Eine kleine Geschichte mit autobiografischem Anteil.
„Guten Morgen, guten Morgen, guten Morgen Sonnenschein“, schallt es aus dem Radio..
Huch, es regnet draußen. Nun ja, dann sollte ich mein Outfit ändern.
Mm, Jeans, Pullover, Sneaker und eine Regenjacke sind meine Begleiter für diesen Tag.
Abgesehen von meinem Handy, meine Geldbörse und das wichtigste, meine Zigaretten.
Auf geht es. Wenn da nicht das allmorgentliche Problem mit meiner Schussligkeit wäre.
Verdammte Schlüssel, aber ich finde sie da, wo ich sie gestern fallen gelassen habe.
Ich liebe Regen. Am liebsten sind mir Gewitter. Danach ist die Luft so schön klar.
Oh man, Tanknadel steht schon wieder auf "E". Mist auch noch tanken.
Na gut, einmal der Umweg am Friedhof vorbei.
Für 20 € getankt und wieder rein in meine Knutschkugel.
Arbeit.
Die sehen jetzt schon alle so sehr begeistert aus, na dass kann ja lustig werden heute.
Was tut man nicht so alles für das liebe Geld, also hinter den Schreibtisch geklemmt und Computer hochfahren.
Headset aufsetzen. Wenn ich mich recht erinnere war heute eine Videokonferenz mit den Japanern. Nihao!
Worüber reden wir denn mit denen. Natürlich! Die scheiß Toiletten.
Klobrillen, als ob es nicht wichtigere Dinge gäbe. Aber gut, Klobrillen sind wichtig und diese sind auch bestimmt besonders toll. Angenehmer Sitz, qualitatives Material.
Irgendwie hab ich die falsche Klobrille.
Wow, die gibt es sogar mit Beleuchtung.
So ein Ding brauche ich unbedingt. Ob ich wohl Produkttester spielen darf?
So! Endlich Mittagspause.
Schnell ins „Käse“, brauche dringend ein Kaffee und eine Zigarette.
Schlimm diese Sucht, aber zum Abgewöhnen bin ich zu faul.
Das würde mehrere Wochen vielleicht sogar Monate Stress bedeuten.
Und nun, Füße hoch und ausruhen.
Wieder auf der Arbeit, sehe ich auch schon meinen neuen Stapel Akten.
Ich mache mich mal lieber dran, sonst hab ich morgen das Doppelte.
Puh, endlich geschafft. So ich will nach hause, obwohl schnell noch kurz zum Chef.
Okay, allen Mut zusammen nehmen und rein in die Höhle des Löwen.
...
Schnell Tür zu sonst überlegt der alte Sack sich das noch anders.
Yuppie, ich hab 3 Wochen Urlaub. Das wurde aber auch ma wieder Zeit.
Und eine Klobrille habe ich auch noch.
Das heißt, dass ich mich jetzt entspannt in meinen kleinen Flitzer setze und zu hause
ein Bad nehme. Hab ich eigentlich noch Sekt da? Na ja ich kann ja zur Sicherheit
welchen von der Tanke holen. Billiger Fusel tut es heute auch.
Ich entscheide mich für Asti, der ist so schön süffig.
Ach du meine Güte, warum ist mein Briefkasten nur immer so voll?
Die eine Hälfte Werbung, die andere Rechnungen, da können wir wetten.
Oh, oder auch nicht, da ist doch tatsächlich ein interessanter Brief zwischen.
"Liebe Frau Kantor, .... bla bla bla....
mitteilen, dass sie am 5.10. mit dem Studium der Literatur beginnen können...."
YES!
Nach 2 Jahren warten endlich ein Studienplatz. Das ist wirklich mal ein schöner Tag.
Erst das tolle Wetter, dann die beleuchtete Klobrille, Urlaubsgenehmigung und jetzt
das hier. Hat dort oben im Himmel etwa jemand ein schlechtes Gewissen?
Ich hoffe, dass das so weiter geht.
Nach der halben Flasche Asti und einer Stunde im heißen Wasser ist mir doch etwas
schwindelig. Ich werde mich auf das Sofa legen und noch Fern sehen.
