Kurzgeschichte
Vergissmeinnicht

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"Vergissmeinnicht"
Veröffentlicht am 25. August 2010, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

gelernte Buchhändlerin, Mediapublishing-Studentin, lesesüchtiger Gedankenmaler, Katzenpersonal. Mehr von mir gibt's hier: www.gedankenmaler.blogspot.com (Kreatives) www.das-buecherei.blogspot.com (Gelesenes)
Vergissmeinnicht

Vergissmeinnicht

Für Patrick. Weil "vergangen" nicht "vergessen" heißt. In Erinnerung an den 4. Mai 2010

Vergissmeinnicht

Regen. Ein stetiges Nieseln nässt die Erde, den schmalen Uferpfad. Sanft und ruhig, einem Weinen gleich. Das Weinen des Himmels. Feuchte Trauer auf der Haut, im Haar.
Knirschender Stein bedeckt die schweren Wege, macht jeden Schritt zum dumpfen Widerhall der Stille, die ihren Mantel breitet über Aufgewühltes, Ungezeigtes.
Bis auch die Schritte schweigen in stiller Abendluft.
Das Wasser ruht in seinem Bett, als wagte es keinen Laut zu geben. Respektvoll nimmt es die Gedanken auf, geschrieben auf Schiffchen aus Papier,

von sanften Strömen fortgetragen an einen neuen Ort. Und selbst der laue Wind verstummt. Für Sekunden, die Unendlichkeit sind.
Die Stille wird lauter, dehnt sich aus. Lässt Raum für Gedanken.
Zu viel.
Und Tränen schimmern grün im blassen Abendrot.
Ein Licht flackert auf in schützenden Händen. Der Wind umspielt das Flämmchen als gutmütiger Kamerad und Wegbegleiter, denn die Reise wird lang sein auf dem Fluss der Erinnerung.
Ruhig schaukelt die Kerze zwischen Schilfgras und Wasserlinsen. Hier und da gesellen sich andere dazu. Gelb.

Wärmende Gedanken an Vergangenes. Orange. Bitteres Wissen um zu wenig Geschätztes. Rot. Stille Trauer um Nichtgesagtes. Sanft gewiegt vom Strom der Tränen, vermischt zu einer blassen Erinnerung. Fortgespült von grünen Wogen, bis nur noch Worte sind, geboren in alter Zeit, gemurmelt von unvergessener Stimme. Und ein papierner Engel spannt lautlos seine Flügel auf.

Der Weg führt weiter. Dem Strom entgegen, fort von den Schiffchen, die mit ihm ziehen. Abgewandt von den Feuern, rot, orange und gelb. Ob sie dauern, wenn kein Auge sie mehr sieht?

Wer weiß.
Zeuge bleibt nur das Vergissmeinnicht am Wegesrand, das sanft die blauen Köpfe wiegt und flüsternd Wahrheit spricht:

Die Gedanken verwehen in den Winden der Zeit.
Der Blick schwimmt davon auf dem Strom des Vergessens.
Doch die Erinnerung, sie bleibt. Getragen in offenen Herzen. Bleibt und wird Vergangenheit. Wird Zukunft.

Bleibt.

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Über den Autor

Moena90
gelernte Buchhändlerin,
Mediapublishing-Studentin,
lesesüchtiger Gedankenmaler,
Katzenpersonal.

Mehr von mir gibt's hier:
www.gedankenmaler.blogspot.com (Kreatives)
www.das-buecherei.blogspot.com (Gelesenes)

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UteSchuster Re: Re: was du beschreibst erinnert mich ein bisschen an die Papierschiffe -
Zitat: (Original von Moena90 am 01.09.2010 - 23:36 Uhr)
Zitat: (Original von timeless am 01.09.2010 - 23:25 Uhr) die man mit Abschiedsgedanken auf die Donau setzt, wenn Sonnwend ist. Man möchte sein Schiff noch lange festhalten, doch irgendwann ist es verschwunden.

Die letzten Zeilen sind nachdenklich, traurig und wunderschön.

Vergissmeinnicht, Vergiss micht nicht.
nein wir vergessen sicher nicht was wir im Herzen tragen.

Liebe Gute Nacht Grüße Ute


Hallo Ute!

