Romane & Erzählungen
Der Gast aus Sikkim - Begegnung mit einem Erleuchteten

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"Der Gast aus Sikkim - Begegnung mit einem Erleuchteten"
Veröffentlicht am 28. August 2010, 16 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Über den Autor:

Lieber ist mir, wenn meine Texte für mich sprechen...
Der Gast aus Sikkim - Begegnung mit einem Erleuchteten

Der Gast aus Sikkim - Begegnung mit einem Erleuchteten

Beschreibung

...und je genauer ich beobachtete, umso mehr gehörte ich, aus Sicht der Realisten, zu den Einsamen, die man zwar so nennt, aber ein Zusammengehörigkeitsgefühl der Träumer widerspräche natürlich ihrer Einsamkeit....

Der Gast aus Sikkim

Von Geburt an glauben Kinder nur zu gern an Wunder. An Märchen zum Beispiel, wo das Gute durch sein Gutsein immer am Ende siegt. Märchen also, wie sie Wilhelm Hauff schrieb, oder die Hanauer Gebrüder Grimm auf langen Wanderungen zusammentrugen.
Doch dieselben sogenannten "Erwachsenen", die uns einst die Geschichten vorlasen damals, waren es in der Folge wiederum, die dem widersprachen und dem Heranwachsenden die sogenannte "Realität" wie Wurfgeschosse entgegen schleuderten. Diese verstünde sich nicht mit dem Glaube an Wunder, hieß es lapidar. Und mein Opa väterlicherseits, von dem man sagte, er sei unter Hitler in der SA gewesen, sprach des öfteren: "Ich glaube, daß ein halbes Pfund Fleisch eine gute Suppe ergibt - alles andere ist Blödsinn." Später setzte er noch eins drauf mit dem Spruch: "Kunst kommt von Können."
Sein Sohn, mein Vater also, brachte es auf den Punkt: "Märchen gibt es nicht!"

Diese Lügner sind meine Ahnen!

Mir war das ein Konflikt, unter dem ich umso mehr litt, je genauer ich beobachtete: wer sich anpasste an die Realität, der bekam, wie man sagt, schnell die Oberhand über die, welche dem Wunderbaren weiterhin nachhingen. Sie kauften ihnen den Boden unter den Füßen weg und vertrieben sie. Nicht alle, schließlich brauchten die Oberhändler ja Unterhändler, die sie erst noch weiter nach oben -über Zwischenhändler- brachten und diese wiederum brauchten jene, um so auf raffinierte Weise eine weitverzweigte hierarchische Struktur aufzubauen: "Eine Hand wäscht die andere." Gewäsch war es allenthalben.
Jene aber, die von der Realistenbrut als "Träumer" bezeichnet wurden, vereinsamten, mußten sich und ihr Empfinden verbergen, um ungestört den leisen Tönen nachzuhorchen. Und je genauer ich beobachtete, umso mehr gehörte ich, aus Sicht der Realisten, zu den Einsamen, die man zwar so nennt, aber ein Zusammengehörigkeitsgefühl der Träumer widerspräche natürlich ihrer Einsamkeit.
Die Einsamen wurden, meist aufgrund materieller Nöte und des damit verbundenen Selbsterhaltungstriebes, gezwungen, "mitzumachen", so sie nicht verhungern und von allen Kräften abgeschnitten sein wollten.
Nun ist es aber auch so, daß Realität und Märchen nicht wie zwei verschiedene Welten nebeneinander existierten, sondern sie diffundierten, wie die Wissenschaftler es nennen würden: manch ein Realist wurde im Verlauf seines Lebens irreal, begann plötzlich aus Entbehrung heraus zu phantasieren oder um sich und auf andere zu schlagen und auch standhafte Träumer waren ihrerseits nicht immer davor gefeit, den inneren Christus als Judas zu verraten, passten sich an, profitierten von "Trends," stießen in Marktlücken hinein, wie Falken auf Schwalben stürzen, während die Gestürzten klammheimlich in die Nervenheilanstalt verbracht wurden. Bei uns in der Familie zwar nicht, da wurden ersatzweise ein Dachstuhl, sowie Kellerräume für das Verdrängte ausgebaut.
Als die Zeit kam, wo Jungs nach Mädchen schauen, empfand ich es besonders schlimm, galt es doch, bestimmte Balzverhalten einzuüben, um erfolgreich zu sein. Und Einüben, um begehrten Weibchen zu gefallen, erschien mir so jämmerlich, so unendlich jämmerlich, so ohne jede Würde....
Hier wurden erst die wirklichen Verbrecher erschaffen: die Verwalter des Gefallenden, der Kunst, die Nutznießer und Lenker, die Teufel in der Maske der Biedermänner und -frauen, die an jedem aus Not geschriebenen Wort, jedem gemalten Bild, jeder tiefempfundenen Melodie ihren Säckel zu füllen verstehen. Und mit eben dem Säckel, dem Verkauf der ausgedrückten Einsamkeitsmelodik - jetzt wird es erst verbrecherisch - kaufen sie, was kaufbar ist, kaufen und verkaufen ihre Seelen, ihre Körper ihren Planeten - UNSERE Erde!
Das Wahre, der Ausdruck seines Verlustes dieser Zeit, ist ihnen Ware und das Volk betet es an, dieses schamfreie, keimfreie Wirtschafts-Politik-Wissenschafts-System...
Doch bis ich das erkannte, war mein halbes Leben - mein einsames halbes und materiell armes Leben - vorbei. Ich nahm mir vor, die andere Hälfte mit dem erworbenen Wissen und seinem inneren Reichtum weiser zu nutzen.
Bloß wie - das war eine andere Frage.....

