Kurzgeschichte
Ich wäre gern Privatpatient - Lebt man als Privater länger?

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"Ich wäre gern Privatpatient - Lebt man als Privater länger?"
Veröffentlicht am 21. November 2010, 18 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Ich wäre gern Privatpatient - Lebt man als Privater länger?

Ich wäre gern Privatpatient - Lebt man als Privater länger?

Beschreibung

Etwas zum Schreien

Das war´s

Nach dem Aufwachen werde ich auf den Gang gesetzt und bekomme dort Bescheid, kein Hinweis auf Endometriose oder sonst eine Blutungsquelle. Dr. L bekommt den Befund. Hat er auf Wiedersehen gesagt?

In Brief steht dann ich hätte ein Reizdarmsyndrom, das ich klinisch aber nicht habe.

Wenn ich nicht abführen müsste, würde ich mich gern als „Test Privatpatient“ noch einmal zur Verfügung stellen, ich bin so neugierig wie es dann ablaufen würde.

Private Versicherungen, ich bin bereit!

Einleitung

Aus Überlebensangst Privatpatient?

Als ich nach meinem Abschluss im Jahr 1993 von privaten Krankenversicherungen umworben wurde, galt für mich nicht ohne meine Kinder. Da aber meine beiden Töchter Lebensmittelallergien; Neurodermitis und Asthma hatten, wollte uns dann doch keiner so recht haben. Und so blieb ich freiwillig versichert. Nach einem Erlebnis als Patientin zweiter Klasse in der letzten Woche überlege ich ob es zum Selbstschutz nicht doch besser ist möglichst schnell zu wechseln. Vielleicht steigert das im Fall einer nochmaligen Notwendigkeit eines medizinischen Eingriffs die Chance mit dem Leben davon zu kommen.

Vorgeschichte

Ich muss tief geschlafen haben, denn nur mühsam weckt mich Johnny mit dem Ring of Fire (Mein Handyton). Ich bin nicht gut orientiert, ach ja im Urlaub in der sächsischen Schweiz. Der erste Gedanke, meine Mutter, irgendetwas ist passiert. Ich nehme den Anruf an. „Geli this is Linda“, meine amerikanische „Mutter“, aus meiner Gastfamilie aus den 80igern, mit denen ich noch heute ein enges freundschaftliches Verhältnis pflege. Entwarnung also nichts mit meiner Mutti. Ich erfahre aber trotzdem nichts Gutes, meine Freundin und Gastschwester J. ist an einem Kolonkarzinom erkrankt. Scheinbar schon länger, die Blutungen wurden als hämorrhoidal Blutungen abgetan und der Gewichtsverlust eine Folge der bekannten Essstörungen. Wir trösten uns noch gegenseitig, dann ist der Anruf vorbei. Es ist zwei Uhr morgens.

Die nächsten Wochen vergehen mit dem Üblichen: Sorge ums Geschäft, Vorbereitung des Auslandsaufenthalts der Tochter, große Ferien, neuer Stundenplan und so weiter. Als ich in J.`s Blog schaue, trifft mich der Schlag, meine bisher immer übergewichtige Freundin, sieht aus wie ein Untoter aus einem Horrorfilm. Mein Gott, das ist Krebs in seiner schlimmsten Form. Da J. genauso alt ist wie ich und ich leider immer alles auf mich beziehe, bekomme ich eine Heidenangst. Auch ich habe immer wieder rektale Blutungen manchmal sehr stark und immer waren es wohl die Hämorrhoiden, aber jetzt packt mich die Angst.

Vorbereitung der Vorbereitung

Also zuerst mal zum Hausarzt, nach einem Wohnortwechsel, habe ich keinen. Nach einer nicht so positiven Erfahrung im Ort, versuche ich in die überlaufenen Praxis von Frau Dr. D. zu kommen. Ich habe Glück, diesmal werde ich nicht abgewiesen. Ich erkläre mein Problem und auch warum gerade jetzt und stoße auf Verständnis. Also zum Proktologen. Neuer Termin, wieder in der Firma fehlen, wieder irgendwie entschuldigen, aber die Angst ist größer als die unangenehme Situation. Als Chefin hat man ja Vorbildfunktion und die ist mir wichtig.

Der Proktologe Dr. L. ist sehr zuvorkommend, hat er irgendwo entdeckt, dass ich Ärztin bin? Man wird ja suspicious.

Also es sind Hämorrhoiden da, Grad I und II, aber man sollte doch eine Koloskopie machen. Ich rufe in der empfohlenen Praxis Dr. J. an. Irgendwie kenne ich Dr. J. vom Studium, aber es fällt mir leider nicht ein ob es gute oder schlechte Dinge sind, die ich mit diesem Namen verbinde. Ich bekomme schnell einen Termin am Montag den 20.10.08 um 14:00 Uhr.

