Romane & Erzählungen
At the Seaside

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"At the Seaside"
Veröffentlicht am 28. November 2010, 16 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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At the Seaside

At the Seaside

Kapitel I

Wenn die Tage vergehen und die Nächte kommen, scheint alles einfacher zu sein. Ich habe noch nie wirklich verstanden warum das so ist, doch für mich ist das eine klare Tatsache. In der Nacht ist immer Alles so unscharf, so dunkel und man entdeckt gewohnte Dinge ganz neu. Als ich noch klein war bin ich in der Abenddämmerung immer runter zum Strand gelaufen, habe mich in den Sand gelegt und die Augen geschlossen. Ich lag manchmal Stunden so da, habe den trockenen, feinen Sand durch meine Finger rieseln lassen und konnte einfach abschalten. Seit einiger Zeit mache ich das immer öfter, seitdem mein großer Bruder ausgezogen ist und ich mit meiner Mutter und ihren ständig wechselnden Freunden alleine bin, bin ich eigentlich kaum noch zu Hause. Ich liebe die letzten Momente bevor es wirklich dunkel wird und für mich sind diese einfach am schönsten wenn ich am Meer bin. Bevor mein Vater vor sechs Jahren ausgezogen ist hat er meinen Bruder Dylan und mich oft mit auf Campingtouren genommen. Manchmal hat er uns von der Schule abgeholt und auf der Ladefläche seines grünen Pick Ups lagen unsere Surfbretter, zwei Rucksäcke und ein altes Zelt, dann wusste ich immer das er uns jetzt gleich mit nimmt und erst Montagmorgen vielleicht, wenn wir Glück hatten, auch erst Montagabend wieder nach Hause brachte. Er liebte das Meer und das Schwimmen oder Schnorcheln, aber surfen hat Dylan mir beigebracht. Doch vor etwa sechs Jahren, kamen wir einmal von so einem Trip nach Hause, es war Montagabend und schon früh dunkel. Mein Vater stieg aus dem Wagen und öffnete die Tür, während Dylan und ich unsere Sachen aus dem Wagen räumten und die Surfbretter in der Garage verstauten. Plötzlich hörte ich aus unserem Haus laute Geräusche und jemanden die Treppe herunter rennen, dann das wütende Brüllen meines Vaters. Kurz darauf hörte ich wie die Haustür aufging und ich drehte mich um, um zu erkennen wer auch immer unser Haus verließ. Es war ein Mann, denn ich nicht kannte, er war vielleicht Mitte zwanzig. In derselben Nacht packte mein Vater seine Sachen und zog in irgendein Hotel in Downtown. Ich dachte er würde bestimmt bald wieder kommen doch als Wochen vergingen und immer mehr Männer meine Mutter besuchten, verstand ich bald gar nichts mehr. Eines Abends es waren vielleicht sechs Monate seit dem Verschwinden meines Vaters, ging ich zu meinem Bruder ins Zimmer und setzte mich auf sein Bett. Er beachtete mich nicht, er hörte Musik und spielte irgendein Ballerspiel. Ich war einige Zeit ganz ruhig, ich saß nur da und beobachtete ihn wie er diverse „feindliche Truppen“ abknallte. Irgendwann fragte ich ihn einfach die Frage wegen der ich eigentlich gekommen war, ich wollte wissen ob er wusste was unsere Mutter mit den Männern machte die jetzt immer häufiger kamen fast jede dritte Nacht ein anderer. Mein Bruder lachte kurz auf, sagte dann jedoch nüchtern: „Die bumsen.“

Ich verstand nicht was er damit sagen wollte also fragte ich noch einmal.

Mann, Liz, die ficken!“ Ich erschrak, ich war erst zehn, doch was das bedeutete wusste ich genau.

