Fantasy & Horror
Blutzwerg

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"Blutzwerg"
Veröffentlicht am 07. Februar 2010, 190 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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Blutzwerg

Blutzwerg

Beschreibung

Blutzwerg ist hiermit fertig ist zwar ziemlich lang geworden, hoffe aber trotzdem das sich jemand die Zeit nehmen kann und es lesen könnte, ich finde es lohnt sich! Kritik ist wie immer erwünscht!!!

Blutkampf

 

Die Menge schrie. Sie tobte wie ein hungriges Ungeheuer, trampelte mit den Füßen und grölte, als ob es hier einen Engel zu sehen gäbe. Man konnte die Schar von ihrer Lautstärke ohne weiteres auf 200 Mann schätzen, umso erschreckender, dass sich in der alten Lagerhalle nur etwas 60 Lebewesen aufhielten. Hauptsächlich waren es Menschen, Menschen aus der Unterwelt. Man erblickte nur einige andere Geschöpfe: Drei Goblins schrieen trotz ihrer geringen Körpergröße mit am lautesten und ein breitschultriger Halbork saß am Rande und machte ein verdrießliches Gesicht. Das gehobene Volk bekam einen Ort wie diese Lagerhalle nicht zu Gesicht. Nur die Menschen, die sowieso dunklen Beschäftigungen nachgingen, kamen hier her um etwas zu erleben was sie von ihrem schnöden Alltag erlöste. In der Halle wurde früher Holz gelagert, aber seit einiger Zeit wurde die Halle offiziell nicht mehr benutzt. Die Menschen bildeten einen Kreis in dem ein kleiner Gnom, der kaum einen Meter groß war, wie ein Wahnsinniger herumhüpfte und mit zischender Stimme über das Geschrei der Menge hinweg brüllte:

„ Heute ist das Glück auf eurer Seite! Wettet! Das 3fache, wenn ihr richtig tippt. Los! Keine falsche Zurückhaltung!“ Während er schrie hüpfte ein schräger Strohhut auf seinem Kopf auf und ab und es sah so aus als ob er der kleinen Gestalt jeden Moment vom Kopf fallen müsste, was dieser aber immer wieder mit einem schnellen Handgriff verhindern konnte. Irgendwann, als jeder in der Lagehalle, den man zu einer Wette animieren konnte, gewettet haben musste, schrie der Gnom:

„ Okay, Abschaum der Straßen“ - dieser Äußerung folgte ein grobes Gelächter aus den Reihen der Zuschauer - „ wenn ihr nun endlich eure letzte Münze gesetzt habt, dann hole ich jetzt die Kämpfer!“ Diese Aussage wurde von einem weiteren Ansturm begleitet und der Gnom musste lange auf und ab hüpfen bis er sich wieder Gehör verschafft hatte.

„ und hiermit präsentiere ich ihnen... den zerstörenden, blutdürstenden, starken, beim Publikum beliebten, mächtigen und bösen Bambork!“ kreischte der Gnom und während die Menge weiterschrie und die Goblins sich aufeinander stellten, damit wenigstens einer einen guten Blick hatte, kam Bambork durch das Lagerhallentor. Er war ein Tier von einem Mann. Über 2 Meter groß, kurzgeschorene Haare, ein mit Narben übersäter Oberkörper, mit muskelbepackten Armen und einem wahnsinnigen Grinsen auf dem Gesicht. Er marschierte in die Mitte des Rings und fing an, sich wie ein Affe auf die Brust zu trommeln. Die Menge tobte, wenn das noch möglich war, noch doller und fing an im Rhythmus, mit dem sich Bambork auf die Brust trommelte, mit den Füßen auf den Boden zu stampfen. Der Gnom gewährte Bambork einige Minuten bevor er die Arme hob um sich wieder Gehör zu verschaffen. Fluchend sprang er auf und ab und langsam beruhigte sich die Menge wieder, auch wenn es nicht wieder ganz leise wurde. Die Menge hatte wie ein wildes Tier  Blut gerochen.

„ Und hier haben wir den unglaublichen, den unbezwingbaren...“ fing der Gnom wieder mit seinem Lobgesang an als er von einer Stimme unterbrochen, die wie ein Blitzschlag in der Lagerhalle wiederhallte:

„Urig! Einfach nur Urig.“

Alle Augen in der Halle richteten sich wieder auf die Tür und es war, abgesehen von den drei Goblins, die sich nicht entscheiden konnten, wer nun oben stehen durfte, schlagartig ruhig in der Lagerhalle.

In der Tür der Halle stand ein Zwerg. Er war mehrer Köpfe kleiner als Bambork, gerade mal 1,60 Meter groß. Er hatte kurze braune Haare, die wild von seinem Kopf abstanden. Sein Gesicht war von Narben übersät und er trug eine Augenklappe, die sein rechtes Auge bedeckte. Sein nackter Oberkörper war genau wie der seines Gegner muskulös und wirkte aber trotzdem, vielleicht durch die Proportionen zu seinem kleineren Körper, noch massiger. Neben ihm stand ein Mensch, der schon in einem normalen Bild nicht als stämmig durchgegangen wäre. Neben dem Zwerg sah er einfach nur mager und dünn aus. Er trug das blonde Haar schulterlang und hatte eine einfache Hose und ein dazu passendes Hemd an. Sein Gesicht sah längst nicht so furchterregend wie das des Zwerges aus, ein gewöhnliches Gesicht, eines das man, kaum hatte man es gesehen, wieder vergaß, weil so viele Menschen ein ähnliches Gesicht hatten.

Die Menge fing wieder an zu toben, zu schreien und zu stampfen. Auch der kleine Gnom schrie wieder aus voller Kehle:

„ Also dann hier im Ring: Urig!“ zumindest würde man diese Worte herausbekommen wenn man Lippenlesen konnte, denn verstehen konnte man den kleinen Kerl bei all dem Lärm beim besten Willen nicht mehr.

 

Balus stand direkt neben Urig und blickte mit einem besorgten Gesichtsausdruck auf die vor ihm tobende Menge. Sie sahen sich hier anscheinend einem besonders wilden Publikum gegenüber, was - wenn man nicht der Publikumsliebling war - nicht unbedingt ungefährlich war. Doch Balus machte sich keine Sorgen um das Publikum, er beobachtete viel mehr den Hünen, der in der Mitte des Kreises auf Urig wartete. Balus beugte sich zu Urig herunter und sagte mit gehobener Stimme, was bei der Lautstärke heißen müsste das nur der Zwerg ihn verstehen konnte:

„ Der Kerl ist fast drei Köpfe größer als du.“

„ Sehe ich.“ erwiderte Urig einsilbig und mit einer weit entfernten Stimme, so als ob er am Tagträumen sei und längst an einem anderen Ort wäre.

„Und er scheint wild wie ein Stier darauf zu sein dich auseinander zu nehmen“, merkte Balus an, während die beiden sich langsam durch eine Gasse von kreischenden Gestalten auf den Ring zubewegten.

„ Das sind fast alle meine Gegner“, antwortete Urig kurz angebunden. Dann sah es so aus, als ob er noch mal über seine Antwort nachdachte und er verbessert sich:

„ Das sind alle meine Gegner.“

Balus hatte genug von diesen einsilbigen Antworten gehört.

„ Verdammte Scheiße! Der Kerl sieht so aus, als ob er dich auseinander nimmt und wenn ich mein Erspartes wetten würde, dann bestimmt nicht auf deinen zu klein geratenen Arsch! Also willst du das hier wirklich durchziehen?“ quoll es nun aus Balus heraus. Doch Urig zuckte nur die Schultern.

Dann hatten die beiden den Ring erreicht und Balus blieb am Anfang einen halben Meter vor den letzten Zuschauern stehen, während Urig in die Mitte des Rings trabte und sich breitbeinig zwei Meter vor seinem Kontrahenten aufstellte. Balus betrachtete die beiden Gegner, er hatte Angst um seinen kleinen... na ja, sie waren keine richtigen Freunde, oder doch: Er hatte Angst um seinen Freund. Es war in der Lagerhalle fast wieder still geworden, was bedeutete, wenn der kleine Gnom aus vollem Halse schrie, was er auch tat, dann hörte ihn sogar die erste Reihe von Zuschauern.

„ Also dann! Keine Waffen, keine Hilfe und nun will ich Blut sehen!“ mit diesen Worten sprang er zurück zu dem rettenden Kreis der Zuschauer und das Spektakel begann.

 

Der Hüne brüllte laut und trat mit aller Kraft nach seinem kleinen Gegner. Urig riss beide Fäuste vors Gesicht und fing den Tritt somit ab, doch der nächste folgte. In einem schnellen Wechsel von Ausweichen und Abwehren bewegte sich Urig durch den Ring und entging den meisten Tritten seines Gegners. Das Tier hielt an und brüllte wieder laut, schlug sich dann wieder auf die beharrte Brust und marschierte mit erhobenen Fäusten auf Urig zu. Dieser bleib stehen, ebenfalls die Arme auf Schulterhöhe und wartete. Der Riese ließ eine Salve von schnellen Schlägen auf den Zwerg niederprasseln, aber diesmal wich dieser nicht zurück. Nein, er marschierte nun seinerseits noch weiter an seine Gegner heran und schlug nun seinerseits mit kräftigen Hieben zu. So standen sich die beiden Gegenüber und schlugen aufeinander ein. Urig schlug schräg nach oben, während sein Gegner seine Fäuste von oben auf den Zwerg niedersausen ließ, außerdem traf Urig nur den Bauch und die Brust des Mannes während dieser seinen tödlichen Hagel von Schlägen auf Urigs Kopf konzentrierte. Balus schloss die Augen und verfluchte sich selbst dafür, dass er Urig diesen Kampf hatte annehmen lassen, während die Menge um ihn herum schrie, anfeuerte und ihre Fäuste in die Luft stieß. Urig würde in den nächsten Minuten immer langsamer werden, irgendwann würde er das Schlagen einstellen und sich nur noch auf seine Deckung konzentrieren und dann würde es nicht mehr lange dauern, bis er zu Boden ging, dessen war sich Balus sicher. Doch so kam es nicht. Urig wurde nicht langsamer. Sein Kopf war bald mit Platzwunden übersät und auch seine Arme zierten schon viele blaue Flecken. Doch er wurde nicht langsamer. Nein. Er trieb den Hünen sogar vor sich her. Immer nur ein kleiner Schritt, ein halber Meter für ein Dutzend Schläge aber der Riese wich kontinuierlich zurück. Die Menge feuerte Bambork  an und beschimpfte Urig aufs schlimmste aber es änderte nichts daran, dass der Zwerg das Unmögliche schaffte: Er gewann, langsam aber sicher,  die Oberhand.

Das merkte auch sein Gegner, er machte einen großen Schritt nach hinten holte dann aus und trat Urig mit all seiner Kraft gegen die Brust. Der Zwerg machte einen Ausfallschritt nach hinten und federte den Tritt ab, in dieser Haltung, die Fäuste vor dem Gesicht, das Körpergewicht auf dem hinteren Bein verlagert, verblieb er für einen Moment, dann stellte er die Füße wieder nebeneinander und marschierte wieder auf seinen Gegner zu. Dieser trat wieder zu, doch Urig schien den Tritt nicht einmal mehr zu blocken, er prallte einfach an dem Zwerg ab. Urig hatte seinen Gegner wieder erreicht und schlug auf ihn ein, schneller und härter als vorher. Der Hüne erwiderte die Schläge, doch sein Rückzug ging nun immer schneller, immer weniger konnte er den rasenden Zwerg aufhalten bis ihn dieser wieder einen Meter weit zurückdrängte. Das Publikum war so gut wie verstummt. Sie hatten mit einem Schlachtfest gerechnet und dass ihr Kämpfer den Zwerg zermalmen würde - doch nun trieb der kleine Zwerg das Monster vor sich her.

Der Hüne versuchte mit einem letzten Aufbäumen Urig noch mal von sich wegzutreten. Doch diesmal reagierte der Zwerg noch schneller, er drehte sich an dem Tritt vorbei und seine Rechte traf das Standbein des Hünen. Er fiel und es sah so aus, als ob Urig auf ihm wäre noch bevor er den Boden erreicht hatte. Der Mann hatte keine Chance. Urig saß auf seinem Oberkörper, seine Knie hielten die Arme des Mannes fest und seine Fäuste schlugen wie Blitze bei einem Gewitter auf das Gesicht des Mannes ein. Jeder in der Halle, der den Zwerg bis hier hin für schnell gehalten hatte, wurde nun noch einmal überrascht: Urigs Fäuste wurden immer schneller, seine Schläge wurden immer kräftiger, er steigerte unablässig das Tempo und verwandelte das Gesicht seines Gegners innerhalb eines Blinzelns in eine blutige Masse. Er schlug immer weiter, obwohl der Hüne sich schon nicht mehr wehrte. Der Gnom sprang wild in die Luft und schrie aus voller Kehle:

„ Der Sieger heißt Urig!“ Der Schrei hallte durch die nun entgültig stille Halle.

Doch Urig schlug weiter. Nur auf das, was vom Gesicht seines Gegners übrig geblieben war fixiert.

 

Balus stöhnte auf. Nun gewann Urig doch noch und die Schwierigkeiten hörten trotzdem nicht auf.

Innerhalb einer Sekunde stürzten sich über ein Dutzend Leute auf Urig und versuchten, ihn von seinem Gegner herunterzuziehen. Balus versuchte selbest, zu Urig durchzudringen um ihn zu beruhigen, aber er kam nicht an dem Knäuel von Menschen vorbei, die auf Urig einschlugen und eintraten, was diesen aber nicht im Mindestens davon abhielt, weiter auf seinen schon lange bewusstlosen Gegner und auf die Zuschauer, die ihn von eben diesem wegziehen wollten, einzuschlagen.

Erst als sich der Halbork, der die ganze Zeit in der Ecke gesessen hatte, einmischte fand dieses Drama ein Ende. Er packte Urig und schleuderte ihn auf den Boden, wo sich sofort die wilde Meute auf ihn warf und ihn niederdrückte. Balus sah seine Arme noch lange zucken, sie brauchten fast eine Minute, bis es dem Halbork zu dumm wurde und er Urig mit Hilfe der Bank, auf der er die ganze Zeit gesessen hatte, ins Reich der Träume  beförderte. Balus stöhnte auf, als der Gnom ihm einen Sack voll Münzen in die Hand drückte und ihm mit zischender Stimme anfauchte:

„ Verschwindet und lasst euch nie wieder in meiner Halle blicken!“

Balus versuchte gar nicht erst zu widersprechen, sondern marschierte nur aus der Halle heraus, dicht gefolgt von dem Halbork, der sich Urig über die Schulter gelegt hatte. Als sie draußen waren trug der Halbork Urig noch ein Stück und warf ihn dann gute 100 Meter von der Hallentür entfernt auf die staubige Straße. Dann drehte er sich wortlos um und ging wieder zurück. Balus stieß ein tiefes Seufzen aus, packte Urig und zog ihn die paar Meter von der Straße weg in einen Häusereingang. Als der Zwerg gut im Schatten verborgen lag, stand Balus auf und lief die Straße herunter. Er hätte schwören können, dass er unten am Ende der Straße einen Brunnen gesehen hätte. 

 

Urig fühlte sich als ob man ihn in einen Eisblock verwandelt hätte, er fror erbärmlich und war am ganzen Körper nass. Doch ehe er sich erklären konnte, woher diese Nässe kam traf ihn der nächste Wasserstrahl mitten ins Gesicht und er musste die Augen schließen um sie vor dem Eiswasser zu schützen, was Balus dort über ihn goss.

„ Ja, ja hör auf, Regengott! Ich bin ja schon wieder hier“, grummelte Urig während er sich aufsetzte, was ihm erstaunlich gut gelang. Er ließ die Arme kurz kreisen, sie waren zwar mit Schrammen und Schnitten übersäht aber er konnte sie noch bewegen. Sein Kopf fühlte sich an als ob eine Horde Elefanten über ihn getrampelt wären und das nachdem er mindestens  drei Krüge Schnaps getrunken hätte. Und nicht dieses billige Zeug von den Menschen, er dachte an richtigen Schnaps. Zwergenschnaps.

„Kannst du aufstehen oder muss ich den Halbork wiederholen damit er dich trägt?“ fauchte Balus. Urig merkte trotz seines schmerzenden Kopfes das der junge Mann erregt war.

„ Was ist los? Ich habe gewonnen und dein Geld wäre, wenn du gewettet hättest, jetzt weg“, versuchte er sich in einem Grinsen was ihm aber deutlich misslan, wie er auf Balus Gesicht sah. Tja man grinste wohl besser nicht, wenn das Gesicht von einem aussah, wie ein Haufen durchgeknetete Pferdegedärme. Urig versuchte sich aufzusetzen aber ein Schwindelanfall traf ihn wie die Faust eines Riesen gegen seine Schläfe, er taumelte fing sich dann aber wieder und blickte die Straße hinunter.

„ Du solltest hier nicht rumlaufen,“ ermannte Balus ihn, „In deinem Kopf muss es schlimm aussehen wenn die Außenansicht schon so grässlich ist.“ Beide schwiegen, dann brachen sie beide in schallendes Gelächter aus. Urig fiel prompt wieder auf die Straße und rieb sich seinen Schädel.

„ Vielleicht kann ich mich ja mit einem Arm auf dich stützen.“ merkte er an während er sich wieder auf die Beine zog. Verdammt er würde hier noch umkippen und Balus müsste den Weg zum Brunnen noch mal gehen, was er brauchte war ein Bett oder etwas in der Art. Er schlang seinen Arm um Balus schmächtige Schulter, dieser knickte ein, obwohl Urig versuchte sich so wenig wie möglich auf seinen Begleiter zu stützen, was in seinem Zustand schon ein enormes Vorhaben war. So humpelten sie los.

