Kurzgeschichte
Ein Lift in...

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"Ein Lift in..."
Veröffentlicht am 20. Juni 2010, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Bisher von mir erschienen im Verlag neun9zig Liebe mbH ISBN 978-3-944907-00-0 Querfeldein ISBN 978-3-944907-02-4 Beide Bücher leider komplett ausverkauft. Noch erhältlich bei Amazon, Verlag neun9zig oder direkt bei mir: Quertextein und hinterm Komma links ISBN 978-3944907215 Kontaktaufnahme über meine Homepage: http://quertextein.jimdo.com/
Ein Lift in...

Ein Lift in...

Beschreibung

Mein Beitrag zu Lorelais Mitmachaktion "Ein Lift in Baltimore". Weitere Infos dazu zu finden bei Lorelais Geschichte dieses Titels. Danke für diese Idee, Lilly.

 

 

Ein Lift in …

 

Sie betrat den Aufzug mit dem Hintern zuerst.

Na gut, das war vielleicht nicht ganz der richtige Ausdruck, aber da sie rückwärts hineintänzelte, war ihr Allerwertester jedenfalls der Körperteil, den etwaige Mitfahrer als erstes zu Gesicht bekommen hätten. Aber der Lift war leer. Auch gut, hatte sie eben noch ein paar Minuten, sich zu sammeln, bevor sie dem Vorstand der Süßwarenfirma das neue Konzept präsentierte, das ihre Werbeagentur für diese winzigkleinen, nur mit je drei Kalorien belasteten, einem drei Stunden lang frischen Atem schenkenden Pfefferminzbonbons entwickelt hatte. Auch diese schon etwas ältere Werbung - „Drei Stunden frischer Atem mit nur drei Kalorien, ist doch phänomenal, oder?“ - war damals dem Brainpool ihrer Firma entsprungen. Über der linken Schulter trug sie die Tasche mit ihren Unterlagen. Klar, die ersten Entwürfe hatte sie bereits per Mail geschickt, aber sie war überzeugt, dass persönliche Präsenz noch immer das Beste war, wenn man etwas verkaufen wollte.

 

Und diese winzigkleinen weißen Pfefferminzbonbons in der runden Plastikdose waren auch der Grund, weshalb sie rückwärts in den Lift getänzelt war. Die Empfangsdame hatte ihr so ein Schächtelchen mit Atemerfrischern in die Hand gedrückt und sie hatte gleich eines in den Mund gesteckt. Und da war es passiert. Das Geräusch, das die Bonbons beim Schütten gemacht hatten, hatte perfekt zum Rhythmus der Musik aus dem Radio auf dem kleinen Tischchen gepasst und sie hatte nicht widerstehen können, diese mit ein bisschen Plastikdosenpercussion aufzupeppen. Ein Rhythmus, zu dem sie einfach tanzen musste. Und dann hatte da auf einem der Sessel im Foyer dieser Mann gesessen. So ein Schlips- und Anzugtyp. Und hatte auch so ein Schächtelchen in der Hand gehabt und im Takt geschüttelt. Ein Blick, ein Lachen … und schon hatten beide getanzt. Er sitzend in seinem Sessel, sie rückwärts in den Lift hinein. Fast hätte sie vergessen, auf den Knopf für die sechste Etage zu drücken. Warum saßen eigentlich Firmenvorstände immer in sechsten Etagen?

 

Knirschend setzte sich der Lift in Bewegung.

 

Sie seufzte. So richtig begeistert und überzeugt war sie von ihrem eigenen Werbekonzept nicht, aber das würde sie sich natürlich nicht anmerken lassen dürfen. Irgendwie hatte ein zündender Funke gefehlt und ihre eigene Idee kam ihr plötzlich furchtbar langweilig und bieder vor. „TocToc – und der Tag beginnt atemfrisch!“ Boah … Gähn … Wenn man sich die Zähne putzte, begann der Tag auch atemfrisch.

 

Es gab ein lautes, surrendes Geräusch, dann fiel plötzlich der Strom aus und der Fahrstuhl wurde langsamer und langsamer, bis er schließlich anhielt.