Beim Gastroenterologen

Ich bin kurz vor 14:00 Uhr da, vor der geschlossenen Praxistür stehen schon einige Patienten. Als sich die Tür öffnet bekomme ich an der Anmeldung mit, dass alle einen Termin um 14:00 Uhr haben. Ich frage mich, ob es eine Gemeinschaftspraxis ist. Ich gebe brav meine Karte und Überweisung ab und bekomme einen Zettel zum ausfüllen in die Hand gedrückt, sowie die Menschen vor mir. Also ab ins Wartezimmer, bloß nicht hier stehen bleiben. Die Aufgabe ist schnell erledigt also wieder raus.  „Bei ihnen ist es eilig, oder?“, ich habe keine Ahnung ob es bei mir eiliger ist als bei anderen. Ich bekomme zwischen Tür und Angel einen Termin zwei Tage später, also ist heute schon mein erstes Vorbereitungstag.

Drei neue Zettel, „bitte durchlesen wir rufen Sie dann auf.“ Im Wartezimmer sitzen noch vier andere Patienten mit den gleichen Zetteln. Medikament P. sei deutlich besser als Medikament D., dass ich eigentlich besser kenne, aber wenn man das so durchliest ist D. scheinbar obsolet. Also werde ich mal Fragen, denke ich zu diesem Zeitpunkt noch. Wir werden dann alle fünf gemeinsam aufgerufen und in ein kleines Untersuchungszimmer gepfercht. Hier erfolgt jetzt die Aufklärung durch eine Schwester oder Sprechstundenhilfe, anhand einer SOP (Handlungsanweisung, standard operating procedure). Mir als Frau ist es schon ein wenig peinlich über das Abführprozedere im großen Kreis informiert zu werden. Ich habe, wie immer Vollkornbrot und Müsli gegessen. Ich verkneife mir die Frage, obwohl das ein nono auf dem Aufklärungsbogen ist.

Bei der Frage, haben Sie noch Fragen, immer betretendes Schweigen, man will sich ja vor den anderen nicht bloßstellen. Als wir keine Fragen mehr haben oder besser sich keiner traut, warten wir gespannt was als nächstes passiert. Wird uns kollektiv Blut entnommen, oder bekommen wir noch was Hübsches zu unseren Abführmedikamenten?

Nach ein paar Minuten, lange warten mussten wir wirklich nicht, kommt Dr. J. kurz herein, mustert jeden. Sagt nochmal kurz die wichtigsten Punkten, dabei erwähnt er in seiner Praxis ist die Statistik viel besser, aber er muss uns ja die allgemeine Statistik nennen. Weg ist er.

Ich bin wieder draußen bevor ich auf Wiedersehen sagen konnte. Naja, alles kurz und schmerzlos und ich habe ja schon Koloskopien gesehen und mitgemacht, also weiß ich was auf mich zu kommt, wie es den anderen Patienten geht, weiß ich allerdings nicht.

Der Eingriff

Der Rest des Tages und vor allem der Abführtag sind wie sie halt sind. Ich bin froh, doch zu Hause geblieben zu sein und mit Wärmflasche und ein bisschen ausruhen zwischendurch bekommt man es hin. Der dritte halbe Liter brachte mich dann aber doch fast zum Erbrechen.

Ich stelle mir vor, wie die älteren vielleicht allein lebenden Patienten das hinbekommen. Früher wurde das meiner Meinung nach stationär gemacht. Aber es scheint ja so zu gehen.

Untersuchungstag

Ich wache auf, dusche und mache mich auf den Weg. Ich werde mit dem Bus fahren, da ich ja auf keinen Fall etwas mitbekommen will und den Eingriff unter Kurznarkose gewählt habe. Ich habe vormittags praktischerweise noch den Termin zur Vorsorge bei einer Frauenärztin.

Mein Blutdruck wird gemessen und bestätigt warum ich solche Kopfschmerzen habe. 90/60, leider kann ich weder trinken noch eine Kopfschmerztablette nehmen. Ich bin nämlich ein gehorsamer Patient. Der Termin läuft gut und ich bin nach einem ausführlichen und freundlichen Gespräch überzeugt, eine gute Frauenärztin gefunden zu haben. Nun muss ich mir noch eineinhalb Stunden vertreiben. Ein bisschen shoppen, aber die Kopfschmerzen nehme mir die Freude. Ich entscheid mich für einen Spaziergang auf der herbstlichen Platanenalle. Was trotz Regen wunderschön und still ist, aber ich halte die Kopfschmerzen kaum noch aus und komme eine halbe Stunde zu früh in der Praxis an. Ich erkläre warum und frage, ob man mir nicht etwas gegen die Kopfschmerzen geben kann. Das ist nicht möglich. Ich soll mich halt entspannen. Also gut, ich setzte mich ins Wartezimmer und versuche durch ein bisschen autogenes Training der Situation Herr zu werden. Ich werde relativ pünktlich auf gerufen, gebeten mich unterherum zu entkleiden und zu warten. Nach kurzer Zeit werde ich aufgerufen. Ich muss auf eine Liege klettern und unter ein Röntgengerät rutschen, das ca. 15cm von meinem Gesicht über meinem Oberkörper befestigt ist. Ich frage mich wie die in einem Notfall an mich ran kommen wollen. Rechts und links ist eine Abschirmung, sodass man kaum darunter hervor lugen kann.