Außerdem war es bei uns streng verboten dieses Wort zu sagen und als ich meinen Bruder daran erinnerte, antwortete er nur: „Glaubst du wirklich, das bockt hier noch jemanden?“

Ich verließ sein Zimmer und habe die ganze Nacht geweint. Ich verstand die Welt nicht mehr, ich war so sicher gewesen das mein Dad irgendwann wieder auf tauchen würde und sei es aus heiterem Himmel, vor unserer Schule mit zwei Surfbrettern auf der Ladefläche. Jeden Mittag nach der Schule , habe ich mich auf die Stufen vor dem Schulgebäude gesetzt und eine zwanzig Minuten lang gewartet, dann bin ich nach Hause gelaufen. Doch das hat aufgehört als ich 14 geworden bin, da war es mir dann auch scheißegal. Mittlerweile bin ich kaum noch zu Hause, immer wenn ich durch Zufall einen der Kerle meiner Mutter treffe und dieser dann auch noch so einen geilen Satz wie: „Hey Kleine, das zwischen deiner Mom und mir ist wirklich was ernstes.“ oder „Weißt du was? Wenn deine Mom und ich bald zusammenziehen könnt ihr alle bei mir in Beverly wohnen, na, hört sich das nicht toll an?“, dann weiß ich nie so recht ob ich mich lieber auf der Stelle übergeben oder dem Idioten vor mir nur eins aufs Maul hauen will. Wie schon gesagt, vor ein paar Wochen ist Dylan ausgezogen, er kam an einem Abend zu mir und gab mir einen Umschlag auf dem mein Name stand. Er erklärte: „Hör zu Erin, jetzt wo ich 18 bin, sehe ich keinen Sinn mehr darin noch länger hier meine Zeit zu verschwenden. Ich bin mir sicher du verstehst das am besten. Ich fahre die Küste hoch, weißt du noch, so wie Dad früher.“ Wir mussten lächeln, „Das Geld ist zwar nur ein Viertel von dem was ich mir dazuverdient habe, aber ich weiß du hast auch gespart. Also warte noch ein paar Wochen. Mach wenigsten dein Junior-Jahr fertig und dann komm nach, ja?“ Er schaute mich mit seinem 'ich-weiß-wir-schaffen-das'- Blick an und ich vertraute ihm. „Pass auf, in sechs Wochen treffen wir uns in Santa Cruz. Ich weiß noch nicht wie du dahin kommst ohne Auto, aber ich lass mir noch was einfallen versprochen!“

 

Zwei Nächte nachdem die Sommerferien begonnen hatten, bin ich gegangen. Meine Mutter war wieder mit irgendeinem Joe oder George nach Hause gekommen. Ich hatte seit dem Abend an dem Dylan verschwunden war nicht mehr mit ihr geredet, aber sie schien das nicht zu stören. Ich weiß noch das es eine ziemlich klare und warme Nacht war, es war kurz vor elf als ich nur mit einem großen Rucksack, das Haus verließ. Auf dem Küchentisch hinterließ ich einen Zettel auf dem in etwa stand:

 

Hey Mama,

ich halte es hier nicht mehr aus, bin Dylan suchen und weiß Noch nicht wann ich wieder zurückkomme.

Grüße Elizabeth

 

Ziemlich herzlos, ich weiß. Aber ich hatte keine Ahnung was ich groß hätte schreiben sollen also schrieb ich es so wie es war. Ich wusste nicht wie ich nach Santa Cruz kommen sollte, Dylan hatte zwar gesagt er ließe sich etwas einfallen, allerdings fuhr die von ihm aufgetriebene Mitfahrgelegenheit erst ab Morro Bay und bis dorthin war es noch ein weiter Weg. Mir war klar das ich das zu Fuß nicht schaffen würde. Also ging ich zum Bahnhof und kaufte mir eine Fahrkarte bis San Luis Obispo. Von dortaus wollte ich trampen. Der Zug stand schon auf dem Gleis als ich dort ankam, ich stieg ein und suchte mir einen Sitzplatz, noch 20 Minuten bis der Zug abfahren würde. Auf dem Bahnsteig standen nicht viele Leute, eine Frau saß mit ihrem Sohn neben einer Bank auf der ein Obdachloser sein Nachtlager bezogen hatte. Der Junge begann zu weinen und zeigte auf einen Snackautomaten, doch die Mutter sah ihn bloß traurig an. Als der Zug anfuhr, war ich gerade damit beschäftigt meinen iPod einzuschalten. Der Zug fuhr langsam aus dem Bahnhof, doch gewann schnell an Fahrt. Ich drückte auf 'zufällige Wiedergabe' auf meinem iPod und erkannte schon nach den ersten paar Takten welches Lied es war, Under the Bridge von den Red Hot Chili Peppers. Ich sang in Gedanken mit und merkte wie mir Tränen in die Augen stiegen. Das passierte immer wenn ich dieses Lied hörte, das lag an dem einfachen Grund, dass ich das Lied knapp zwei Monate hoch und runter gehört habe, nachdem mir klar geworden war, das mein Vater nicht zurückkommen würde. In Gedanken fragte ich mich, ob ich ihn denn jemals wiedersehen würde und dann kam mir ein Gedanke den ich immer verzweifelt versucht hatte zu unterdrücken. War er überhaupt noch am Leben? Ich meine, ich konnte es nicht wissen. Woher auch? Ich bin mir nicht sicher ob ich es wirklich wissen wollte, als ich da alleine in dem Zug saß, bin ich einfach alle Möglichkeiten durchgegangen und diese war, so schwer es mir auch fiel, eine davon. Wir näherten langsam Santa Barbara, der Zug fuhr direkt an der Küste entlang und man konnte das Meer zwar nicht sehen, doch als ich das Fenster öffnete, schmeckte ich deutlich die frische Seeluft. Ich genoss es, auf meiner Reise, etwas so vertrautes wie das Meer zu sehen. Das gab mir Sicherheit und ich fasste neues Vertrauen in mein Vorhaben. Santa Barbara lag nicht weit hinter uns, als ich erschöpft einschlief.