Urig dämmerte immer wieder kurz weg. Er merkte nicht, wie sie sich von der Lagerhalle entfernten, sah erst wieder den Marktplatz über den sie sich schleppten. Das Betreten des Gasthauses, indem sie sich ein Zimmer genommen hatten spürte er wieder nicht und erst als Balus ihn mit einem lauten Stöhnen in sein Bett fallen ließ sah Urig noch mal das Gesicht des schmächtigen Mannes. Dann fielen ihm die Augen zu. Das Bett war nicht mehr als eine hässliche Matratze die mit Stroh gefüllt war und trotzdem füllte sich Urig als ob er in ihr wie in einem Himmelbett versank. Er kämpfte gegen den Schlaf noch ein bisschen an und genoss das Gefühl mit zerstörtem aber vollkommen klarem Kopf im Bett zu liegen, aber er war zu müde um den Schlaf lange aufhalten zu können.

 

Urig wachte auf und schlug die Augen auf. Die Sonnenstrahlen schienen durch das, was der Wirt als Fenster bezeichnete. Urig hätte es eher Brett mit Löchern genannt. Er genoss es noch kurz im relativ warmen Bett zu liegen dann stand er auf und blickte in das, was der Wirt als Spiegel bezeichnete. Urig hätte gesagt das er ein abgebrochenes Stück von einem richtigen Fenster vor sich hätte. Sein Kopf sah immer noch schlimm aus aber er hatte schon schlimmeres überlebt, er konnte sich schon wieder normal Bewegen, ohne das sein Gehirn in einem Feuerwerk explodierte. Er warf einen Blick durch das kleine Zimmer: Balus musste schon auf den Beinen sein. Urig schnappte sich eine frische Hose und ein Hemd aus rauem Stoff und marschierte in den leeren Schankraum hinter, vorbei am Wirt der ihm nur mürrisch zunickte hinaus in die Kälte.

Urig wusch sich schnell hinter dem Haus an der Pferdetränke. Alle anderen Gäste würden sich eine Schale mit Wasser aufs Zimmer bringen lassen aber Urig empfand die Kälte als angenehme Kühlung, er konnte förmlich spüren wie seine Kräfte wieder zurückehrten. Gewaschen, angezogen und frisch rasiert ging Urig zurück in den Schankraum und setzte sich zu dem verschlafen aussehenden Balus, der nun auch heruntergekommen war, an einen der hinteren Tische.

In der ganzen Gaststube gab es nur rund ein Dutzend Tische und außer ihnen war nur noch ein alter Mann, der zwei Tische weiter seine Suppe löffelte, und der Wirt im Raum.

„ Gut geschlafen?“ begrüßte Urig seinen Freund munter. Dieser warf ihm nur einen gequälten Blick zu und sagte dann mit zuckersüßer Stimme:

„ Nein, es hätte besser sein können, wenn ein gewisser Zwerg nicht die ganze Nacht geschnarcht hätte als ob es dafür einen Preis gegeben hätte.“ Urig überging die Bemerkung und fragte Balus mit einem Blick auf den Beutel an seinem Gürtel:

„ Wie viel haben wir?“

Balus griff nach dem Beutel, warf ihn hoch und fing ihn mit der anderen Hand wieder auf.

„ 9 Goldlinge, fast 10.“ sagte er mit nachdenklicher Stimme.

„ Hey das sind zwei Goldlinge mehr als wir vereinbart hatten, die Wetten müssen gut gestanden haben das der kleine Fliegenschiss von Gnom ein solches Trinkgeld springen lässt.“ sagte Urig mit einem breiten Lachen auf dem Gesicht, doch als er sah das Balus Miene eher betrübt aussah hackte er nach:

„ Passt dir das nicht? Das ist mehr als wir erwarten konnten.“

Balus sah ihm in die Augen und sagte dann so leise, dass der Wirt, der sich alle Mühe gab angestrengt Gläser zu putzen, auch ja nichts hören konnte:

„ Wir sind rausgeflogen. Wir müssen uns eine neue Halle suchen, wo du Leute umknüppeln kannst.“

Balus hatte diese Nachricht eigentlich noch aufschieben wollen, da es selten geschah, dass man  Urig in so guter Laune antraf. Diese gute Laune hatte er eigentlich noch ein bisschen genießen wollen, da er sich in den letzten Tagen kaum noch getraut hatte einen Ton von sich zu geben, weil Urig immer kurz vor einer Explosion stand.

Und Balus hatte recht. Urig explodierte:

„ Diese kleine miese, verlauste, von einer Kuh missbrauchte Ratte! Was denkt er sich, mich aus seiner Halle zu werfen! Ihn werde ich mal werfen und zwar in die Hölle, dieses verdammte Schwein!“ Während Urig so um sich schrie schlug er mit der geballten Faust wieder und wieder auf den Tisch. Der Wirt putze seine Gläser, noch interessierter und der alte Mann stand auf legte eine Münze auf den Tisch und lief aus dem Gasthaus.

„ Vielleicht liegt es daran das du einen seiner Kämpfer fast getötete hast als du mit ihm gekämpft hast“, entgegnete Balus mit eisiger Stimme und genau dem überheblichen Blick mit dem er Urig in den Wahnsinn treiben konnte.

„ Warum kämpft er dann auch gegen mich, wenn nicht einstecken kann, die Männer da wollen was geboten bekommen, also habe ich ihnen etwas geboten!“ grölte Urig weiter und auch der Wirt blickte nun unverhohlen zu ihnen, denn auch ihm war klar geworden das er nicht mehr so tun konnte, als ob seine Gläser interessanter als der Streit vor ihm wäre. Balus sah Urig an und alle seine inneren Instinkte sagten ihm, dass er nun aufhören sollte, er hatte seinen Spott gehabt und sollte den Zwerg nun in Ruhe lassen. Aber der wetterte auch immer, wenn es ihm passte, da war Balus doch wohl auch mal ein kleines bisschen Spott gegönnt.

„ Vielleicht hättest du ihn nicht gleich ins Koma schicken sollen, sondern ihn für die erste Runde nur besiegen sollen“, sagte Balus immer noch mit einer ruhigen Stimme, weil er wusste, dass er Urig so viel mehr in Rage versetzten würde, als wenn er schreien würde.

„ Aber das merkst du wahrscheinlich gar nicht mehr, in einem solchen Wahn wie du dich befindest.“ spottete Balus weiter. Er war fest davon ausgegangen das Urig weiter schreien würde, ihn beschimpfen würde und die ganze Gaststube in Grund und Boden fluchen, doch so geschah es nicht.

Urig stieß den Tisch an dem sie gesessen hatten einfach zu Boden, sprang nach vorne, packte Balus am Hals und hob ihn mit einer Hand hoch. Der Wirt warf sich quiekend hinter seine Theke und ließ sich nicht mehr blicken. Urig hatte Balus mit der linken am Hals gepackt, sodass der junge Mann kaum noch Luft bekam. Mit der Rechten holte er aus, als ob er sich nicht sicher war, ob er  Balus den Schlag seines Lebens verpassen sollte. Das hatte nichts mehr mit einem normalen Streit zu tun, das hier war blutiger Ernst. Urig schrie so laut das es nicht nur im gesamten Gasthaus sondern auch auf der kompletten Straße zu hören war und seine Stimme war mehr eine Mischung aus Knurren und einer Art von Urschrei die Balus noch nie gehört hatte:

„ SAG NIE WIEDER DAS ICH WAHNSINNIG BIN! SAG NIE WIEDER DAS ICH NICHT MERKE WAS ICH MACHE! SAG NIE WIEDER DAS ICH IM WAHN KÄMPFE!“ Dann war es für eine Sekunde still und dann fauchte Urig nicht mehr so laut aber nicht minder gefährliche:

„Sonst töte dich!“

Balus zitterte nur und konnte, abgesehen davon das Urig ihm gar keine Luft ließ um zu antworten, keinen klaren Gedanken fassen. Die Sekunden verstrichen, dann ließ Urig Balus zu Boden fallen, griff nach dem Beutel mit dem Geld und rannte aus der Gaststube, ohne einen weiteren Ton von sich zu geben.

 

 

 

 

Die Prinzessin

Urig stampfte durch die Straßen der Stadt. Es war immer noch Vormittag und trotzdem herrschte auf den Straßen der Stadt schon ein gewaltiges Gewühle. Menschen brachten ihre Waren zum Marktplatz, damit sie von anderen Menschen gekauft wurde, damit diese wieder an einem anderen Platz einen höheren Preis damit erzielen konnten oder einfach nur weil sie sie brauchten. Die Stadt war voller Gerüche und nicht alle waren erwünscht, neben wohlriechenden Gewürzen gab es auch noch Urin, Pferdemist, Schweiß und weitere unappetitliche Gerüche auf die Jedermann gerne verzichtet hätte, die aber zur Stadt gehörten, wie die Straßen, die Häuser und das Geschrei. Normalerweise galt in einer solchen Stadt das einfache Gesetzt: Gehst du nicht aus dem Weg, schaffe ich dich aus dem Weg. Wer nicht schnell genug ausweichen konnte, der wurde nicht selten angerempelt oder gegen eine Hauswand geschubst. Zumindest dieses Problem blieb Urig erspart. Niemand rempelte einen muskelbepackten Zwerg mit Augenklappe und offenbar schlechter Laune an, oder wenn er es tat dann entschuldigte er sich sofort und eilte weiter.

Urig marschierte schnell durch die Straßen, den Blick immer gen Boden gerichtet. In seinem Kopf tobte es und es hatte bestimmt nichts mit dem Kampf vom gestrigen Abend mehr zu tun. Er hatte Balus angegriffen. Der junge Mann hatte ihn zwar gereizt, er hatte ihn sogar regelrecht zur Weißglut getrieben, aber warum hatte er ihn gleich angegriffen? Das war die eine Stimme in seinem Kopf. Die Stimme der Sorgfalt und des friedlichen beieinander. Doch da gab es noch eine zweite Stimme in seinem Kopf. Die Stimme des Zwerges, des alten Gesteins aus dem seine Vorväter gemacht waren und die auch in seinen Knochen wohnte. Dieser kleine Bastard hätte niemals sagen dürfen, dass er nicht kontrollierbar war. Urig hatte sich immer unter Kontrolle. Es gab diesen Wahn nicht,  von dem Balus redete. Er hatte den Mann am Abend vorher so zurichten wollen, dass hatte nicht mit seiner Kontrolle über sich selbst zu tun. So vor sich hinbrütend und mit einer unglaublichen Wut im Bauch stampfte Urig weiter und war fast sauer, das ihm jeder auswich. Eine richtig schöne Schlägerei ohne Grund war das, was er jetzt brauchte.

 

Alia brach ein weiteres Stück des Brotes ab und warf es den Spatzen hin, die vor ihren Füßen eifrig damit beschäftigt waren die Brotkrummen aufzusammeln. Es waren mindestens fünfzehn Stück und sie drängelten, schubsten, pieksten und kabbelten sich um das hingeworfen Brot und sobald alle Krummen in den gierigen Vogelschnäbeln verschwunden war wandten sie sich Alia zu, die dann lachend eine weitere Hand voller Brotkrummen in ihre Mitte warf. Bianka stand einige Meter hinter ihr und blickte sie mit einem verträumten aber sogleich traurigem Lächeln an. Ein achtjähriges Mädchen, und sie wollte nichts mehr als ein paar Spatzen füttern. Sie lachte und hatte Spaß daran, warum lieber Gott, konnte man ihr das nicht gönnen? Andere Kinder wollten Gladiatorenkämpfe sehen, oder große Wettrennen, sie wollten exotische Tiere in Käfigen beobachten. Und Alia wollte nur Spatzen füttern. Ihr Vater hatte sie vor mehreren Jahren verlassen. Alia und sie sprachen nicht viel über ihn und trotzdem hatte Bianka das Gefühl das er ihrem kleinen Schatz fehlte. Ein Mann der sie beiden beschütze, ihnen jeden Abend Geschichten von vergangenen Abenteuern erzählte und der genug Geld mit nach Hause brachte damit sie ein normales Leben führen konnten. Bianka arbeitete als Kellnerin in einer heruntergekommenen Kneipe und ihr Lohn war schon für eine alleinstehende Frau knapp bemessen, aber für sie und Alia reichte es kaum. Sie war keine hässliche Frau und ihr Arbeitgeber hatte ihr schon mehrmals gesagt das wenn sie den Männern nur etwas mehr geben würde als nur das Bier würde sie finanzielle wesentlich besser dastehen. Sie war ehrlich gesagt drauf und dran das Angebot abzunehmen, aber dann musste sie wieder daran denken wie Alia vom Spielen nach Hause kam und ganz stolz erzählte: Mama! Meine Freunde haben heute gesagt das ihre Väter ganz tolle Berufe haben und da habe ich gesagt das meine Mutter dafür sorgt das ihre Väter abends in der Kneipe nicht verdursten. Das heißt ohne dich könnten all die anderen Väter von all meinen Freunden gar nicht leben, also hast du den wichtigsten Beruf von all unseren Eltern!“ Diesen Abend würde Bianka nie vergessen. Sie konnte den Gedanken nicht ertragen, dass ihre Tochter erfahren würde, das ihre Mutter den wichtigsten  Beruf hatte, das ohne sie die Väter der anderen Kinder keinen Spaß mehr haben würden. Sie konnte sich die Augen ihrer Tochter vorstellen, und diesen Blick würde sie nicht ertragen, weil er ihr sagen würde das sie dann auch den letzen Menschen den sie liebte enttäuscht hätte. Aber wenn sie es nicht tun würde würden Alia und sie verhungern. Auch keine tolle Alternative. Lieber Gott, sie wollte ja gar nicht viel Geld haben aber wenn es zum Leben an sich nicht mehr reichte, dann lief doch irgendetwas verkehrt. Auch diesen Satz hatte sie von ihrer Tochter. Alia war schon viel zu frühreif für ihr Alter aber sie musste schließlich auch das doppelte der Hausarbeit zu erledigen, was alle ihre Freunde zu verrichten hatten. Es war zum Heulen. Bianka hätte noch ewig über dieses verdammte Problem nachdenken können aber die Stimme ihrer Tochter riss sie aus ihren Gedanken:

„Mama? Mama, kann ich noch ein Stückchen Brot haben? Die Spatzen haben so großen Hunger“ fragte Alia sie während sie lachend auf die Spatzen hinter sich zeigte.

Bianka dachte an ihre zur Neige gehenden Geldbeutel.

„ Schatz, du hast doch schon zwei Stücke Brot an die Spatzen verfüttert, die haben bestimmt schon gar keinen Hunger mehr“ versuchte Bianka ihrer Tochter zu erklären, dass sie es sich beim besten Willen nicht noch mehr verschenktes Brot leisten konnten.

Als Alia eine Schnute zog versuchte Bianka sie aufzumuntern:

„ Sieh doch mal, es war Brottag und du hast den Spatzen ihre zwei Stücke Brot gegeben und sie sind bestimmt jetzt ganz satt und zufrieden.“

Alia schwieg kurz und blickte zu den Spatzen zurück dann drehte sie sich mit eingezogenen Schultern zum gehen um und murmelte etwas in sich hinein. Es war bestimmt nicht böse gemeint und nicht für die Ohren ihrer Mutter gedacht aber Bianka hörte es trotzdem:

„ Das waren aber schon wieder kleinere Brotstücke als letzte Woche.“ Alia hatte sich wahrscheinlich nicht mal etwas besonderes mit ihren Worten gedacht aber für Bianka waren sie einfach zu viel. Sie spürte wie ihr innerhalb von Sekunden die Tränen kamen und sie unkontrolliert zu schluchzen anfing. Alia drehte sich um und blickte ihre Mutter ahnungslos an.

„ Was ist den los, Mama?“

Bianka ging auf Knie herunter. Die Tränen kamen nun immer schneller und sie hatte nun keine Chance mehr das Schluchzen zu unterdrücken. Sie kniete einfach auf dem Steinplatz und weinte, da schlossen sich zwei Hände um sie. Alia umarmte sie, obwohl ihre Arme so kurz waren, dass sie sich auf Biankas Rücken nicht mal berührten und das achtjährige Mädchen flüsterte ihrer Mutter ins Ohr:

„ Weine doch nicht, Mama. Ich bin doch da.“ Bianka umarmte ihre Tochter und drohte sie, von Heulkrämpfen geschüttelt, zu erdrücken. Die Menschen drehten sich schon nach ihnen um, aber das war Bianka nun auch egal. Ihre Tochter musste sie trösten. Es hätte, wenn überhaupt, andersrum sein müssen aber ihre kleine Tochter hatte den Mut nicht aufzugeben wo Bianka ins wanken geriet.

Die beiden standen noch eine geraume Zeit eng umschlungen beieinander und hielten sich einfach nur gegenseitig fest, während Biankas Tränen langsam versiegten. Als die letzte Träne ihre Wange heruntergelaufen und auf das dunkelbraune Haar ihrer Tochter gefallen war stand sie auf wischte sich über die Augen und fragte betont lächelnd, auch wenn das mit solch stark geröteten Augen seltsam aussah:

„Wollen wir gehen?“

Alia blickte ihr in die Augen lächelte auch, wenn es bei ihr weitaus ungezwungener aussah und sagte:

„Ja.“                 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Urig wich schnell einem Fuhrwerk aus, das nur knapp an ihm vorbeidonnerte. Der Bursche auf dem Kutschbock fuhr, für die Menge an Menschen auf der Straße, viel zu schnell. Urig drehte sich um und schrie dem Burschen wütend hinterher:

„Pass auf wo du lang fährst sonst fährst du noch zur Hölle!“

 

 

Alia rannte ein paar Meter vor ihrer Mutter. Als Kind hatte man noch so viel Energie im Gegensatz zum Alter, dachte Bianka, obwohl sie mit ihren 28 Jahren bestimmt nicht allzu alt war. Trotzdem hätte sie nichts dagegen gehabt etwas langsamer zu gehen.

