Kinderbücher
Geschichten aus Wakaland - Teil 5

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"Geschichten aus Wakaland - Teil 5"
Veröffentlicht am 06. Mai 2010, 8 Seiten
Kategorie Kinderbücher
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Über den Autor:

Mein Leben ist bisher von ständigem Wandel geprägt gewesen. Ich habe in der biologischen Landwirtschaft gearbeitet, in einer Schreinerei, habe die Berufsausbildungen zur Medizinisch-Technischen Laboratoriumsassistentin abgeschlossen und auch zur staatl. dipl. Erzieherin. Ich habe über dreissigmal den Wohnort gewechselt, die längste Zeit habe ich dabei in Bayern verbracht. Zweimal war ich verheiratet und habe drei erwachsene Kinder. Daneben hatte ...
Geschichten aus Wakaland - Teil 5

Geschichten aus Wakaland - Teil 5

Pani, der Betteljunge

Pani saß auf der Straße und malte. Er malte mit Hingabe und ohne auf zusehen. Um ihn herum lagen seine Kreiden, schon ein wenig aufgeweicht vom Regen, bunte Kreiden, so bunt wie seine Bilder.

Regenbogen, Städte, einen Zirkus, Sonne und Palmen, Schneemänner, lachende und weinende Gesichter hatte er gemalt, und noch vieles mehr. Doch das war nicht mehr zu sehen. Zu sehen waren nur noch die Reste seines letzten Bildes, an dem er gerade malte – so weit wie es der Regen noch nicht weg gewischt hatte.

Alle anderen Bilder waren längst die Straße hinunter geschwommen. Das letzte Bild stellte ein Karussell dar, so eines bei dem man sich in einen Sitz setzt, der wie eine Schaukel an langen Ketten hängt. Und wenn sich das Karussell dann immer schneller dreht, fliegt der Schaukelsitz mit einem hinauf bis in den Himmel.

Pani kniete oft auf den Gehsteigen und malte, neben sich eine Blechbüchse, in die die Leute Geld werfen sollten. Das war nicht seine einzige Beschäftigung, er sammelte auch Zigaretten-stummel in Straßencafés oder auf dem Bahnhof, entnahm ihnen die Tabakreste und sammelte sie in einer leeren Zigarettenschachtel. Die Zigaretten, die er daraus drehte, brachte er Leuten, die kein Geld hatten, sich selber welche zu kaufen. Dafür durfte er dort manchmal mit essen, oder sich aufwärmen.

Anderen half er den Garten umzugraben, oder die Kinder zu hüten. Natürlich auch nur armen Leuten, die ihn kannten und liebten.

Man konnte nie genau sagen, wann er wo sein würde. War er gerade noch beim Malen, war die Straße im nächsten Augenblick leer, und hatte man ihn schon lange nicht mehr gesehen, stand er plötzlich vor einem am Zaun und lächelte.

Er stellte sich nie vor und verabschiedete sich auch nicht. Diejenigen, welche ihn kannten, wussten das. Und die, welche ihn nicht kannten, lernten es bald.

Pani war still, aber was nötig war, das sagte er und seine Augen leuchteten dabei wie Feuer. Das mussten nicht die grössten Weisheiten sein, auch einfache, scheinbar belanglose Sachen wie: „Ich geh' aufs Klo!“ oder: „die Sonne scheint!“, konnte er so sagen, wenn es nötig war.

Die Leute merkten daran, wie wichtig er sie nahm, ihre Wünsche, Sorgen und Freuden. Dafür liebten sie ihn.

Panis Augen konnten auch schrecklich sein! Wenn er zornig auf jemand war, dann loderten sie auf und keiner konnte ihnen standhalten – aber bald waren sie wieder sanft und dunkel, wie leise glimmende Glut.

 

Heute jedenfalls saß Pani auf der Straße und malte. Nicht auf dem Gehsteig – nein - das war auch gar nicht notwendig, denn es war Nacht und es regnete und niemand kam vorbei.

