Krimis & Thriller
Elenora, - dein Tod war ihre Muse

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"Elenora, - dein Tod war ihre Muse"
Veröffentlicht am 19. Oktober 2010, 14 Seiten
Kategorie Krimis & Thriller
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Über den Autor:

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Elenora, - dein Tod war ihre Muse

Elenora, - dein Tod war ihre Muse

Beschreibung

Der plötzliche Selbstmord Ludwig Reichenbachs krebskranker Ehefrau Elenora reißt ihn in ein tiefes Loch, als ihr Leichnam wenig später aus dem Krankenhaus verschwindet ist er dem Wahnsinn nahe. Zeitgleich werden ganz in der Nähe seiner Tochter und ihrem Ehemann grausam verstümmelte Leichen aufgefunden.Ein irrer Killer geht um. Als ein enger Freund der Familie Opfer eines Anschlags wird , gerät nicht nur Ludwig selbst ins Visier der Ermittler. Zu allem Überfluss taucht auch noch eine geheimnisvolle Unbekannte auf, die, so scheint es, mehr über die Vorfälle weiß, als sie zugibt. Zwischen Wahnsinn, Tod und Trauer keimt in Ludwig eine fixe Idee auf, "kann es sein, dass Elenora noch lebt?"

2. Kapitel

Während der Weißkittel mich immer noch stützend am Arm die letzten Stufen nach oben führt, mir die Tür mit seiner freien Hand öffnet und weiterhin keine Miene verzieht, lächle ich so vor mich hin.

Würde mich jemand beobachten - wenn ich sage jemand, meine ich nicht die Menschen um mich herum, sondern die normalen Menschen, Bäcker, Handwerker, Mütter, Väter - Menschen, die noch richtig im Leben stehen - dieser jemand würde denken, ich wäre verrückt.

Ich spüre wie meine Mundwinkel von selbst nach oben und unten ziehen, es geschieht automatisch und ich wundere mich wirklich, wie sehr ich meinen Körper durch bloße Gedanken beeinflussen kann.

Weißkittel Neuling, Neuling, weil er erst seit ca. 3 Wochen hier ist, schiebt mich weiter über den langen Flur, der nach frisch geputzten PVC riecht. Der beißende Geruch von Essig steigt mir in die Nase und für einen kurzen Moment konzentriere ich mich auf den Weg, den wir vor uns haben. Ich laufe auf aschfahlen, grauen PVC die Wände sind einfach nur weiß und die langen Lichtröhren über mir flackern grell und werfen noch mehr Kälte über diese ohnehin schon frostige Atmosphäre. Hier ist es lieblos, mehr als das, ja es ist steril. Keine Fenster, nur große schwere noch grauere Türen, hinter denen es meist ruhig ist, oder man bei höchster Konzentration ein wimmern vernehmen kann.

Kein Vergleich zu unserem Haus, das wir liebevoll, mehr du meine Elenora, eingerichtet hatten. Schon am Eingang spürte man die Geborgenheit. Kamen wir spät Nachts nach unseren Konzerten nach Hause, sogen wir schon den Duft der immer frischen Blumen, die wir im Flur aufgestellt hatten ein und fühlten und bereits entspannt, bevor wir überhaupt einen weitern Schritt in unsere wohlige Oase getan hatten.

Wir mochten das helle Holz, die fließenden Stoffe und die in gemütlichen Farben gestrichenen Wände.

Überall hingen wundervolle Bilder, ob von unserer Tochter Louisa gezeichnet oder bei größeren Ausstellungen erstanden. Die Kunst war unsere zweite Liebe, jedoch nicht bedeutungsloser als die Musik. Unsere liebe Louisa verhalf uns, die Kunst noch mehr zu schätzen, als zuvor. Unser Haus war warm und gemütlich, das Wohnzimmer lud mit seinem großen Kamin zum Verweilen ein, während unsere Küche mehr als nur eine Küche war.

Die Familienfeste fanden bei schlechterem Wetter stets darin statt, eigentlich fand der größte Teil unseres Lebens hierin statt. Ob es um die Erarbeitung neuer Stücke für das Symphonieorchesters ging, die Hausaufgaben unserer damals noch kleinen Tochter Louisa, Familienkonferenzen oder schlichtweg das gemeinsame Essen.

Was haben wir gelacht, geweint und auch gestritten in diesem Raum.