Nur schade, dass niemand da ist um mit mir zu feiern. Nur Fuma, aber eine Katze kann
sich leider nicht betrinken. Nun ist der Tag so schön und doch verspüre ich wie immer
den Drang.
Vielleicht hilft rauchen, also Kippchen wo seit ihr, ich muss euch vernichten.
Nach einer Schachtel Zigaretten, eine Tafel Schokolade und drei Bechern Kaffee, ist
das Schwindelgefühl weg, aber die Leere ist da.
Da hab ich endlich fast alles was ich wollte und trotzdem kann ich nicht aufhören.
Ich mache mir acht Teelichter an und verschiebe sie aus lauter Langeweile immer
wieder zu neuen Mustern.
Ich glaub ich sollte ins Bett. Im Fernsehen läuft nichts und bevor ich es doch wieder mache, geh ich lieber schlafen.
Ich falle. Flügel. Gebrochene Flügel. Ich falle. Panik. Hilfe!
Seufzend schrecke ich hoch.
4:27uhr, da lohnt es sich noch eine Runde zu schlafen, aber auf der Couch.
Ich starre seit 3 Stunden die Decke an. Vielleicht ist es besser aufzustehen.
Na gut, auf ins Bad. Eine kalte Dusche wird mir gut tun.
Jetzt hab ich endlich Urlaub und kann doch nicht ausschlafen.
Apropos Urlaub, ich sollte so schnell wie möglich meine Kündigung einreichen.
Ich muss mich auf's Studium vorbereiten.
Ob die Zeitung schon da ist? Gucken kostet nichts.
...
Ich blicke in dein Gesicht. Ich habe die Tür geöffnet und da standest du.
Aber...
Deine Lippen, warum küsst du mich?
Ich will mich wehren, aber ich kann nicht.
Ich bin dir so sehr verfallen.
Kann man bei uns von Liebe sprechen?
Oder ist es einfach nur das Verlangen?
Wir landen im Bett! Wie jedes mal.
Ist es ein Traum? Bin ich doch eingeschlafen?
Nein, ich habe es wieder getan.
Ich habe zu große Angst alleine zu sein, sodass ich nicht von dir loskomme.
Ich gehe ins Wohnzimmer. Diese eine Schublade in der Kommode.
Sie ist mein Ausweg aus allem das ich fürchte.
Ich gehe ins Bad und setzte mich auf den Rand der Badewanne.
Eine Stelle, die nicht auffällt, aber dich zum Gehen zwingt.
Nur ein Schnitt, das reicht. Rote Tränen tropfen auf die weißen Fliesen.
Das wird die erste Narbe auf dem rechten Oberschenkel.
Ein Schnitt reicht, obwohl einer mehr fällt auch nicht auf.
Da sind ja noch keine Narben. Zwei bis drei Narben fallen ja nicht auf.
13. Eine schöne Zahl, aber missbraucht für einen Mord.
Den Mord an meiner Seele.
Ein Blick zur Tür. Ich weis, dass du davor stehst.
"Geh!"
"Warum?"
"Bitte geh einfach!"
10 Minuten später fällt die Haustür ins Schloss.
Ich bin vom Rand auf die kalten Fliesen gerutscht und sitze nun in meinem eigenen Blut.
Warum? Warum kann ich nicht aufhören?
Ich zerstöre mich selbst. Ich weis es und kann trotzdem nicht aufhören.
Mir laufen die Tränen übers Gesicht.
Für die Welt bin ich eine junge hübsche und selbstbewusste Frau.
Haben sie das Bild immer noch von mir, wenn sie mich nackt gesehen haben?
Das Wasser im Eimer ist schon ganz rot, dabei bin ich noch nicht mal ganz fertig.
Es war schön, dass er da war. Ich glaube ich liebe ihn und wer weis,
vielleicht liebt er mich auch.
Ich kann ihn ja beim nächsten mal fragen. Es wäre zumindest sehr schön nicht mehr alleine zu sein.
Dann würde ich endlich alles haben, dass ich mir gewünscht habe. Selbst die Narben
werden mit der Zeit verblassen.
Ja, das wäre schön!
Ich stehe vor dem Spiegel im Schlafzimmer. Ich sehe mich Lächeln!
Fast automatisch prallt meine Faust auf das kalte Glas und zerbricht den Spiegel.
