Kurzgeschichte
Ich warte auf dich.

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"Ich warte auf dich."
Veröffentlicht am 22. Juli 2010, 12 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

«Ein Spielzeug gibt zuerst Genuss durch seine Erscheinung, und dann Heiterkeit durch seinen Gebrauch.»
Ich warte auf dich.

Ich warte auf dich.

Beschreibung

Dave Anthony Smith und Kaylin Smith sind seit 5 Jahren Jahren verheiratet, aber leben schon lange nicht mehr so zusammen, wie es normalerweise in einer glücklichen Ehe sein sollte. Dave's Job ist dabei ihre Ehe zu zerstören, bis Kaylin eines Tages einen Entschluss fasst.

Endscheidung

Mit ausdruckslosen Augen beobachtete ich, wie der Wind die vertrockneten Blätter auf den Betonboden tanzen ließ. Sie fegten über den Platz und erzeugten dabei raschelnde Geräusche. Der Wind war stark und kalt, doch ich spürte die Kälte schon lange nicht mehr. Meine Haare fielen mir ins Gesicht, doch ich war viel zu betäubt, um sie mir aus den Augen zu wischen.

Hier saß ich nun, auf einer verlassenen Parkbank und Dave wollte schon vor einer Stunde hier sein. Ich machte mir keine Sorgen darüber, dass ihm was zugestoßen sein könnte, eher, dass er mich vergessen hatte. Mal wieder... Genau das war das Problem an der ganzen Situation. Ich machte mir keine greifbaren Sorgen mehr um ihn... es war hart, aber die Wahrheit. Und ich hatte mich damit abgefunden.

Ich hatte mich mit ihm verabredet ... ich wollte es ihm erzählen. Aber er kam nicht, und es war dumm von mir zu denken, dass er vielleicht doch da sein würde. Mein Atem ging flach und die Augenlider flatterten unkontrolliert. Meine Hände krallten sich krampfhaft ineinander und mein Herz schien zu bröckeln. Es war wie ich gedacht hatte. Man brauchte nur die Tür einzutreten und schon würde das ganze Gebäude in sich zusammenbrechen. Und genauso fühlte es sich an.

Mehrfalls hatte ich versucht ihn zu erreichen. Natürlich war er nicht erreichbar gewesen; wie sollte es auch anders sein. Ich kannte seine Mailbox bereits in und auswendig und jedes Mal riss mich diese Welle der Verzweiflung mit sich, als ich seine Stimme hörte: ‹Hey Leute. Ich bin grad nicht da ... oder, ich hab einfach keine Lust dran zugehen, also klärt mich auf warum ihr mich nerven müsst und vielleicht, wirklich nur vielleicht, ruf ich euch dann zurück.›

Es war nur Spaß, wenn er sagte, dass er vielleicht einfach keine Lust hätte dran zu gehen. Sicher. Aber für mich war nichts mehr daran witzig, spaßig oder lustig. Es war nur noch deprimierend. Ich konnte nur noch über meine Versuche lachen, ihn erreichen zu wollen. Er war nie erreichbar. Selbst für seine eigene Ehefrau, dass eigentlich oberste Priorität hätte, nicht.

Ich und Dave waren seit fünf Jahren verheiratet. Die ersten Jahre liefen perfekt – wie im Bilderbuch –; vielleicht zu perfekt. Dave hatte mich angebetet, war immer um mich herum. Ehrlich gesagt musste ich gestehen, dass es damals schon fast nervte. Und wenn ich jetzt daran dachte, wünschte ich mir, dass es so wäre wie damals.

Dave Smith hatte keine Zeit mehr für mich. Er musste Geld verdienen, es wägst ja nicht auf Bäumen, meinte er immer als ich sagte, dass er einen Tag frei nehmen solle, damit wir wieder etwas zusammen machen konnten. Und, wie sollte es auch anders sein, hatte der wehrte Herr keine Zeit. Ich wusste nicht, warum er wie ein Workaholic arbeitete, denn wir hatten genügend Geld. Soviel, dass wir hätten 20 Kinder ernähren können.

