Kinderbücher
Das Geheimnis des roten Steines - Märchen

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"Das Geheimnis des roten Steines - Märchen"
Veröffentlicht am 21. Juni 2010, 12 Seiten
Kategorie Kinderbücher
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Über den Autor:

Ich bin eher introvertiert, liebe die Menschen, die Natur - die Literatur seit ich lesen kann (bin eine echte Leseratte) und schreibe auch selbst sehr gerne.
Das Geheimnis des roten Steines - Märchen

Das Geheimnis des roten Steines - Märchen

DAS GEHEIMNIS DES ROTEN STEINES

 

 

Ulf und Udo verbrachten die Ferien immer bei ihrer Großmutter. Dort hatten sie alles, was sich ein zehnjähriges Zwillingspärchen nur wünschen konnte, eine riesengroße Villa,

einen riesengroßen Park, riesengroße Kinderzimmer und viele Spielsachen. Die Buben genossen die Wochen bei Oma, denn daheim in der Stadtwohnung gab es nicht so viel Freiheit. Hier aber durften sie sich richtig austoben. Der ganze Park stand ihnen zur Verfügung und das ganze Haus. Fast das ganze Haus. Nur das Zimmer des Großvaters war  verschlossen und ein absolutes Tabu, sowohl für die Dienerschaft, als auch für die Kinder. Selbst Oma betrat seit dem Tod ihres Mannes nur selten diesen Raum. Er war immer abgeschlossen.

Doch gerade deshalb wurde er für Ulf und Udo immer interessanter. Was war in dem Raum? Warum durfte niemand hinein?

Sie spähten durch das Schlüsselloch. Sie bedrängten Oma. Alles vergebens.

 

Eines Tages aber steckte an der Tür zu dem geheimnisvollen Zimmer der Schlüssel. Oma hatte wohl wieder einmal nachgeschaut und vergessen, ihn abzuziehen.

Ulf und Udo sahen sich an.

„Nein!“, sagten sie. „Wir dürfen da nicht hinein.“

... Und sie gingen in den Park, um Fußball zu spielen.

Doch die Neugierde war stärker. Sie kehrten zur Villa zurück und schlichen die Treppen hinauf. Da – der Schlüssel steckte noch immer.

Udo drückte die Türklinke. Knarrend öffnete sich die Tür und die beiden Buben huschten in das Zimmer. Puh! Wie muffig es hier roch! Muffig und stickig. Überall hingen Spinnweben, sie überzogen alle Möbel.

Die Buben sahen sich neugierig und etwas beklommen um.  Das war Großvaters Zimmer? Warum ließ es Oma so verkommen? Warum lüftete sie nicht und machte sauber?

„Schau!“, rief Ulf, „Schau dir diesen prächtigen Stein in der Vitrine an!“ Auf einem Samttablett lag ein funkelnder, dunkelroter Stein, etwa so groß wie ein Apfel.

„Der ist herrlich!“, begeisterte sich auch Udo und wollte die Glastüre des Schränkens öffnen.

„Lass das!“, mahnte sein Bruder. „Wir sollten lieber nichts anrühren. Aber wir fragen Oma,  ob sie uns den Stein schenkt.

Den ganzen Tag dachten die Zwillinge nur an diesen schönen roten Stein. Sie hatten keine Freude am Fußballspiel und wollten auch nicht fischen gehen.

„Was habt ihr denn?“, fragte die Großmutter. „Warum seid ihr heute so lustlos?“

„Oma,“, begann Ulf stockend, „wir müssen dir etwas beichten.“

Und sie erzählten, dass der Schlüssel zu Opas Zimmer gesteckt hatte, dass es offen gewesen war und sie hinein gegangen sind.

Die Großmutter wurde schrecklich aufgeregt.

„Kinder, Kinder.“, murmelte sie ratlos. „Ich habe euch doch alles erlaubt, alles, außer in dieses Zimmer zu gehen. Ihr habt doch hoffentlich nichts angerührt.“

„Nein. Haben wir nicht. Aber wir sahen im Glasschrank einen wunderschönen roten Stein. Dürfen wir den haben – als Andenken an den Opa?“

„Nein!“, entfuhr es der sonst so gutmütigen Frau beinahe hart und barsch.

