Kurzgeschichte
Gedanken

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"Gedanken"
Veröffentlicht am 17. Dezember 2010, 6 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Gedanken

Gedanken

Gedanken…

 

Es ist wie jedes Jahr…. Du kommst aus dem Sommerurlaub und wirst im Supermarkt mit Pfefferkuchen empfangen. Die ersten Stollen türmen sich, Weihnachtsmänner aus Schokolade winken Dir zu und ich hänge meine Nase bewusst in die Luft – ich glaube es riecht nach Räucherkerze oder ist es der Fleischer, der gerade räuchert?

 

Es ist wie jedes Jahr… Die Bäume haben noch Blätter, die beginnen, einen leichten goldenen Schimmer aufzulegen, da leuchten schon die ersten Schwippbögen in den Fenstern. In den Einkaufspassagen erschlägt mich die Weihnachtsdeko und Weihnachtsmusik dudelt unentwegt, so als Untergrundeinkaufsmusik, um die Kauflaune zu heben. Ist wissenschaftlich erwiesen…

 Und es ist wie jedes Jahr… man sagt, mir ist nicht wie Weihnachten… und ob es dieses Jahr vielleicht Schnee geben wird? Kann ja eigentlich nicht sein, wegen der ganzen Klimaerwärmung und so, da werden wir eher Plusgrade haben, oder?

 Ach ja - die Geschenke, das hat noch Zeit, wir wollen ja nichts überstürzen oder rausreißen. Man weiß ja auch gar nicht mehr, was man schenken soll…Was hatten wir bloß voriges Jahr geschenkt? Ich grüble…In den Nachrichten im Radio sagt der Sprecher, wir werden nach genauen Hochrechnungen dieses Jahr viel mehr Geld für Geschenke ausgeben als sonst. Na super, auch das noch, die Gedanken über Geschenke werden jetzt noch schwieriger. Ich lass mich vom Weihnachtsshopping anstecken, also auf geht’s in die Stadt…

 Es ist wie jedes Jahr, die Menschen werden hektisch, sie schupsen, drängeln, wühlen, schwitzen... Ausgesprochene Sätze werden kürzer, die gesprochenen Wörter werden härter. Ihre Augen wirken schmaler, die Lippen fest aufeinander gepresst. Wie Krieger, die in die letzte Schlacht ziehen.

 Früh ist es dunkel und nachmittags, wenn man nach Hause geht, auch. Aber es sind ja Gott sei Dank immer mehr Schippbögen, die leuchten. Wie kleine Sonnen. Und plötzlich schneit es. Wie jetzt, trotz Klimaerwärmung? Na ja, das bissel, bleibt ja eh nicht liegen. Aber mir fällt ein, dass ich ja noch die Pflanzen auf der Terrasse habe. Ich will sie reinholen, aber wohin?     oder lasse ich sie draußen? Wäre ja auch egal, kaufe ich mir eben nächstes Jahr Neue, wo doch alles jetzt so billig ist… Man ist nur im Stress und muss schwerwiegend Entscheidungen fallen….

 Und es ist wie jedes Jahr, die Benzinpreise schnellen in die Höhe. Die Busse sind nicht mehr pünktlich und kein Mensch weiß warum. Das bissel Schnee ist auch wieder weg. Meine Pflanzen sind immer noch draußen. Mist, hab ich glatt vergessen…

Das Laub an den Bäumen ist nicht mehr grün, auch nicht gelb, auch nicht rot, es ist weg, liegt unten. Man, da müssen wir in den Garten, Laub harken. Man kommt einfach nicht zum ausruhen.

 Und dann das: Es fängt wieder an zu schneien. Aber richtig. Und es wird kalt. Saukalt. Der Schnee bleibt liegen, es friert, wird glatt, es schneit erneut und friert, wird noch glätter. Meine Stiefel gehen kaputt, typisch, gerade jetzt... Das ist unfair, ich werde auch gereizt.

 Früh um vier der Schock, ein Blick aus dem Fenster, du denkst, du bist in Sibirien. Das gibt es doch gar nicht. Der Schnee türmt sich vor der Scheibe. In Sibirien haben die wärmere Temperaturen wie hier, sagen die im Radio... Ob ich heute pünktlich auf der Arbeit sein werde? Hoffentlich geht der Schnee wieder weg. Den kann keiner gebrauchen, nicht jetzt.

 Es ist wie jedes Jahr…Der Weihnachtsmarkt ist offen. Die Massen pflügen sich durch die Gänge, es riecht lecker und man gönnt sich was, so zur Belohnung für den ganzen Stress, den man hatte übers Jahr. Überall ist es laut. Die Autos fahren lauter, die Musik ist lauter, die Uhr tickt lauter…

 Gott sei Dank ist planungstechnisch wenigstens das Weihnachtsfest durchorganisiert. Wer macht was, wer schenkt was, wer kommt wohin oder geht wohin, alles geschmückt, alles besorgt. Jetzt ist fast soweit.

 Nein, es ist nicht wie jedes Jahr…

Es schneit weiter und weiter… Der Schnee türmt sich berghoch, hüllt alles ein. Die gewohnte Geradlinigkeit der Wege, Straßen, Wiesen, alles ist weg. Panik bricht aus, alle schimpfen, man kommt durcheinander… Keiner weiß mehr wo es lang geht. Nicht nur auf den Straßen. Da gewinnt nur der Stärkere, der richtige Krieger. Ein dichtes weißes unendliches Tuch legt sich um alles, dämpft das Tempo, verdeckt die Krieger. Schneewehen verhängen die Lichter der Schwippbögen und Weih-nachtsbäume.

 Immer weiter schneit es. Früh zeitig stehe ich draußen, es ist ganz still. Diese Ruhe lässt mich die leisen, die ganz leisen Geräusche hören, ein Knistern, ein Wispern, das Rascheln der Schneekristalle…Irgendwo beginnt jemand Schnee zu schippen fängt plötzlich an zu singen. „Schneeflöckchen Weißröckchen, jetzt kommst du geschneit…“ Ich muss lächeln, das hat es noch nie so gegeben… oder doch?

 Es ist Weihnachten…

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Mone

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pyrmonter Vorweihnachtszeit ... - fängt schon im August an.
Konsumzeitalter - nervt gewätig.

Muss man irgendwie mir klar kommen
Schöne Grüße
p
Vor langer Zeit - Antworten
pekaberlin Verrückt diese Welt ... - ... oder?
Das Normalste wird zum Anormalen, wenn es unsere Pläne stört!
Und wenn es fehlt, ist es auch nicht Recht!
Schön geschrieben und nachdenkenswert!
Liebe Grüße Peter
Vor langer Zeit - Antworten
ConnyB Hi Mone - Du hast Deine Gedanken über Weihnachten, Winter und den ganzen Stress in sehr spannende Sätze verpackt! Das Lesen war unterhaltsam!

Ich grüsse Dich lieb und wünsche Dir noch einen schönen Tag
Conny :)
Vor langer Zeit - Antworten
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