„Kommst du Mama?“ rief Alia während sie auf die Straße zurannte.

„ Ja, ja du ungeduldiges Ding“ rief ihre Mutter ihr hinterher und wollte gerade schneller werden und zu ihrer Tochter aufschließen, als sie etwas auf dem Boden blitzen sah. Schnell bückte sie sich und griff  nach einer kleinen Münze, die über dem Schlamm der Straße lag, die konnte noch nicht lange hier liegen sonst wäre sie längst mit Schlamm und Dreck besetzt, sodass Bianka sie nie hätte sehen können. Sie ließ die Münze dankend in ihre Rocktasche fallen. Es war zwar nicht viel, aber in ihrer Lage war sie glücklich über jede Münze.

 

Der Bursche auf dem Fuhrwerk brüllte über die Schulter:

„ Pass auf was du sagst, du laufender Meter, es können nicht alle so rumfaulenzen wie du! Leute wie ich haben zu arbeiten!“

Urig überlegte,,ob er noch eine Beleidigung erwidern sollte. Vielleicht hatte er ja Glück und er könnte einen handfesten Streit vom Zaun brechen. Er entschied sich spontan dafür, ein richtig herzhafter Streit war manchmal beruhigender als alles andere. Er drehte sich beim gehen um und ging nun fast rückwärts und öffnete den Mund um dem Fahrer etwas über dessen Mutter, einer Ratte, einem Nilpferd und zwei extrem hässlichen Gnomen zuzurufen.

 

Alia drehte sich um und sah ihre Mutter wie sie am Boden kniete und gerade wieder aufstand. Warum konnte ihre Mutter den nicht etwas schneller sein, sie hatte keine Lust immer zu warten.

„ Wo bleibst du denn? Ich bin ja schon fast zu Hause.“ rief sie während sie noch einige Schritte rückwärts machte.

 

Es knallte. Bianka sah gerade noch wie ihre Tochter ihr zurief das sie sich beeilen sollte, da machte Alia schon ein paar weitere Schritte nach hinten und stieß gegen einen Zwerg, der gerade die Straße hinunter kam. Und was für ein Zwerg: Er war muskulös und trug eine Augenklappe über dem einen Auge, sein Gesichtszüge waren wutentbrannt und er sah so aus, als ob er gleich jemanden Fressen wollte. Alia fiel und landete auf der Straße direkt vor dem Zwerg. Bianka rannte los um zu ihrer Tochter zu gelangen. Alia blickte den Zwerg nur erstaunt an und hielt sich ihre Nase, mit der sie wohl gegen seinen Brustkorb gestoßen war. Der Zwerg stand einfach nur da und blickte auf das kleine Mädchen vor ihm, als Bianka die beiden erreichte und hastig stotterte:

„ Meiner Tochter tut es sehr leid, wie ungeschickt von ihr, bitte entschuldigen Sie.“

Doch der Zwerg packte Alia nur an der Hüfte, hob sie hoch als wöge sie weniger als eine Feder und stellte sie wieder auf die Beine. Dann schob er vorsichtig ihre kleinen Finger mit seinen Pranken von ihrer Nase weg. Bianka wollte ihre Tochter zu sich ziehen, doch als sie dem Zwerg ins Gesicht sah, las sie dort keine Wut mehr sondern nur noch einen Gesichtsausdruck, den sie nicht so recht zu deuten wusste. Es war irgendetwas zwischen Verblüffung und vorsichtiger Zurückhaltung. Alia ließ es langsam zu, dass der Zwerg ihre Hände beiseite schob und ganz leicht ihre Nase berührte.

„ Tut das weh?“ fragte der Zwerg, seine Stimme klang leise und unglaublich schüchtern, als ob er das Reden mit Kinder nicht gewohnt sei, es noch nie besonders gekonnt hätte. Alia schluckte kurz und sagte dann mit festerer Stimme als ihr Gegenüber:

„ Nur ein bisschen, ich habe mir beim Spielen schon viel doller wehgetan.“

Der Zwerg lächelte. Nur für eine Sekunde, dann erschien wieder der alte vorsichtige und zurückhaltende Gesichtsausdruck auf seinem Gesicht.

„ Das sieht auch nicht so schlimm aus, in einer Stunde dürftest du das nicht mehr spüren.“ Er schluckte kurz, als ob ihm die ganze Situation unglaublich peinlich wäre, dann fuhr er hastig fort:

„ Da habe ich wohl nicht richtig aufgepasst, hier nimm das als Schmerzensgeld.“ und mit diesen Worten griff er in einen Beutel, der an seiner Seite hing und drückte Alia einige Münzen in die Hand. Bianka stockte der Atem. Das waren drei oder vier Goldlinge gewesen, die der Zwerg da gerade ihrer Tochter gegeben hatte. Für so viel Geld musste sie über ein Dutzend Tage arbeiten.

„ Danke.“ sagte Alia und blickte dem Zwerg ins Gesicht mit einer Miene die man bestenfalls als skeptisch bezeichnen konnte.

„ Warten sie, so viel Geld für eine kleine Unachtsamkeit...“ fing Bianka an, die befürchtete, dass das Geld eher eine Anzahlung war. Sie kannte zwar niemanden, aber es war allgemein bekannt das es Männer gab die kleine Mädchen und Jungen den erwachsenen Prostituierten vorzogen.

Doch der Zwerg blockte schnell ab:

„ Nein, nein das ist schon okay so, ich meine, nur wegen mir hat sie sich verletzt und ich hätte einfach auspassen sollen, wo ich hingehe, dass war dumm von mir...“ er verhaspelte sich und sagte dann etwas langsamer:

„ Behalten sie es einfach und  wir vergessen das hier.“

Bianka konnte es immer noch nicht glauben, aber sie sagte erst mal gar nichts, den es schien so als ob diese Angelegenheit dem Zwerg noch wesentlich unangenehmer war als ihr oder Alia.

„ Also dann ich gehe dann mal.“ redete der Zwerg auch schon weiter und verfiel sofort in einen schnellen Trab. Alia winkte ihm noch hinterher und rief:

„ Auf Wiedersehen, Mister.“

Der Zwerg drehte sich noch einmal halb um und Bianka glaubte auf seinem Gesicht wieder ein Lächeln zu sehen als er zurückwinkte und rief:

„ Auf Wiedersehen, kleine Prinzessin.“

Schicksalhaftes Wiedersehen

 

Es war bereits Abend als Balus durch die Tür zur Schenke des trampelnden Trinkers trat. Er hatte den ganzen Tag nach Urig gesucht, er konnte selbst nicht so genau sagen warum, der Zwerg konnte schließlich gut auf sich selbst aufpassen. Gerade als er zum Abendessen in ihr Gasthaus zurückkehrte, hatte ihn dort ein Laufbursche abgefangen, der ihm gesagt hatte, dass Urig in dieser Schenke wäre und anscheinend doch Hilfe bräuchte. Balus hatte die Taverne schon am Mittag nach Urig abgesucht, weil sie schon einige Male zusammen hier gewesen waren, doch da war der Zwerg noch nicht hier gewesen.

Bruno, der Wirt der Schenke, kam Balus gleich entgegen und drückte seine Hand.

„ N’ guten Abend Balus. Schön das du endlich hier bist.“ fing Bruno sofort an.

Balus blickte sich in der Kneipe um und sagte dann:

„ Verdammt leer hier.“

„ Ja verdammt genau, deshalb freue ich mich ja so, dass du endlich hier bist.“Er machte eine kurze Pause und fuhr dann fort:

„ Hör mal, du und Urig, ihr seid echt zwei nette Kerle, aber wenn du den Zwerg nicht hier rausschaffst, dann rufe ich die Garde, weil solange Urig hier drin ist bekommen ich keine anderen Kunden.“ sprudelte er hervor, wahrscheinlich war er auch nicht gerade glücklich damit, den Zwerg vor die Tür zu setzten.

Balus ging an Bruno vorbei und auf den hintersten Tisch der Schenke zu. Dort saß Urig. Das eine Auge war glasig und sein Kopf war leicht nach vorne geneigt, doch er hob ihn als er die Schritte hörte.

„ Bruno! Dein Schnaps ist Scheiße, aber bring mir doch noch mal ein Glas.“ grölte Urig den beiden entgegen. Balus winkte Bruno mit der Hand weg und setzte sich vorsichtig neben Urig.

„ Na wie geht es dir?“ fragte er vorsichtig

„ Beschissen, habe noch nicht genug getrunken!“ lallte Urig und griff nach dem bereits leeren Glas, setzte es an die Lippen, betrachtete es dann und schrie dann wieder:

„ Wo bleibt mein Schnaps?“

Bruno blickte zu ihnen herüber doch Balus schüttelte hinter Urigs Rücken den Kopf und so drehte sich Bruno wieder um. Plötzlich packte Urig Balus am Oberarm, als müsste er sich an ihm festhalten.

„ Ich bin so ein verdammter Scheißkerl, so ein Scheißkerl. Erst schlage ich dich und dann habe ich noch die kleine Prinzessin verletzt. Ich bin so ein gottverdammter Scheißkerl...“ lallte er und blickte Balus dabei glasig an.

„ Weiß du was Balus. Du bist ein guter Mann, ein guter Kamerad. Du verdienst etwas besseres als mich,“ Urig stand auf und legte zitternd seine beiden Hände auf Balus  Schultern, „ Gehe hin wohin du willst, du bist nicht mehr an mich gebunden.“ Nachdem er das gesagt hatte fiel Urig um, landete auf dem Fußboden und blieb dort einfach sitzen. Während er vor sich hinstarte redete er weiter:

„ Prinzessin...Geld... nicht genug... bin ein Scheißkerl... Nicht aufgepasst.“ Balus winkte Bruno zu sich und flüsterte ihm ins Ohr:

„ Gehe hier raus und lass uns zehn Minuten alleine.“ Bruno wirkte zwar verwundert, folgte dann aber Balus Anweisung und verließ die Schenke. Nun waren Balus und Urig alleine. Balus ging neben Urig in die Hocke und sagte, während er eine kunstvollgeschnitzte Flöte aus Elfenbein aus seiner Hose zog:                 

„ Den Schwur, den ich geleistet habe, habe ich mit meinem und deinen Blut besiegelt, wenn du denkst das man ihn einfach aus einer Laune heraus lösen könnte, hast du dich geirrt. Urig, ich werde dir immer folgen. Und nun sag nichts sondern höre einfach nur zu.“

Und mit diesen Worten fing Balus an auf der Flöte zu spielen.

 

Als Bruno einige Minuten später wieder in die Taverne kam lag Urig schnarchend auf dem Boden und Balus saß schwitzend auf dem Stuhl daneben. Als Bruno fragend den Kopf hob sagte Balus:

„ Er schläft und wenn er aufwacht sollte er nicht mehr allzu viel von dem Alkohol spüren. Ich miete ein Zimmer bei dir, damit er da liegen kann, bis er wieder aufwacht.“

Bruno ging auf Balus zu und fragte ungläubig:

„ Er müsste den heftigsten Kater seines Lebens haben, und du sagst er wird nichts mehr merken?“

„ Ich bin zwar nicht so kräftig wie mein kleiner Freund aber habe dafür ein anderes Talent.“ erwiderte Balus und wischte sich die verklebten Haare aus seinem Gesicht.

„ Und wenn wir schon ein Zimmer haben, nimm eins mit zwei Betten ich lege mich auch ein bisschen hin.“

 

Balus schlief den ganzen Abend und die ganze Nacht. Als er am Morgen aufwachte blickte er sich in der kleinen Dachkammer um, die sie für die eine Nacht gemietet hatten. Außer den zwei Betten passte hier auch nicht mehr viel rein, aber wenigstens schien es hier oben  keine Spinnen oder Ratten zu geben. Sein Blick wanderte weiter auf Urigs Bett und er sah den Zwerg aufrecht im Bett sitzen. Er sah schon wieder ganz normal aus, keine Anzeichen von der unglaubliche Zecheinlage des gestrigen Abends. Urig blickte nun auch ihn an und sagte mit rauer Stimme:

„ Nach dem, was gestern Abend passiert ist, müsste ich eigentlich den halben  Tag kotzen, aber ich fühle mich... Gut...ausgeschlafen.“

„ Tja ist schon schön wenn man Leute hat, die sich um einen kümmern, was?“ fragte Balus mit einem leichten Grinsen auf den Lippen und schwang die Beine aus dem Bett. Doch Urig ging nicht auf die Frage ein sondern fragte seinerseits nur:

„ Totaler Filmriss. Was habe ich gestern alles gemacht?“

„ Getrunken.“ erwiderte Balus prompt und unverblümt.

„ Witzig! Ich meine, habe ich irgendwas komisches gesagt?“ antwortet Urig genervt.

Balus hatte keine Lust wieder über seinen Schwur Urig gegenüber zu reden weshalb er nur sagte:

„ Irgendwas von einer Prinzessin, der du Geld gegeben hast.“ Doch anscheinend war diese Antwort auch nicht das richtige, den Urig ließ sich in die Kissen zurückfallen und stöhnte nur laut.

„ Ich bin so ein verdammter Idiot. Was nenne ich sie den Prinzessin und sage dann noch „Auf Wiedersehen“, wäre doch besser für die Kleine, wenn sie jemanden wie mich nie wieder sieht.“ murmelte er vor sich her.

Balus verstand nichts von den was Urig da sagte, doch es schien nicht angebracht an dieser Stelle weiterzubohren. Während Balus sich streckte und seine Schuhe anzog fragte er Urig:

„ Und was machen wir jetzt, genug Geld haben wir ja, mit dem Gewinn von vorgestern Abend .“

„ Du musst zu dem kleinen Gnom mit der Lagerhalle gehen und mit ihm reden. Und wegen dem Geld, das hier ist der Rest.“ und  damit warf er Balus den Beutel zu, indem sich noch zwei Goldlinge befanden.

„ Soviel kannst doch nicht mal du an einem Abend versoffen haben, wo ist der Rest?“ empörte sich Balus und blickte Urig vorwurfsvoll an.

„ Ach den Rest habe ich... ist doch nicht so wichtig. Ich habe das Geld gewonnen und ich habe es auch ausgegeben. Basta.“ antworte Urig gereizt, Balus war sich zwar sicher das diese Antwort noch sehr, sehr weit von der Wahrheit entfernt war aber er war gerade erst gestern Abend von seinem Zwergenfreund wegen einer Nichtigkeit fast erwürgt worden. Deshalb fragte er auch hier nicht weiter nach.

„ Warum soll ich mit dem Gnom sprechen?“ fragte er stattdessen, weil er befürchtete das sich sonst ein sehr peinliches Schweigen über die Dachkammer senken würde.

„ Ich will wieder kämpfen. Möglichst noch morgen oder übermorgen.“ sagte Urig während er nun auch aufstand und sich mit einer Schüssel Wasser die neben seinem Bett stand kurz frisch machte.

„ Du hast erst vor noch nicht mal 2 Tagen gekämpft, warum schon wieder? Das mit dem Geld ist kein Problem, dass reicht noch für eine gewisse...“ redete Balus auf seinen Freund ein, weil er wenig Lust hatte mit dem kleinen Gnom wegen der Halle zu reden, damit sich Urig wieder tot schlagen lassen konnte. Doch Urig unterbrach ihn:

„ Ich muss wieder kämpfen! Also halt den Mund und kümmere dich darum!“ brüllte er so laut, dass Balus sich sicher war, dass Bruno und die anderen Gäste ihn unten hören mussten. Die beiden blickten sich für eine Sekunde in die Augen dann sagte Urig leise:

„ Tut mir leid. Ich wollte nicht schreien, aber ich muss die nächsten Tage wieder kämpfen, bitte regle das für mich.“

 

Nachdem die beiden sich von Bruno verabschiedet hatten gingen sie zu ihrem eigentlichen Gasthof zurück und frühstückten erstmal herzlich. Und ein hungriger Zwerg konnte wirklich beachtliche Mengen in sich hineinstopfen. Nachdem auch das letzte Stück Brot mit je einer fingerdicken Schicht Käse, Wurst und einer Soße die weder Urig noch Balus kannten, die aber sehr lecker schmeckte, in Urigs Mund verschwunden war, lehnte sich der Zwerg zurück. Es dauerte eine Sekunde dann erschütterte ein gewaltiger Rülpser den Raum. Urig legte zufrieden die Hände auf seinen Bauch und liess genüsslich schmatzend vernehmen:

„ Das war ausgezeichnet! Ich müsste kurz ein Nickerchen halten dann könnte ich gleich wieder in den Ring steigen.“

„ Du würdest nicht mal den ersten Schlag in den Bauch überstehen, bevor du dieses leckere Essen wieder von dir gibst.“ lachte Balus und hielt sich den Bauch, da Lachen mit einem so vollen Bauch nur weitere Schmerzen verursachte.

„ Das passiert nicht. Diese eingebildeten Riesen schlagen mir doch immer nur auf den Kopf.“ gluckste Urig und musste daraufhin so doll lachen das er sich den Bauch angestrengt hielt und nach einer Minute, als er sich wieder beruhigt hatte, mit ernster Stimme sagte:

„Reden wir über etwas Ernstes, Lachen ist nicht das richtige für mich in diesem Zustand.“

Daraufhin mussten beide wieder Lachen und es dauerte wieder einige Zeit bis sie sich beruhigt hatten.

„ Ich mache mich gleich auf den Weg zu dem Gnom und rede mit ihm,“ sagte Balus, „ kann mir nicht vorstellen das er wirklich auf einen Kämpfer von deinem Kaliber verzichten möchte.“

„ Danke, Balus. Und denk daran, ich muss so früh wie möglich wieder kämpfen.“ sagte Urig mit einem gewissen Nachdruck in der Stimme.