 

Ich wachte kurz vor San Luis Obispo auf, ich musste einige Male blinzeln bevor ich mich an das grelle Neonlicht, mit welchem der Wagon jetzt beleuchtet war gewöhnt hatte. Ich schaute auf auf meinen iPod um die Uhrzeit herauszufinden, es war kurz vor fünf Uhr morgens. Lange hatte ich nicht geschlafen, doch ich war nicht mehr sonderlich müde. Bis nach San Luis Obispo war es noch etwa eine halbe Stunde. Ich bemerkte, dass der Platz auf der anderen Seite des Wagons besetzt war. Dort saß ein älterer Mann, er war braungebrannt, vielleicht um die 70 Jahre alt. An seinen Händen waren Schwielen und ein paar Risse. Er schien, trotz seinem hohen Alter noch Feldarbeit zu verrichten. Seine Kleider waren zerschlissen und von der Sonne war sein Hemd ausgeblichen. Komischerweise schien er trotzdem unglaublich zufrieden. Ich hatte ihn nicht, lange angeschaut, da guckte er zu mir rüber und lächelte mich freundlich an, etwas verwirrt lächelte ich zurück. Er lachte als er meinen Gesichtsausdruck sah und schaute dann wieder aus dem Fenster in das dunkle Nichts auf der anderen Seite der Scheibe. Ich beobachtete ihn noch einen Moment dann schaute ich selbst aus meinem Fenster. Ich sah mein Spiegelbild und wuschelte mir einmal kurz durch die Haare, die aussahen als würden sie an meinem Kopf kleben. Ein Gähnen und eine neue Welle der Müdigkeit überkam mich doch ich widerstand ihr, streckte mich und versuchte wach zu bleiben bis wir in San Luis Obispo ankamen. Ich schaute aus Neugier noch einmal zu dem Mann herüber und bemerkte, das er mich beobachtete. Wir saßen eine Weile bloß da und schauten uns an, er musterte mich ein paar Mal und ich ihn. Bis ich fragte: „Was ist?“ Er lächelte und antwortete: „Hast du einen Bruder der Dylan heißt?“ Ich erschrak. „Wo... Woher wissen Sie das?“, stotterte ich unsicher. Er begann zu erklären: „Also stimmt das wohl. Du siehst ihm sehr ähnlich weißt du? Dylan hat einige zeit auf meiner Ranch gearbeitet. Bis er vor etwa drei Wochen sagte, er wolle sich mit seiner kleinen Schwester in Morro Bay treffen und dann mit ihr und einem anderen jungen Kerl der für mich gearbeitet hat, Samuel, nach San Francisco fahren...“ „Das wundert mich nicht, er wollte schon immer Mal nach San Francisco“, unterbrach ich ihn. Doch er fuhr fort: „Vor drei tagen rief er mich an und sagte er würde eine Mitfahrgelegenheit für seine kleine Schwester Elizabeth suchen, von San Luis Obispo aus bis Morro Bay und dann den Küstenweg entlang bis Santa Cruz.“

Und das sind Sie?“, fragte ich verwundert.