Sofort schaltete sich das Licht wieder ein, aber dabei blieb es auch. Es schien eine Art Notstromversorgung zu sein.

Sie wartete ein paar Sekunden. So ein Mist, immer dann, wenn man es eilig hatte.

„Hallo?“, rief sie in das kleine Gitter auf der Schaltkonsole des Liftes, nachdem sie den Notrufknopf gedrückt hatte. „Hallo … Ich stecke ...“ Na ja, das, was man in solchen Situationen eben in so ein kleines Gitter hineinruft. Und auch die Antwort aus dem Lautsprecher war die, die man aus jedem drittklassigen Stadtmovie kennt: „Wir kümmern uns sofort darum, bitte haben Sie einen Moment Geduld ...“

Sie fügte sich in ihr Schicksal. Nur blöd, dass sie ausgerechnet heute ein weißes Kostüm trug. Bisschen unpraktisch, wenn sie sich damit während der Wartezeit etwa auf dem Boden niederlassen wollte, aber sie hatte die Idee witzig gefunden, ein Kleid in der Farbe des zu bewerbenden Artikels zu tragen.

Diese Musik. Da war sie wieder. Nicht aus dem Kofferradio, sondern aus dem Liftlautsprecher erklang sie. Wie von alleine bahnte sich der Rhythmus den Weg vom Lautsprecher über ihre Ohren in ihr Hirn und von da aus in die Hand mit der Plastikdose. Arrepdepdep, arrepdepdep …



Ruckelnd setzte sich der Lift wenige Minuten später wieder in Bewegung.



„Meine Damen und Herren, vergessen Sie alles, was sie an Entwürfen bereits vor sich liegen haben. Nicht der frische Atem wird im Mittelpunkt unserer neuen Werbekampagne stehen, sondern die Musikalität, die der Verpackung in Verbindung mit der zu bewerbenden Ware innewohnt. Das Konzept ist brandneu ...“

Hoffentlich ahnte niemand, WIE brandneu …

„... und bislang streng geheim, weshalb es auch noch keinerlei schriftliche Unterlagen darüber gibt, ich ...“

Und hoffentlich merkte keiner, was für einen Blödsinn sie da verzapfte …

„... skizziere Ihnen meine Idee daher persönlich. Also, mir schwebt Folgendes vor: Eine Dame in einem weißen Kostüm betritt den Empfangsraum einer Firma. Über der linken Schulter trägt sie eine Tasche, in der Hand eine Schachtel TocToc. Aus einem Kofferradio ...“

Es wurde eine sensationelle Kampagne.

 

 

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Über den Autor

Gunda



Bisher von mir erschienen im Verlag neun9zig

Liebe mbH
ISBN 978-3-944907-00-0
Querfeldein
ISBN 978-3-944907-02-4

Beide Bücher leider komplett ausverkauft.

Noch erhältlich bei Amazon, Verlag neun9zig oder direkt bei mir:
Quertextein und hinterm Komma links
ISBN 978-3944907215

Kontaktaufnahme über meine Homepage: http://quertextein.jimdo.com/

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Gunda Re: Ein Lift in... -
Zitat: (Original von Gast am 21.06.2010 - 18:15 Uhr) "Spritzig- witzig - locker geschrieben!"
(eben "Gunda")
LG Uschi


Danke, Uschi. War ja im Grunde nur eine SChreibübung als Beitrag zu Lorelais Mini-Serie, hat aber Spaß gemacht.

Lieben Gruß
Gunda
Vor langer Zeit - Antworten
Gunda Re: toc toc -
Zitat: (Original von Rajymbek am 21.06.2010 - 09:37 Uhr) also - wenn das kein Zufall ist! lach

VLG Roland



töctöc ... hätte es auch sein können ... oder tactic?