„ Ja, ja ich tue was ich kann, aber mach dir nicht zu viele Hoffnungen mit dem schnellen Kämpfen, du weist ja das kann seine Zeit dauern mit dem Kämpfe festlegen.“

Urig blickte verdrießlich auf seinen leeren Teller und sah schon wieder äußerst gereizt aus, weshalb Balus gleich nachlegte:

„ Was machst du während ich weg bin?“

„ Weiß nicht.“ grummelte Urig, der immer noch seinen Teller betrachtete

„ Komm doch mit, dann langweilst du dich nicht und ich habe etwas Gesellschaft.“ versuchte Balus den Zwerg zu animieren, denn er hatte keine Lust, dass er Urig bei seiner Rückkehr wieder im Vollrausch vorfinden würde.

Urig nickte nur und betrachtete immer noch seinen Teller, als gäbe es nichts spannenderes auf der Welt.

 

Balus und Urig gingen durch die Straßen der Stadt. Balus wusste, da er immer für das arrangieren der Kämpfe zuständig war, wo man den Gnom der die Halle leitete tagsüber treffen konnte. Er besaß ebenfalls ein kleines Gasthaus in einer fragwürdigen Gegend der Stadt.

Das Gasthaus „Zum pöbelnden Gnom“ war ein großes Gebäude mitten in den Slums der Stadt. Balus wettet das über 90% der Gäste kriminell und die anderen 10% lebensmüde waren. Die Fassade war verdreckt und das eine Fenster war geflickt, so als ob erst kürzlich jemand durch eben dieses gesprungen oder geworfen worden war. Die Tür war geschlossen, es sah nicht so aus als ob der Laden gut besetzt wäre. An der Seite des Gasthauses gab es einen kleinen Stall für Pferde und sonstige Tiere, indem im Moment eine Gruppe von Kindern spielte.

„ Ganz schön runtergekommen der Schuppen. Egal, wir wissen ja womit der kleine Giftzwerg sein wahres Geld verdient.“ lächelte Balus und ging auf das Gasthaus zu.

„ Urig?“ fragte er überrascht, als er sich umdrehte und sah das Urig in eine Seitenstraße abgebogen war und sich in einen Hauseingang lehnte. Balus drehte um und folgte seinem Freund.

„ Was ist los mit dir? Wir sind da.“ sagte Balus ungeduldig

„ Weißt du...Ich glaube ich warte hier draußen auf dich, ich brauche ein bisschen frische Luft.“ druckste der Zwerg herum.

„ Sag mal Urig, ich will dir ja nicht zu nahe treten aber irgendwas läuft in deinem Zwergenschädel ganz schön daneben.“ konnte Balus sich nicht verkneifen, doch als Urig keine Anstalten machte sich in Bewegung zu setzten, schnaubte er nur und ging in Richtung Kneipe. Er wusste nicht, was bei Urig gerade schief lief aber wenn sein Begleiter so weitermachte, würde er sich ein paar Antworten holen, auch wenn er dann riskierte wieder stranguliert zu werden. Als Balus durch die Tür trat hört er noch wie eines der Kinder, ein kleiner Junge von gerade mal zehn Jahren, aus dem Stall gelaufen kam und schrie:

„ Alia ist dran mit fangen.“

Balus musste Lachen und vor solchen Kindern versteckte sich Urig. Doch schon eine Sekunde später verwarf er den Gedanken auch wieder, egal was mit Urig vorging, diese Kinder waren nun wirklich die einzigen in der ganzen Stadt, die damit offensichtlich nichts zu tun hatten.

 

Balus und der Gnom setzten sich an einen Tisch und begannen zu reden. Oder, um es anders auszudrücken: Balus redete und der Gnom schrie, giftete ihn an und beleidigte. Er beschimpfte Urig und Balus, was sie sich nur denken würden wieder bei ihm aufzukreuzen, nachdem was passiert war. Es war schon über eine halbe Stunde vergangen als Balus endlich das Gespräch in die richtige Richtung lenken konnte und erst geschlagene zwei Stunden später sah der Gnom auch die gewaltigen Vorteile, die es bringen würde Urig wieder kämpfen zu lassen. Das hieß aber noch lange nicht, dass das Gespräch beendet wäre. Nun ging es darum, wann und wie, wie viel der kleine Gnom dabei verdienen würde. Es musste schon lange Nachmittag sein und es kamen immer noch nicht genug Gäste um den Gnom zu beschäftigen und Balus eine Atempause zu gönnen. Schließlich sagte er:

„ Ich will was trinken.“

„ Du zahlst aber, denke nicht das du hier eingeladen bist, nur weil wir übers Geschäft reden.“ merkte der Gnom sofort an.

„ Auf die Idee wäre ich doch nie gekommen.“ sagte Balus mit einer gehörigen Portion Ironie in der Stimme, aber es sah so aus, als ob in einem Gnomenkopf nicht genug Intelligenz vorhanden sei um diese herauszuhören.

„ Bianka! Komm her und bring unserem Gast einen Krug Bier!“

Eine Frau, die hinter der Theke gestanden hatte, füllte eine Krug und brachte ihn zu dem Tisch an dem Balus mit dem Gnom saß.

„ Beweg deine Hintern! Ich kann auch jemand neues einstellen wenn du da hinten Wurzeln schlägst!“ zeterte der kleine Schänkenbesitzer weiter.

„ Oh nein Herr, es war nicht meine Absicht euch und euren Gast warten zu lassen, es soll nicht wieder vorkommen.“ stotterte die junge, gutaussehende, Frau schnell.

„ Halt den Mund! Ich will deine Entschuldigung nicht hören!“

Balus war am überlegen ob er Partei für die junge Bedienstete ergreifen sollte, überlegte es sich schließlich aber anders. Er hatte mit diesem Streit nichts zu tun. Er drückte der Frau einige Münzen in die Hand und sagte:

„ Danke für den Krug.“

Sie lächelte, drehte sich um und ging wieder in Richtung Tresen davon, dabei fielen ihr einige Münzen aus der Tasche und landeten klimpernd auf dem Boden. Sofort schnellte der Gnom nach vorne und verstellte ihr den Weg zu den Münzen.

„ Was haben wir den da?“ kreischte er

„ 4 Goldlinge! Und du erzählst mir doch immer, dass du dich und deine Tochter kaum ernähren könnest! Woher hast du das Geld?“ keifte er in einer Lautstärke, dass es alle Gäste, bestehenden aus Balus und einem anderen jungen Mann, hörten.

„ Herr, bitte, das Geld ist...“ fing die Frau, die er Bianka genannt hatte an, doch der Gnom unterbrach sie:

„ Du bestiehlst mich, willst mir mein sauer verdientes Geld rauben oder woher bekommt eine arme Frau wie du, die nicht bereit ist ihren Körper zu verkaufen, auf einmal so viel Geld?“

„ Man hat es mir geschenkt.“

„ Ach s, und wer schenkt einer armen Frau wir dir, die mit ihrer verlausten Tochter in einem Loch haust, Geld?“

„ Ein Zwerg.“

Sie wurde während sie sprach immer leiser, als ob die Geschichte, die nun kommen würde, sie wohl selber nicht so ganz überzeugen würde.

„ Ach ja? Stimmt ich habe auch von dieser bärtigen Truppe gehört, die durch die Straßen zieht und den Leuten Geld hinterher schmeißt,  nur warum sind die noch nicht zu mir gekommen?“

„ Aber so war es, er hat es mir und meiner Tochter einfach geschenkt und er hatte keinen Bart.“ erwiderte sie, den Tränen nahe.

Balus fiel aus allen Wolken. Es gab viele Zwerge in einer solch großen  Stadt wie dieser hier, aber er war sich sicher, dass es nur einen gab der keinen Bart trug. Zwergen waren ihre Bärte heilig und sie trugen, flochten und kämmten sie um sich gegenseitig um den schönsten und prächtigsten Bart zu übertrumpfen. Manche Ränge, in einer Zwergenstadt, konnte man nur mit einer gewissen Bartlänge besetzten. Der einzige Zwerg, den Balus jemals ohne Bart gesehen hatte, war Urig.

„ Das klingt mir...“ versuchte er sich in das Gespräch einzuschalten doch der Gnom unterbrach ich schroff

„Lass mich in Ruhe wenn ich mit meinen Bediensteten rede. Sag Urig er kann übermorgen zu gewünschten Zeit seine Arbeit verrichten.“ Mit diesen Worten und einer wegwerfenden Handbewegung war Balus entlassen.

„ Ich wollte noch...“ fing er wieder an

„ Ich habe gemeint das du gehen kannst!“ fauchte ihn der Gnom mit schriller Stimme an und Balus verließ die Schenke.

Das verschwundene Geld. Der einzige Zwerg ohne Bart. Urigs Sehnsucht nach der frischen Luft. Balus würde sich ein paar Antworten holen wenn er Urig erst einmal  gefunden hatte. Als er durch die Tür nach draußen trat wurde ihm schlagartig klar, dass es nicht sonderlich schwer war den Zwerg zu finden. Er stand mal wieder unmittelbar im Mittelpunkt. Balus stöhnte innerlich auf, ihm blieb auch nichts erspart.

 

Urig hatte sich noch eine Weile in dem Häusereingang versteckt gehalten, bis er sicher war, dass die Kinder und somit Alia, bei ihrem Fangen spielen, hinter dem Stall angekommen waren, ging er schnell über die Straße und schlenderte an den dortigen Geschäften vorbei. Nähgarn. Heilkräuter. Tee. Ein Bordell, nichts von dem wofür sich ein Zwerg interessierte. Urig schlenderte weiter. Er war sich sicher, dass die Unterredung mit dem Gnom länger dauern würde, weshalb er sich auf ein langes Warten einstellte. Mit einem Blick um sich herum stellte er fest, dass es noch genügend andere Schenken gab. Verdammt, er hatte nicht übel Lust sich die Wartezeit mit einigen Humpen  Bier, ein paar Krügen Wein und dem ein oder anderen Schnaps zu vertreiben, aber er hatte gestern Nacht schon die Hälfte ihres Bargeldes versoffen und er besaß doch noch genug Pflichtbewusstsein um nicht auch noch den letzten Rest in einer gewaltigen Orgie zu verzechen. Ein letzter Blick auf die Schenken, dann stapfte Urig weiter mit dem Gedanken das Pflichtbewusstsein eine völlig unnötige und total überbewertete Sache war. Zum Glück wurde seine Enthaltsamkeit nicht lange auf die Probe gestellt. Zwei Häuser weiter gab es eine kleine Schmiede. Ein kleines Steinhäuschen mit einem Strohdach, vor dem Laden lagen Sporen, Sensen, Hufeisen und Messer zur Betrachtung aus. Urig marschierte schnurstracks auf die Schmiede zu. Wenn es auch nur eine Sache gab, die einen Zwerg von Natur aus mehr interessierte als Schnaps und Wein, dann war es die Verarbeitung von Eisen und Stahl. Auch wenn die Menschen auch in diesem Handwerk, genau wie bei der Schnapsbrauerei, den Zwergen nicht das Wasser reichen konnten. Urig betrachtete eingehend die Gegenstände die zur Ausstellung standen, wobei er sich bei jedem Gegenstand mindestens zehn Minuten nahm um ihn zu befühlen und den Weg seiner Herstellung anhand des Ergebnis nachzuvollziehen. Er hatte nicht vor etwas zu kaufen, aber das störte einen Zwerg nicht, wenn er sich umgeben von geschmiedeten Gegenständen befand.

Urig wusste selber nicht genau, wie lange er damit zubrachte die Schmiedekunst oder an einigen Stellen die Unfähigkeiten des Schmiedes und seiner Gesellen zu beobachten. Einige Stunden sicherlich.

Er war gerade bei einem besondern gut geschmiedeten Brotmesser angekommen und überlegte fieberhaft, was man am Griff, dem einzigen Problemfall dieses so schönen Messers, hätte anders machen können, als er eine wohlbekannte Stimme hinter sich hörte.

„ Na wenn das nicht der pöbelnde, laufende Meter ist.“ Was suchst du hier Faulpelz, ist dir das spazieren gehen zu langweilig geworden?“

Urig drehte sich um und blickte dem Fuhrwerkfahrer ins Gesicht, der dafür verantwortlich gewesen war, dass er Alia nicht gesehen hatte. Er wurde flankiert von zwei weiteren Männern, die beide einen guten Kopf größer als er waren.

„ Das ist er, Brüder,  der wohl hässlichste und dümmste Zwerg der ganzen Stadt.“ höhnte Urigs Gegenüber. Seine beide Brüder lachten laut auf. Es war das Art von Lachen mit dem stärkere über schwächere lachten bevor sie ihnen die Nase brachen.

„ Jetzt weiß ich auch warum sich deine Sippschaft Bärte wachsen lässt, euer Gesicht so ganz ohne Bart ist ja verboten hässlich. Was ist los mit dir? Gestern warst du noch nicht schweigsam.“ krakelte er weiter. Er hatte ganz offensichtlicht getrunken, nicht genug um gefährlich zu werden, aber genug um sich mutiger zu fühlen als er eigentlich war.

Urig legte das Messer zurück auf den Tisch von dem er es genommen hatte und entfernte sich einige Meter von eben diesem.

„ Ich verschwende nicht gerne mehr Worte als nötig an einen so hohen Haufen Scheiße wie dich, wie hat deine Mutter es nur geschafft, dass ganze Zeug so hoch aufzutürmen?“

Die drei Brüder machten sofort einen Satz nach vorne und der größte von ihnen rief:

„ Das nimmst du sofort zurück, du verdammter Zwerg!“ 

Urig ließ sein Genick knacken und hob leicht die Arme. Eine kleine Schlägerei würde ihm gut tun. Er spürte schon wie sich sein Blickfeld langsam auf die drei Männer vor ihm fixierte und anfing die Umgebung auszublenden.

„ Ich nehme nie etwas zurück, vor allem nicht wenn es die Wahrheit ist. Aber wenn ich euch hier so sehe muss ich sagen das du,“ und er zeigte auf den Fuhrwerkfahrer, „ ja wirklich nicht das größte Stück Scheiße in deiner Familie bist.“ Die drei Männer kamen drohend auf ihn zu und der größte sagte wieder:

„ Dich machen wir so was von fertig, du kleine Made!“

„ Kommt her!“ schrie Urig, er freute sich auf den Kampf, sein Körper konnte den Moment des Aufpralls der Körper kaum noch erwarten.

Sie umkreisten sich mitten auf der Straße und es hatte sich schon eine gewaltige Menge von Schaulustigen um die herum gebildet. In jedem anderen Stadtteil wäre es nie so weit gekommen, weil die Garde sie eingeschaltete hätte, aber hier, in diesem Drecksviertel kümmerte sich niemand um solch anstehende Straßenkämpfe.

Urig wusste, dass es unklug war die Gegner anzugreifen, wenn man alleine gegen mehrer kämpfte, sollte man sie lieber kommen lassen, statt mitten in ihre Mitte zu laufen, aber er konnte sich nicht mehr beherrschen. Er bewegte sich nach vorne als er eine andere Stimme vernahm, die er ebenfalls  nur allzu gut kannte:

„ Zu dritt gegen einen, dass ist ganz schön feige.“ Alle Blicke auf der Straße richteten sich auf das kleine Mädchen, das sich durch die Menge der Zuschauer geschlängelte hatte und nun einen Meter vor dem Kreis der Schaulustigen stand und mit dem kleinen Finger auf die 4 Männer deutete. Alia. Urig blickte sie an. Und sie blickte ihn an. Er spürte immer noch den Kampfeswunsch in sich, er wollte dem Adrenalinstrom in seinem Körper nachgeben doch aus irgendeinem Grund konnte er nicht kämpfen wenn er sie ansah. Sein gesamtes Leben bestand nur aus Kampf, Blut und Schmerzen. Alle Personen die ihn kannten sahen ihn so, nur sie sah ihn nicht nur als Kampfmaschine. Und er wollte nicht das sie ihn als solche wahrnahm.

Der Fuhrwerkfahrer stürmte auf ihn zu. Urig sah ihn, doch er konnte die Augen nicht von dem kleinen Mädchen nehmen. Der Mann holte aus. Alia schrie:

„ Passen sie auf!“

Urig sah den Schlag kommen. Er blickte Alia an und war sich für einen  winzigen Moment fast sicher das er wieder lächelte. Dann traf ihn die Faust des Mannes mit aller Wucht gegen die Schläfe. In Urigs Kopf drehte sich alles während er unbewusst einen Ausfallschritt nach hinten machte um die Wucht des Schlages abzufedern. Seine Adrenalindrüsen pumpten ihm immer mehr Energie in den Körper, er dachte schon er müsste explodieren. Er wollte kämpfen, sich auf die Kerle stürzten, sich schlagen, treten, zerfleischen ,- kurz wollte ihnen wehtun Irgendwie. Was er selber dabei an Schmerzen erlitt war nebensächlich. Sein Körper wollte sich schon  nach vorne Bewegen und sich in den Kampf werfen, doch er hielt seinen Kampfesrausch im Zaum. Er blieb stehen, auch als die beiden anderen Brüder ihn erreicht hatten. Schläge prasselten immer weiter auf ihn ein und da er sich nicht mal im Ansatz verteidigte, ging er innerhalb von Sekunden zu Boden. Während er auf dem Boden lag traten die drei Brüder mit aller Kraft auf ihn ein und es fühlte sich an, als ob sie ihm jeden Knochen im Körper brachen. Doch während er am Boden lag und die Tritte seinen Leib zertrümmerten blickte er unverwandt Alia an. Sie schrie unaufhörlich, kreischte das ihm doch jemand helfen müsste. Doch niemand rührte sich. Irgendwann hörte er Balus Stimme, die über den Platz schallte und die Brüder ließen von ihm ab, wahrscheinlich weil sie dachten, dass er sowieso völlig am Ende wäre und sie nicht wollten, dass er starb und sie einen Mordprozess über sich ergehen lassen müssten.