Er war hell, hoch und groß. Die Küchenzeile, weiß und helles Holz verlief entlang der ganzen linken Stirnseite, der Herd stand in der Mitte und zur rechten Seite gab es eine kleine Theke mit Stühlen. Gleich neben der Tür rechts hatten wir eine große Essecke mit langen Bänken und vielen Stühlen. Die Küche wurde durch eine gesamte Fensterfront, die ab der Decke an bis zum Boden reichte erhellt.

Ich werde schroff aus meiner Gedankenwelt geholt, als Weißkittel Neuling meinen Arm los lässt und am Bund seiner weißen Hose, etwas aufgeregt herumfingert. Ich beobachtete das Schauspiel und diesmal glaube ich, keine Miene zu verziehen. Wie ich diese Bewegung hasse, seit Jahren geht es so. Seit Jahren sagen sie mir, wie krank ich sei und dass es das beste für mich und die anderen wäre, wenn ich alleine in diesem Zimmer säße. Wie ich es hasse. Tag ein, Tag aus sitze ich ein oder zwei Stunden im Garten auf unserer Bank und schwelge in meiner Erinnerung, in meinen Gedanken an dich.

Endlich findet Neuling den richtigen Schlüssel, sperrt mir die Tür auf und ergreift sogleich wieder meinen Ärmel. Fast zerrt er mich in mein Zimmer, obwohl das gar nicht nötig wäre, darin herrscht eine freundlichere Atmosphäre als auf dem Flur, in diesem Raum ist zumindest ein Fenster vorhanden, auch wenn ich es selbst nicht öffnen kann.

Von hier aus kann ich auf unsere Bank blicken, den großen Baum, in dem nun mittlerweile Mutter und Vater Vogel aufgeregt hin und herfliegen.

Sie verschwinden fast vollends in der grünen Krone und erscheinen nur wenige Minuten aus den Ästen und stürzen davon.

Weißkittel Neuling lässt mich nun im Raum stehen und betritt selbst mein kleines angrenzendes Badezimmer. Mehr habe ich nicht. Einen Stuhl, einen Tisch, ein Bett, ein Badezimmer, ein Fenster. Mein Fenster, dass mein einziges Rohr in die Umwelt ist, abgesehen von den paar Stunden, die ich im Garten verbringen darf. Ich höre wie er den kleinen Hocker, der vorm Waschbecken steht mit seinem Fuß beiseite schiebt und den Wasserhahn öffnet. Ich setze mich auf den Stuhl und blicke zum Fenster hinaus. Hier sitze ich immer, meistens. Mein Stuhl steht nicht beim Tisch, er steht direkt vor dem Fenster, dass in eine kahle weiße Wand eingelassen wurde. Da fliegt wieder der kleine Vogel hinein in seine Krone, in sein selbst gebautes Nest, hinein zu seinen Liebsten. Es sind Amseln, eine braune und eine schwarze, die sich abwechseln.

Weißkittel Neuling stellt sich ohne Vorwarnung vor mich und reicht mir das Glas mit dem kalten Leitungswasser. In der andern hält er immer noch mein Medikament. Ich greife nach dem Glas, warte einen Moment und nehme mir die kleine gelbe Tablette von seinem Handteller. Er versucht mich streng anzusehen - er ist noch jung und neu hier, vielleicht Anfang dreißig. Schnell schiebe ich das verhasste runde Ding in meinen Mund und leere das Wasserglas in einem Zug. Es tut gut das kühle Nass in meinem ausgetrocknetem Rachen zu spüren. Es ist als ob neues Leben in mir erwacht. Er nimmt mir das Glas aus der Hand, nickt mir zu und stellt es auf den Tisch. Auf seinen Füßen dreht er sich um 180 Grad und schreitet zur Tür. Die Tür fällt leise ins Schloss und als ich höre wie er von außen absperrt, öffne ich meinen Mund , schiebe einen Finger in meinen Mund und hole mir die Tablette unter der Zunge hervor. Neuling sieht mir nie wie die anderen in den Mund, wahrscheinlich ekelt er sich, obwohl eine Packung Einweghandschuhe immer auf meinem Tisch bereit stehen. Diese Gelegenheit habe ich natürlich genutzt und hebe mir die kleinen Dinger auf. Natürlich wird dieses Zimmer hier täglich kontrolliert, genauso wie ich selbst. Sie durchsuchen das Bad, die Beine des Tisches und des Stuhls, sogar die Bettbezüge und drehen die Matratze um, sie können aber nichts finden. Sie haben nicht das kleine Loch im Fensterrahmen bemerkt, darin stapeln sich nun meine Medikamente von nunmehr drei Wochen. Wofür ich sie da hineinstopfe uns sammle weiß ich nicht genau. Warum ich in Kauf nehme mir nur noch mehr Ärger einzuheimsen, falls die kleinen Dinger, die wie Smarties aussehen gefunden werden, genauso wenig.