„Warum nicht?“

„Weil das Zimmer seinetwegen abgeschlossen ist. Der Stein ist gefährlich und bringt Unglück.“ Mehr sagte sie nicht, sondern ließ sich erschöpft in ihrem Lehnstuhl nieder und schloss die Augen.

Ulf und Udo zogen enttäuscht ab, doch das Geheimnis des roten Steines ließ sie nicht mehr los. Warum bloß sollte ein Stein gefährlich sein?

Stundenlang hockten sie in einer Ecke und suchten nach Erklärungen, was es mit dem Stein auf sich haben könnte. Sie wollten nicht mehr spielen, hatten keinen Hunger, sie grübelten und grübelten ....

Tagelang dachten sie an nichts anderes mehr.

 

            Da nahm sich Oma ein Herz und rief die Buben zu sich.

„Hört mir zu,“, sagte sie, „ich will euch die Geschichte des Steines erzählen:

Als euer Opa vor vielen Jahren auf einer Geschäftsreise in Indien war, entdeckte er auf dem Basar diesen Stein. Er gefiel ihm und er kaufte ihn als Geschenk für mich.

Wieder zu Hause – wir waren damals sehr arm – polierte er ihn mit einem weichen Tuch. Er wollte ihn auf Hochglanz bringen, ehe er ihn mir schenkte.

Aber wie erschrak er, als der Stein durch die Reibung zu glühen und zu rauchen begann. Der Rauch stieg in die Höhe und formte sich zu einem mächtigen Geist.

„Mein Gebieter,“, sagte er zu eurem Großvater, „was befiehlst du?“

„Dass du in den Stein zurück kehrst!“

Opa hatte einen richtigen Schrecken bekommen und fürchtete sich. Doch siehe da: Der Geist zog sich tatsächlich in den Stein zurück.

 

Damit begann das ganze Unglück.“

„Wieso denn Unglück, Oma?“

„Na ja, erst schien es ja wie Glück.

Opa versuchte es erneut, und weil es so einfach war, rief er den Geist dann immer wieder. Er musste ihm helfen, gute Geschäfte zu machen, musste ihm raten, wo und wann er investieren solle, u.s.w.

Der Geist tat alles.

Wir erwarben einige Fabriken, diese Villa mit dem weitläufigen Park mit dem Fischweiher.  Ich erhielt schöne Kleider, Schmuck, Bedienstete. Wir kauften euren Eltern die Wohnung und ein Auto.“

„Aber Oma, das ist ja toll! Das ist doch kein Unglück.“

„Nein. Das Unglück war, dass euer Opa immer kälter und gefühlloser wurde. Er verlor seinen Humor, die meisten Freunde und hatte kein Interesse mehr an den Menschen. Er war nur noch damit beschäftigt, Vermögen zu scheffeln. Er machte Geld, wie er es nannte. Er achtete nicht auf seine Gesundheit. Er arbeitete und arbeitete, sorgte sich und sorgte sich ....

und eines Tages versagte sein Herz ...

Ich bin überzeugt, das Geld und die Macht, die ihm der Geist ermöglicht hatte,  haben euren Großvater so verändert.“

 

            Udo und Ulf zeigten sich betroffen. Sie konnten nicht glauben, dass ein Stein einen Menschen so verändern könne.

„Nicht der Stein,“, sagte Oma, „Der Geist in dem Stein.“

„Dann lassen wir ihn einfach heraus und schicken ihn fort.“, überlegte Ulf.

„Der Stein ist dann ungefährlich und du kannst ihn uns schenken.“, ergänzte sein Bruder.

Oma stützte den Ellbogen auf den Tisch, legte ihr Kinn in die Hand und zog die Stirne kraus.

„Ich trau mich nicht.“, sagte sie nach langem Nachdenken.

„So machen wir es gemeinsam.“

 „Gut.“, sagte Oma und ging mit den Kindern in das geheimnisvolle Zimmer. Sie wischte den Staub und die Spinnweben vom Tisch und von den Stühlen. Dann nahm sie das mit Samt ausgeschlagenen Tablett mit dem Stein aus der Vitrine.

 

„Wartet,“, befahl sie, „ich hole noch eine Kerze.“ Als sie diese angezündet hatte, nahm sie den Stein und rieb ihn behutsam mit einem weichen Tuch blank. Er begann zu glühen und zu rauchen. Die Buben schauten atemlos zu, rückten aber vorsichtshalber mit ihren Sesseln ein Stückchen zurück. Ganz wohl war ihnen bei dieser Aktion nun doch nicht.