Dies war die Vorgeschichte, die zweifellos notwendig ist, um einem buddhistischen Meister zu begegnen, der ursprünglich aus Tibet kam, der der 16. Gyalwa Karmapa genannt wurde und im Exil in Sikkim lebte. Hätte ich nicht diesen Schmerz gespürt beim Anblick heutiger "Verwahr-losung" in der Welt - warum hätte ich ihn aufsuchen sollen? Wegen mir nicht - mir ging es doch einigermaßen - und meine Probleme wollte ich mannhaft selbst lösen - "was mich nicht umbringt, macht mich stärker." Aber so, das Ozonloch, die Klimakatastrophe, die Polkappenschmelze, der Verfall von Sprache, Dichtung, Zärtlichkeit - Einer mußte doch das Verderbenbringende vielleicht aufhalten können, wenn auch nicht allein... so dachte mein Herz unablässig, mein wie gesagt einsames....
Ohne ihn in Scheinaktivitäten zu verdrängen, ließ ich den Schmerz des Getrenntseins vom Rettenden zu, damals, eines Getrenntseins, das jeden anfällt, der den Verfall in der Welt wahrnimmt - und wie es kaum noch umkehrbar scheint, dieses Verfallen in letzte Spasmen - und Karmapa kam... nach Kopenhagen.
Andere mögen selbstlos Freude zugelassen haben, um ihm, dem Hocherfreuten begegnen zu können und noch andere wieder anderes - bei mir war es jedenfalls das Erschrecken beim nahen Untergang des planetarischen Lebens, Freund, wie Feind, sowie der dumpfen Ahnung, daß nicht einmal Bosheit, sondern bloß Unwissenheit die Triebfeder zu allem Leid war. Und weil Unwissenheit kein äußerer Feind ist, sondern einer, der unerkannt im eigenen Geist am Steuer sitzt, läßt er sich auch nicht mit äußeren Mittel bekämpfen, - etwa durch Aufklärung, wie ein Al Gore sich das vorstellt, wo Tieren auf entwürdigende Weise Chips eingepflanzt werden, als Zweck, der die Mittel heiligen soll - sondern es muß die eigene geistige Haltung verändert werden. Dieses Cip-Einpflanzen stammt noch aus dem Gedankengut eines Josef Mengele.....
Dort, in Kopenhagen, nahm ich Zuflucht zum Erleuchtungsgeist, seiner Verstehbarkeit und denen, die es verständlich vorlebend artikulieren. Das ungefähr bedeutet der rituelle Akt der Zufluchtnahme zu Buddha, Dharma und Sangha.
Dies wiederum verdankte ich möglicherweise nur einem Zeichen - einem hübschen dänischen Mädchen, das vor mir saß, ihre Parfummoleküle mir unwiderstehlich in die Nase wehte und eben diese Zuflucht zu Buddha, Dharma, Sangha nahm. Ansonsten bin ich eher zurückhaltend bezüglich Neuerungen und derer unabsehbarer Folgen. Doch mein laut pochend Herz stürmte jenem Mädchen blindlings, wie der Mauwurf dem Tagesanbruch hinterher, hinein in die neue Sichtweise - bin nur wegen Karen Buddhist geworden...

Dabei würdigte sie mich nicht mal eines Blickes, den doch sogar die Sonne auf einen Mauwurf wirft.

Jedoch davon wollte ich garnicht erzählen, sondern vielmehr von einer kleinen Episode am Rande, als der Karmapa etwa ein Jahr später nach Frankfurt kam und in dieser Zeit in Königstein/Ts. wohnte.
Es war kein Hotel, sondern das Privathaus von Herrn Fritz K. und dessen Gattin.
Letztere nun haderte zu jener Zeit mit ihrem christlichen Glauben - Gewissensbisse plagten sie und dies und das. Und jetzt kam auch noch ein hochrangiger buddhistischer Würdenträger ins Haus - gewiss hat der Pfarrer gewarnt, vielleicht sogar mit Fegefeuer und ewiger Verdammnis gedroht, man weiß es nicht, kann es sich aber leicht vorstellen. Zweifellos standen diese Tibeter mit dem Teufel im Bunde, flogen sie doch durch die Luft, brachten mit innerer Hitze den Schnee zum Schmelzen, rannten mit Siebenmeilenstiefel, wurden an mehreren Orten gleichzeitig gesehen und lösten sich auch noch auf in Regenbogenlicht - das alles konnte nur aus den Tiefen der Hölle kommen.
Jedenfalls ging sie trotzdem, ihrem Manne zu gefallen, zur privaten Audienz, der Weg war kurz, wie das, was folgt: als sie ihr Glaubensproblem geschildert hatte, griff Karmapa in seine Rocktasche, zog einen christlichen Rosenkranz heraus und überreichte ihn segnend der verdutzten Christin - die spontan an ein Wunder glaubte und fortan nie wieder an Jesus zweifelte.