Lieben Gruß
Gunda
Vor langer Zeit - Antworten
Gunda Re: Ja, das war wieder -
Zitat: (Original von baesta am 20.06.2010 - 22:44 Uhr) eine schöne Kurzgeschichte und ich habe sie, obwohl es schon so spät ist, noch von Anfang bis Ende gelesen. Ja manchmal denkt man, man hat Blödsinn verzapft und dann kommt alles ganz anders. Es kommt halt auf die Sichtweise an.

Na denn gute Nacht für heute.
LG Bärbel



... was sich eben alles so ergeben kann - in einem Lift.

Danke für deinen Kommentar, Bärbel
Lieben Gruß
Gunda
Vor langer Zeit - Antworten
Gast Ein Lift in... - "Spritzig- witzig - locker geschrieben!"
(eben "Gunda")
LG Uschi
Vor langer Zeit - Antworten
Rajymbek toc toc - also - wenn das kein Zufall ist! lach

VLG Roland
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Ja, das war wieder - eine schöne Kurzgeschichte und ich habe sie, obwohl es schon so spät ist, noch von Anfang bis Ende gelesen. Ja manchmal denkt man, man hat Blödsinn verzapft und dann kommt alles ganz anders. Es kommt halt auf die Sichtweise an.

Na denn gute Nacht für heute.
LG Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
Gunda Re: -
Zitat: (Original von LorelaiPatton am 20.06.2010 - 18:03 Uhr) Genial!! Also diese Person ist ja soooo liebenswürdig!! Habe in Gedanken mitgetanzt :-)

Einfach eine großartige Umsetzung! Vielen Dank dafür :-)

Ganz lieben Gruß



Freut mich, dass dir meine Idee auch zusagte, Lorelai.

Lieben Gruß
Gunda
Vor langer Zeit - Antworten
Gunda Re: So kann 's gehen, Gunda! -
Zitat: (Original von pekaberlin am 20.06.2010 - 17:35 Uhr) Nun stell ich mir das Ganze mal als Werbung für Haftcreme vor.
Okay, okay, wär 'n bisschen komplizierter... aber wenn einer immer aus dem Takt klapperte und nervte ... und plötzlich...
Ja, iss ja schon jut! Ick hör ja schon uff!
Liebe Grüße Peter



Man guuut, dass wir damit noch keine Erfahrungen haben ;o)))

Lieben Gruß und Dank für deine überaus interessanten Gedanken zu meinem Text, lieber Peter
Gunda
Vor langer Zeit - Antworten
UteSchuster Re: Re: Nun bin ich echt im Fahrstuhlrausch -
Zitat: (Original von Gunda am 20.06.2010 - 15:04 Uhr)
Zitat: (Original von timeless am 20.06.2010 - 14:06 Uhr) erst lese ich Thomas MörderLift und dann hier eine Werbekampagne, was man mit so einem Lift doch für unterschiedliche Sachen machen kann.

Lach, dabei muss ich an einen Aufsatz denken, den ich in der 5. Klasse geschrieben habe, gedanklich natürlich nur, leider wurde daraus kein Hit, sondern eine Ohrfeige, ein 6er und der Ruf, der Lehrerin nach den Eltern.

Manches muß man im Kopf haben, dann wird es einfach super ;-)

LG Ute



Und du hast diese Geschichte nie in Reinschrift gebracht, auf dass wir, deine Leser, nachvollziehen können, ob die 6 gerechtfertigt war???

Lieben Gruß
Gunda


nein nie, nicht nur in Reischrift, diese Worte haben niemals auch nur ein Blatt Papier gesehen. Heute würde ich die Lehrerin anzeigen ;-) man schlägt doch keinen Schüler. Na zu Hause habe ich den Hintern auch noch voll bekommen. Ich würde sagen, für ein weißes Blatt, welches mit einem langen Aufsatz gefüllt werden sollte, habe ich schon eine 6 verdient. Keine Ahnung ob die Lehrer heute über meine Phatasie lachen würden, eher nicht, denke ich.
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LorelaiPatton Genial!! Also diese Person ist ja soooo liebenswürdig!! Habe in Gedanken mitgetanzt :-)

Einfach eine großartige Umsetzung! Vielen Dank dafür :-)

Ganz lieben Gruß
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