Ich bekomme eine Sauerstoffsonde auf den Finger und einen Zugang in die Armbeuge. Die junge Dame fragt ob ich Allergien habe, ich Antworte ja aber auf Medikamente sei mir nichts bekannt. Sie sagt Sie spritzt mir schon mal ein bisschen P. wegen des Ausschlusses einer Allergie, ich sage o.k., vielleicht hilft es ja gegen meine rasenden Kopfschmerzen. Sie spritzt ein paar Milliliter und verlässt den Raum sofort darauf. Wenn ich reagieren würde wäre keiner da. Es macht alos keinen Sinn, das P. vorzuspritzem. (Es beruhigt auch nicht das Mikael Jackson daran gestorben ist). Es wird heiß im Arm, davor hatte sie mich aber gewarnt, also wohl keine allergische Reaktion. Leider hilft es aber auch nicht gegen die Kopfschmerzen. Ich bin sehr unruhig und versuche mir durch Umlagern Erleichterung zu verschaffen was durch die Enge unter dem Röntgenschirm kaum möglich ist.

Ich versuche mich wieder zu entspannen. Die volle weiße Spritze mit P. steckt in der Braunüle in meiner rechten Ellenbeuge. Mit diesem Arm kann ich mir nicht die Stirn reiben und links ist die Sauerstoffsättigung. Ich halte die Luft an, vielleicht kann ich so einen Alarm auslösen. Lustig was man so denkt, wenn man halbnackt und frierend unter einem Röntgenschirm liegt. Die Uhr tickt und ich habe wirklich so starkes Kopfweh. Die Schwester oder Sprechstundenhilfe kommt rein. Wir haben sie nicht vergessen, es hat sich etwas verzögert. Es ist 10 vor 12: 00 Uhr, ich liege hier seit 10 Minuten unter meinen Röntgenschirm in dem ich mich leicht spiegele.

Ich erwähne meine Kopfschmerzen. Sie misst mir den Blutdruck, der ist mit 110/ 80 in Ordnung. Um 12:00 Uhr beginne ich mir Sorgen zu machen. Mein Mann kommt mich um 12:30 holen. Er fährt in der Mittagspause von Mittelstadt nach Tübingen und hat dann eine Besprechung, es wird also knapp und er ist dann immer ein bisschen genervt. Also zappele ich ein bisschen hin- und her vielleicht wird ja mal jemand auf mich aufmerksam.

Kopfschmerzen dröhnen und ich liege unter diesem Röntgenteil und ich kann nicht vor und zurück. Ich zittere weil ich so friere. Ich bin nah dran, mir die Braunüle zu ziehen und zu gehen. Es ist inzwischen 12:10 Uhr. Wer schon mal mit Endofalk abgeführt hat, weiß wie eklig das ist, also ich will das nicht nochmal machen. Vielleicht sollte ich mir das P. Spritzen es steckt ja noch immer in meinen Ellenbeuge. Um viertel nach bin ich am heulen. So eine schreckliche Situation, nur wegen der Angst. Ich mache ich die Sauerstoffsättigung ab, der Ton ändert sich, ich rufe laut hallo aber draußen schreit gerade ein Kind, da hören die mich nicht, oder vielleicht wollen Sie mich auch nicht hören. Ich versuche unter dem vor zu kriechen, da kommt die junge Frau rein. „So jetzt geht es gleich los, legen sie sich bitte auf die linke Seite, die Sättigung müssen sie auf ihrem Finger lassen.“ Ich bitte die Schwester meinem Mann zu sagen ich würde das Taxi nehmen, wenn es ihm zu knapp wird. „Das kann ich nicht, bin die ganze Zeit hier mit drin.“ Ist die lapidare Antwort, ich bitte Sie es der Kollegin zu sagen, sie verzieht das Gesicht und geht nochmal kurz raus. Endlich kommt Dr. J. er tätschelt meinen Arm , sieht mein verheultes Gesicht. Dreht sich weg und es geht los.

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Mediocre Re: -
Zitat: (Original von RomanTiKus am 27.11.2010 - 09:42 Uhr) zum schreien, ich will hier raus.
vlg Roman ti Kus@

Es ist unglaublich aber wahr, ich hatte das auch an Spiegel online geschickt, als das Prpofanol diskutiert wurde, habe aber nie eine Antowrt bekommen.
Danke für den Kommentar
Angelika
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Gabriella echt zum schreien - es ist genauestens richtig beschrieben.
Kann ich bezeugen. Sau kalt ist es auch wenn man da ewig liegt.
cooles Bild
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