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Vernunft

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"Vernunft"
Veröffentlicht am 31. Oktober 2010, 16 Seiten
Kategorie Sonstiges
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Vernunft

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Vernunft

Von der Vernunft

 

Unvernünftig, ja unvernünftig müsste man sein, denn in der Unvernunft liegt doch so viel Vernünftiges. Kein überflüssiges Paradoxon, oder ein weiterer mysteriös klingender Orakelspruch, der den Horizont der Wahrheit mit seinem schwachen Licht nicht zu erhellen vermag. Nein, schlichtweg eine einfache und praktische Floskel, die viel Wahres in sich trägt und sich ganz sicher prima macht, wenn man besonders philosophisch und gedankenverloren wirken will.

Aber nichts desto trotz, wir brauchen die Unvernunft. Warum wir sie brauchen vernünftig zu erklären, wäre die Forderung einer Erklärung des Unerklärlichen. Aber, wer schon von vornherein aufgibt, ist dem Sieg ferner als der hoffnungslos Kämpfende und so will ich mich an diesem unvernünftigen Versuch gütlich tun.( Außerdem wäre ein Sieg auf diesem Schlachtfeld wohl scho das unbeschadete Verlassen der Kampffläche)

 

Nun, die Vernunft ist unsere ordnende Kraft, die alles, was wir erleben, in ein rechtes Licht rückt, sodass wir das Chaos für uns beherrschbar machen. Ohne die Vernunft wären wir verloren in den unendlichen weiten der Empirie. Wir würden ohne Steuermann im Ozean der möglichen Entscheidungen dahin treiben. Doch zum Glück haben wir unsere Vernunft, die uns vor diesem schrecklichen Schicksal bewahrt. Und wer sagt uns, dass dieses Schicksal schrecklich ist.

 

Na ?

 

Richtig unsere Vernunft, denn, so fragt sie uns doch stets: „Wo würde der Sinn in einem ziellosen Umhertreiben liegen ? Wo ist der Zweck der Ziellosigkeit ?“

So niedlich, wie wir stets versuchen, jenem Unbestimmten Bestimmung zu verleihen. Das dem Leben keine Bestimmung innewohnt ist so erschreckend, dass selbst die absurdesten Konstrukte(beispielsweise Scientology) eher als wahr angenommen werden, als der Unbestimmtheit ins Auge zu sehen.(Wobei wir vielleicht eines Tages wirklich mit einem Raumschiff zum mächtigen Lichtwesen fliegen, wer weiß das schon).

Doch woher kommt dieser Zwang des Benennens, warum muss alles Namen und Bestimmung haben. Der Sitz dieses Auswuchses liegt in unserer tief empfundenen Hilflosigkeit (Zumindest scheint es mir die beste Antwort zu sein, aber ich erhebe keinen Anspruch auf absolute Richtigkeit, doch davon noch später).

Alles aber auch alles muss für uns verständlich und begreifbar sein. Nur was auch benennbar ist, ist auch einordbar in den Kontext unserer Welt. Wir benennen aus Furcht, aus Hilflosigkeit. Nur was wir beschreiben können, für das wir Worte und Vorstellungen finden, macht uns keine Angst mehr.

Das jenes zwanghafte Benennen der Dinge eine Schwäche, ja sogar ein Unding ist, gestehen wir uns nie ein. Wieso auch, warum sollte es falsch sein, alles und jedem einen Namen zu geben ?

 

Nein, sicher es ist nicht falsch, denn es dient ja nur der Sprache dem Miteinander, der Kommunikation.

 

Ahh, ja genau, wie konnte es einem schneidigen Geist nur entgehen, dass in alledem etwas Selbstloses liegt.

Nicht die Angst vor dem Unbenannten. Nein, wir wollen nicht kategorisieren, wir wollen unsere Umwelt nicht unter die Herrschaft der Vernunft ordnen, wir wollen sie lediglich mitteilbar machen. Das ist alles, also nichts weiter als ein altruistisches Motive bewirkt den ganzen Benennzwang.

 

Aber sicher, Selbsttäuschung macht schließlich noch am meisten Spaß, da sie die Königsklasse der Täuschungen ist, weil Getäuschter und Täuschender ein und derselbe sind, wobei es bei manchen auch die ganze Sache ins Gegenteil verkehrt und es eher der Kreisklasse gleich kommt.