Niemand? Von einer der nahen Straßenlaternen löste sich eine Gestalt. Pani hatte sie kommen hören – patsch, patsch – durch die Pfützen, bis sie dort stehen blieb und ihm zusah. Das Mädchen war vollkommen durchnässt, wie Pani auch, nicht weil sie – wie er – keine Regenbekleidung besaß, sondern, weil sie keine anziehen wollte.

Als sie vor ihm stand und auf seine Zeichnung hinunter schielte, hob Pani den Kopf und lächelte.

„Was machst Du da?“ Sie bewegte ihren rechten Fuß in Richtung Karussell um ihre Frage zu verdeutlichen, zog ihn wieder zurück und wartete.

„Ich male Träume!“, antwortete er langsam und schenkte ihr einen leuchtenden Blick. Da sie nichts mehr darauf sagte, begann er wieder mit dem Malen. Das Mädchen ging rund um Pani herum und besah sich die Zeichnung eine Weile von der anderen Seite.

Inzwischen hatte Pani eine Neue angefangen und die Alte wurde zusehends verwaschener.

„Warum malst Du? Der Regen macht sie doch alle kaputt!“, fragte das Mädchen – und nach einer kurzen Pause, fügte sie ein wenig bitter hinzu: „So ist es mit den richtigen Träumen auch!“

Sie schwieg und biss sich auf die Lippen. So viel hatte sie dem fremden Jungen gar nicht sagen wollen, obwohl ihr seine Augen gefallen hatten, vorhin.

Pani fuhr auf, ließ seine Kreide fallen und starrte sie aus weit geöffneten, brennenden Augen an.

„Oh Nein!“, stieß er hervor, „meines sind wirkliche Träume, sie leben! Der Regen kann sie nur deshalb zerstören, weil niemand kommt, dem ich sie schenken kann!“

„Schenke mir Einen!“, rief sie, „Ich habe Keinen mehr, denn Keiner hat sich erfüllt!“

Sie getraute sich auf einmal alles zu sagen, denn sie hatte begonnen, den Jungen zu lieben.

„Ich war auf einer Party...“, erzählte sie, „mit meinen Klassenkameradinnen, aber ich bin nicht schön, und kann auch nicht tanzen, ich war allein, den ganzen Abend, da bin ich gegangen, in den Regen. So ist es immer, ich bin eben NICHTS und darum können sich auch meine Träume nicht erfüllen!“

Sie weinte jetzt, aber das konnte man nicht sehen, weil das Wasser ihr sowieso am ganzen Körper herunter rann.

„Nein, nein, das stimmt nicht!“, rief Pani, der aufgesprungen war, und ihre Hände gefasst hatte.

„Du musst nur RICHTIG träumen, hier nimm Diesen, ich schenke ihn Dir!“ Mit diesen Worten trat er beiseite und zeigte auf das allerletzte Bild.

„Oh!“, rief das Mädchen. Es war ein riesiges Feuer und die Flammen waren zwei Menschen.

Sie drückte die Hand des Jungen, der sie noch immer fest hielt, schaute abwechselnd auf das Bild und in die flammenden Augen, bis sich auf einmal etwas in ihr löste und leise klirrend auf dem Boden zersprang.

Sie fing an zu lachen, und lachend begannen Beide über die Straße zu springen, durch alle Pfützen und um alle Laternen. Ihr Lachen besprühte alles mit glitzernden Farb-Tupfen, so lange bis es in der Ferne verklang.

 

Oder waren das die Strahlen der Sonne, die nun hervor gekommen war, um Panis letztes Bild zu trocknen?

 

Der Regen war zu Ende.