Ich bin zwar noch nie an der Donau gewesen, aber das Gefühl mit den Schiffchen und den Gedanken, die man festhalten möchte - ja, das war hier auch so.

Die Frage nach dem "Was passiert danach?", "Wer erinnert sich, wenn wir irgendwann einmal nicht mehr sind?" stellt sich wahrscheinlich jeder irgendwann im Leben, vor allem im Moment eines Abschieds. Aber obwohl das Ende traurig klingt, trägt es doch auch ein wenig Hoffnung.

Vielen lieben Dank für deinen Kommentar und eine gute Nacht.
Moena


dir auch, eine gute Nacht,

liebe Grüße Ute
Vor langer Zeit - Antworten
Moena90 Re: was du beschreibst erinnert mich ein bisschen an die Papierschiffe -
Zitat: (Original von timeless am 01.09.2010 - 23:25 Uhr) die man mit Abschiedsgedanken auf die Donau setzt, wenn Sonnwend ist. Man möchte sein Schiff noch lange festhalten, doch irgendwann ist es verschwunden.

Die letzten Zeilen sind nachdenklich, traurig und wunderschön.

Vergissmeinnicht, Vergiss micht nicht.
nein wir vergessen sicher nicht was wir im Herzen tragen.

Liebe Gute Nacht Grüße Ute


Hallo Ute!

Ich bin zwar noch nie an der Donau gewesen, aber das Gefühl mit den Schiffchen und den Gedanken, die man festhalten möchte - ja, das war hier auch so.

Die Frage nach dem "Was passiert danach?", "Wer erinnert sich, wenn wir irgendwann einmal nicht mehr sind?" stellt sich wahrscheinlich jeder irgendwann im Leben, vor allem im Moment eines Abschieds. Aber obwohl das Ende traurig klingt, trägt es doch auch ein wenig Hoffnung.

Vielen lieben Dank für deinen Kommentar und eine gute Nacht.
Moena
Vor langer Zeit - Antworten
UteSchuster was du beschreibst erinnert mich ein bisschen an die Papierschiffe - die man mit Abschiedsgedanken auf die Donau setzt, wenn Sonnwend ist. Man möchte sein Schiff noch lange festhalten, doch irgendwann ist es verschwunden.

Die letzten Zeilen sind nachdenklich, traurig und wunderschön.

Vergissmeinnicht, Vergiss micht nicht.
nein wir vergessen sicher nicht was wir im Herzen tragen.

Liebe Gute Nacht Grüße Ute
Vor langer Zeit - Antworten
Moena90 Re: Re: Re: Beschreibst du... -
Zitat: (Original von PhanThomas am 26.08.2010 - 15:32 Uhr)
Zitat: (Original von Moena90 am 26.08.2010 - 14:56 Uhr)
Zitat: (Original von PhanThomas am 26.08.2010 - 10:00 Uhr) ... einfach einen Abschied oder steckt mehr dahinter? Du hast so eine verschnörkelte Sprache, und man merkt einfach, dass du Fantasy magst. Auch wenn das hier ja keine Fantasy-Geschichte ist. Die letzte Passage ist übrigens besonders gelungen: "Doch die Erinnerung, sie bleibt. Getragen in offenen Herzen. Bleibt und wird Vergangenheit. Wird Zukunft. Bleibt." Rundet die ganze Sache hervorragend ab. :-) Liebe Grüße
Thomas


Ein Abschied für immer, weil kein Wiedersehen folgen wird.
Die "verschnörkelte" Sprache hat hier glaube ich weniger mit Fantasy zu tun - ich konnte auch viel verschnörkeltere Sätze schreiben, bevor ich die Fantasy für mich entdeckt hab. :P (Das ist nämlich noch gar nicht sooo lange her. ;) )
Hier hat es sich mehr aus dem Anlass ergeben. Einfache Sätze wären dem nicht gerecht geworden.