Soviel zum Benennen, kommen wir wieder zur Unvernunft, da es hier ja schließlich ein Plädoyer für selbige sein soll. Hmm, gibt es die Unvernunft überhaupt ?

Und bitte das Argument, es gäbe genug Unvernunft in der Welt, greift nicht, denn selbst der Unvernünftigste denkt von seiner Unvernunft, sie seie Vernunft. Nur gibt es eine vehemente Diskrepanz zwischen seiner Wirklichkeit und der mit ihr einhergehenden Vernunft und der Wirklichkeit der übrigen Menschen. Verrückt oder unvernünftig ist nur, wer sich zu weit vom Konsens der Gemeinschaft entfernt und zwar über das gesunde zu tolerierende Maß hinaus. Jene Menschen die nicht bloß aus dem Fenster sehen, sondern gleich ganz hinaus springen, bezeichnen wir gerne als verrückt(Ja, wer aus dem Fenster springt ist verrückt, außer es brennt oder der Grund ist wirklich gut, also ein defekter Aufzug zählt nicht, wobei kleine grüne Männchen schon zählen, aber hier sollte man sich im Vorfeld absichern, schließlich hat man den Sprung nur einmal frei).

Ja, in der Toleranz des Vernünftigen liegt soviel Verständnis für den Unvernünftigen, wie Ehrlichkeit in den Wahlversprechen eines kandidierenden Politikers. Toleranz hat eine Komponente in sich, die die meisten Menschen, die mit diesem Wort so gerne um sich werfen, mit naturgegebenem Selbstverständnis zu vergessen pflegen. Toleranz gesteht dem Tolerierten immer ein Stück der Wahrheit zu. Sein Weg, seine Art zu Leben, kann auch die Richtige sein.

Klar, hier müssen alle einzigen Wahrheiten, die sich ja in jeder Religion, welche etwas auf sich hält, die Klinke in die Hand drücken, auf der Strecke bleiben. Denn, wo die EINE Wahrheit erst einmal gepachtet ist, ist kein Platz mehr für eine Andere, wie auch, schließlich gibt es ja nur die EINE, wäre ja noch schöner, wenn es derer mehrere geben würde. Also besteht die Toleranz in den meisten Kreisen aus einem Lippenbekenntnis (witzig, dass die meisten Bekenntnisse zu eben jenen „absoluten Wahrheitstruppen“ auch meist von jener Natur sind).

Ja, genau Vernunft. Es fällt einem schwer in den „absoluten Wahrheits-Geschichten“1 irgendwo Vernunft zu entdecken, aber selbst das schafft man. Denn jene absolute Wahrheit bietet riesige Vorteile. Die Last des Denkens fällt einem von den Schultern und frei von dieser bedrückenden Last kann man sich die Welt Untertan machen. Ja, so einfach kann das sein. Wer es nicht glaubt, der sollte einmal den Grundwehrdienst absolvieren um in den Genuss dieser gedanklichen Leere zu kommen. Ganz ausgefuchste Religionen oder Glaubenssysteme binden die Sache mit dem Untertan machen dann auch noch in den Glaubenskontext direkt mit ein.

 

Doch eines ist absolut unerlässlich, wenn man sich mit einer absoluten Wahrheit an der Verwirrung der Gesellschaft gütlich tun will, nämlich der Zweifelpräventionsparagraph, kurzum ZPP genannt. Was das genau ist, werde ich im folgenden zu klären versuchen.

 

Ja, jede ECHTE Religion sollte einen haben. Aber wie funktioniert es und was macht es (Die Fragen hören wir in jeder guten Teleshopping Sendung.)

Also das funktioniert folgendermaßen(Auch den Satz kennen wir). Ersteinmal muss man die Grundlagen schaffen, also wer mitmachen darf bei dem lustigen Clübchen. Aufnahmerituale muss jeder haben, wo kommen wir denn sonst auch hin.(Schließlich brauch der Zeigefinger ein Ziel, sonst läuft man noch Gefahr , dass er auf einen selber zeigt).

