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Eine Unterschrift fälschen - Graphologisch Enthüllendes

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"Eine Unterschrift fälschen - Graphologisch Enthüllendes"
Veröffentlicht am 25. Februar 2010, 8 Seiten
Kategorie Sonstiges
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Geboren und aufgewachsen in Süddeutschland. Lange in Berlin und Hamburg gelebt, später in der Lüneburger Heide. Neuerdings wieder in Berlin. Autor von bisher drei Romanen, von Erzählungen und von Kurzprosa. Eine Buchveröffentlichung: Alle Männer sind Brüder, Roman (BoD Norderstedt 2007). Weitere Werke als eBooks unter www.bookrix.de/-arno.abendschoen gratis lesen und herunterladen!
Eine Unterschrift fälschen - Graphologisch Enthüllendes

Eine Unterschrift fälschen - Graphologisch Enthüllendes

Beschreibung

Früh krümmte sich was ...

Die junge Kassiererin schien missvergnügt. Nacheinander besah sie sich die von mir unterschriebene Quittung, meinen bei der Bank hinterlegten Schriftzug auf dem Monitor und die Verlegenheit auf meinem Gesicht. Ja, meine Unterschriften sind Zumutungen, ich weiß …

 

„Wie sieht das aus? Vielleicht wie ein Ö?“ fragte sie ein bisschen streng – „Oder wie ein Ä?“ fragte ich unsicher zurück. Um ehrlich zu sein: Beide Unterschriften kamen mir fast identisch und gleichermaßen formlos vor. So unterschreibt man einfach nicht. Da ist nichts Rundes und nichts Spitzes, kein Ausdruck und kein Eindruck, zumindest kein guter. Es ist ein hässlicher, unleserlicher, widerwillig hingeschmierter Namenszug, der auch noch vorzeitig abbricht. So sehen frühe Schreibübungen von sehr unbegabten Erstklässlern aus.

 

Tatsächlich begann mein Kampf mit dem Schönschreiben schon in den ersten Schulwochen. Oma war bald alarmiert und übte es manchen Nachmittag mit mir. Vorübergehend schien ich den Anschluss an die Manierlichkeit zu schaffen. Doch je länger und je mehr ich schrieb, umso hastiger. Ich kritzelte mit Feuereifer, Banales oder Gedankentiefes, nur immer formlos, was die Schrift betraf.

 

Das kleine U und das kleine N sahen gleich aus. Das kleine R war vom kleinen V so wenig unterscheidbar wie das kleine E vom kleinen C. Und die Endungen wie z.B. auf –en wurden beim Schreiben sozusagen verschluckt – da lief nur noch eine Schlangenlinie aus. So war es mit achtzehn. Und es ist seitdem schlimmer geworden. Es ist zwecklos, mich am Telefon etwas mitschreiben zu lassen. Meistens kann ich es nachher doch nicht lesen.

 

Früher, als ich noch Briefe von Hand schrieb oder Notizen für Kollegen machte, behalf ich mich mit Druckschrift. Zu schreiben in der Art, wie gedruckte Texte aussehen, fiel mir leichter als – eine persönliche Handschrift vorzutäuschen. Darin besteht nämlich das Defizit: Ich habe nie eine solche entwickelt. Ich weiß schon, was ein Graphologe dazu sagen würde,  will es aber nicht hören.

 

Heute schreibe ich fast nur am PC. Bin ich auf Reisen und möchte einen Text auf Papier festhalten, verwende ich eine winzige Miniaturschrift, ein Mikrogramm. Die Zeichen müssen so klein sein, dass die Möglichkeit individueller Schönschrift von vornherein ausscheidet. Das Ergebnis ist für andere vollkommen unleserlich, da fast alle Buchstaben gleich aussehen. Ich selbst lese den Text unmittelbar nach der Niederschrift so oft, bis ich ihn weitgehend auswendig kann. Die mikroskopisch kleinen Zeichen dienen mir später nur als Gedächtnisstütze.

 

Zurück zum Bankschalter. Ich legitimierte mich und bekam mein Geld. Solche Szenen erlebe ich öfter und überlege mir, wie ich sie vermeiden könnte. Vielleicht so: Ich müsste meine eigene Unterschrift fälschen, und zwar in dem Sinn, dass ich anstelle des authentischen Gekrakels eine andere, keinen Anstoß erregende vortäusche. Einigermaßen sauber müsste sie aussehen, normal, in Maßen originell - pseudooriginell. 

 

Eine Methode dafür habe ich bei Thomas Mann gefunden. Sein junger Felix Krull kopiert die väterliche Handschrift: „Das war nicht schwer, denn mein armer Vater schrieb eigentlich eine Kinderhand, fibelgerecht und ganz unausgeschrieben, nur dass die Buchstaben winzig klein, durch überlange Haarstriche jedoch so weitläufig, wie ich es sonst nie gesehen, auseinander gezogen waren, eine Manier, deren ich rasch aufs täuschendste habhaft wurde. Was den Namenszug E. Krull betraf, …, so umhüllte ihn eine Schnörkelwolke, die auf den ersten Blick schwer nachzuahmen schien, jedoch so einfältig ausgedacht war, dass gerade die Unterschrift mir fast stets zur Vollkommenheit gelang …“ Es folgt die genaue Anleitung, wie man einen bombastischen Schnörkel fabriziert.

