Fantasy & Horror
Licht und Finsternis

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"Licht und Finsternis"
Veröffentlicht am 16. Juni 2010, 14 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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Licht und Finsternis

Licht und Finsternis

Beschreibung

Leseprobe

Das Begräbnis

Licht und Finsternis

 

Ein ewiger Krieg…eine niemals endende Feindschaft…ein mächtiger Hass... Wenn Licht und Finsternis aneinander geraten, Hoffnung und Verzweiflung sich vereinen und ihre Feindschaft endet, dann haben wir Frieden.

Mythor Goéno, Weiser aus Ismadesh

 

Im Jahre 339 nach dem Beginn der Zeitzählung

 

Das Begräbnis

Es regnete. Die Tropfen fielen auf die Blätter des Beoh-Waldes. Ein eisiger Wind fegte über den Wald, hinweg über tote und lebende Bäume, grüne Sträucher und moosige Steine bis hin zum Rand des Waldes. Dort war ein tiefes Loch, umringt von zwei Gruppen, die jeweils auf der einen Seite des Loches standen. In dem Loch gruben zwei Männer mit mächtigen Schaufeln große Klumpen Erde auf einen Erdhaufen außerhalb des Loches. Beide Männer trugen Kapuzen, die ihnen als Schutz vor dem Regen tief im Gesicht hingen und Kutten. Der eine jedoch trug eine schwarze Kutte, der andere eine weiße. Zudem waren auf beiden Kutten Zeichen aufgenäht. Der Mann mit der schwarzen Kutte hatte ein Zeichen in Form eines Kreises. Auf dem Kreis war ein Dreieck, dessen Ecken ein Stück über den Rand des Kreises genäht waren. In der Mitte des Dreiecks war ein weiteres Dreieck, jedoch auf dem Kopf gedreht. Seine Ecken berührten die drei Kanten des anderen Dreiecks. Auch das Zeichen des Mannes mit der weißen Kutte war ein Dreieck, jedoch hatte es anstatt Ecken Kreise. Zudem war dieses Zeichen auf der Vorderseite der Kutte angebracht. Die Männer hatten den Rücken einander zugewandt und redeten nicht miteinander, während sie mit kräftigen Stößen ihre Schaufeln in den Boden rammten. Sie wurden von einem Mann beobachtet, der ein Meter entfernt links vom Loch stand. Hinter ihm war eine Gruppe aus Männer und Frauen, von denen jeder eine schwarze Kutte trug, auf dessen Rückseite genau jenes Zeichen prangte, was auch auf dem Rücken der schwarzen Kutte des Mannes war, der im Loch mit einer Schaufel grub. Sie hatten auch die Kapuzen tief ins Gesicht gezogen. Auch der Mann, der kurz vor dem Loch stand, trug ebenjene schwarze Kutte mit dem merkwürdigen Zeichen auf dem Rücken, jedoch hatte er keine Kapuze auf dem Kopf und hinter ihm standen zwei Männern aus der Gruppe. Das Gesicht des Mannes war mehr als komisch: Er hatte lange, rabenschwarze Haare, ein eher längliches Gesicht, spitze Zähne, eine spitzzulaufende Nase und auf seiner Stirn prangte das gleiche Zeichen wie auf seiner Kutte. Zudem besaß überall ihm Gesicht schwarze Male ihn Form von ungeordneten Zacken, die genau wie seine Haare rabenschwarz waren. Seine Haute sah kränklich weiß aus, so, wie man sie nur bekam, wenn man zu lange kein Tageslicht gesehen hat. Das merkwürdigste jedoch waren die Augen: Die Iris war weiß wie seine Haut und die Pupille und die Regenbogenhaut waren schwarz wie die Nacht. Der Name des Mannes war Niwan und er gehörte zum Volk der Nidaren. Auch die Leute hinter ihm gehörten zu den Nidaren. Niwan war gerade mal 25 Jahre alt und schon der Anführer seines Volkes. Nach dem Todes Ginaar, dem ehemaligen Volksführer, wurde er vom Rat zum Anführer gewählt. Doch im Moment erfasste ihn kein Stolz und seine hämische Miene, die er sonst immer aufgesetzt hatte, wich Gleichgültigkeit und Trauer. Sein Blick wanderte von den beiden Arbeitenden im Erdloch zu der gegenüberliegenden Seite. Auch dort war eine Gruppe von Menschen, wo es einen Anführer mit zwei Leibwächtern gab. Im krassen Kontrast zu den Nidaren trugen all diese Leute weiße Kutten. Auf der Vorderseite war, wie bei dem Mann im Loch, ein Dreieck mit Kreisen anstatt Ecken. Auch sie trugen alle Kapuzen mit Ausnahme des Anführers. Dieser saß im Schneidersitz auf dem Boden. Als er Niwans Blick bemerkte sah er hoch und lächelte ihm hämisch zu. Er schien das genaue Gegenteil von Niwan zu sein: Er war alt, so um die 70, hatte schneeweiße, kurze Haare, weiße, buschige Augenbrauen, ein ovales Gesicht, spitzzulaufende Ohren, eine rundliche Nase, ein Doppelkinn, wulstige Lippen und auf seiner Stirn prangte jenes Zeichen, das auch auf seine Kutte genäht war. Das merkwürdigste an diesem Mann waren jedoch seine Augen: Sie waren weiß, man konnte nur Ansätze von Pupille und Iris sehen. Der Mann hieß Sidof und war Anführer des Volkes der Levia. Er leitete sein Volk schon dutzende Jahre und er konnte es noch dutzende weiter tun. Niwan hasste diesen Mann und sein Volk, genauso wie Sidof ihn und sein Volk hasste. Beiden war dieser Hass angeboren, als Kinder lernten sie, dem jeweils anderen Volk zu misstrauen, Gerüchte zu verbreiten und Vorurteile zu erschaffen. Aber nicht nur deswegen hasste Niwan ihn; er hasste ihn auch, weil er diesen schicksalshaften Tag überlebt hatte; er hasste ihn, weil er verantwortlich dafür war, dass Ginaar, ihr ehemaliger, weiser Anführer, jetzt tot war. Außerdem befriedigte ihn es zutiefst, ihm auch die Schuld an Mutters Tod zu geben. Dadurch stieg sein Hass ins Unermessliche und das gab seiner zerrütteten Seele eine tiefe Befriedigung. Doch sie hatten eine Abmachung: Bei der Beerdigung Mutters sollte der Streit aufgehoben werden, nur für einen Tag. Dies war Mutters letzter Wunsch und diesen konnten sie nicht verwehren. Doch auch war es Mutter gewesen, die diesen Hass erschaffen hatte. Sie wollte Harmonie und Einklang erschaffen, doch heraus kam nur Hass, abgrundtiefer Hass.

