auf den Rücken. Ein unvergesslicher Urlaubstag. In Schweden. Oktober. Wolken schoben sich erneut vor die Sonne und ließen gleich den Tag etwas dunkler erscheinen. Der Wind wurde eisiger. Die Jacken wurden enger geschnürt. Mäntel höher gezogen. Grauer Himmel. Gedankenversunken blickte ich in die Ferne. In die kalte Landschaft. Bemerkte erst spät die dunkle Vorahnung. Zu spät. Erst durch das Kribbeln auf der Haut. Das ungewöhnliche Knacken. Unglaublich laute Knacken. Zuckte zusammen, als ich den Wirbel auf mich draufzukommen sah. Schlug die Augen nieder und richtete sie wieder angestrengt auf den Tornado vor mir. Das Knacken wurde lauter. Drängte sich dröhnend gegen das Trommelfell. Versuchte krampfhaft es zum Platzen zu bringen. Vergleichbar mit einem Stromzaun. Gänsehaut stellte sich auf meinem ganzen Körper auf. Das Lachen hinter mir versiegte. Nun waren alle Augen auf den Tornado kurz vor uns gerichtet. Tornados bestehend aus Strom. Tausendfach mehr Volt intus als ein gewöhnlicher Blitz. Und doch waren strahlten sie nicht. Sahen den normalen Tornados zum Verwechseln ähnlich. Mein Atem stockte. Sah auf einmal weitere Tornados. Schaffte es nicht sie zu zählen. Vor Angst. Um das eigene Leben. Sah mit weitaufgerissenen Augen meine Verwandten an. Sah, wie sie ratlos mit den Schultern zuckten. Merkte, wie sich plötzlich zwei Arme um mich schlangen. Sich vor Angst in mein Fleisch krallten. Lehnte mich den Tränen nahe an die warme Brust von meiner Ma. Schlug mir auf die Ohren. Konnte das immer lauter werdende Knacken nicht mehr ertragen. Kniff die Augen zusammen und sah mit an, wie die Tornados nach und nach die Stadt zerstörten. Leben ruinierten. Sah mit an, wie sich plötzlich ein Tornado auf uns drauf bewegte. Schneller wurde. Spürte, wie meine Ma mit einem sanften Schlag ihre Hände auf meine Augen knallte. Schwärze. Ich riss unsanft wieder die Hände von meinen Augen. Wollte alles mit bekommen. Das Ende des Lebens spüren. Am ganzen Körper. Hörte nur noch einen unglaublichen Knall und nahm mit angehaltenen Augen wahr, wie sich der Tornado teilte. Nach rechts abstreifte und der neue entstandene seine Bahn nach links wählte. Kurze Zeit später in das gläserne Reichsgebäude neben uns einschlug. Milliarden von kleinen, glasigen Splittern in die Luft gesprengt wurden. Hörte nur noch das verzweifelte Schreien meiner Tante nach meinem Cousin. Hörte wie Splitter Menschen trafen. Sich Löcher durch die Körper bahnten. Alles durchbohrten und alles zerrissen. In der Luft schwirrten. Uns miterfassten.

Dies ist ein wahrer Traum, den ich schon seit etwa zehn Jahren mit mir herumschleppe.

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