So hat Frau K. es ihren Freundinnen berichtet und so hörten wir es irgendwann, nicht ohne ein gewisses Amüsement. Da die Gute inzwischen verstorben ist, darf ich den vorangegangenen Teil der Geschichte zuende erzählen. Höchstwahrscheinlich kennen ihn nur drei oder vier Personen - und eine davon war ich.
Einen Tag zuvor nämlich war mein Freund M. beim Linienhalter der Rotmützen (Kagyudpas), einem untersetzten mittelalten Mann, dessen Augen Kraft, Güte und Barmherzigkeit zugleich ausstrahlten. Soviel war uns klar - Er war die bedeutsame Ausstrahlung einer großen Kraft. Und M. hatte ein Geschenk für Seine Heiligkeit mitgebracht. Lange grübelte er: was schenkt man einem Mann, der wahrscheinlich nichts mehr braucht? Einen Blumenstrauß? Einen weissen Schal, wie in Tibet üblich, um karmische Verbindung herzustellen? Geld?
Etwas, woran unser Herz hängt, auch das war klar - nur das sind wirklich Geschenke im Sinne des Sichverschenkens oder Öffnens. Und so ist er schließlich auf den ach! so geliebten Rosenkranz aus wohlduftenden Rosenholzperlen gekommen, den er dem Gast aus Sikkim mitbrachte.

Ist damit gesagt, daß es keine Wunder gibt und die märchenverachtenden "Realisten" recht haben? - Ich glaube, das Gegenteil ist eher der Fall! Das Wunder ist noch wunderbarer, es besteht darin, daß alles einfach und natürlich geschieht, wo ein Barmherziger durch bloße Präsenz die Atmosphäre reinigt, ungefähr so, wie frühmorgens, wenn die Sonne am Horizont aufsteigt, die Erde noch rein ist (bis auf den maulwerfenden Frühaufsteher natürlich!) - worüber man sich doch ausgezeichnet wundern kann, oder etwa nicht? Frau K. brauchte ein starkes Zeichen, um wieder auf ihren christlichen Weg zurückkehren zu können (-dem "Peace-Zeichen" von Zeige- und Mittelfinger hätte sie sicher nur dem des Vogelzeigens an der Stirn entgegen gesetzt...) - und das entsprechende Zeichen kam, auf dem Weg eben, den es nahm. Wo eines Selbstlosen Güte wirkt, kommen die Dinge, die füreinander bestimmt sind, schicksalhaft flüssig, da ungestaut, zusammen und fügen sich in Freude, gewinnen wieder Gestalt.
Mitunter bedarf es bei Zaghaften aber Zeichen, den Krücken nicht unähnlich...
Nur ist das wenig spektakulär und deshalb wollen die an Eigendünkel Haftenden den Vorgang lieber "magisch-mystisch" glorifizieren, dh. die Wirklichkeit nicht so umfassend wahrnehmen, dafür ausschmückend mit allerlei Geheimnissen und schwer erlernbarem Firlefanz. Nur ist das nicht der Dharma, nicht die umfassend einfache Wahrheit.
Weil es aber halbe Wahrheiten nicht gibt, ist der Glaube an Zeichen, bzw. die Abhängigkeit davon letztendlich zu verwerfen. Wie Drogen, so ungefähr: nimm sie, wenn es dein Wille ist - aber nur, um sie anschließend sein zu lassen! Sonst machst du einen Trip durch dunkle Gefielde!

Warum, so könnte man fragen, klärt einer, dessen Geist nahezu bis auf den Grund klar ist, Frau K. nicht auf?
Eben wegen des "nahezu" - weil jeder sich selbst sein klärend Maß geben muß, da er sonst Schaden nehmen würde beim jähen Zusammenbruch des über Jahrzehnte gepflegten falschen Vorstellungsgebäudes, welches von den Ur-Ahnen durch Generationenfolgen - vererbte Gene - wie die Olympiafackel - als Ego brennt. Je älter die Egos, desto vorstellungsstarrer, anfälliger, ausgebrannter. Nur über das Fühlen beim Anblick von nichtbegriffenen Zeichen geht überhaupt noch was in Richtung Heilung. So glaubt die eine an Wunder der Rosenkranzmaterialisierung, der andere träumt bei Rosies Silikonbusen von nichtvorhandener weiblicher Hingabe, für die ihm neue Kraft für spätere Leiden zufließt. Solche, wie die zehntausend anderen Zeichen, meine ich, sind Märchen der Realität, der Vertreiber, Narren und Ursprungslosen, welche heute die Geschicke der Erde lenken.
Ein Wunder auch, daß sie sich untereinander ihre Täuschungen glauben; das unverborgen Wahre aber meiden, wie der Teufel das Weihwasser...

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