Die beiden Männer im Erdloch waren fertig, sie kletterten aus dem Loch und gingen zu ihrer jeweiligen Gruppe. Sidof sah Niwan an und Niwan nickte. Sidof klatschte zweimal in die Hände und aus dem Wald heraus kam langsam eine Barre geflogen, umgeben von hellem Licht. Auf der Barre lag ein goldener Sarg. Während der Sarg sich dem Erdloch näherte, stimmten die Frauen der Nidaren und der Levia ein Klagelied an. Niwan ging zum Kopfende des quadratischen Loches. Er sah, dass Sidof auf der anderen Seite sich vom Boden erhob und zum Kopfende des Loches flog. Seine Beine funktionierten seit dem schicksalshaften Tag nicht mehr, sie waren für immer gelähmt und konnten auch nicht durch Heilung oder Magie, sei es finstere oder scheinende, geheilt werden. Ein geringer Preis dafür, was er getan hatte. Der Sarg schwebte jetzt über dem Erdloch und Niwan und Sidof waren am Kopfende angekommen. Sidof klatschte einmal und der Sarg schwebte langsam in das Loch hinein. Als er auf festem Boden stand, trat Niwan einen Schritt vor. Die Klagelieder der Frauen verstummten. Niwan streckte seine offene Hand von sich und schloss die Augen. Schwarze Magiefunken umsprangen seinen Arm. Niwan schloss die Hand. Dann wartete er drei Sekunden. Als sich seine Augen und seine Hand wieder öffneten, lag dort eine schwarze Rose auf seiner Handfläche. Sie war wunderschön und schien von innen heraus eine überirdische Kraft auszustrahlen, die einem jeden glauben lässt, dass sie ein Werk der Götter sei. Niwan ließ die schwarze Rose langsam in das Loch auf den Deckel des Sarges gleiten, wo sie in der Mitte liegenblieb. Jetzt hob Sidof gut einen halben Meter vom Boden und flog direkt neben Niwan. Auch er schloss die Augen und streckte seine offene Hand über das Grab. Diesmal umtanzten leuchtende Magiefunken die Hand und als er die Hand schloss und nach drei Sekunden wieder öffnete, lag dort auf seiner Handfläche eine weiße Rose, die aussah, als würde sie alles Licht aus der Umgebung in sich saugen. Sidof ließ die Rose ins Grab schweben, wo sie direkt auf Niwans Rose landete. Beide Rosen bildeten jetzt ein Kreuz. Sie leuchteten kurz auf, dann schmolzen sie in den Sarg ein. Übrig blieb nur noch eine Erhebung, dass zeigte, dass dort einmal Rosen waren. Niwan klatschte in die Hände und ließ den Erdhaufen am Rande des Erdloches sich auf den goldenen Sarg legen. Die Frauen stimmten wieder ihre Klagelieder an, während Niwan und Sidof wieder zurück zu ihren Plätzen gingen. Dort angekommen, stimmten sie und die Restlichen in den Klagegesang ein. Sie klagten so etliche Minuten, bis jeder Nidare und jeder Levia ans Grab trat und etwas sagte oder murmelte.

