Die Vergangenheit holt Tina ein.
Ganz in Gedanken versunken ging ich durch die Einkaufsstraße und überlegte was ich noch alles besorgen mußte, denn mein Sohn Michael kommt heute übers Wochenende von der Uni heim. Das bedeutete einmal wieder volles Programm, kochen, Wäsche waschen und bügeln, aber trotzdem freue ich mich darauf ihn wieder zu verwöhnen.
Er fehlte mir manchmal doch, aber langsam gewöhne ich mich an das alleine sein. Am Anfang war es schon eine schwere Umstellung für mich, meinen Sohn so weit weg ziehen zu lassen. Es wird nicht lange dauern, dann ist er fertig mit seinem Studium und er wird eine feste Freundin haben und dann heiraten. Na ja das ist halt das Schicksal aller Mütter, dachte ich.
Als allein erziehende Mutter war es oft nicht leicht für mich, denn ich war gerade neunzehn Jahre alt und mußte Mutter und Vater gleichzeitig sein. Michael hatte seinen Vater nie kennen gelernt, denn Klaus ging damals zum Studium nach Amerika und nach einer Woche seiner Abreise, stellte ich fest das ich schwanger war. Dies war nun auch schon bald einundzwanzig Jahre her. Wo er jetzt wohl ist und was ist aus ihm geworden. Wieso muss ich ausgerechnet heute an Klaus denken, komisch.
Mein Gott die Zeit rennt mir davon und ich träume so vor mich hin, aber jetzt einen Zahn zulegen denn ich muss noch zum Bäcker und Obst brauche ich auch noch. Buh meine Zeit wird knapp und rannte schnell um die Ecke, in diesen Moment stieß ich hart mit jemand zusammen. Beinahe wäre ich gefallen, wenn der Mann mit dem ich zusammenprallte, mich nicht festgehalten hätte.
Ich wurde ganz blaß, meine Knie wurden weich und starrte den Mann nur an, als sei er ein Gespenst,
Klaus stand vor mir und hielt mich fest und in diesen Moment erkannte er mich auch. Tina bist du es wirklich, laß dich anschauen, mein Gott du bist immer noch so schön wie damals und hielt mich dabei immer noch fest. Ich war noch immer geschockt und brachte keinen Ton heraus. Klaus nahm meinen Arm und führte mich in ein Caf�, komm wir müssen miteinander reden, wie geht es dir und was machst du, bist du verheiratet, fragte Klaus. Mir geht es gut, ich bin Berufstätig und ich bin nicht verheiratet, ich habe keine Zeit und muss dringend weiter, gab ich, schwer atmend und mit Herzklopfen, ihm zur Antwort und wollte aufstehen um zu gehen. Klaus hielt mich schnell fest und sagte, Tina wir müssen mit einander reden. Nicht heute, ruf mich bitte am Montag an, dann können wir uns sehen und gab ihm schnell meine Telefonnummer.
Mein Gott was mache ich nur, er darf Michael nicht sehen, denn dann erkennt er gleich das Michael sein Sohn ist, Michael ist seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten. Ich war das ganze Wochenende so nervös, das Michael mich fragte was denn mit mir los sei, hast du Sorgen oder bist du krank. Nein mach dir keine Sorgen, mir geht es gut, ich hatte nur die letzte Woche viel Stress in der Firma, log ich und konnte meinem Sohn dabei nicht in die Augen schauen. Am Sonntagnachmittag mußte Michael los, er nahm mich in den Arm und drückte mich fest, wird schon alles gut Mutti, ich komme ja bald wieder. Ach mein kleiner Großer wenn du wüßtest warum ich so durcheinander bin, seufz.
Vor dem heutigen Tag hatte ich Angst, denn was sollte ich Klaus nur sagen, er weiß ja nicht das er einen Sohn hat. Was mache ich nur, überlegte ich und in diesen Moment rief Klaus an und fragte, ob er vorbei kommen kann, ja komm zu mir und ich sagte ihm schnell meine Adresse.