Der Rauch stieg in die Höhe und formte sich zu einem violett schimmernden Geist.

„Mein Gebieter,“, schallte eine tiefe Stimme in die Stille des Raumes, „was befiehlst du?“

Oma war blass geworden. Ihre Hände zitterten und sie fand nicht gleich die passenden Worte.

„Wir möchten dich aus diesem Stein befreien.“, antwortete nun Ulf.

Der Geist wandte sich ihm zu: „Und was verlangt ihr als Gegenleistung?“

„Nur, dass du keinem Menschen mehr dienen sollst. Macht und Vermögen, wenn man es nicht selbst erarbeitet hat, bringen Unglück. Du sollst niemanden mehr unglücklich machen.“,

forderte Oma, die ihre Stimme und ihre Fassung wieder gefunden hatte.

Da verneigte sich der Geist.

„Danke!“, sagte er. „Ihr habt mich erlöst. Nun darf ich zurück ins Reich der Geister. Als ich  vor vielen Jahren einem jungen Mann einen üblen Streich gespielt hatte, wurde ich vom Geisterkönig in diesen Stein verbannt und musste seinen Besitzern dienen, bis ein Mensch von selbst auf meine Hilfe verzichten würde. Nun bin ich endlich wieder frei! Ich danke euch!“ – Daraufhin verflüchtigte er sich.

Auf dem Tisch aber lagen nun gleich drei wunderschöne, dunkelrot funkelnde Steine. Er hatte jedem der Zwillinge als Dank und zur Erinnerung einen geschenkt.

Diese Steine verfügten über keine Zauberkraft, doch Ulf und Udo trugen sie ihr Leben lang bei sich, um niemals zu vergessen, dass Liebe und Menschlichkeit das Wichste in ihrem Leben sein sollte.

Den dritten behielt die Großmutter. Sie gab dem Stein einen Ehrenplatz im Wohnzimmer vor dem Bild des Großvaters. In seinem Zimmer aber öffnete sie die Fenster weit, putzte den Raum und richtete ihn als helles, freundliches Gästezimmer ein.

Sie war froh, kein Geheimnis mehr hüten zu müssen.

 

(C)  I. H.

 

 

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mukk
Ich bin eher introvertiert, liebe die Menschen, die Natur - die Literatur seit ich lesen kann (bin eine echte Leseratte) und schreibe auch selbst sehr gerne.

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mukk Re: das ist eine wunderschöne Geschichte -
Zitat: (Original von Feedre am 04.11.2012 - 16:58 Uhr) und die Parabel in unserer heutigen Zeit nötiger als je, aber in Zeiten von Banker und Politlenker wird es natürlich ein schönes Märchen bleiben. Undenkbar, dass jemand freiwillig auf seinen Geist in der Flasche verzichtet......Liebe Grüße
Feedre


Leider hast du recht. Doch wenn sich nur einige ... oderauch nur ein einzige ... auf die wahren Werte besinnt, ist schon viel gewonnen.
Herzlichen Dank für deinen Besuch und den schönen Kommi.
Dein Profil-Foto weckt bei mir Fernweh ... ich reise wahnsinnig gerne.
Liebe Grüße
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
Feedre das ist eine wunderschöne Geschichte - und die Parabel in unserer heutigen Zeit nötiger als je, aber in Zeiten von Banker und Politlenker wird es natürlich ein schönes Märchen bleiben. Undenkbar, dass jemand freiwillig auf seinen Geist in der Flasche verzichtet......Liebe Grüße
Feedre
Vor langer Zeit - Antworten
MarianneK Re: Re: -
Zitat: (Original von mukk am 02.07.2010 - 16:46 Uhr)
Zitat: (Original von MarianneK am 29.06.2010 - 21:14 Uhr) Eine bezaubernde und lehrreiche Geschichte, die mir sehr gut gefallen hat.

Liebe Grüße
Marianne


Liebe Marianne, freue mich sehr darüber - danke dir herzlich!
bei uns ist ´s derzeit so heiß, dass ich mich kaum hinaus wage...
Sei lieb gegrüßt
Ingrid


Ach Ingrid,

ich halte es auch kaum noch aus, denn ich wohne unterm Dach und jetzt habe ich noch 28.7° im Zimmer, trotz offenem Fenster und Morgen soll es noch wärmer werden, bis 36° ? seufz.