Er liebte seinen Job, anfangs hatte ich nichts dagegen – wirklich nicht. Aber jetzt hasste ich es. Er vergaß mich dabei und bemerkte es nicht; oder wollte es nicht bemerken. Wenn er abends nach Hause kam – falls er das überhaupt noch tat –, war er zu erledigt und ausgelaugt um mir ein wenig Aufmerksamkeit zu schenken. Ich glaubte sogar, dass er gar nicht mitkriegen würde wenn ich weg wäre. Weg wäre...

Jetzt wusste ich, dass wir damals zu überstürzt geheiratet hatten. Ich war gerade mal 19 und er 21. Die Hochzeit war wundervoll; genauso wie wir es uns immer vorstellt hatten. Perfekt. Und dann bekam er den Job als Arzt im Krankenhaus von Peter – seinen Vater. Dave wollte schon als Kind in die Fußstapfen seines Vaters treten. Voilà – es ist ihm mit solch einer Perfektion gelungen, die nur er aufbringen konnte.

Ich arbeite in einer Bücherei, was Dave erst nach bitten und betteln erlaubt hatte. Er meinte, dass er das Geld verdienen muss und ich zuhause bleiben sollte. Pah, als ob ich das zugelassen hätte. Ich wollte nicht immer als die Jungfrau in Nöten aussehen. Wir waren im 20. Jahrhundert und weit von dem engstirnigen Zeitalter entfernt, wo die Frau nichts anderes tat, als sich um den Haushalt zu kümmern.

Vielleicht hatten sie recht. Vielleicht hatten die Menschen damals recht, als sie sagten, dass unsere Beziehung zum Scheitern verurteilt sei. Vielleicht hätten wir es langsam angehen lassen sollen. Doch jetzt war es zu spät um darüber nach zu denken. Und ich konnte es auch nicht bereuen, denn die Zeit war wunderbar gewesen. So wunderbar, dass ich mich kaum noch an sie erinnerte.

Mary, seine Schwester, hatte immer gesagt, dass wir das perfekte Paar wären. Aber Perfektion war vergänglich und niemals zu erreichen. Sie war mit meinem Bruder Jasper zusammen und meine beste Freundin. Mary war als Krankenschwester tätig – in der Kinderabteilung. Jasper war Psychologe – faszinierend und manchmal beängstigend. Vor ihm konnte man nichts geheim halten; darum liebte ich ihn umso mehr. Roberto, Dave's Bruder, hatte seine eigene Werkstatt mit Lynn. Sie waren alle glücklich ... alle.

Nicht, dass ich nicht glücklich mit Dave wäre, das war ich wirklich, aber es hatte sich verändert. Man konnte es nicht mehr als Glück bezeichnen, denn es war nichts mehr von damals geblieben. Ich hängte an der damaligen Zeit, denn nur noch diese gab mir die Kraft das alles durchzustehen. Ein kläglicher Halt...

Als ich mich umsah, erblickte ich die Zeichen der Liebe. Kinder. Kinder spielten mit ihren Eltern, spielten gegenseitig mit einander, oder liefen lachend umher. Ein schwaches Lächeln benetzte meine Lippen. Dave sagte einst, dass wir irgendwann eine Fußballmannschaft gründen würden – er wollte es. Und jetzt dachte ich nur daran, dass ein oder zwei Kinder schön wären.

Plötzlich räusperte sich jemand vor mir. Unweigerlich zuckte ich zusammen; jetzt spürte ich die Kälte und die Gänsehaut auf meiner Haut. Langsam, fast ängstlich, schaute ich nach oben. Mitleid. Ich sah in den braunen Augen vor mir Mitleid. Ich sah dieses Mitleid beinahe jeden Tag. James, unser Chauffeur – was ich unnötig fand –, stand vor mir und ich wusste schon, was jetzt kommen würde. Wie immer...