Wegwerfen würde nicht funktionieren, sogar den Mülleimer kontrollieren sie fein säuberlich täglich. Obwohl ich nie mehr als ein benutztes Taschentuch, meine Ohrenstäbchen, mehrere Bonbonpapierchen meiner Lieblingsmarke und die morgendliche Tageszeitung, die ich mittlerweile bekomme hineinwerfe. Dennoch jeden Morgen kommt eine Putzfrau im Schlepptau eines Weißkittels und gemeinsam überprüfen sie den Inhalt. Man könnte meinen, sie wetten vorher, wie viele Bonbonpapierchen sie zwischen der Tageszeitung finden. Denn sogar diese nehmen sie fein säuberlich auseinander und kontrollieren, ob ich etwas verräterischen dazwischen geklemmt habe. Mittlerweile mache ich mir sogar einen Spaß daraus und zerknülle die Zeitung und schiebe ein paar Papierchen dazwischen, damit ich wenigstens Morgens etwas zum Lachen habe. Überhaupt lächle ich schon, wenn die kleine rundliche Putzfrau nervös ins Zimmer stürzt. Mit ihrem grünen Mäntelchen, dass sie nicht einmal zubekommt, oder zumindest nur mit gespannten Knöpfen an der vorderen Leiste, bringt sie immerhin ein wenig Farbe in dieses trostlose Zimmer. Sie versucht freundlich zu lachen und begrüßt mich jeden Morgen mit "Guten Morgen Herr Dirigent". Ich nicke ihr nur stumm zu. Ich weiß nicht warum sie das sagt, aber wahrscheinlich kann sie sich meinen wirklichen Namen einfach nur nicht merken. Ob sie jemals in unserer Oper war, oder auf anderen Konzerten, die wir gemeinsam geführt und gespielt haben? Ich werde sie bei Gelegenheit fragen.

Lachen, ach Elenora, auch du hättest herzlich gelacht. Manchmal denke ich sogar, dass du bei mir bist und versuchst mich etwas aufzumuntern. Oft sitzt du sogar neben mir auf der Bank, oder neben mir am Fenster. Flüsterst mir ins Ohr, dass du auf mich warten wirst, wo auch immer du bist. Warten - apropos warten.

Immer noch sitze ich auf meinem Stuhl und blicke zur Uhr. Die Zeiger bewegen sich nur schleppend und ruhig. Und dennoch, wenn ich ganz ruhig sitzen bleibe und weder auf meinen Atem, der schwer geworden ist, oder die Geräusche außerhalb meines Zimmers achte, höre ich das leise Ticken. Tick , Tack, Tick , Tack - noch ein wenig Beständigkeit und Rhythmus mehr, als ich es nicht ohnehin schon hätte.

Eine halbe Stunde bleibt mir noch, dann wird die schwere Tür wieder aufgeschlossen, und ich erneut den langen grauen Gang, mit den grellen Röhrenlicht entlang geführt. Der Arzt - jeden Tag - spätestens jeden zweiten führe ich ein Gespräch mit ihm und dies macht es mir auch nicht einfacher dich zu vergessen. Streng sitzt er vor mir, auch wenn er versucht verständnisvoll dreinzublicken. Seine Brille sitzt auf seinem Nasenbein, sobald er sie kurz auf seine Augen zurückschiebt, kann ich seine Abdrücke erkennen, die rot und eingedellt auf der Nase zurückbleiben. Er liest mir ein paar Punkte aus seinem Notizheftchen vor, fragt mich einige Dinge, immer die selben, ob ihm das selbst nicht auffällt? Kurz darauf bin ich bereit, wieder dem grellen Licht zurück auf mein Zimmer zu folgen. Ich blicke aus dem Fenster und hänge schon wieder meinen Gedanken nach, eine halbe Stunde bleibt mir also. Zeit genug, um mir mein wirres Haar zu kämen und noch einmal an den Tag zu denken, an dem du mir das erste Mal genommen wurdest.

 

 

 

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