Wir hatten damals ja nur eine sehr kleine Zweizimmer-Wohnung, weil es in der ehemaligen DDR ein Ding der Unmöglichkeit war, mit nur einem Kind eine größere Wohnung zu bekommen, denn diese waren sehr begehrt und wohl meistens nur durch eine entsprechende Bonuszahlung erhältlich, sofern man keine gute Bekannte auf dem Wohnungsamt hatte.
Doch aus den Wohnblocks der ehemaligen Arbeiterwohngenossenschaft, den sogenannten AWG´s zogen immer mehr unserer Nachbarn aus, mit denen man so lange Wand an Wand gelebt und sich gut verstanden hatte. Teils aus Gründen des Arbeitsplatzes, teils auch weil manche
Familien sich vergrößerten und die beengten siebenundvierzig Quadratmeter für mehr, als zwei Personen zu klein wurden.
In die nun leerstehenden Wohnungen zogen jedoch immer mehr Leute, mit denen man dann doch nicht so gern zu tun haben wollte.
Da wir beide Arbeit hatten sahen wir uns in der Lage, uns nun auch nach einer größeren Wohnung umzusehen und wurden eines Tages in der Innenstadt fündig.
Es war ein Zweifamilienhaus mit einem kleinen Laden im Erdgeschoß, von außen ganz nett anzusehen. Die Wohnung in der ersten Etage machte ebenfalls einen recht wohnlichen Eindruck.
Eine schon etwas angestaubte, ältere Küche war ebenfalls im Mietpreis enthalten. Es tat mir natürlich weh, dass ich meine schöne Einbauküche, die ich erst 1995 gekauft hatte, nicht mitnehmen konnte.
Die Wohnung bestand zwar auch nur aus zwei Zimmern, hatte aber fast die doppelte Grundfläche unserer alten Wohnung.
Außerdem gab es im Wohnzimmer Parkett (leider nur Weichholz, ein Fauxpas, was wir damals nicht beachteten).
Der Umzug fand in der heißesten Zeit im Juni 2000 statt.
Wir hatten ein Umzugsunternehmen damit betraut, das heißt nur für die Möbel und den Aufbau. Alles andere mussten wir selbst transportieren. Und unser Tigerchen wuselte auch immer dazwischen herum. Abends wollten wir nun unsere Eckcouch wieder zusammen bauen, aber Katerchen hatte sich wieder mal unsichtbar gemacht und war nirgends zu finden. Mir kroch die Angst durch die Glieder: Wo war der Kater. War er vielleicht bei dem ganzen Trubel ausgebüchst?
Ich brüllte schluchzend meinen werten Herrn Ehemann an: "Du hast bestimmt ´ne Türe offengelassen und nu isser fort." Der brüllte natürlich zurück: "Du und dein dämlicher Kater...ich habe aber nichts offen gelassen."
Also Schuhe angezogen, runter auf die Straße und überall gesucht und gerufen. Er würde sich doch nicht so weit von uns entfernen, dazu hat er doch zu viel Angst. Aber weiß man, was in so einem Katzenköpfchen vor sich geht? Natürlich nicht. Der Nachbar von gegenüber, ein Kneipenwirt, wurde aufmerksam auf meine Bemühungen und er fragte mich, wie denn mein Kater aussähe, denn außer seinem dicken Peter, der Freilauf hatte, hätte er
eigentlich kein weiteres Katzentier auf unserer Straße, einer Spielstraße, gesehen.
Weinend ging ich also wieder in die Wohnung, nicht ohne zuvor die gesamte Nachbarschaft rebellisch gemacht zu haben. „Katze entlaufen, hört auf den Namen „Purzel“ und ist ein hübscher Grautiger“.
Nun war es aber an der Zeit, wieder mal ein bisschen an’s Einräumen der Wohnung zu denken. Wir nahmen uns also erst einmal unsere Eckcouchteile vor, die zusammen gesetzt werden mussten. Und als wir das eine Eckteil aufklappten, welches einen kleinen Kasten unter dem Sitz hatte, wer lag da und gähnte uns gelangweilt an? Ja, es war unser
Kater, der sich in einem unbeobachteten Augenblick von der Seite in besagten Kasten zurückgezogen hatte und dort den ganzen Trubel verschlafen hatte.
Wie froh wir da waren, kann man sich sicherlich vorstellen.
In der neuen Wohnung waren sehr kleine und
niedrig, fast in Kniehöhe angebrachte Fenster und hier musste wir gewaltig aufpassen, dass unser Kater nicht mal von da aus auf das Verdeck eines Lastwagens sprang, denn ebenfalls gegenüber befand sich ein Bäckerladen und wenn dort Mehl oder andere Bäckereiwaren angeliefert wurden, dann reichte das Verdeck des LKW’s fast bis unter unser Schlafzimmerfenster. Wenn also ein Fenster offen stand, wäre es unserem Kater ein Leichtes gewesen, auf so ein Verdeck zu springen und sich als Schwarzfahrer zu betätigen.
Einmal hätte es auch fast geklappt. Ich konnte ihn noch in letzter Sekunde von diesem Vorhaben abhalten, und das obwohl er ansonsten nicht der Mutigste unter den
Schnurrtonproduzenten war.
In Kürze folgt Teil 8