«Miss Kaylin, ihr Mann hat sich grade bei mir gemeldet, er braucht doch noch länger. Es ist ihm etwas dazwischen gekommen. Es tut ihm sehr leid. Ich soll Ihnen sagen, dass er es wieder gut macht», lächelte er, aber er lächelte nicht mit den Augen.  

Ich wollte kein Mitleid, ich wollte Dave.

«Danke James, wir können los.» sagte ich, ohne jegliches Gefühl in der Stimme.

Mit gefühllosen Beinen stand ich auf. Mein Körper schwankte etwas; ich fühlte mich ausgelaugt. Mein Herz raste und ich hatte das Gefühl, als würde es jeden Moment zerspringen. Die Herzschläge waren zu stark, zu laut in meinen Ohren und zu schnell. Das war es also, dass mir schon bekannte Gefühl ... Liebeskummer. Ich hatte mich schon so sehr daran gewöhnt, dass ich es kaum beachtet hatte.

Unterwegs schwiegen wir. James schien den ganzen Weg über nach zu denken. Er war ein guter Mann, und für sein Alter war er noch ziemlich in Form. Seit über 35 Jahren war er mit seiner Frau Elizabeth verheiratet. Er müsste jetzt ca. 60 sein. Elizabeth war eine liebe Frau, ich mochte sie auf Anhieb. Sie sah mich wie eine Tochter an. Ich war schon oft bei ihnen gewesen, wenn Dave mal keine Zeit hatte, sie machte die besten Brownies in ganz New York – ach Quatsch, in ganz Amerika.

Den Weg über dachte ich nicht wirklich nach, weil ich schon längst eine Entscheidung getroffen hatte. Und als Dave nicht gekommen ist, bestärkte es sich. Ich würde nicht kneifen, zurück treten oder sonst was. Ich war entschlossen und mich würde nichts mehr stoppen. Ich kannte meinen Weg...

Der Wagen hielt an. Ich machte keine Anstalten aufzustehen, weil eine seltsame Stimmung in der Luft lag. James wollte etwas sagen und ich wollte ihm sie Chance dazu lassen. Es dauerte genau zwei Minuten, bis er die Stimme erhob.

«Kaylin, falls irgendwas ist, du weißt ich und Bethy sind immer für dich da. Lass den Kopf nicht hängen, er kommt bald wieder zu Vernunft.»

Meine Hand legte sich auf seine. Ich lächelte nicht. «Danke James. Ich weiß, dass ihr für mich da sein werdet  und ich bin euch so dankbar dafür.»

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NothingMatters
«Ein Spielzeug gibt zuerst Genuss durch seine Erscheinung, und dann Heiterkeit durch seinen Gebrauch.»

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NothingMatters Re: Soho, - Heeey : )

Dankeschön, ich hatte schon Angst das viele in meinen Alter jetzt ankommen und sich beschweren wie ich so einen Mist on stellen kann.
: )

Ja, Dave hat 2 Handy's ein Privates und ein Arbeitshandy. Weil im Krankenhaus haben die Ärzte ganz bestimmte Handynetze damit sie Angerufen werden können. (Hoffe du verstehst was ich meine?) : )

Danke, du wirst bald weiter lesen können. :)
Ich hoffe ich kriege noch ne Meinung von irgendjemanden. : )
Vor langer Zeit - Antworten
LadyLy Soho, - da bin ich also :) Du merkst, das mit der Neugierde klappt perfekt. Also, deine Geschichte hat mir sehr gut gefallen bis hierhin, insbesondere wenn ich mir überlege, wie jung du bist.

Ein kleines Detail - Entweder der Ehemann hat zwei Handys, oder er sollte seine Ansage dringend überdenken. Wenn er für einen Arbeitskollegen (insbesondere einen Chef) erreichbar sein müsste, könnte eine solche Aussage ihn leicht den Kopf kosten.

Ansonsten gefällt mir wie gesagt die Geschichte ausgesprochen gut, ich bin gespannt wie es weitergeht und welche Idee sie hat.
Vor langer Zeit - Antworten
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