Nohs verstand nicht, was der Inhalt der Klagelieder war, jedoch erfüllten sie ihn mit tiefer Trauer. Nohs war sechs Jahre alt und gehörte zum Volk der Nidaren. Er war einer der Jüngsten, die anwesend waren. Als die Anderen fertig mit klagen waren und sich in Reihe stellten, um etwas zum Abschied zu sagen, wurde er am Schluss der Schlange aufgestellt. Er musste etliche Minuten warten, bis er endlich an der Reihe war. Fast alle gingen schon nach Hause, Niwan, ihr Anführer, war schon lange verschwunden. Nohs stellte sich vor das Grab Mutters, faltete seine Hände und senkte den Kopf. Er wusste nicht was er sagen sollte, er war noch zu jung um ernsthafte Trauer über Mutters Tod zu empfinden. Da ihm nichts einfiel, was er sagen sollte, hob er den Kopf und schaute sich um. Er war der Letzte, der anwesend war, bis auf ein kleines Mädchen, das auf der anderen Seite des Grabes stand. Es war ungefähr so alt wie er, hatte jedoch weiß-blonde Haare, nicht so dunkle Augenbrauen, einen schmalen Mund und vor allem weiße Augen. Man konnte jedoch Ansätze von Pupille und Iris sehen. Insgesamt wäre sie hübsch gewesen, würde sie nicht zum Volk der Levia gehören. Als sie bemerkte, dass er sie anstarrte, lächelte sie. Nohs wurde rot. Er versuchte, zurück zu lächeln, jedoch gelang es ihm nicht so gut. Sie drehte sich um und ging. Nach ein paar Metern blieb sie jedoch noch einmal stehen, drehte sich noch einmal und winkte zum Abschied. Dann rannte sie ihrem Volk hinterher und wich dabei geschickt den Pfützen am Boden aus. Nohs war sprachlos. Eine vom anderen Volk war so nett zu ihr gewesen. Das war schon komisch. Die Alten erzählten immer, dass die Levia blutrünstige, kalte und freudlose Wesen seien, die merkwürdige Rituale in ihren Baumhütten vollzogen. Doch das Mädchen war anders. Vielleicht stimmte es gar nicht, was die Alten sagten? Vielleicht waren nicht alle Levia so. Verwirrt verließ Nohs das Grab, während er darüber grübelte, ob die Alten die Wahrheit erzählt hatten.

Nohs hatte falsch gelegen, als er dachte, dass nur er und das Mädchen der Levia noch anwesend waren. Ein Wesen kauerte droben in der Krone eines Baumes. Es hatte die ganze Zeremonie mit angesehen. Als alle das Klagelied gesungen hatten, hatte das Wesen ein Gefühl empfunden, was es noch nie zuvor gespürt hatte: Trauer. Trauer über Mutters Tod, Trauer darüber, dass sie nicht mehr ist. Diese neue Errungenschaft hatte das Wesen in Aufregung versetzt. Vielleicht konnte es doch nicht nur hassen, so wie es gedacht hatte. Vielleicht konnte es ja genau sein, wie jeder andere? „Unsinn, “ sagte eine Stimme in seinem Kopf, „du wirst immer anders bleiben und das wir auch so bleiben und das weißt du auch. Alle werden dich verachten und du wirst alle anderen verachten. So war es schon immer und so bleibt es auch.“ Das Wesen ärgerte sich. Kaum hatte es etwas Neues entdeckt, kam diese Stimme und machte alles kaputt. Aber vielleicht hatte sie auch Recht? Vielleicht wird sich nichts verändern und es wird für immer so bleiben? Trauer überfiel das Wesen abermals, und es hangelte sich vom Baum und rannte in die Schwärze des Beoh-Waldes hinein, den Platz und das Grab, auf welches immer noch Regen tropfte, zurücklassend.

 

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lightanddark Versteh ich nicht ganz, meinst du die Gruppenzählung am Anfang??
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