Biografien & Erinnerungen
Ein Turm, ein Recke und kein Pegasus

Gewidmet:

Sahteene, mit der alles begann,
Kazure, aus gegebenem Anlass,
Doci, weil seine Haartracht der des Hühnen gleicht,
Unschoen, weil sie weiß was gut ist,
und natürlich dem Recken, der den Turm erklimmt. ;-)

...und dabei steh ich garnicht auf Vin DIesel!

So sitze ich nun wieder im Turm und warte. Worauf? Nun, darauf, dass entweder ein kühner Recke auf einem stolzen Pegasus herbeigeflogen kommt um mich auf seine, nein, sein wir ehrlich, auf meine Insel zu entführen; oder aber, dass sich doch der eine oder andere Besucher in den stolzen Wehrturm von P'dorf verirren könnte, in dem ich das zweifelhafte Vergnügen habe Aufsicht zu führen.

Und dann, nun, dann kommt er tatsächlich, der Recke. Gut, zu behaupten es wäre heute gewesen wäre wohl zuviel der Ausschmückung, aber es liest sich doch gleich viel interessanter, nicht wahr? Zumal der junge Hühne eine eklatante Ähnlichkeit mit Vin Diesel hatte (an dieser Stelle einen herzlichen Gruß an "Kazi"). Breite Schultern, die irgendwo weit über meinem Kopf wohl die wenigsten Türen passieren können, gänzlich abwesende Haarpracht, habe ich die breiten Schultern schon erwähnt? und überhaupt, eine Statur, wie man sie nur aus alten Arnold Schwarzenegger Filmen kennt.

"Grüß Gott!" begrüße ich den Herrn pflichtbewusst obwohl er zu Fuß und ohne geflügeltes Reitgefährt angekommen ist.

Er lächelt mich an und perlweiße Zähne blitzen zwischen seinen breiten? wohlgeformten? männlichen? ach, keine Ahnung wie seine Lippen ausgesehen haben, hervor. Die Zähne waren in jedem Fall blitzblank. Zumindest aus meiner Perspektive.

Die Arme am Rücken verschränkt wandert er in dem eher kleinen Kämmerlein, dass früher eine Kapelle, heute, der Eingangsbereich zum Museum ist, umher und schaut immer mal wieder verstohlen lächelnd zu mir herüber. Meine Haltung verbessert sich automatisch und mir fällt auf, dass die abgewetzte Jeans, die er trägt ganz und gar sehenswert tief sitzt. Und das, man höre und staune, ohne den Hosenboden anderswo als direkt auf dem auffallend knackigen Hintern zu haben.

Er lächelt schon wieder zu mir herüber.

Ich fühle mich gezwungen wieder etwas zu sagen, immerhin sind wir in einem Museum und wenn ich Glück habe kann ich ihm eine Karte verkaufen.

"Wollen Sie vielleicht auf den Turm hinauf?"

Er grinst.

"Heute sieht man richtig gut, finde ich. Die Ballustrade ist auf 33 Metern und es ist überhaupt nicht dunstig."

Das habe ich gut gemeistert, finde ich. Professionelle Informationsübermittlung gekoppelt mit ein wenig persönlicher Konversation und meinem Blick für die schönen Seiten des Lebens, nicht wahr?

Er nickt mir zu, dreht sich dann aber wieder weg und betrachtet unverständlicherweise interessiert alte Kreuzwegfiguren.

Ich kletzele meine Augen von seinem Rücken und widme mich wieder meiner Lektüre, er wird schon was sagen, wenn er etwas will.

In meinen Händen gibt sich gerade eine englische Maid lustvoll einem schottischen Edelmann hin und ich bin nicht wenig irritiert, als der lebhaft beschriebene Akt von einem Räuspern unterbrochen wird.

"Ja bitte?"

Der Hühne steht direkt vor mir und lächelt schon wieder. Auch gut. Erwartungsvoll sehe ich in seine Augen, deren Farbe ich aufgrund der Entfernung nicht erkennen kann. Nach einigen Momenten wendet er sich wieder ab und beginnt eine neue Runde um den Brunnenaufbau, der das zentrale Element des alten Raumes bildet. Allerdings wirkt sein Gang ein wenig...gepresst, storchenartig. Nach zwölf Schritten steht er wieder vor mir. Diesmal beugt er sich herunter. Seine Augen sind also blau. Eisblau. Nicht unattraktiv.

"Kann ich ihnen irgendwie helfen?" frage ich, erstaunt über meine Geistesgegenwart.

Mit einem langen Seufzer atmet er aus, mit der Luft scheint er auch einen erheblichen Teil seiner Körpergröße einzubüßen. Er presst die Lippen zusammen, überlegt fieberhaft, verlagert sein Gewicht von einem Bein auf das andere. Dann zuckt er mit den Schultern, grunzt frustriert und wendet sich wieder ab. Allerdings nur ein paar Schritte. Wieder dreht er sich zu mir um, seine kräftigen, braungebrannten Arme umfassen das Pult vor mir und er beugt sich erneut herunter. Er schließt die Augen. Ich bin ein wenig alarmiert. Schließlich richtet er sich mit einem Ruck auf, stiert mich beinahe verzweifelt an und zum ersten mal höre ich das tiefe Timbre seiner zur Gestalt passenden Stimme.

"Where is toilet?!"

Erfolglos versuche ich mein Lachen wegzuhusten. Der Jüngling grinst verlegen und wankt jetzt schon bedenklich von einem Bein auf das andere. Die Zunge zwischen meine Zähne beißend stehe ich auf und weise ihm den Weg, der ihn nach draußen, über den Marktplatz und zum Rathaus führt. Zumindest versuche ich es, denn kaum strecke ich meinen Arm aus um die Beschreibung zu verbildlichen stürmt er, die Beine in die Hand nehmend los und ist bald schon nicht mehr als eine flüchtige Erinnerung.

Diesmal bin ich es die seufzt. Ich setze mich, nehme das Buch wieder zur Hand und lese weiter, wo ich aufgehört hatte.

Mir hätte gleich auffallen müssen, dass die Abwesenheit des Schwingentiers nichts gutes bedeuten konnte, denke ich bevor ich mich darauf konzentriere die liebhaberischen Leistungen des McAllisters vor meinem geistigen Auge erstehen zu lassen.