Liebe Grüße,
Moena

Das habe ich auch gar nicht negativ besetzt. Ich finde, die Sprache passt sehr, sehr gut, wird sie der Situation doch gerecht. Und sie scheint zu deinem Stil zu gehören, da ja durchaus mehr als interessant ist. :-)


Ich hatte das auch nicht negativ aufgefasst. ;)
Und ja, die Sprache gehört zu meinem Stil. Ich hab so Phasen, da bekomme ich gar keine normalen Sätze aufs Papier. *g
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Re: Re: Beschreibst du... -
Zitat: (Original von Moena90 am 26.08.2010 - 14:56 Uhr)
Zitat: (Original von PhanThomas am 26.08.2010 - 10:00 Uhr) ... einfach einen Abschied oder steckt mehr dahinter? Du hast so eine verschnörkelte Sprache, und man merkt einfach, dass du Fantasy magst. Auch wenn das hier ja keine Fantasy-Geschichte ist. Die letzte Passage ist übrigens besonders gelungen: "Doch die Erinnerung, sie bleibt. Getragen in offenen Herzen. Bleibt und wird Vergangenheit. Wird Zukunft. Bleibt." Rundet die ganze Sache hervorragend ab. :-) Liebe Grüße
Thomas


Ein Abschied für immer, weil kein Wiedersehen folgen wird.
Die "verschnörkelte" Sprache hat hier glaube ich weniger mit Fantasy zu tun - ich konnte auch viel verschnörkeltere Sätze schreiben, bevor ich die Fantasy für mich entdeckt hab. :P (Das ist nämlich noch gar nicht sooo lange her. ;) )
Hier hat es sich mehr aus dem Anlass ergeben. Einfache Sätze wären dem nicht gerecht geworden.

Liebe Grüße,
Moena

Das habe ich auch gar nicht negativ besetzt. Ich finde, die Sprache passt sehr, sehr gut, wird sie der Situation doch gerecht. Und sie scheint zu deinem Stil zu gehören, da ja durchaus mehr als interessant ist. :-)
Vor langer Zeit - Antworten
Moena90 Re: Beschreibst du... -
Zitat: (Original von PhanThomas am 26.08.2010 - 10:00 Uhr) ... einfach einen Abschied oder steckt mehr dahinter? Du hast so eine verschnörkelte Sprache, und man merkt einfach, dass du Fantasy magst. Auch wenn das hier ja keine Fantasy-Geschichte ist. Die letzte Passage ist übrigens besonders gelungen: "Doch die Erinnerung, sie bleibt. Getragen in offenen Herzen. Bleibt und wird Vergangenheit. Wird Zukunft. Bleibt." Rundet die ganze Sache hervorragend ab. :-) Liebe Grüße
Thomas


Ein Abschied für immer, weil kein Wiedersehen folgen wird.
Die "verschnörkelte" Sprache hat hier glaube ich weniger mit Fantasy zu tun - ich konnte auch viel verschnörkeltere Sätze schreiben, bevor ich die Fantasy für mich entdeckt hab. :P (Das ist nämlich noch gar nicht sooo lange her. ;) )
Hier hat es sich mehr aus dem Anlass ergeben. Einfache Sätze wären dem nicht gerecht geworden.

Liebe Grüße,
Moena
Vor langer Zeit - Antworten
Moena90 Re: wunderbar deine Gedanken -
Zitat: (Original von Ostseemoewe am 26.08.2010 - 07:42 Uhr) Trauer und Trost liegen dicht beieinander
und erinnern hält sie fest

GLG Ilona


Wie wahr, wie wahr. Manchmal erinnert man sich trotz der Trauer gern, weil es doch tröstlich ist, dass man die Erinnerungen überhaupt hat.

Liebe Grüße,
Moena
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Beschreibst du... - ... einfach einen Abschied oder steckt mehr dahinter? Du hast so eine verschnörkelte Sprache, und man merkt einfach, dass du Fantasy magst. Auch wenn das hier ja keine Fantasy-Geschichte ist. Die letzte Passage ist übrigens besonders gelungen: "Doch die Erinnerung, sie bleibt. Getragen in offenen Herzen. Bleibt und wird Vergangenheit. Wird Zukunft. Bleibt." Rundet die ganze Sache hervorragend ab. :-)

Liebe Grüße
Thomas
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Ostseemoewe wunderbar deine Gedanken - Trauer und Trost liegen dicht beieinander
und erinnern hält sie fest

GLG Ilona
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