Sieben Jahre Pech oder wie war das? Aber es ist egal, denn es kann nicht schlimmer
werden, nur besser.
Ich stehe noch 2 Stunden vor meinem zerteiltem Spiegelbild.
Ich nehme den Spiegel von der Wand, dabei fallen einige Scherben auf meine Füße.
Ich werde sie gleich wegräumen, nur schnell den hier in den Müll.
So geschafft, zwölf Scherben! Es sind nur zwölf Scherben. Das ist ein Zeichen.
Ausnahmsweise mal keine 13.
Das muss ein Zeichen sein. All die tollen Sachen, die passiert sind.
Diesmal werde ich es schaffen!
Ein neuer Morgen, neues Glück!
Ich hab richtig gut geschlafen. 11:08uhr. Ich hab sogar lange geschlafen.
Ich glaub ich werde heute mal in den Zoo. Ja, ich hab Lust darauf. Also ab unter die
Dusche und schnell fertig machen.
Noch schnell ein Kaffee und ein Toast und schwuppdiwupp, schon fertig.
200€ sollten für diesen Tag reichen. 11€ Eintritt, wie beim letzten mal.
Ich habe fast vergessen wie sehr ich Tiere liebe, sie sind so faszinierend, so elegant.
Ich wäre gerne eine Möwe!
Flieg, Möwe flieg.
Hinaus aufs Meer.
Hinauf in den Himmel.
Hinein in die Freiheit!
Du kennst keine Grenze,
keinen Käfig der dich festhält.
Für dich gibt es nur den Blick zum Horizont.
Ich wünscht ich hätte Flügel,
die mir die Freiheit versprechen,
so wie die deinen.
Ich würde fort fliegen.
Mit den Wolken um die Wette segeln.
Würde in ferne Länder reisen.
Und mit der Freiheit zurück in meine Heimat.
Doch das sind Träume, ohne Bedeutung.
Drum bitt' ich dich:
Flieg, Möwe flieg.
Hinaus aufs Meer.
Hinauf in den Himmel.
Hinein in die Freiheit!
Und nimm meine Träume mit dir zu den Wolken.
Denn wenn wir uns das nächste mal sehen,
kannst du mir von der Freiheit erzählen.
So und als letztes natürlich der Streichelzoo!
Eigentlich bin ich zu alt für so was, aber ich liebe es die Schafe und Ziegen
zu streicheln. Nur ein bisschen Nähe. Da fällt mir ein, Fuma würde sich bestimmt auch
über ein paar Streicheleinheiten freuen.
Ab nach Hause, aber vorher noch schnell ein paar Kleinigkeiten einkaufen.
"Fuma! Komm her mein kleiner. Ich hab dir was leckeres mitgebracht."
"Miau", mehr nicht einfach nur "Miau".
Ohne ihn würde mir etwas fehlen, etwas, das mir unglaublich viel bedeutet.
"Was hältst du davon, wenn wir heute mal wieder einen DVD-Abend machen?"
Eigentlich ist es sinnlos zu fragen, ich kriege keine Antwort, aber ich frage, um mich
nicht so alleine zu fühlen.
Der Kleine hat sich neben mir zusammengerollt und schläft seelenruhig.
Nach 3 Filmen muss ich gestehen, dass ich total müde bin. Ich lege mich auf die Couch
und schlafe mit Fuma in meinem Arm ein.
...
Ich falle. Flügel. Sie sind nicht kaputt. Ich strecke sie aus und fliege.
...
Ein schöner Traum, der erste seit Jahren.
Drei Wochen sind seit dem letzten mal vergangen. Meine Narben beginnen schon zu
verblassen. Ich habe ihn seitdem 5mal gesehen, aber ich hatte einfach nicht den Mut
ihn zu fragen,ob er mich liebt.
Er kennt meine Vergangenheit, die Jahre der Vergewaltigungen...
Er kennt die Wahrheit und trotzdem schläft er mit mir oder gerade deshalb?
Ach ich bin dumm, er schläft mit mir, weil ich ihm mein Vertrauen schenke.
Und ich liebe ihn und er mich auch, ganz sicher.
Ich lese jetzt sehr viel, damit ich ein wenig auf das Studium vorbereitet bin. Mit
dem Rauchen konnte ich aber immer noch nicht aufhören.