Begleiten wir einmal einen jungen Menschen auf seinem Weg durch eine fiktive Religion(da sich die Muster hier gleichen, erfüllt eine fiktive den selben Zweck, wie eine „Echte“ und man tritt niemandem auf den Schlips oder eben allen, aber fair ist fair.)

Spulen wir ein wenig vor.

So, hat jener Anwärter den Aufnahmezirkus hinter sich gebracht(samt coolem exklusivem Ritual, bei dem die Spiritualität nicht zu kurz kommen darf), liegt es nun daran ihn auch im Clübchen zu halten. Aber wie schafft man das ?

Nun hier muss man nun mehrere Sachen beachten. Zuerst einmal sollte man damit beginnen die Konkurrenz madig zu machen, etwas unfair gespielt, aber mal ehrlich, immerhin hat man ja die EINZIGE Wahrheit, also sollte man das auch nutzen. So, um das jedem neuen Deppen/Anwärter klar zu machen benötigt man natürlich einen großen Indoktrinierungsapparat, ähm Lehrapparat (klingt gleich viel freundlicher).

Hat man dem armen Menschen dann irgendwann einmal lange genug erklärt, warum der eigene Club der coolste, beste und sowieso einzig Wahre ist. Und er auch begonnen hat die Sache zu verinnerlichen, oder wie man im Junkie Jargon sagen würde, er angefixt ist, kann man dazu übergehen, die kostbaren Gedanken, von der megamässigen Überlegenheit der eigenen Wahrheit, krisensicher zu machen.

Ja, hier muss man nun aber wirklich geschickt vorgehen, schließlich muss man sich gleich gegen zwei Feinde wehren. Zum einen wäre da die Vernunft des Indoktrinierten, welche man irgendwie nie ganz zum Schweigen bringt, ganz schön scheiße diese Vernunft, aber gut eben ein Problem um das sich gekümmert werden muss. Und zum anderen die Vernunft der anderen Menschen, welche nicht Mitglied im Club sind. Ach und natürlich die Umwelt, aber davon später. Genug Vorwort, es geht ans Eingemachte.

 

Von der Vernunft

 

Wollen wir vernünftig über die Vernunft sprechen, sollten wir uns zunächst darum bemühen diese ausreichend zu definieren. Warum definieren, würde mancher Erziehungswissenschaftler fragen, der sich kunstvoll darauf versteht sich 600 Seiten lang vor einem klaren Wort zu drücken. Eine gute Frage, die man nur so beantworten kann. Ich will nicht, dass noch mehr Bäume sinnlos sterben müssen, anders als mancher Powerpädagoge, der ganze Wälder abholzt um Selbstverständlichkeiten niederzuschreiben.

So, aber das ist natürlich nicht der einzige Grund, denn man sollte den ganz ausgefuchsten Lesern ja, so gebietet es die Höflichkeit, auch eine Möglichkeit geben einem an den Karren zu pissen und ohne eine schöne Definition, die sie dann zerpflücken können geht das schwer, denn was sollten sie sonst mit ihrer freien Zeit anfangen, also sei dies ein Aufruf, ja drastischer noch ein Postulat meinerseits, an alle beschäftigungslosen notorischen Besserwisser ihr Innerstes nach außen zu kehren und sich über das Folgende in allen Regeln der Kunst auszulassen.

Ich hoffe ich habe in den ersten Sätzen für genug Unmut gesorgt, damit man entweder erheitert weiterliest, oder, was noch wesentlich besser wäre, von kalter Wut getrieben ist, denn nichts ist so wachsam, wie das Auge des Wütenden, ich meine den Spruch kennt doch nun wirklich jeder oder etwa nicht.

Nun also zurück zu den elementaren Fragen:

Was verstehen man unter Vernunft ?

Was zeichnet vernünftiges Verhalten aus ?

 

Zunächst einmal sollten wir den Sitz der Vernunft bestimmen. Ist Vernunft etwas, das in uns verhaftet ist, oder ist es ein von außen Gegebenes ähnlich einer Norm ?

Eigentlich eine banale Überlegung, denn selbstredend liegt der Sitz der Vernunft in uns. Schließlich wissen wir ja was vernünftig ist, ohne großes Nachdenken.