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Hörbuch

Über den Autor

Iriana
Mein Leben ist bisher von ständigem Wandel geprägt gewesen. Ich habe in der biologischen Landwirtschaft gearbeitet, in einer Schreinerei, habe die Berufsausbildungen zur Medizinisch-Technischen Laboratoriumsassistentin abgeschlossen und auch zur staatl. dipl. Erzieherin. Ich habe über dreissigmal den Wohnort gewechselt, die längste Zeit habe ich dabei in Bayern verbracht. Zweimal war ich verheiratet und habe drei erwachsene Kinder. Daneben hatte ich immer auch künstlerische Ambitionen: Musik, Malen, Schreiben, Theater spielen. Ich bin ein naturverbundener Mensch und lebe gern sehr einfach mit und in der Natur.
Seit 2008 lebe ich in Leipzig, habe mich von einer langen chronischen Krankheit kuriert und bin Anfang dieses Jahres (2017) nun in Rente gegangen. Die letzten Jahre habe ich eine Schreibpause eingelegt, zumindest auf dieser Plattform hier, aber nun bin ich wieder da.
Zeit für ein neues Spiel... Mal sehen was mir so einfällt...

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Buchfink Oh Iriana, - diese Geschichte war so herzzereisend rührend, das mir die Tränen kullerten. ( Da wird meine Nase aber sauer sein, ich bin total verschnupft, da mag die überhaupt keine zusätzliche Feuchtigkeit. Lach. )
LG Ines
Vor langer Zeit - Antworten
Iriana Re: Re: Re: Re: Re: Re: Re: LOB??? -
Zitat: (Original von timeless am 07.05.2010 - 10:46 Uhr)
Zitat: (Original von Iriana am 07.05.2010 - 10:44 Uhr)
Zitat: (Original von timeless am 07.05.2010 - 10:13 Uhr)
Zitat: (Original von Iriana am 07.05.2010 - 10:10 Uhr)

Lach, macht ja nichts, kannst ja TagträumeSchlafen.

LG Ute



Danke trotzdem fürs Lob. Dich hätte ich mir als Mammi gewünscht...
leg mich nach der Frühschicht auch wieder hin und dann Spazierfahrt.


Ich muss gestehen, als Mammi war und bin ich nicht der Renner.


Wers glaubt, für mich schon *zwinker* bist als mein Engel, auch ein bisschen die Wahlmammi, selber schuld, wärst halt nicht so lieb gewesen!

vermutlich übertreibe ich alles immer ein bisschen ;-)

vermutlich tust Du das, aber das mag ich ja grade soo...
Vor langer Zeit - Antworten
UteSchuster Re: Re: Re: Re: Re: Re: LOB??? -
Zitat: (Original von Iriana am 07.05.2010 - 10:44 Uhr)
Zitat: (Original von timeless am 07.05.2010 - 10:13 Uhr)
Zitat: (Original von Iriana am 07.05.2010 - 10:10 Uhr)

Lach, macht ja nichts, kannst ja TagträumeSchlafen.

LG Ute



Danke trotzdem fürs Lob. Dich hätte ich mir als Mammi gewünscht...
leg mich nach der Frühschicht auch wieder hin und dann Spazierfahrt.


Ich muss gestehen, als Mammi war und bin ich nicht der Renner.


Wers glaubt, für mich schon *zwinker* bist als mein Engel, auch ein bisschen die Wahlmammi, selber schuld, wärst halt nicht so lieb gewesen!
vermutlich übertreibe ich alles immer ein bisschen ;-)
Vor langer Zeit - Antworten
Iriana Re: Re: Re: Re: Re: LOB??? -
Zitat: (Original von timeless am 07.05.2010 - 10:13 Uhr)
Zitat: (Original von Iriana am 07.05.2010 - 10:10 Uhr)

Lach, macht ja nichts, kannst ja TagträumeSchlafen.

LG Ute



Danke trotzdem fürs Lob. Dich hätte ich mir als Mammi gewünscht...
leg mich nach der Frühschicht auch wieder hin und dann Spazierfahrt.


Ich muss gestehen, als Mammi war und bin ich nicht der Renner.