Er hört Balus, der nach einem Fuhrwerk rief um ihn hier wegzutransportieren, doch es war im eigentlich auch egal.

Die ganze Zeit blickt er Alia an. Er lachte des öfteren, aber er war sich fast sicher, das es schon Jahre hergewesen sein musste, dass er so lange am Stück gelächelt hatte. Dann kam die Ohnmacht.

Die Falle %u2013 Ein Aussichtsloser Kampf

 

Balus traf Bruno, der zufällig in der Nähe gewesen war und durch das Geschrei angelockt worden war. Zusammen hoben sie den bewusstlosen Zwerg auf Brunos Karren und fuhren ihn zurück in ihr Gasthaus. Balus wusste welche Kräuter gut für einen Kräutersud gegen Halsschmerzen waren, aber bei Urigs Zustand ließ er lieber nach einem Doktor schicken. Nachdem der Quacksalber, wie Bruno ihn nur nannte, sich Urig angeguckt hatte, ging er zu Balus:

„ Mehrere gebrochene Rippen. Die Nase ist hin. Und eine schwere Gehirnerschütterung. Er soll, wenn er wieder zu sich kommt, diesen Tee,“ und er gab Balus einen Sack der Teeblätter enthielt, „ trinken und muss mindestens die ganze nächste Woche im Bett bleiben. Nachdem Balus dem Arzt ihr letztes bisschen Geld gegeben hatte setzte er sich neben Urigs Bett und wartete. Der Doktor hatte ihm gegenüber gesagt, dass es noch mindestens bis zum nächsten Mittag dauern würde, bis der Zwerg wieder aufwachen würde, doch Balus kannte Urig. Und er hatte recht. Am frühen Abend, gut 2 Stunden nachdem der Arzt gegangen war, fing der Zwerg an zu blinzeln. Nach einigen Minuten öffnete er die Augen und blickte Balus an. Balus blickte zurück.

„ Wie sieht es aus? Kannst du reden?“ konnte Balus nicht an sich halten, es gab eindeutig zu viele ungeklärte Fragen und die Antworten beschaffte er sich am besten, wenn der Zwerg körperlich zu erschöpft war, um an Decke zu gehen.

„ Tu nicht so als wäre ich tot.“ grummelte Urig

„ Der Arzt hat gesagt, dass du mindestens eine Woche in Bett liegen musst.“

erzählte Balus Urig.

„ Du hast mit dem Gnom geredet? Wann hat er gesagt darf ich wieder kämpfen?“

„ Übermorgen Abend, also in ungefähr 48 Stunden.“ antwortete Balus um gleich hinterher zu setzten:

„ Da wirst du aber nicht kämpfen, du bist heute halb tot geprügelt worden.“

„ In 48 Stunden bin ich wieder heil.“ grummelte Urig

„ Zwerge haben ein gutes Immunsystem und ihre Regeneration verläuft vielleicht etwas schneller als beim Menschen, aber du kannst übermorgen noch nicht kämpfen, nicht einmal du bist in zwei Tagen wieder komplett fitt.“

„ Und selbst wenn nicht, ich kämpfe trotzdem.“ versuchte Urig laut zu werden, doch seine Rippen schienen ihm einen so heftigen Stich zu versetzten, dass er husten musste und sich im Bett zusammenkrampfte.

„ Sei doch vernünftig! Warum kannst du nicht einfach sagen, dass du dich eine Woche ausruhst und erst dann wieder kämpft.“ versuchte Balus seinen Freund zu überzeugen. Urigs Miene wurde traurig. Balus hätte fast gedacht das er eine Träne in Urigs Auge sehen konnte.

„ Ich muss in zwei Tagen kämpfen, Balus. Lass es uns dabei bewenden.“

Beide schwiegen, bis Balus wieder anfing:

„ Was ist los mit dir? Du verschenkst unser Geld, lässt dich verprügeln und willst nicht einmal von den Leuten, die du beschenkst gesehen werden? Urig was ist mit dir los.“

„ Nichts.“ kam sofort die grobe Antwort

„ Bitte, Urig.“ sagte Balus leise

„ Nein.“ erwiderte dieser grob und unnachgiebig

Balus legte sich auf sein Bett, streckte sich und faltete die Hände hinter dem Kopf.

„ Lass uns ein bisschen schlafen.“ sagte er die Augen bereits geschlossen

Von Urig kam keine Antwort und so schlief Balus ein. Er wachte mitten in der Nacht auf. Er glaubte nicht, dass er von etwas geweckt worden war, zumindest war alles still. Balus drehte den Kopf und blickte Urig in die Augen der ebenfalls in seinem Bett lag und ihn anguckte.

„ Du kannst nicht schlafen?“ fragte Balus seine Begleiter

„ Hab leichte Schmerzen.“ zischte Urig und an dem Ton seiner Stimme erkannte Balus, dass es bei weitem mehr als leichte Schmerzen waren. Urig deutete mit dem Finger auf die Teekanne, die Balus neben sein Bett gestellt hatte.

„ Hab schon die halbe Kanne ausgesoffen, aber das Zeug bringt nichts.“

Balus erhob sich aus seinem Bett und zückte seine Flöte.

„Schließ die Augen und versuche dich zu entspannen.“ sagte er während er sich, Urig gegenüber, auf sein Bett setzte.

„ Sie ist der einzige Mensch, den ich kenne, der mich anders sieht.“ fing Urig wie aus dem nichts an zu sprechen und Balus setzte die Flöte ab welche er schon an die Lippen gehoben hatte.

„ Alle Menschen sehen in mir eine Gefahr, eine Geldquelle , eine Kampfmaschine oder etwas anderes, aber kein Lebewesen mit Gefühlen. Aber wenn sie mich ansieht, dann glaube ich, dass sie in mich hineingucken kann, weiter als es je eine Person getan hat.“

Balus blickte seinen Freund nur an und sagte nichts.

„ Sie sieht mich als Lebewesen mit Gefühlen und nicht als Sonderling der eigentlich gar nicht existieren sollte.“ fuhr Urig fort.

„ Wenn sie mich anguckt fühle ich mich als Lebewesen, dass das Leben verdient hat und nicht mehr als Kampfmaschine.“ Eine einzige Träne rollte aus seinem Auge und tropfte auf das Kopfkissen.

„ Wenn sie mich ansieht, dann fühle ich, dass mein Leben einen Sinn hat, und das sich das weiterleben lohnt, woran ich schon oft genug zweifelte.“

Dann war Urig still und blickte Balus nur in die Augen, der sagte nur leise:

„ Danke.“

Dann setzte Balus die Flöte an die Lippen und fing an zu spielen.

 

 

 

Bianka ging nach Hause. Neben ihr hüpfte Alia her. Die Kleine hatte wirklich zu viel Energie, sie hätte Sport treiben müssen, aber die Vereine, wo die anderen Kinder hingingen, kosteten alle zu viel Geld. Es war nun zwei Tage her, das Alia ihr erzählt hatte, dass sie den netten Zwerg wiedergetroffen hatte und das dieser von drei Männern verprügelt worden wäre. Zuerst hatte sie ihrer Tochter nicht geglaubt, aber da es im Gasthof den ganzen restlichen Tag kein anderes Gesprächsthema gab, musste sie ihrer Tochter wohl Recht geben. Alia redete seitdem von kaum etwas anderen mehr. Sie fragte Bianka, ob sie etwas Neues von dem Zwerg gehört hätte, ob sie nun wisse, wie sein Name war oder wüsste wie es ihm ginge. Bianka hatte sich vorsichtig in der Taverne umgehört, doch niemand wusste etwas genaueres über den Zwerg und so war ihr eigenes Interesse an dem Vorfall nach einem Tag wieder zurückgegangen. Nicht so bei Alia. Doch Bianka hatte wirklich andere Sorgen als den netten Zwerg für den sich ihre kleine Tochter so interessierte. Ihr Arbeitgeber hatte ihr unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass er für potenzielle Diebe keine Verwendung mehr hatte, es sein denn, dass sie seinen Stammkunden nun endlich geben würde, was diese sich schon so lange wünschten. Er hatte ihr bis zum nächsten Tag Zeit gegeben, sich zu entscheiden, auch wenn sie beide wussten, dass das Ergebnis bereits feststand. Bianka brauchte diese Arbeit, sonst würden sie und Alia verhungern und deshalb hatte sie keine andere Möglichkeit als den Forderungen des Gnoms nachzugeben, auch wenn sie glaubte, sich selbst zerreißen zu müssen. So weit war es mit ihr gekommen, von einer ganz normalen jungen Frau mit einem glücklichen Ehemann, zu einer alleinerziehenden Rabenmutter, die sich nicht um ihr Kind kümmern konnte und nun auch noch ihren Körper verkaufen musste. Alia merkte zwar, dass etwas mit ihrer Mutter nicht stimmte, aber da Bianka ihr auf ihre Fragen nur ausweichende Antworten gab, verstand sie nicht warum. Trotzdem war sie heute leiser als sonst, als die beiden ihre Wohnung erreichten. Es war ein früherer Stall, der in eine zwei Zimmerwohnung umgebaut worden war, wobei es den Hauptraum gab und ein kleines Zimmer indem nur Alia schlief, weil ein zweites Bett für Bianka nicht in das Kämmerchen passte. Als Bianka die Haustür berührte um sie aufzuschließen, schwang die Tür von selber auf. Alia und ihre Muter blickten einen Moment die offenstehende Tür an, dann hastete Bianka in den Hauptraum, was wenn sie die Tür nicht abgeschlossen hatte? Sie mochte gar nicht daran denken, das irgendjemand in ihrem Haus gewesen sein könnte und alle ihre persönlichen Gegenstände gestohlen haben könnte. Zum Glück trug sie ihr Bargeld immer bei sich. Sie stürmte dicht gefolgt von ihrer Tochter in das Zimmer und blickte sich um.

Das Zimmer war zerstört. Sie hatten nicht besonders viele Gegenstände oder Möbel besessen, aber was sie hatten, war zerschlagen. Ihr Tisch, der Schrank, die alte Tonvase in der sie bei Regen immer Wasser auffingen, Biankas Bett in der hintersten Ecke. Alia, die hinter ihr durch die Tür getreten war, betrachtete das Chaos mit schreckgeweiteten Augen.

„ Was ist hier passiert?“ flüsterte sie

„ Ich weiß es nicht.“ antworte Bianka, die mit den Tränen kämpfte.

„ Standardmäßige Untersuchung eines verdächtigen Objekts.“ ertönte eine Stimme aus Alias Kammer und ein Mann trat aus dem kleine Raum hervor.

„Wer sind sie?“ schrie Bianka und zog Alia hinter sich.

„ Das tut relativ wenig zu Sache, viel wichtiger ist, wie viel sie wissen und uns erzählen werden.“ Er fing leise an zu lachen und Bianka sah, dass er mit einem langen Messer in seiner rechten Hand spielte, die untergehende Sonne, die durch die Tür hineinfiel, spiegelte sich auf der Klinge. Während der Mann weiterhin soweit im Schatten stand, dass Bianka nichts von ihm erkenne konnte.

„ Ich hoffe sie machen keine Schwierigkeiten, wir können sie schnell oder langsam ins Jenseits befördern, wobei ich die schnelle Weise bevorzugen würde, sie müssen wissen, ich kann es eigentlich nicht ausstehen Menschen leiden zu sehen.“

Bianka sah, wie aus der kleine Kammer zwei weitere Männer traten und auch hinter ihr tauchten Männer aus dem Schatten der umliegenden Gassen auf, sie trugen schwarze Lederrüstungen und waren maskiert.

Bianka versuchte nach hinten zu stolpern und Alia, die kreidebleich im Gesicht war, mit sich zu ziehen, doch schon stieß sie gegen einen weiteren Mann. Sie fühlte, wie Alia gepackt wurde und sich ihre Hände voneinander trennten, dann wurde auch sie von einem der Männer gepackt.

 

Urig schlief so lange, dass Balus sich schon Sorgen machte, er hätte es irgendwie übertrieben. Der Zwerg schlief nun schon seit fast 40 Stunden wie ein Stein. Balus verbracht die Zeit entweder lesend neben Urigs Bett oder unten in der Gaststube, wenn er der stickigen Luft der Dachkammer für kurze Zeit entkommen musste. Er saß gerade unten am Tisch und löffelte eine dünne Suppe mit einigen Brotstücken als er Urig von oben die Treppe herunterkommen sah. Man konnte kaum sagen, ob der Zwerg nun gut oder schlecht aussah. Sein körperlicher Zustand hatte sich enorm verbessert, er war leichtfüßig auf den Beinen und schien am ganzen Körper keine Schmerzen mehr zu haben. Aber sein Gesicht war eine einzige Grimasse, es war eingefallen, so als ob Urig sich die ganze Zeit zusammennehmen müsste, um sich nicht zu übergeben. Sein Auge war eingefallen und er atmete viel zu schnell. Alles in allem sah er wie ein Abhängiger aus, dem man seine Droge entzogen hatte. Kein schöner Anblick. Urig ließ sich neben Balus auf einen Stuhl fallen und rief sofort:

„ Ich will auch was zu Essen haben!“

„ Na, alles wieder dran?“ fragte Balus und schob seinen leeren Teller von sich.

„ Ja, dein geflöhte hat echt geholfen, hab geschlafen wie ein Stein. Wo bleibt mein Essen?“ Der Wirt kam sofort mit einem weiteren Laib Brot sowie einem Teller Suppe. 

„ Ist ja schön, dass du wieder auf dem Damm bist, siehst trotzdem immer noch irgendwie fertig aus.“ merkte Balus an.

„ Verdammt, wie soll man auch nicht fertig sein, wenn man gerade aufgestanden ist und du einen schon mit einem Haufen von Fragen nervst, lass mich doch erst mal was essen!“ schimpfte Urig, der schon wieder auf 180 zu sein schien. Balus sah dem Zwerg deshalb nur beim Essen zu und versuchte nicht das Gespräch wieder aufzunehmen. Erst als der Zwerg fertig war, fragte er vorsichtig:

„ Und? Willst du immer noch heute Abend kämpfen?“

„ Was dachtest du den, was ich mache? Mich ins Bett lege und weiter schlafen, weil ich das die letzten Tage ja sowenig konnte? Nein, du verdammter Blödmann, natürlich kämpfe ich heute, oder hast du mal wieder was dagegen?“ fauchte Urig Balus an und als dieser nur den Kopf schüttelte fuhr er nur fort:

„ Ist ja schön, dass du einmal nicht wegen irgendwas rumheulst!“ Und mit diesen Worten ging Urig auf die Tür der Schenke zu, vermutlich um sich draußen an der Regentonne zu waschen.

Plötzlich flog die Tür auf und die Bedienung der Gnomenkneipe stand in der Tür. Ihr Haar war zerzaust und ihre Augen vor Schrecken geweitet. Sie stolperte in den Schankraum und stürzte fast, hätte Urig sie nicht aufgefangen. Sie klammerte sich sofort an ihn und schrie mit schriller Stimme:

„ Sie müssen mir helfen, bitte helfen sie mir!“

Balus war mit einem Satz neben Urig, der die Frau auf einen Stuhl bugsierte.

„Was ist passiert?“ fragte Balus

„ Sie waren in unserem Haus, haben uns gefangen genommen. Sie haben gesagt, dass wir etwas über dich wissen würden. Sie sagten, wo du bist und das wir ihnen alles über dich erzählen müssten, was wir wissen.“ sprach sie schnell und blickte dabei starr in Urigs Augen.

„ Weiter.“ forderte sie Balus auf

„ Ich konnte meinen Bewacher abschütteln und bin sofort hier hergekommen. Sie müssen mir helfen!“

Urig blickte sie nur stumm an und ließ Balus mit einer Handbewegung verstummen, dann sagte er langsam:

„ Wo ist die Kleine?“

„ Sie haben sie! Ich konnte ihr nicht helfen!“

Balus blickte Urig in die Augen und sah dort, wie der Blutrausch zum Leben erwachte, sah wie sich das Blickfeld des Zwerges verkleinerte. Urig war nun eine Gefahr für jeden in seiner Nähe.

„ Wo ist sie?“ Seine Stimme klang eher wie ein animalisches Knurren, als  nach seiner wirklichen Stimme.

„ Sie war in unserer Wohnung, als ich entkommen konnten, im Südviertel siebte Seitenstraße, neben dem Kanal.“ stotterte Bianka mit schwacher Stimme, die Frau musste vollkommen am Ende sein, wahrscheinlich hatte sie einen Schock.

Urig drehte sich um und lief, ohne ein weiteres Wort zu sagen aus der Kneipe. Südviertel, siebte Straße neben dem Kanal. Er musste es noch rechtzeitig schaffen.

 

Urig rannte durch die Straßen. Er nahm nichts mehr wahr, er blendete alles aus, was ihn von seinem Ziel abhielt. Menschen, Geschrei, Tiere, Flüche. Alles. Er sprintete die gesamte Strecke bis ins Südviertel, sein Körper hatte bereits alle Warnsignale, wie ein Ziehen in den Beinen eingestellt. Urig rannte am Kanal entlang. Die Seitenstraßen flogen nur so an ihm vorbei. Er erinnerte sich an einen längst vergangenen Abend, wo er zu Balus gesagt hatte, dass er selbst sich am wichtigsten war und alles tun und opfern würde um sich selbst zu erhalten. Balus hatte damals nur den Kopf geschüttelt und Urig erklärt, dass er das nicht glaube. Urig hatte ihn dafür ausgelacht und sich nichts weiter dabei gedacht, doch nun war ihm klar: Balus hatte recht gehabt. Die sechste Seitenstraße flog an Urig vorbei und er bog schliddernd in die nächste ein. Südviertel. Siebte Seitenstraße neben dem Kanal. Er war da. Am Ende der Straße saß Alia , mit dem Rücken an der nächsten Häuserfassade, auf der Straße. Sie weinte und hielt sich ihren rechten Arm, der ihr offensichtlich weh tat. Neben ihr stand ein großer Mann, der  komplett in Nachtschwarz gekleidet war. Selbst sein Haar war schwarz. Urig kannte ihn, und er kannte Urig. Der Zwerg wachte aus seinem Blutdurst auf, nur für einen Moment, aber dieser Moment reichte um einen klaren Gedanken zu fassen.

