Menschen bekommen einen Nachruf

Da lag sie heute Morgen. Die kleine, schwarze Katze aus der Nachbarschaft. In der Nacht hatte sie ein unachtsamer Kraftfahrer überrollt. So nehme ich an. Mitten auf der neuen Benzstraße, kaum Spuren und wenig Blut. Als ich aus der Tür trat, um meine Morgenzeitung zu holen, fuhr ich zusammen. Im Bad dachte ich nach, was ich nun machen sollte. Wegräumen – nein, man könnte das falsch interpretieren. Eine Stunde später hatte sie irgendwer auf die Seite gezogen. Der Fleck auf dem Fahrdamm war richtig winzig – wie wenig Blut so eine Katze hat?! Eine weitere Stunde später schließt sich die Kette. Ein Mann aus dem Nebenhaus kommt mit einer Schaufel und holt das „schwarzen Büschel“ heim. Nun ist gewiss. Es war die kleine Schwarze, deren Treiben ich manchmal bewundert habe. Durch mein „Fenster zur Welt“ – es ist 20 x 40 kann ich so ein Stück der Benzstraße sehen. Den riesigen Rhododendronstrauch, ein Stück Zaun, nebst Gehweg und Straße. Ab und an weht die WERU - Fahne ins Blickfeld.

Da kam sie so manchen Morgen und sprang von ebener Erde in das Fenster des EG. Mindestens 1,70, wenn nicht mehr. Welche Kraft und Eleganz. Ich sah sie, wenn sie früh ausstromerte und wenn sie vom Tagwerk heim schlenderte. Sie hatte immer was zu tun, führte immer was im Schilde. Mein Auto hat sie auch so schön verziert mit vielen kleinen Tatzen.

Das ist nun vorbei, nach der kleinen Seele, die schon im Katzenhimmel schwebt, vergeht auch ihr Körper. Sie war ein Teil meiner Mikrowelt und obwohl sie es nicht wissen konnte, war sie ein Teil in meinem Leben. Sie gehörte dazu, wie die Bahn, das KfZ- Geräusch und die Kinder auf dem Weg zur Schule.

Ich winke ihr nach und habe einen winzigkleinen Platz in meinem Herzen, für die kleine, schwarze Katze.

Babelsberg, 2002-09-29