Ich fahre noch wie ein Zwanzigjähriger!“, sagte er lachend.

Die Strecke sind wir immer mit unserem Dad gefahren. Immer bis Monterey und jedes Mal fragte Dylan ob wir nicht noch bis San Francisco fahren könnten und jedes Mal antwortete mein Dad, Nächstes Mal vielleicht. Dylan hat früh begriffen das wir nie nach San Francisco fahren würden, doch trotzdem fragte er immer und immer wieder. Ich weiß allerdings nicht was ihn an der Stadt so reizt.“

Ich denke, das solltest du ihn mal fragen.“

Das werde ich.“, sagte ich lächelnd.

Ich weiß nicht warum ich dem Mann sofort vertraute, er hatte einfach etwas sehr Vertrauenswürdiges an sich. Außerdem, woher sollte er Dylan kennen, oder woher sollte er wissen, das er eine Schwester hat? Ich glaube, ich dachte einfach, dass falls dieser Mann mir etwas antun wollen sollte, würde ich ihm einfach zwischen die Beine treten und so schnell wie irgend möglich verschwinden.

 

Der Zug wurde langsamer als wir den Bahnhof in San Luis Obispo erreichten. Ich stand auf und holte meinen Rucksack aus der Gepäckablage über meinem Sitz, danach setzte ich mich erneut hin. Als der Zug anhielt war es etwa viertel vor sechs Uhr morgens. Der Mann stand auf und ich folgte ihm, nachdem er ausgestiegen war drehte er sich auf dem Bahnsteig zur mir um und sagte: „Nenn' mich Billy und spar' dir ab jetzt das Sie, das macht mich so alt.“ Ich lachte und gab ihm die Hand. „Liz.“, antwortete ich und spürte wie er meinen Händedruck erwiderte.

Na dann Liz, hier entlang!“, sagte Billy und führte mich durch den Bahnhof zu einem Ram Dakota, von dem der schwarze Lack an einigen Stellen abging. „Wirf deinen Rucksack hinten drauf, ich würde sagen wir fahren jetzt erstmal zu einem Motel. Ich bin wirklich müde.“, sagte er während er auf der Fahrerseite einstieg. Ich stieg ebenfalls ein und stimme ihm mit einem erschöpften „Gute Idee.“ zu. Er fuhr los und ich schaute aus Gewohnheit auf den Tacho, danach aus dem Fenster. Es wurde langsam wieder hell. Ich überlegte wann Mom wohl aufstehen und entdecken würde, dass nun auch ihre Tochter sie verlassen hatte. Ich fühlte, wie ich meine Entscheidung bereute, aber dann dachte ich daran, dass das der einzige Weg war wie sie verstehen würde, dass sie etwas falsch gemacht hatte.

 

Wir waren nicht lange gefahren, als wir schon ein Motel erreichten. Billy bog ein und fuhr auf den Parkplatz, er stellte den Motor ab, stieg aus und sagte ich solle kurz im Auto warten. Also saß ich da und wartete knapp 20 Minuten bis ich Billy wieder aus der Rezeption des Motels kommen sah. Er winkte mich zu sich und ich stieg aus. „Das ist der Schlüssel zu deinem Zimmer, wir fahren heute Mittag um zwei Uhr weiter also geh besser gleich ins Bett und vergiss deinen Rucksack nicht.“. Sagte er und übergab mir den Schlüssel für Zimmer 202. Ich holte meinen Rucksack von der Ladefläche und wünschte Billy eine gute Nacht.

Das Zimmer war im zweiten Stock am Ende eines langen Ganges. Ich gähnte, als ich die Tür auf schloss. Das Zimmer ziemlich klein, aber zum schlafen würde es reichen. Es gab auch ein Bad, doch seit ich mich auf einem der Ausflüge mit meinem Dad und Dylan, in irgendeinem Motel mal auf das Waschbecken gestützt hatte und dieses natürlich sofort abbrechen musste, traute ich Motel- Badezimmern nicht mehr.

Ich schloss die Tür ab und legte mich auf das Bett. Ich hatte gerade noch Zeit meinen Handywecker zu stellen bevor ich einschlief. Ich schlief tief und wusste das ich die Erschöpfung noch lange in jedem Knochen spüren würde.

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