„ Bruno?“ fragte Urig erstaunt.

„ Was soll das hier?“

Bruno spielte gedankenverloren mit einem langen Messer in seiner Hand und blickte Urig nicht an als er sagte:

„Ich erledige meine Arbeit.“

„ Du verdammter Bastard! Du bist Wirt in einer Kneipe.“ bellte Urig

„ Was redest du da?“

„Oh Urig, es war leicht sich an dich und an Balus anzuschleichen. Ein paar Krüge Schnaps und schon habt ihr mir vertraut. Durch dein dummes Geschrei wusste ich schon lange das ihr illegale Straßenkämpfer seit. Die Frage war nur... Wie kriege ich euch, wir hätten euch in eurem Gasthof überfallen können, aber da waren mir persönlich zu viele Zeugen.“

Urig stand einfach nur da, unfähig ein Wort herauszubringen. Also fuhr Bruno unbeeindruckt fort:

„ Nur wie sollten wir euch in ein solches Stadtviertel kriegen, wo es keine Zeugen gibt? Als ich dich beschattete, merkte ich wie du diese kleine Schlampe hier anstartest und da habe ich sie beschatten lassen. Es war einfach herauszufinden, wo sie wohnen, ihnen aufzulauern und dann bei unserem Überfall „ ganz zufällig“ die dumme Mutter entkommen zu lassen, nachdem wir ihr gesagt hatten, wo man dich antreffen würde war es klar dass sie sofort zu dir rennen und dich holen würde und das du sofort angesprungen kommst, wenn die Kleine in Gefahr ist, war schließlich auch klar.“

Bruno blickte nun endlich auf und schaute Urig in die Augen. Ein irres Lächeln zog sich über sein gesamtes Gesicht. Doch Urig bemerkte es kaum. Er ballte nur die Hände zu Fäusten und sagte langsam:

„ Lass sie gehen.“

„ Ich bitte dich Urig, wenn sie oder ihre Mutter auspacken, erfährt die ganze Stadt mit welchen nicht immer ganz legalen Methoden wir hier arbeiten und das können wir nicht zulassen.  Nein Urig, alle Beteiligten kommen mit uns oder werden getötet.“ kicherte Bruno und blickte Urig immer noch starr in die Augen.

„ Und nun... schnappt ihn euch!“ rief Bruno als wäre für ihn die Unterhaltung beendet.

Zwei Männer stürmten aus dem nächsten Haus und warfen sich auf Urig, drückten ihn in Richtung Boden und packten seine Arme. Es war, wie als wenn zwei Kinder versuchten einen Stier an den Hörner zu packen und ihn festzuhalten. Urig warf sich nach oben, packte den ersten von ihnen und schleuderte ihn, obwohl er größer war als er, gegen die nächste Hauswand. Der zweite wollte nach ihm treten, aber Urig war sofort bei ihm. Wie ein Blitz schlug er zu. Dreimal. Viermal. Fünfmal. Die Nase seines Gegenübers brach und der Mann fiel zurück und auf den Asphalt der Straße. Bruno winkte nur und weitere Männer stürzten sich  auf, den sich im Kampfrauschbefindenden, Urig. Dieser packte den nächsten Mann an den Schulter und rammte ihm sein Knie zwischen die Beine. Er sprang auf den nächsten und die beiden gingen in einem Knäuel von Gliedmaßen zu Boden. Urig saß sofort auf ihm und schlug ihm zweimal so kräftig gegen den Kopf das man den Schädelknochen brechen hört. Bevor sich Urig aufrichten konnte, warfen sich die Männer jedoch auf ihn und drückten ihn nach unten. Ein wildes Ringen auf dem Boden begann. Urig brach einem Mann mit einem einzigen drehen seines Armes das Genick, biss dem nächsten ein Ohr ab und war nach einigen Sekunden schon wieder auf den Beinen. Die Schläge krachten von allen Seiten auf seinen Kopf, seine Arme und seine Rücken ein, aber er beachtete es gar nicht. Seine Faust zertrümmerte Knochen und fügte Prellungen zu.

Urig verpasste dem nächststehenden Mann eine Kopfnuss, als er in seinem Wahn eine Bewegung neben sich wahrnahm, er reagierte, aber da ihn gleichzeitig zwei Männer von den Seiten packten, war er nicht schnell genug. Bruno riss sein Messer nach oben und rammte es Urig in die ungeschützte Seite. Blut schoss aus der Wunde und Urig taumelte für eine Sekunde. Genug Zeit für die Männer sich wieder auf ihn zu werfen. Doch Urig kämpfte weiter. Er war wie ein Tier, das seine Jungen verteidigte. Trotz der Verletzung schaffte er es auf den Beinen zu bleiben, während sie Zahl der Gegner immer weiter wuchs. Er kämpfte nun mit über zehn Mann gleichzeitig.

Plötzlich ließ er sich fallen, entging den Händen seiner Gegner und rollte sich zwischen ihren Beine hindurch. Er trat den letzten von hinten und er fiel seinen Kameraden in den Weg, dadurch gewann Urig einen halben Meter Vorsprung. Er sprintete direkt auf Alia zu, die immer noch an der Wand lehnte, und ihn mit großen Augen anstarrte.

„ Lauf Prinzessin, lauf weg!“ schrie Urig, wobei er sich das Messer aus der Seite zog, die Wunde hörte gar nicht mehr auf zu bluten.

„ Ich halte sie auf!“

Kurz vor dem Mädchen blieb er stehen, wirbelte herum und fällte den schnellsten Verfolger, mit einem gewaltigen Schwinger, bevor dieser Anhalten konnte. Alia stand zitternd auf, schien sich aber nicht bewegen zu können. Urig zog dem nächsten Angreifer die Beine unter dem Körper weg und rammte dem nächsten seine Faust gegen den Hals. Fluchend drehte er sich um packte Alia und rannte. Urig hätte nicht gedacht, dass er in der Lage gewesen wäre sich von einem solchen Kampf abzuwenden und sein Körper protestierte auch, pumpte ihm immer mehr Adrenalin in den Körper bis er fast wahnsinnig wurde. Er wusste instinktiv, dass er nicht weit kommen würde, aber er musste das Mädchen irgendwie von hier wegbringen. Als er merkte, dass einer seiner Verfolger seine Beine umklammerte, warf er Alia nach vorne um nicht auf sie zu fallen. Urig krachte auf die Straße, drehte sich sofort um und richtete sich wieder halb auf, als in ihn eine weitere Salve von Schlägen traf. Er schlug zurück während er taumelnd versuchte wieder einen sicheren Stand zu bekommen.

„ Lauf weg!“ schrie er. Und endlich stand Alia auf und fing an auf das Ende der Straße zuzulaufen. Aber sie war acht Jahre alt. Ein Mann rannte, ohne das Urig ihn aufhalten konnte, hinter ihr her und hatte sie schon nach wenigen Metern eingeholt. Er wollte sie gerade packen, als plötzlich Bianka an der vorderen Kreuzung erschien. Sie warf sich gegen den Mann und Urig hörte nur einen Schrei. Den Schrei des Mannes.“

Urig wich einem Faustschlag aus und sah die näherkommenden Gefahr zu spät. Einer der Männer hatten ein Schwert gezogen, es bohrte sich durch Urigs Schulter und der Schmerz ließ ihn in die Knie gehen, sofort waren die Männer über ihm und traten und schlugen auf ihn ein. Urig ging entgültig zu Boden und konnte nichts mehr tun als sein Gesicht mit den Händen zu schützen.

 

 

Bianka hatte dem Mann eine ihrer langen Haarnadeln in den Hals gestochen, man hatte ihr schon früh gezeigt wie wunderbar sich diese Nadel als Waffe eignete, doch sie hatte es noch niemals ausprobieren müssen. Sie sah wie Urig in einem Sturm von Schlägen zu Boden ging und sich nicht mehr rührte. Dem Zwerg konnte sie nicht helfen, aber sie konnte immer noch ihre Tochter retten, also packte sie Alia und rannte mit ihr die Straße hinunter.

„ Lasst sie nicht entkommen!“ schrie Bruno seinen Männern zu, die sofort von Urig abließen und Bianka und Alia folgten.

Bianka zog ihre Tochter mehr über die Straße, als das sie nebeneinander liefen, die Kleine stand total unter Schock und wimmerte nur leise während Bianka mit ihr um ihr Leben rannte. Sie bogen in die nächste Straße ein, die Häuserwände flogen als graue Schemen an ihnen vorbei, doch als Bianka einen Blick über die Schulter warf, sah sie das die Männer aufholten. Bianka versuchte noch schneller zu rennen aber Alia zog sie immer wieder zurück. Die Kleine war am Maximum, sie konnte nicht schneller und Bianka hatte nicht Urigs Kraft, sodass sie Alia einfach tragen konnte.

Vor ihnen lag der Kanal, also versuchte Bianka nach rechts in die nächste Straße abzubiegen, blieb jedoch schlitternd stehen, als sie sah, dass auch aus dieser Richtung schwarz gekleidete Männer kamen. Vor ihnen war der Kanal, rechts und hinter ihnen die Verfolger und links eine breite Häuserfassade. Die Männer hinter ihr hatten sie fast erreicht und blieben einige Meter vor ihr stehen. Bianka schob Alia hinter sich und versuchte auch ihre Angst in einen kleinen abgelegenen Winkel ihres Geistes zu schieben. Zitternd hob sie die, plötzlich lächerlich klein wirkende, Haarnadel vor sich. Alia klammerte sich an ihre freie Hand und blickte entsetzt auf die Männer, die sie nun vollends umkreist hatten.

„ Na los, schnappt sie euch!“ rief Bruno und zeigt auf die beiden.

„ Bevor am Ende doch noch jemand vorbeikommt und sie sieht!“ setzte er laut nach um wahrscheinlich seinen Männern klar zu machen, dass es langsam höchste Zeit war zu verschwinden.

Die Männer traten auf Bianka und Alia zu und zogen den Kreis um die beiden immer enger. Plötzlich gab es hinten bei den hintersten Männern Tumult, Schreie wurden laut und es dauerte ein paar Sekunden bis Bianka ein freies Blickfeld nach hinten hatte. Urig. Aus seiner Schulter und seinem Bauch tropfte das Blut wie aus einem nicht richtig abgestellten Wasserhahn, sein Gesicht war blutverschmiert, doch es sah nicht minder gefährlich aus als zu Beginn des ungleichen Kampfes. Urigs Gesicht war eine Fratze. Sein Auge war rot und es sah so aus, als ob die Iris das Auge immer weiter ausfüllte, sein Mund war aufgerissen, sodass man seine blutbeschmierten Zähne sehen konnte. Er schrie. Er schrie die ganze Zeit, kein Schlachtruf oder Beleidigungen an seine Gegner, er schrie einfach wie ein Relikt aus der Urzeit, das der menschlichen Sprache nicht mächtig wäre. Seine Fäuste schlugen auf Knochen, in Gesichter, gegen Beine. Die Männer warfen sich wieder auf ihn, kamen aber trotz seiner zahlreichen Verletzung kaum in seine Nähe. Bianka war sich sicher, soweit sie in dieser Situation überhaupt noch logisch denken konnte, das jeder normale Mensch oder Zwerg schon lange bewusstlos wäre. Doch Urig kämpfte weiter. Innerhalb einer Minute hatte er sich durch die Menge an Männern gekämpft und stand nun mit dem Rücken zu ihnen, vor Bianka und Alia. Die Gegner ließen von ihm ab. Einen Gegner, den man schlagen, treten und mit Gegenständen bewerfen konnte und den nichts davon aufhalten konnte, wollte niemand angreifen. Urig hatte aufgehört zu schreien als der letzte Mann mit einem gebrochenen Kiefer zurückgefallen war und die Menge darauf verzichtete weiter auf sie zu zustürmen.

„ Was ist los mit euch ihr verdammten Mistratten?“ keifte Bruno seine Männer an, sein Gesicht war ein einziger roter Fleck, der durch das Schreien nur noch röter wurde.

„ Das ist ein gottverdammter Zwerg, schafft ihn aus dem Weg!“

„ Boss, bei dem Blutverlust müsste der Kerl längst am Ende sein, aber der schlägt noch heftiger zu wie am Anfang.“ sagte einer der Männer, mit zusammengepressten Zähnen, der sein gebrochenes Handgelenk mit der anderen Hand hielt.

„ Wer den Zwerg zu Boden schlägt bekommt das zehnfache seines normalen Lohns!“ schrie Bruno und trat einem seiner Männer in den Rücken, der darauf ungelenkt einen Schritt in Urigs Richtung tat. Da ertönte plötzlich eine Stimme, sie durchriss die Stille, die nach Brunos Geschrei nur von Urigs schwerem Atmen und Alias Schluchzern unterbrochen  würde:

„ Komm her Urig! Ich hole dich hier raus!“

Balus war da.

 

Balus stand in einem Ruderboot das in dem Kanals trieb, ungefähr zwei Meter von der Straße entfernt. Er hatte sich das Boot geschnappt, da er sich gedacht hatte das Urig einen anderen Ausgang als den Eingang,  den er benutz hatte, aus diesem Schlammassel bräuchte.

„ Spring!“ schrie Balus

Urig warf seinem Freund einen Blick über die Schulter zu und Balus glaubte zu erkennen das der Blutrausch etwas von Urig abließ, als er den jungen Mann sah. Blitzschnell machte Urig einen Schritt nach hinten.

„ Jetzt packt sie endlich!“ schrie Bruno wieder und diesmal setzte sich die Meute in Bewegung und rannte auf die drei zu.

Urig packte Alia mit seinen blutverschmierten Händen an der Hüfte, hob sie hoch über den Kopf und warf sie.

„ Fang!“ schrie er dabei zu Balus.

Alia flog durch die Luft und Balus fing sie auf, wobei das Boot unglaublich wackelte und Balus fast samt des Mädchens aus dem Boot gefallen wäre.

„ Fahr! Bring sie weg von hier!“ schrie Urig, der nun langsam auf die Knie ging. Dann drehte er den Kopf zu Bianka.

„ Entschuldige, aber ich habe keine Kraft mehr um dich auch noch zu werfen.“

Bianka weinte nur und nickte als die Männer von hinten auf Urig zustürzten, auf ihn einschlugen und ihn unter sich begruben. Auch Bianka wurde gepackt, sie wehrte sich zwar verzweifelt aber gegen drei Männer, die sie einfach hochhoben, hatte sie keine Chance.

„ Urig! schrie Balus. Er blickte entsetzt ans Ufer, wo Urig, der schon lange das Bewusstsein verloren hatte, immer noch brutal geschlagen wurde.

Die Frau, die ebenfalls von den Männern weggetragen wurde, schrie immer weiter und blickte zum Boot.

„ Rette meine Tochter!“

Balus bemerkte erst jetzt, dass einige der Männer sich ihrer Schuhe und Lederrüstungen bereits entledigten um ihn im Wasser einzuholen, also packte er geistesgegenwärtig die Ruder und legte sich in die Riemen, er musste es nur bis zu einem der dicht belebten Hauptarme des Kanals schaffen, in der Öffentlichkeit würden diese Männer sich nicht trauen ihn weiter zu verfolgen und anzugreifen. Urig hatte seine Freiheit und vielleicht sogar sein Leben für das Mädchen, dass immer noch weinend vor ihm im Boot saß, gegeben. Er würde sie hier heil herausbringen, dass schwor er sich während seine Arme schwer vom rudern wurden.

Sokai und Dokai

 Balus saß, den Rücken gegen die Wand gelehnt, in dem hintersten Winkel eines kleinen Zimmers und blickte das kleine Mädchen an. Verdammt. Balus hatte keine Ahnung wie man sich, in einer solchen Situation, verhalten sollte. Die Kleine weinte immer noch. Balus hatte sie eine geschlagene Stunde durch die Straßen der Stadt gezehrt bis er sie beide endlich in einem Gasthaus am anderen Ende des Kanals eingeschrieben hatte. Er hatte sich den Arm der Keinen angeschaut. Geprellt, vermutlich hatte einer der Männer sie zu grob gepackt. Die Stille zwischen ihnen wurde nur durch Alias Schluchzer unterbrochen. Balus hatte keine Erfahrung wie man mit kleinen Mädchen umging, deren Mutter gerade vor ihren Augen entführt worden war. Er stand selber immer noch ziemlich neben sich und versuchte sich selber zu beruhigen. Er wollte es etwas sagen, befürchtete aber, dass er mit einem Satz wie: Es wird schon wieder alles gut werden, alles nur noch schlimmer machen würde. Balus biss sich auf die Lippe. Er saß jetzt seit geschlagenen 30 min mit dem Mädchen hier oben, er musste irgendwie mit ihr reden.

„ Hast du Hunger?“ fragte er und hätte sich am liebsten selber für seine unendliche Blödheit geohrfeigt. Selbst der Alles-wird-wieder-gut-Satz hätte besser geklungen als das hier.

Die Kleine blickte ihn an, schniefte noch einmal laut und sagte dann leise:

„ Nein.“

„ Okay.“ sagte Balus

Und wieder herrschte Stille zwischen ihnen.

„ Bist du ein Freund von Urig?“ fragte Alia, mit einem skeptischen Gesichtsausdruck, so als könnte sie sich Urig nicht mit ihm zusammen vorstellen.