Es klingelt um diese Zeit? Es ist 3:13uhr, mein Gott, was für eine barbarische Zeit.
Dein lächelndes Gesicht ist das erste was ich erblicke.
Wir gucken ein wenig Fern. Wir reden nicht, aber das ist auch nicht nötig.
Es ist das erste Mal, dass wir nicht sofort im Bett landen.
Aber natürlich landen wir noch im Bett und der Sex ist toll.
Ich habe nach meinem 15 Lebensjahr wieder einen Orgasmus, der nicht durch meine
Hand entstanden ist.
Wir schlafen ein, Arm in Arm. Morgen früh werde ich dich fragen.
Ich wache auf. 7:12uhr, beim nächsten Wimpernschlag springt die Uhr um:
7:13uhr.
Ich greife nach dir, doch du bist weg. Auf dem Nachttisch liegt ein Zettel.
"Es wird das letzte mal gewesen sein.
Ich liebe dich nicht und kann dich
nie lieben. Du wirst deinen Weg
finden, da bin ich mir sicher.
Leb wohl!"
Ich lasse mich neben das Bett auf das Lammfell fallen. Es ist schön warm.
Unterm Bett glitzert etwas.
Eine Scherbe von dem Spiegel.
Ich setze die Klinge an, gut sichtbar am Arm, nur ein Schnitt.
Jetzt werde ich fliehen, ohne jemals die Liebe kennen zu lernen.
Als ich 6 war, haben sich meine Eltern scheiden lassen.
Mein Stiefvater hat mich Jahre lang missbraucht.
Ich ritze mich seit 7 Jahren.
Ich rauche seit ich 12 bin.
Ich bin allein, als meine Mutter anfing mich für den Missbrauch verantwortlich zu machen.
Ich habe 3 Jahre lang Drogen genommen.
Ich habe 5 Jahre lang regelmäßig Alkohol in großen Mengen getrunken.
Ich hatte nie einen Freund.
Ich hatte nur einen richtigen Orgasmus.
...
Das Blut fließt aus meinem Arm auf das weiße Fell.
Es waren doch 13! 13 Scherben. Aber ich bin den sieben Jahren Pech entkommen.
Ich wünschte ich könnte an meinem Grab stehen und sehen wer kommt. Dann würde
ich die Menschen fragen, wo sie waren als ich noch lebte.
Noch vor ein paar Stunden war ich alleine.
Habe mich einsam geglaubt.
Jetzt liege ich hier.
Halte deine Hand.
Blicke in deine braunen Augen.
Spüre deinen Atem auf meiner Haut.
Was passiert, wenn ich dich loslasse?
Wenn du mich los lässt?
Ist das alles nur ein Traum?
Zu schön um war zu sein?
Wunschdenken?
Will ich die Wahrheit erfahren?
Verkrafte ich die Liebe?
Die Einsamkeit?
Ich fühle deine Lippen auf meinen.
Deine Zunge, wie sie meine umspielt.
Deine Haut an meiner Haut.
Es fühlt sich so real an.
Kann etwas so schönes nur Schein sein?
Habe ich es verdient?
Womit habe ich es verdient?
Ich bin verwirrt.
Berühre mich!
Kann es sein?
Küsse mich!
Sein oder Schein?
Liebe mich!
Mein Herz kennt keine Antwort.
Lass mich glauben.
Bitte Herz lass mich glauben.
Die Hoffnung stirbt zuletzt!
Ich hoffe!
Ich glaube!
Ich weis!
Ich weis, dass es nicht sein kann.
Nicht sein darf.
Auf dem Boden liegt eine Scherbe.
Vom Spiegel, den ich zerbrach.
Ein Schnitt und ich entkomme.
Einmal kann ich vor der Einsamkeit fliehen.
Ein letzter Augenblick.
Ich seh in dein lächelndes Gesicht.
Nun werde ich lächeld einschlafen.
Für immer!
...
Es ist Nacht.
Ich liege im Bett.
Neben mir liegst du und schläfst.
Es war nur ein Traum.
Oder Vision?
Egal.
Ein Lächeln umspielt meine Lippen.
Ich weis, dass es wahr sein kann!
Ruhe in Frieden Einsamkeit.