Ja, selbstredend ! Man nehme nur die Glanzleistungen unseres vernünftigen Denkens und führe sie sich vor Augen, jene großen Momente der Weltgeschichte, wo wirklich vernünftig gehandelt worden ist, beispielsweise die zahlreichen Judenprogromme zu Zeiten der Pest. (Ja dies als Beispiel für vernunftgeleitetes Handeln anzuführen ist makaber, unhaltbar und unangebracht, aber gerade dadurch erzielt es im weiteren die beste Wirkung, also bitte ich den Leser um Nachsicht, weiter im Text.)

Diese und andere äußerst vernünftige Reaktionen auf unliebsame Zustände, lassen die Frage nach dem Sitz der Vernunft doch als banal erscheinen.Denn alle involvierten dachten, sie würden vernünftig handeln, bis auf die Verfolgte, die wussten ja, dass sie die Brunnen nicht vergiftet hatten.(Irgendwie wirkt Ironie nicht, wenn man im Vorfeld um Nachsicht bittet, schade drum.)

 

Gehen wir die ganze Sache etwas persönlicher an. Würden wir heute einen Inquisitor, nennen wir ihn Benedikt, befragen, so würde er uns haargenau schildern, warum es vernünftig ist rothaarige Frauen zu verbrennen. Und zwar ohne dabei einmal mit der Wimper zu zucken. Ja, auch hier liegt Vernunft. Doch wieso sträuben sich uns bei einer solchen Behauptung die Nackenhaare ? Warum macht es uns Kopfschmerzen, jenes barbarische und grausame Handeln als vernünftig anzuerkennen.

Einfach aus dem Grunde, weil es nicht vernünftig ist, sondern vernünftig war. So, nun wieder die Frage nach dem Sitz der Vernunft. Ist sie immer noch so narrensicher von Kant in uns festgebombt ?

Oder, ohh Schreck, ist sie wandelbar. Ist sie eine, um es dramatisch auszudrücken, Hure ihrer Umstände.

Auweh, wer rüttelt da an der erhabenen Kraft, die doch den Mensch vom Tier scheidet. Unsere Vernunft kann nichts Wandelbares sein, sie ist doch das unumstößliche Prinzip auf dem wir unsere ganze Zivilisation aufgebaut haben.

Ja, dem muss ich zustimmen. Ich will die Vernunft der jetzigen Zeit auch keinesfalls als falsch oder böse brandmarken, denn das ist sie keinesfalls.

Man sollte sich lediglich bewusst machen, dass die Vernunft nicht ein erhabenes unveränderliches Ding ist, dass im Menschen wohnt. Es ist nicht so, dass in jedem Menschen ein Herz schlägt und ein Ding namens Vernunft seinen Geist bewohnt. Wobei man hier etwas tiefer greifen muss, da wir alle unleugbar vernünftig handeln. Hmm, ein Widerspruch ? Wie kann es sein, dass wir nicht alle eine vermeintliche Größe Namens Vernunft in uns tragen, aber dennoch alle vernünftig handeln ?

Um der Beantwortung dieser beiden fragen näher zu kommen, sollten wir den Blick weg von dem Sitz der Vernunft lenken und hin zu der Frage, was vernünftiges Handeln auszeichnet.

Hierzu gleich eine neue Frage: Ist dies, also die Frage, was vernünftiges Handeln auszeichnet, eine Frage des Inhalts oder eine Frage der Form ?

Doch wir handeln alle vernünftig, wobei Vernunft immer andere Ausprägungen hat. Wir handeln in unseren Systemen. Vernunft ist ein gedankliches Konzept, dass in verschiedenen Systemen anzutreffen ist.

 

1Hier mal eine Fussnote. Wer sich fragen sollte: „Mensch, was meint der mit absoluten Wahrheitsgeschichten/truppen ?“ Hier ein paar Denkanstösse. Bei einer der Truppen führt ein Zimmermann, der durch eine Holzkonstruktion ums Leben kam. Bei wieder einer anderen ist es ein Mann der ein schneidiges Himmelsross reitet und den Amerikan-Dream des Analphabeten gelebt hat(also vom Analphabeten zum Autor eines der meist gelesenen Bücher dieser Welt). Es gibt noch viele, viele mehr, aber das sind die renommiertesten Vereine.

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