„ Ja, wir sind so was wie Freunde.“ sagte Balus freudig, dass er nur antworten brauchte.

„ Kennst du ihn schon lange?“ fragte Alia. Das konnte doch nicht wahr sein! Ein kleines Mädchen schaffte , was er nicht geschafft hatte: Ein Gespräch in Gang zu bringen.

„ Schon über ein Jahr.“ sagte Balus mit sanfter Stimme, ihm wurde nämlich in dem Moment schlagartig klar, dass die Kleine völlig unter Schock stehen musste, sie redeten hier über Urig, obwohl es gut sein könnte, dass sie ihre Mutter nie wieder sehen würde. Balus war trotzdem froh über das Gespräch, er glaubte, dass er sich leichter wieder sammeln würde, wenn er mit dem Mädchen redete, als wenn er nur die Wand anstarrte.

„ Wie habt ihr euch kennen gelernt?“ fragte Alia weiter und wischte sich die letzen Tränen aus den geröteten Augen.

Balus schoss das Blut in den Kopf, er hatte nicht mit einer solchen Frage gerechnet. Es gab viele Sachen, über die er lieber sprach, aber das dem Mädchen so direkt zu sagen, würde ihre beider Stimmung auch nicht heben.

„ Urig war ein Wanderer, er traf mich und ich beschloss mit ihm zu reisen.“ erklärte er schnell. Das war so weit an der Oberfläche, dass man es schon fast als Lüge betrachten konnte und Alia schien das zu merken.

„ Du hast ihn getroffen und bist mit ihm gewandert?“ Hatten deine Eltern nichts dagegen?“ fragte sie wieder mit einem misstrauischen Blick auf Balus, welcher nur seufzte und einen Moment schwieg. Gerade als Alia dachte, er würde ihr nicht mehr antworten, sagte er:

„ Meine Eltern haben mich sozusagen gezwungen mit Urig zu gehen.“

„ Warum haben sie das getan? Meine Mutter sagt immer, dass alle Eltern ihre Kinder so lieb haben, wie nichts anderes auf der Welt.“ Balus sah, dass ihr, bei der Erwähnung ihrer Mutter, schon wieder Tränen in den Augen standen.

„ Mein Vater wünschte sich einen erfolgreichen, mutigen und beliebten Sohn... Ich war nicht sein Idealbild eines Sohnes. Dann kam Urig.“

Er schwieg kurz, rang um Worte, wie er die Wahrheit beschönigen konnte, aber leider fielen ihm für die Vergangenheit nur wenig Verschönerungen ein.

Alia schniefte noch einmal laut und richtete ihre Augen dann wieder auf Balus.

„ Ich war draußen, weit weg vom Dorf meiner Eltern. Ein Trupp plündernder Orks griff mich an, wollte mich ausrauben.“ fuhr er langsam fort, sah dann Alias fragenden Blick, hielt inne und zog eine Augenbraue nach oben.

„ Was sind Orggs?“ fragte Alia vorsichtig. Balus verpasste sich selber gedanklich die nächste Ohrfeige: Orks waren die brutalsten, übelriechensten und ungemütlichsten Geschöpfe, die er kannte und es gab nur eine Hand voll in der ganzen Stadt. Kein Wunder das Alias Mutter ihrer Tochter nicht genau erklärt hatte, was Orks waren. Eine wahre Beschreibung von Orks war eine Garantie für mindestens drei Nächte lang Albträume.

„ Orks sind eine menschenähnliche Rasse, sie sind etwas größer als wir und sehr aufbrausend.“ Mein Gott, dass war schon wieder eine knappe Lüge, wenn er eine solche Beschreibung abgeben würde, wüsste niemand, dass er einen Ork meinte.

„ Also, diese Räuberbande griff mich an... und wie du siehst bin ich nicht sonderlich kräftig, also haben sie mich überwältigt... bis Urig kam.“

Er war noch nie ein begnadeter Geschichtenerzähler gewesen, was vielleicht aber auch daran lag, dass seine bisherigen Geschichten nicht so spannend  gewesen waren, denn Alia hing wie gebannt an seinen Lippen.

„ Urig besiegte die Orks, die mich angegriffen hatten und brachte mich zurück in das Dorf meiner Eltern.“ Warum dachte er sich nicht einfach eine Geschichte aus? Urig hatte sie besiegt... er hatte sie zerfetzt, zerrissen, getötet und so lange auf ihre Leichen eingeschlagen bis selbst ihre Mütter nichts mehr als Gulasch in den Leichen ihrer Söhne gesehen hätte.

„ Mein Vater war außer sich, ich war sein ältester Sohn, und somit sein Erbe...“ Balus unterbrach sich kurz.

„ Du musst wissen: In meinem Dorf gilt es als Schande sein Leben jemand anderem zu verdanken. Mein Vater war stolz auf seine glorreichen Vorfahren und konnte es nicht ertragen, dass sein Sohn, ohne fremde Hilfe,  nicht mehr leben würde.“

Balus fuhr sich mit dem Arm durch die Haare um Zeit zu schinden, doch Alia blickte ihn so gespannt an, dass er jetzt nicht aufhören konnte.

„ Eine alte Tradition besagt, dass wenn man jemand sein Leben schuldet muss man ihm dienen, da man nur noch dank dieser Person lebt und deshalb nicht mehr frei über sein Leben bestimmen sollte.“

„ Deine Eltern wollten das du Urigs Diener wirst? fragte Alia ungläubig, so als wäre sie mit dem Ende der Geschichte nicht einverstanden.

„ Ja, so kann man es nennen. Natürlich beteuerten sie, dass sie das nicht wollten und das sie sich nur den Sitten beugen würden, aber in ihren Augen las ich die Freude darüber, dass ich aus ihrem Leben verschwand.“ Balus erschrak, er hatte doch versucht, die Geschichte so rücksichtsvoll wie möglich zu erzählen und nun kam ein solches Ende dabei heraus, aber er hatte so lange nicht mehr über seine Vergangenheit geredet, über sie nachgedacht, das diese plötzliche Schilderung eine Art Damm in seinem Kopf aufbrach. Verflucht, er musste sich beherrschen, er war hier der Erwachsene, der die Kleine trösten musste. Ärgerlich wischte er sich mit der Hand über die Augen und blickte auf seinen Hemdärmel. Er war feucht. Balus setzte sich grade hin und blickte starr geradeaus, während er die Tränen mühsam zurückdrängte.

Alia blickte ihm in Augen, mit einem Blick, den man nicht von einem so kleinen Kind erwartete hätte.

„ Das muss schrecklich für dich gewesen sein.“ sagte sie leise und mit einem vorsichtigen Tonfall in der Stimme

„ Aber ich bin mir sicher, dass dein Vater dich, irgendwo in seinem Herzen, doch noch lieb hat.“ fuhr sie fort, vermutlich wollte sie ihn nur auf irgendeine Art aufmuntern und hatte diesen Satz schon oft von ihrer Mutter gehört, aber sie traf, wie mit einem gewaltigen Felsbrocken, Balus innern Damm und ließ ihn einstürzten. Zu lange hatte Balus sich vor der Vergangenheit abgeschirmt, sie in seinem inneren vergraben und versucht sie für immer zu verdrängen. Nun kamen all die Gefühle von damals wieder hoch. Das Gefühl von Verlorenheit, Trauer, Angst bis hin zu Hass  auf seine Familie, die ihn ausgestoßen hatte. Er stand auf, machte einige schnelle Schritte, bis er direkt vor Alia stand und zog den rechten Ärmel seines Hemdes bis über den Ellenbogen nach oben und hielt ihn Alia vor die Augen. Er wollte nicht laut werden, die Kleine hatte das nicht verdient, aber er konnte sich nicht mehr beherrschen.

„ Nein! Ich bin mir sicher, dass er mich nicht mehr liebt!“

Mühsam senkt er die Stimme, als er Alias entsetzen Blick sah, trotzdem konnte er die Verbittehrung nicht aus seiner Stimme vertreiben, als er sagte:

„ Das hier hat er gemacht. Er schnitt es mir in den Arm und drückte die frische Wunde in einen Topf voll Salz, um zu verhindern das die Narben jemals verschwinden.“

Alia blickte geschockt auf Balus Unterarm. Dort stand, mit einem Messer in die Haut geschnitten ein Wort. Durch das Salz sahen die Wunden kein bisschen verblasst aus, als ob sie noch keinen Monat alt wären. Die Buchstaben bedeckten den kompletten Unterarm, vom Handgelenk bis zum Ellenbogen.

„ Was steht da?“ fragte Alia mit zitternder Stimme

Balus, der merkte, das sie noch nicht gut lesen konnte, sagte mit leiser und unendlich verbitterter Stimme:

„ Sokai. Ein altes Wort von unseren Vorfahren.“ Er schwieg kurz, sah dann Alia an und sagte, während er ihr in die Augen sah:

„ Es bedeutet Sklave.“

Das Bild war wie eingefroren. Beide sagten nichts und schienen sich nicht bewegen zu wollen. Dann zog Balus seinen Hemdärmel wieder nach unten und blickte betroffen zu Boden.

„ Entschuldige, ich hätte nicht so die Kontrolle, über mich, verlieren dürfen.“ Und als er sah das Alia nur mühsam die Tränen zurückhalten konnte, bewegte er sich zögerlich nach vorne und nahm das achtjährige Mädchen vorsichtig in Arme. Sie verkrampfte sich unbewusst, ließ aber nach einer Sekunde etwas die Spannung aus ihrem Körper entweichen. So saßen sie einige Sekunden da und gerade als Balus sich behutsam zurückziehen wollte, brach Alia plötzlich in Tränen aus. Sie drückte sich in Balus Arme und heulte wie ein Schlosshund an seiner schmächtigen  Schulter. Balus, der keine Ahnung hatte, was nun passieren sollte, tätschelte ihr vorsichtig den Rücken.

„Werde ich meine Mutter jemals wiedersehen?“ stieß die Kleine zwischen zwei Schluchzern hervor.

Balus dachte nicht nach bevor er sagte:

„ Ja.“

Und dann, als ob er selber Mut durch dieses eine Wort gewonnen hätte:

„Wir werden deine Mutter und Urig retten und alles wird wieder gut werden!“

Während Alia sich wieder beruhigte, ärgerte sich Balus innerlich. Jetzt hatte er doch den Alles-wird-wieder-gut-Satz gesagt, den er doch unbedingt vermeiden wollte.

 

 

 

 

Bianka saß zitternd in der Ecke einer schmutzigen Zelle. Sie fror, fühlte sich unendlich dreckig und hatte unglaubliche Angst um sich, Alia und auch um den Zwerg. Urig. Er lag ein paar Meter neben ihr auf dem Rücken. Bianka hatte ihn gegen die Wand lehnen wollen, aber die Wachen hatten ihn wieder mit ihren Lanzen umgestoßen und ihr gedroht, dass er so liegen bleiben sollte. Der eine Wärter war ein kleiner drahtiger Mann, der das Gesicht eines Fretchens hatte. Er hatte kurze blonde Haare und war der zurückhaltendere von den beiden. Sein Kumpan war ein fettes Schwein. Das Fett schwabbelte um seine Rippen, seine Oberschenkel und seine Arme. Bianka fand, dass der Begriff Doppelkinn für diesen Mann nicht ausreichte. Dieser Mann schien Kinne geradezu zu sammeln und seine Sammlung war beachtlich. Er hatte kleine hässliche Schweinsaugen und eine sadistische Ader. Er war der gewesen, der Urig umgestoßen hatte und auch er war es, der Bianka Stunde für Stunde mit unterschiedlichen Beleidigungen bedachte, wovon dreckige, verseuchte Straßenhure die es mit Tieren trieb noch das freundlichste war. Die beiden saßen auf zwei Hockern am Ende des Zellentraktes, der außer ihr und Urig keine weiteren Gefangenen  enthielt und spielten Karten. Das war einer der seltenen Momente, wo das Schwein aufhörte sie zu quälen und zu piesacken und deshalb genoss sie den Moment so gut es ging. Bianka blickte auf Urig hinunter. Kein Arzt war gekommen, niemand hatte sich um seine Wunden gekümmert. Sie selbst hatte es versucht und sich dafür einen saftigen Tritt von dem Schwein eingefangen. Die Bauchwunde konnte sie nicht sehen, da der Zwerg ihr seine andere Seite zugewandt hatte, allerdings konnte sie sich vorstellen, wie diese aussah. Die Schulterwunde war verkrustet, aber Bianka befürchtete, dass sich unter der Kruste eine gewaltige Masse an Dreck befand. Der Zwerg würde bald Fieber bekommen, welches ihn nach ein paar Tagen dahinraffen würde, wenn diese Wunden nicht ordentlich ausgewaschen und verbunden werden würden. Während Bianka den Zwerg beobachtete, bildete sie sich ein, dass seine Hand zuckte. Sie konzentrierte sich auf die Hand des Zwerges und wirklich sie zitterte leicht, so als ob er bald aus seiner Ohnmacht aufwachen würde. Bianka wusste nicht wie lange sie schon in diesem Kerker waren, aber sie schätze das schon mindestens 20 Stunden seit ihrer Einlieferung vergangen waren. Aus einem Reflex heraus griff sie nach Urigs Hand und hielt sie fest, dabei fiel ihr etwas knapp oberhalb seines Handgelenkes auf. Sie überlegte einige Sekunden und zog dann den Ärmel seines zerschlissenen Hemdes nach oben. Knapp oberhalb seines Handgelenkes stand in kleinen Buchstaben das Wort „Dokai“. Bianka hatte das Wort noch nie zuvor gehört und überlegte fieberhaft, was es bedeuten könnte, als sich plötzlich eine Hand um ihr Handgelenk schloss. Sie fuhr erschrocken aus ihren Gedanken auf und sah das Urig ihr Handgelenk umfasst hatte und sie mit einem leicht glasigen Blick anschaute. Sie blickte zurück. Er öffnete langsam den Mund, und schloss ihn wieder mit einem schmerzlichen Zucken. Seine Lippen waren aufgeplatzt und völlig wund. Er sammelte sich kurz und versuchte dann wieder zu sprechen. Diesmal gelang es ihm, aber er sprach so leise das Bianka nur ein undeutliches Gemurmel verstehen konnte.

„ Wie bitte?“ fragte sie nach

„ Lass meinen Arm los.“ krächzte Urig, und Bianka wurde bewusst, dass es sowieso abnormal war, dass sie hier mit ihm redete. Er hatte mit zwei Wunden am Körper, unter hohem Blutverlust gekämpft und lag seitdem hier auf dem Boden einer dreckigen Zelle. Es war ein Wunder, dass der kleine Mann noch lebte. Erst jetzt dachte sie überhaupt daran, was er gesagt hatte und ließ schnell sein Handgelenk los.

„ Was bedeutet das Wort auf deinem Arm?“ fragte sie neugierig ohne lange über ihre Worte nachzudenken, außerdem hatte sie nun über einen Tag nur das Schwein und das Fretchen zum Reden gehabt, weshalb sie nun einfach nicht schweigend neben Urig sitzen konnte.

Urig drehte sich stöhnend in eine angenehmere Position und blickte an die verdreckte Decke.

„ Es bedeutet Herr.“ sagte er,  als sei er mit seinen Gedanken sehr weit weg.

Die beiden schwiegen, man hört nur Urigs schweren Atem. Jeder Atemzug musste ihm wehtun. Bianka starrte an die Zellenwand. Sie wollte irgendetwas sagen um sich für das zu bedanken, was er für ihre Tochter getan hatte.

„ Danke das du meine Tochter gerettet hast,“ sagte sie leise und beobachtete Urig, dessen Gesicht weiterhin in Richtung Decke gerichtet war.

„ Du hast sie gerettet und dich dafür gefangen nehmen lassen. Ohne uns wärst du jetzt frei...“ Sie schwieg kurz, weil sie nicht wusste wie sie weiterreden sollte

„ Warum hast du Alia gerettet?“ fragte sie dann einfach mit leiser werdender Stimme.

Urig starrte weiter gegen die Decke, dann, ganz langsam, drehte er sich wieder zu Bianka um, blickte ihr in die Augen und sie erstarrte als sie die tiefe Traurigkeit in seinem Blick sah.

„ Das würdest du sowieso nicht verstehen.“

Bianka wollte gerade zu der Erwiderung ansetzen, das sie es bestimmt verstehen würde, auch wenn sie sich da nicht wirklich sicher war, als sie ein kratzendes Geräusch hörten und sich beide umdrehten.

„Die Tür,“ zischte Urig und während Bianka ihm nickend recht gab hörten sie schon Brunos Stimme:

„ Wo ist der Zwerg?“

 

Urig versuchte sich stöhnend aufzurichten, während sich Schritte nährten.

Bianka eilte an seine Seite und stützte ihn, sodass er aufrecht stand als Bruno mit dem Schwein um die Ecke kam. Urig schubste Bianka leicht von sich und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand.

„ Einen wunderschönen Guten Morgen!“ grüßte Bruno mit vor Sarkasmus triefender Stimme.

„ Ich hoffe doch es war euch nicht zu unbequem.“

„ Wir würden gerne aus deinen Räumlichkeiten auschecken, Arschloch!“

Urigs Stimme klang kraftvoll und aggressiv wie immer, aber Bianka sah das sich der Zwerg weiter gegen die Wand lehnen musste, um sicher zu stehen.

Bruno tat die Beleidigung mit einem Lächeln ab.

„ Wo sind wir?“ schrie Bianka. Sie konnte ihre Stimme nicht so gut kontrollieren und als Bruno sie ansah, merkte sie, dass sich ihre Stimme vor Angst überschlagen haben musste.