Plötzlich schaute ich auf das Bild von Michael an der Wand und nahm es ganz schnell herunter und legte es gerade noch rechtzeitig in die Schublade vom Wohnzimmerschrank, als es schon an der Türe klingelte. Ich machte auf und bat Klaus herein, er sah sich um und sagte du hast es hier aber sehr gemütlich. Danke sagte ich und nimm doch bitte Platz.
Klaus erzählte das er nach dem Studium in Amerika geblieben sei, denn er hatte einen sehr guten Arbeitsplatz gefunden. Er hätte auch bald danach geheiratet, zum Glück hatten wir keine Kinder, denn die Ehe ging in die Brüche. Er und seine Frau wären zu verschieden gewesen und außerdem habe ich immer öfters an dich denken müssen, ich konnte dich nie vergessen. Ja da habe ich Heimweh bekommen und bin jetzt wieder nach Deutschland zurück. Seit einer Woche bin ich nun wieder hier und habe dich gesucht. Das Schicksal hat es anscheinend gewollt das wir aufeinander geprallt sind, sagte Klaus und wenn du mich auch noch ein wenig magst wäre ich sehr glücklich.
Da saß ich nun und wußte nicht weiter, was soll ich nur machen, denn ich liebe ihn ja immer noch, und er weiß doch nicht das er einen großen Sohn hat. Irgendwann muss ich es ihm sagen, aber nicht gleich heute, überlegte ich. Wir sprachen noch lange mit einander und zum Abschied gab er mir einen Kuß und fragte, ob er wieder kommen dürfte und ich nickte nur.
Klaus kam nun fast jeden Tag zu mir und wir verbrachten die Abende gemütlich zusammen und noch immer habe ich ihm noch nichts gesagt. Ich hatte es so eingerichtet, dass die beiden an den Wochenenden an denen Michael kam, nie hier zusammentrafen.
Nach einiger Zeit gab ich Klaus einen Schlüssel zur Wohnung und so konnte er jeder Zeit rein zu mir kommen. Ja und dann passierte es, wovor ich die ganze Zeit Angst hatte. Klaus kam am Freitag vor mir in der Wohnung an und ausgerechnet an diesem Wochenende kam auch Michael heim. Als ich die Wohnzimmertüre aufmachte starrten mich Vater und Sohn an und fragten mich gleichzeitig, wer ist das. Ich fiel kraftlos vor Schreck in einen Sessel und konnte nur sagen, Michael der Mann der vor dir steht ist dein Vater und Klaus der junge Mann ist dein Sohn, dann rannte ich ins Schlafzimmer und warf mich auf das Bett und bekam einen Weinkrampf.
Klaus und Michael sahen sich nur sprachlos an, Klaus sagte dann zu ihm, mein Sohn wir müssen uns dringend unterhalten, aber zuerst muss ich mich um deine Mutter kümmern. Klaus kam zu mir ins Schlafzimmer, er nahm mich in den Arm und fragte mich, warum ich ihm nie etwas gesagt habe.
Ich habe dir doch einen Brief geschrieben und da ich keine Antwort bekam dachte ich du wolltest nichts mehr von mir wissen, sagte ich ihm unter Tränen. Klaus drückte mich noch fester an sich und sagte er hätte nie einen Brief von mir bekommen, denn dann wäre er sofort zurückgekommen. Er schaute mich liebevoll an, küsste mich zärtlich und fragte ob ich ihn heiraten würde, denn er würde mich immer noch lieben. Ich konnte nur nicken und gab ihm einen Kuß und wir hielten uns ganz fest.
Vater und Sohn haben sich ausgesprochen und die beiden verstehen sich prächtig. Klaus und ich haben bald darauf geheiratet und sind sehr glücklich.
Ja und nach neun Monaten kam unsere kleine Sandra auf die Welt und Michael ist total vernarrt in seine kleine Schwester.
© Copyright MarianneK 28.09.2006