Wünsche dir eine erholsame Nacht, trotz Hitze.
Marianne
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: -
Zitat: (Original von MarianneK am 29.06.2010 - 21:14 Uhr) Eine bezaubernde und lehrreiche Geschichte, die mir sehr gut gefallen hat.

Liebe Grüße
Marianne


Liebe Marianne, freue mich sehr darüber - danke dir herzlich!
bei uns ist ´s derzeit so heiß, dass ich mich kaum hinaus wage...
Sei lieb gegrüßt
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
MarianneK Eine bezaubernde und lehrreiche Geschichte, die mir sehr gut gefallen hat.

Liebe Grüße
Marianne
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: -
Zitat: (Original von Luap am 27.06.2010 - 15:49 Uhr) Ingrid, das ist so wunderbar geschrieben. Diese Geschichte muss ich unbedigt meinen Kindern vorlesen!

Herzliche Grüsse
Paulchen


Liebes Paulchen, das ehrt mich und das freut mich, danke!! Lasse die Rasselbande ganz, ganz, ganz herzlich grüßen!
Sei lieb gegrüßt
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
Luap Ingrid, das ist so wunderbar geschrieben. Diese Geschichte muss ich unbedigt meinen Kindern vorlesen!

Herzliche Grüsse
Paulchen
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: Re: Re: Geldgier und Macht...... -
Zitat: (Original von NORIS am 26.06.2010 - 21:06 Uhr)
Zitat: (Original von mukk am 26.06.2010 - 20:52 Uhr)
Zitat: (Original von NORIS am 24.06.2010 - 20:40 Uhr) ...zerstören alles....und in diesem Märchen das alles Kindern erklärt in der ihnen eigenen Sprache und so gut zum Zuhören erzählt - wie Omas das eben können - einfach ganz große Klasse.....

Liebe Grüße und ich komme bestimmt wieder vorbei

Heidemarie


Liebe Heidemarie, dein lieber Kommentar hat mir große Freude gemacht, danke dir herzlich für deinen Besuch und die netten Zeilen.
Sei lieb gegrüßt!
Ingrid



Liebe Ingrid,
ich wünsche Dir einen phantastisch schönen Sonntag
Heidemarie
Besuch mich doch auch einmal unter NORIS. Ich würde mich sehr freuen!



Wird gemacht, stehst schon länger auf meiner Wunschliste - allerdings war und ist es leider immer noch recht turbulent bei mir, sodass ich nicht soviel schreiben und beantworten kann, wie ich gerne möchte.
Sei ganz lieb gegrüßt!
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: Da verneigte sich der Geist. -
Zitat: (Original von erato am 26.06.2010 - 11:51 Uhr) ...so wie ich mich immer vor dir, liebes Hascherl.
In deinen oft kindgerechten Kurzgeschichten bist du einfach
vortrefflich und bewundernswert. Auch hier ist die Tiefe wieder
sehr gefühlvoll verpackt worden!
Schön, dich gelesen haben zu dürfen.
Herzlichst
Dein Stadtführer


Oh, du mein Stadtführer der Spitzenklasse, ich freue mich, dass dich diesmal du meiner Führung durch das Märchen anvertraut hast und danke dir ganz herzlich für die schöne Reverenz!
Mit besonders lieben Grüßen
Ingrid und Ulli
Vor langer Zeit - Antworten
NORIS Re: Re: Geldgier und Macht...... -
Zitat: (Original von mukk am 26.06.2010 - 20:52 Uhr)
Zitat: (Original von NORIS am 24.06.2010 - 20:40 Uhr) ...zerstören alles....und in diesem Märchen das alles Kindern erklärt in der ihnen eigenen Sprache und so gut zum Zuhören erzählt - wie Omas das eben können - einfach ganz große Klasse.....

Liebe Grüße und ich komme bestimmt wieder vorbei

Heidemarie


Liebe Heidemarie, dein lieber Kommentar hat mir große Freude gemacht, danke dir herzlich für deinen Besuch und die netten Zeilen.
Sei lieb gegrüßt!
Ingrid



Liebe Ingrid,
ich wünsche Dir einen phantastisch schönen Sonntag
Heidemarie
Besuch mich doch auch einmal unter NORIS. Ich würde mich sehr freuen!
Vor langer Zeit - Antworten
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