Wers glaubt, für mich schon *zwinker* bist als mein Engel, auch ein bisschen die Wahlmammi, selber schuld, wärst halt nicht so lieb gewesen!
Vor langer Zeit - Antworten
UteSchuster Re: Re: Re: Re: LOB??? -
Zitat: (Original von Iriana am 07.05.2010 - 10:10 Uhr)

Lach, macht ja nichts, kannst ja TagträumeSchlafen.

LG Ute



Danke trotzdem fürs Lob. Dich hätte ich mir als Mammi gewünscht...
leg mich nach der Frühschicht auch wieder hin und dann Spazierfahrt.

Ich muss gestehen, als Mammi war und bin ich nicht der Renner.
Vor langer Zeit - Antworten
Iriana Re: Re: Re: LOB??? -

Lach, macht ja nichts, kannst ja TagträumeSchlafen.

LG Ute


Danke trotzdem fürs Lob. Dich hätte ich mir als Mammi gewünscht...
leg mich nach der Frühschicht auch wieder hin und dann Spazierfahrt.
Vor langer Zeit - Antworten
UteSchuster Re: Re: LOB??? -
Zitat: (Original von Iriana am 07.05.2010 - 08:12 Uhr)
Zitat: (Original von timeless am 07.05.2010 - 08:01 Uhr) lach, was ist denn für dich die ganze Nacht, Schätzchen, es war 23:55, da fängt bei anderen die Nacht an.

Guten Morgen und einen schönen Tag,

deine Ute


Doch: schön gemacht und geschlafen bis zum Anfang der Nacht ;-))


*schäm* als ich das geschrieben habe dachte ich noch glücklich es sei morgens in der Frühe...bis dann mein Freund Hartmut anrief. Ich dachte: wer zum...ruft mich um sechs uhr früh an?
Da erfuhr ich die bittere Wahrheit: es war erst kurz nach zwölf...
*verschämt augenniederschlag* kommt auch nie wieder vor, hab dann auch NUR bis vier uhr früh geschrieben...



Lach, macht ja nichts, kannst ja TagträumeSchlafen.

LG Ute
Vor langer Zeit - Antworten
Iriana Re: LOB??? -
Zitat: (Original von timeless am 07.05.2010 - 08:01 Uhr) lach, was ist denn für dich die ganze Nacht, Schätzchen, es war 23:55, da fängt bei anderen die Nacht an.

Guten Morgen und einen schönen Tag,

deine Ute


Doch: schön gemacht und geschlafen bis zum Anfang der Nacht ;-))


*schäm* als ich das geschrieben habe dachte ich noch glücklich es sei morgens in der Frühe...bis dann mein Freund Hartmut anrief. Ich dachte: wer zum...ruft mich um sechs uhr früh an?
Da erfuhr ich die bittere Wahrheit: es war erst kurz nach zwölf...
*verschämt augenniederschlag* kommt auch nie wieder vor, hab dann auch NUR bis vier uhr früh geschrieben...
Vor langer Zeit - Antworten
UteSchuster LOB??? - lach, was ist denn für dich die ganze Nacht, Schätzchen, es war 23:55, da fängt bei anderen die Nacht an.

Guten Morgen und einen schönen Tag,

deine Ute


Doch: schön gemacht und geschlafen bis zum Anfang der Nacht ;-))
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Iriana Re: Verschenken ... -
Zitat: (Original von Gunda am 06.05.2010 - 18:44 Uhr) ... wir nicht alle ein bisschen Träume? Mit einem Lied, einem Gedicht, einem Lächeln ... oder eben einem Bild.
Sehr hübsch auch dein Einfall, dass man mit Lachen Farb-Tupfen versprühen kann.

Lieben Gruß
Gunda


Ja, das tun wir, ist mir auch aufgefallen beim Abtippen, dass das auch für uns Alle zutrifft. Ja in Lach-Farb-Tupfen malen bist Du ja besonders gut...

ganz liebe Grüße,

Maria
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