 

So wird’s gehen. Cosi fan tutte. Oder fast alle.

 

 

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Über den Autor

Abendschoen
Geboren und aufgewachsen in Süddeutschland. Lange in Berlin und Hamburg gelebt, später in der Lüneburger Heide. Neuerdings wieder in Berlin. Autor von bisher drei Romanen, von Erzählungen und von Kurzprosa. Eine Buchveröffentlichung: Alle Männer sind Brüder, Roman (BoD Norderstedt 2007). Weitere Werke als eBooks unter www.bookrix.de/-arno.abendschoen gratis lesen und herunterladen!

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Boris Re: Eigenkommentar - du hast dich echt lange nicht sehen/lesen lassen....


LG ich
Zitat: (Original von Abendschoen am 14.06.2010 - 22:53 Uhr) Ich grüße alle diejenigen, die sich so emsig fürs Fälschen von Unterschriften interessieren - und die sich dann vom Titel meines Textes angeschmiert fühlen müssen. Damit erregt man also bei myStorys Interesse - deprimierend.

Arno Abendschön

Vor langer Zeit - Antworten
Abendschoen Eigenkommentar - Ich grüße alle diejenigen, die sich so emsig fürs Fälschen von Unterschriften interessieren - und die sich dann vom Titel meines Textes angeschmiert fühlen müssen. Damit erregt man also bei myStorys Interesse - deprimierend.

Arno Abendschön
Vor langer Zeit - Antworten
Abendschoen Re: Diesen Text ... -
Zitat: (Original von Gunda am 25.02.2010 - 20:38 Uhr) .. habe ich mit einem breiten Grinsen gelesen. Und würdest du meine Handschrift kennen, Herr Abendschön, (Meine Mutter sagt immer: Eine Handschrift wie eine schwangere Haubenlerche) wüsstest du, warum. Aber so etwas von haargenau hätte dieser Text inhaltlich von mir sein können - und wäre dann auch noch autobiografisch ... Einen Vorteil hat die Sauklaue aber: Niemand kann meine Notizen lesen. Und was die Unterschrift angeht: Mein Mann hat sich tatsächlich für bankoffizielle Dokumente eine extra lesbare Unterschrift zugelegt, die sich von seiner "dienstlichen" total unterscheidet. Verrückt, aber wahr.

Lieben Gruß
Gunda


Danke, Frau Gunda, für die meinem Text geschenkte Aufmerksamkeit. Einigen wir uns darauf, dass der Stoff überbiographisch ist. Ein Sonderfall ist übrigens der Paketzusteller, der dem Nachbarn, wenn er etwas annimmt, neuerdings ein merkwürdiges Gerät vor die Nase hält. Man soll mit einem Metallstift auf einem Minimonitor unterschreiben. Dabei kommt nur abscheulich Verzerrtes heraus und keiner prüft jemals Echtheit. Ich könnte da auch Eiapopeia hinschreiben ... Arno Abendschön
Vor langer Zeit - Antworten
Gunda Diesen Text ... - .. habe ich mit einem breiten Grinsen gelesen. Und würdest du meine Handschrift kennen, Herr Abendschön, (Meine Mutter sagt immer: Eine Handschrift wie eine schwangere Haubenlerche) wüsstest du, warum. Aber so etwas von haargenau hätte dieser Text inhaltlich von mir sein können - und wäre dann auch noch autobiografisch ... Einen Vorteil hat die Sauklaue aber: Niemand kann meine Notizen lesen. Und was die Unterschrift angeht: Mein Mann hat sich tatsächlich für bankoffizielle Dokumente eine extra lesbare Unterschrift zugelegt, die sich von seiner "dienstlichen" total unterscheidet. Verrückt, aber wahr.

Lieben Gruß
Gunda
Vor langer Zeit - Antworten
Abendschoen Re: schöner Exkurs -
Zitat: (Original von Boris am 25.02.2010 - 16:50 Uhr) seltsamerweise ging es mir ähnlich,
nur konnte ich mich rausreden,
weil ich mit zwei Daumen, rechts
zur Welt gekommen bin
und mir einer
sofort abgenommen wurde - ohne meine Meinung einzuholen...

LG JFW


Danke für die Reaktion, Boris. Ja, wir sind nicht allein - man kann es schon daran erkennen, wie hier gegoogelt wird. Oder wollen einige wirklich fremde Unterschriften fälschen? Und wozu? - Arno Abendschön
Vor langer Zeit - Antworten
Boris schöner Exkurs - seltsamerweise ging es mir ähnlich,
nur konnte ich mich rausreden,
weil ich mit zwei Daumen, rechts
zur Welt gekommen bin
und mir einer
sofort abgenommen wurde - ohne meine Meinung einzuholen...

LG JFW
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