„ Ihr seid auf der Gefängnisinsel.“

Bianka und Urig waren gleichermaßen erstaunt. Die Gefängnisinsel war eine kleine Insel im Fluss, direkt neben dem Bergfried der Stadt. Auf dieser Insel befand sich nur ein großes Gebäude. Das Gefängnis. Umgeben von Wasser, nur mit einer Verbindungsbrücke zum Festland, hatte das Gefängnis eine unglaublich niedrige Ausbruchsrate, was im ganzen Land bekannt war. Urig allerdings gelang es, sich seine Verwunderung nicht so gut anmerken zu lassen wie Bianka die entsetzt aufschrie:

„ Aber was ist mit den Soldaten die hier arbeiten? Sie müssen doch merken wenn du uns hier festhältst.“

In diesem Moment brach das Schwein in schallendes Gelächter aus. Es war ein dreckiges, ungenehmes Lachen. Bruno blickte ihn kurz an und das Schwein verstummte, als ob man ihm einen Korken in den Hals gerammt hatte.

„ Ja, die Soldaten wissen das ihr hier seid,“ fuhr Bruno ungerührt fort, „ sie unterstehen meinem Befehl, zumindest ein Grossteil.“

„Was... Was soll das heißen?“ stammelte Bianka, die langsam glaubte wahnsinnig zu werden.

Brunos Miene zuckte, man musste kein Wahrsager sein, um zu sehen, dass ihm die Geduld ausging.

„ Das heißt, dass ihr gefährliche Verbrecher seid und mir, als Inquisitor, der Befehl erteilt wurde, euch festzunehmen, was ich mit Bravour geschafft habe. Zugegeben meine Mittel waren etwas,“ und er blickte Bianka an, „gewöhnungsbedürftig, aber sie haben ihren Zweck erfüllt.“

Bianka stockte der Atem und sie taumelte gegen die Zellenwand und rutschte an ihr herab. Sie hatte irgendwie noch damit gerechnet, dass die Armee sie suchen und finden würde, aber wenn dieser Kerl hier die Armee nach Belieben kontrollieren konnte, gab es keine Hoffnung mehr.

„ Wenn du illegale Straßenkämpfe aufdecken willst, warum hast du dann uns gefangen genommen? Wenn du uns schon so lange beschattet haben würdest, wie du vorgibst, dann müsstest du auch von dem Gnom wissen, der diese Kämpfe veranstaltet.“ Das waren Urigs erste Worte seit Bruno den Raum betreten hatte. Man sah dem Zwerg an, dass seine Kraft aufgebraucht war. Er war ganz weiß geworden und zitterte unkontrolliert, aber sein Blick hatte nichts an Schärfe eingebüßt. Bruno zögerte merklich kurz. Die beiden blickten sich in die Augen, dann brach Bruno den Blickkontakt ab und lies seinen Blick durch die Zelle wandern.

„ Es geht euch nichts an wie die Inquisition arbeitet,“ sagte er, aber seine Stimme hatte nicht den gewohnten Sarkasmus in der Stimme, sondern war ganz ruhig. Mit diesen Worten drehte er sich um und schritt ohne die beiden Gefangenen eines weiteren Blickes zu würdigen wieder in Richtung Tür.

„ Merxer! Tancor! Beschafft eine Decke und Verbandzeug. Ich will nicht das unser Gefangener stirbt, bevor wir unseren Nutzen aus ihm ziehen konnten.“

Das Schwein und das Fretchen nickten ergeben, wenn auch verärgert, da dieser Auftrag eine Pause in ihrem ewig andauernden Kartenspiel bedeutete.

Bruno hatte fast die Tür erreicht als Urig noch einmal rief:

„ Bring die Frau in eine anderen Zelle.“

Bruno drehte sich noch einmal interessiert halb um und blickte Urig abschätzig an.

„ Und warum sollte ich das tun?“ fragte er mit einer extra gelangweilt klingenden Stimme

„ Ich habe halt gerne meine Privatsphäre,“ wich Urig der Frage ganz offensichtlich aus.

Bruno drehte sich um und verlies den Raum.

„ Die Frau bleibt in der Zelle,“ vernahmen die vier noch bevor die Tür zum Zellentrakt sich wieder schloss.     

Kampf bis in den Tod

  

Alia saß in dem dunklen Dachgeschoss in dem Balus sie zurückgelassen hatte. Er war am nächsten Morgen früh aufgestanden und hatte gesagt, er würde sich etwas umhören, ob er etwas über den Verbleib ihrer Mutter und Urig herausfinden könnte. Sie hatte tapfer genickt und war hier geblieben, doch nun als Balus schon mehrere Stunden weg wa, konnte sie ihre Angst kaum noch kontrollieren. Immer, wenn es ihr schlecht ging, war ihre Mutter für sie da gewesen. An einem Tag im letzten Sommer hatte sie sich das Schienbein  geprellt und lag zuhause im Bett. Obwohl sie sehr wenig Geld besaßen hatte Bianka sich neben ihr Bett gesetzt und ihr den ganzen Tag Geschichten erzählt, um den Kummer zu vertreiben, dass sie nicht draußen spielen konnte und den ganzen Tag im Bett liegen musste. Und als der Gnom, Biankas Arbeitsgeber gekommen war um sie zur Arbeit zur zerren hatte sie ihm etwas von Urlaub für Jedermann um die Ohren geschrieen, sodass er rückwärts wieder aus ihrem Haus geflogen war. Doch nun war Bianka weg und Alia wusste nicht, was sie nun machen sollte. Sie war noch zu klein um sich um sich selber zu kümmern und hatte immer irgendwie darauf vertraut, dass ihre starke Mutter alles regeln würde, egal wie sie sich immer ärgerte, das Geld nicht reiche würde, hatte sie doch bisher jedes Problem lösen können. Bis jetzt.

Alia saß auf dem Bett, hatte die Beine angezogen und starrte gegen die gegenüberliegende Wand. Sie hatte den vergangen Tag und die ganze Nacht so viel geweint das sie sich wie ausgetrocknet fühlte. Egal wie traurig sie war, es gab in ihr keine Tränen mehr die noch fließen konnten. Sie wusste nicht wie lange sie schon so da saß und manchmal von trockenen Schluchzern geschüttelt wurde.

Balus hatte ihr gesagt, dass sie auf keinen Fall nach draußen gehen dürfte, sie konnten schließlich nicht wissen, ob die Männer, die ihre Mutter entführt hatten noch durch die Straßen zogen und sie suchten. Es war wie damals, als Alia im Bett lag und nicht aufstehen konnte. Hier hätte sie zwar aufstehen und durch das Zimmer gehen können, aber auch dafür fand sie nicht die Kraft, so ausgelaugt fühlte sie sich. Aber damals hatte wenigstens ihre Mutter sie mit ihren Geschichten abgelenkt, aber sie war fort. Alia hatte schon seit dem letzen Mittag nichts mehr gegessen. Damals. Das kleine Mädchen konnte kaum glauben das ihre Welt noch vor 24 Stunden in Ordnung gewesen war. So in Gedanken vertieft bemerkte Alia, die sich öffnende Tür er’s, als diese schon fast offen stand. Sie fuhr herum und blickte auf die Gestalt die im Türrahmen stand. Die Gestalt trug eine langen schwarzen Mantel und hatte sich die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Seine Hand lag auf einem Dolch der an seiner Seite hing. Sein Blick fuhr durch den Raum und blieb dann bei dem kleinen Mädchen hängen.

Balus zog sich die Kapuze vom Kopf, trat durch die Tür und ließ sich vor dem Bett in den Schneidersitz fallen.

„ Hallo.“

„ Hallo.“ erwiderte Alia, die erst mal einige Sekunden brauchte, bis sie aus ihren Gedanken erwachte.

Balus zog einen großen Laib Brot unter seinem Gewand hervor und legte ihn vor sich auf den Boden. Alia konnte sich kaum beherrschen um sich nicht auf das Brot zu stürzen. Ihr Magen befahl ihr geradezu sich auf das Essen zu stürzten. Und während sie auf den Laib Brot starrte zauberte Balus noch einen Apfel und ein Stück Wurst aus seiner Hosentasche.

„ Ich denke mal, du hast sicher Hunger“, sagte er lächelnd.

Nun konnte sich Alia nicht mehr beherrschen, sie sprang vom Bett zu Balus auf den Boden und machte sich gierig über das Essen her.

„ Wiu hiest do dat hir?” fragte sie mit einem Mund voller Apfel und Brot.

Balus starrte sie nur verdutzt an und fragte vorsichtig:

„ Was bitte?“

Alia beeilte sich zu schlucken und setzte dann wieder an:

„ Wo hast du das her? Du hast heute morgen noch gesagt, dass wir kein Geld mehr hätten.“

„ Ich habe noch einige letzten Münzen gefunden.“ lächelte Balus und lehnte ab als Alia ihm ein Stück Brot hinhielt.

„ Nein danke. Ich habe schon auf dem Weg etwas gegessen.“

Alia blickte ihm in die Augen und das Brot schwebte noch einige Sekunden zwischen ihnen, bis Alia es sich in den Mund schob und weiter mampfte.

Balus löste die Schnalle, die seinen Umhang hielt, und lies sich mit dem Rücken gegen die Wand sinken. Es gefiel ihm nicht, dass arme kleine Mädchen zu belügen, aber es ging nun mal nicht anders. Er hatte nichts gegessen und Geld hatte er auch nicht besessen. Geklaut hatte er das Essen, weil er es nicht ertragen konnte, dass ein kleines Mädchen, für das er sorgte, Hunger litt. Er war kein besonders begnadeter Lügner, was damit zusammenhing, dass er es nicht mochte. Er hatte einfach kein gutes Gefühl damit seine kleine Begleiterin zu belügen.

Alia hatte inzwischen den Apfel und das Brot verputzt und blickte Balus nun fragend an. Der setzte sich wieder gerade hin und sah sie an.

„ Ich weiß wo Urig und deine Mutter sind.“

Alia fing an zu strahlen und sie sah zum erstenmal seit Balus und sie geflohen waren wieder wirklich glücklich aus.

„ Wo sind sie denn?“

„ Auf der Gefängnisinsel.“

„ Oh...“ erwiderte die Kleine nur. Anscheinend kannte sie bereits den Ruf dieser Insel, die schon so manchem Verbrecher zum Verhängnis geworden war.

„ Stimmt es, dass es seit über 10 Jahren keinen Ausbruch mehr gab?“ fragte sie vorsichtig.

Balus atmete tief ein und sagte dann:

„ Ja, das stimmt.“

Schweigen.

„ Aber die Insel gehört doch dem König...“ fing Alia plötzlich an, doch Balus unterbrach sie:

„ Unser Gegner scheint eine hohe Position in der Hierarchie des Königreiches einzunehmen. Ich habe ihn gesehen und beobachtet, wie er den Generälen der Gefängnisinsel Befehle erteilt hat.“

„ Aber wie sollen sie da jemals wieder raus kommen?“ fragte Alia mit zitternder Stimme und Balus war sich sicher, dass sie, wenn sie nicht so ausgeheult gewesen wäre, wieder in Tränen ausgebrochen wäre. Er krempelte den Ärmel seines Hemdes nach oben und hielt Alia das Wort „Sokai“ vors Gesicht.

„ Das hier verpflichtet mich dazu, alles zu tun was in meiner Macht steht um Urig zu retten. Aber“, er machte eine kleine Pause und legte sich die richtigen Worte zurecht, „ ich würde es auch tun, wenn dieses Wort nicht in meinen Arm geschnitten worden wäre, denn Urig ist für mich ein Freund, für den es sich lohnt etwas zu riskieren.“ Nachdem er das gesagt hatte, dachte er das er lieber „alles riskieren“ statt „etwas riskieren“ hätte sagen sollen, während er  seinen Ärmel wieder nach unten zog.

„ Wie willst du das machen?“ fragte Alia sofort und er merkte das sie keine wirklich Hoffnung aus seinen Worten schöpfen konnte.

„ Ich habe schon eine Art Plan.“ erklärte er vage.

„ Aber die Gefängnisinsel wird bestens bewacht, meine Mutter hat immer gesagt, dass es unmöglich ist von dort zu fliehen.“ sagte Alia und sie klang immer noch nicht überzeugt.

Balus lächelte sie an und wählte die gleichen Worte, die er schon vor ein paar Tagen zu Bruno gesagt hatte.

„ Ich bin zwar nicht so stark wie Urig, aber ich habe ein anderes ungewöhnliches Talent.“

Alias Neugier schien nun geweckt zu sein und sie blickte Balus erwartungsvoll an, als dieser seine Flöte zog und sie einmal hochhielt um damit seine Behauptung zu untermauern.

Alia blickte ihn nur verständnislos an und dann fragte sie, als ob es ihr eben erst eingefallen wäre:

„ Woher weißt du eigentlich wo Mama und Urig sind?“

„ Ich habe einen Wachmann gefragt, weil ich hörte, dass sie heute neue Gefangene eingeliefert hatten, das es sich hierbei um Urig und deine Mutter handelten war Zufall.“ erklärte er schnell.

„ Und woher weißt du, dass er dich nicht einfach angelogen hat? Vielleicht hat ihm der Mann, der Mama und Urig gefangen genommen hat, gesagt das er das sagen soll um dich in eine Falle zu locken.“ spekulierte sie, doch Balus schüttelte nur, geheimnisvoll lächelnd, den Kopf.

„ Nein, der hat schon die Wahrheit gesagt.“

„ Und woher willst du das wissen?“ fragte Alia störrisch.

„ Er konnte nicht lügen. Ich sagte doch bereits das ich ein Talent besitze.“

 

Bianka hatte ihrer Tochter immer von spannend Missionen erzählt, wo man Verbrecher überführen würde. Die Männer des Königs versteckten sich und observierten den Feind und bekamen so eine Unmenge an Informationen, die sie dann nutzen, um den Gegner zu stellen und zu besiegen. In den zahllosen Geschichten hatte sich das immer spannend angehört, doch das, merkte Alia nun, war es nicht. Tagein tagaus saß sie zusammen mit Balus unter einem Baum und angelten. Sie trugen trotz der Hitze lange schwarze Gewänder und große Hüte unter denen Alia zu verschwinden schien, so groß waren sie. Während die angeblich angelten beobachteten sie die Insel, besser gesagt Balus beobachtete und gab die Informationen an Alia weiter, die sie dann in ihre Ansammlung von Skizzen übertrug. Was jedoch zunächst als einfache Skizze begonnen hatte, hatte schon nach ein paar Tagen gewaltige Ausmaße angenommen. Balus bestand darauf, dass jeder Soldat eingezeichnet wurde, wie er seine Runde drehte und manchmal sogar bestimmte Eigenschaften der Männer, die sie beobachten konnten. Seit 5 Tagen machten sie das von morgens bis abends, immer mit unangekündigten Pausen, damit sie möglichst niemandem auffielen. Balus studierte jeden Abend die Aufzeichnung und wurde von Abend zu Abend wütender. Während er am Anfang nur böse vor sich hingestarrt hatte, fluchte er nun den halben Abend vor sich hin. Er übertrug die Skizzen, schrieb verschiedene Sachen heraus, auf die es am nächsten Tag besonders zu achten galt und dachte nach. Er dachte sehr viel nach.

Ihr Essen wurde auch langsam aber sicher immer knapper. Balus sagte, dass ihr Geld von Tag zu Tag stetig abnahm und Alia nahm den nagenden Hunger schon langsam als Normalzustand hin.

 

Als Alia sich am Morgen des 6. Tages den großen Hut aufsetzte und nach dem Mantel griff schüttelte Balus nur den Kopf. Sie blickte ihn fragend an, setzte den Hut aber wieder ab.

„ Wir gehen heute nicht zu Fluss.“ sagte Balus, der im Schneidersitz auf dem Boden saß und sämtliche Zettel vor sich ausgebreitet hatte.

„ Wir tun es heute Nacht“, fuhr er fort während er nach einem bestimmten Zettel suchte. Alia setzte sich ihm gegenüber und blickte ihn skeptisch an.

„ Aber gestern hast du gemeckert, dass wir noch nicht einmal die Hälfte über dieses Gefängnis wissen, was es zu wissen gilt.“

„ Ich weiß“, stöhnte Balus, legte die Zettel aus der Hand und blickte zu ihr auf, „ aber uns rennt die Zeit weg, wir müssen es heute Nacht tun.

„ Du hast gesagt, dass der Mann, den du befragt hast gesagt hat, dass die beiden erst mal nur eingesperrt bleiben sollen und noch nicht klar ist, was mit ihnen passiert. Warum müssen wir gerade jetzt handeln?“

Die beiden blickten sich an und Alia sah in Balus Augen, dass er ihr nicht die Wahrheit sagen würde, so gut kannte sie ihn schon und Balus war der miserabelste Lügner den sie kannte.

„ Das ist weil...“ fing er an, doch sie unterbrach ihn gleich tadelnd:

„ Du lügst noch schlechter als Mama, und selbst die hat gesagt, dass sie immer die Wahrheit sagt, weil sie das mit dem Lügen einfach nicht hinkriegen würde.“

Balus schwieg für eine Sekunde, dann lachte er, es war ein leises Lachen aber es kam von Herzen.

„ Du bist ein aufgewecktes Mädchen, Alia. Du hast recht, ich sage dir nicht die Wahrheit, aber ich kann es dir nicht erzählen.“

„ Warum nicht?“ fragte sie sofort nach.

„ Du hast mir sonst auch immer alles erzählt.“

„ Es ist so, dass...“

Doch die Kleine lies ihn gar nicht zu Wort kommen:

„ Du hast gesagt, dass man wenn man in so einer Lage ist, wie wir beide es sind, dem anderen vertrauen  musst und das man das nur kann wenn einen der andere nicht anlügt.“

Balus fluchte innerlich. Warum musste er auch solche Phrasen raushauen? Ein einfaches, sag du mir bitte immer die Wahrheit hätte schon gereicht, aber nein! Er, Balus der Große, hatte natürlich einen Vortrag halten müssen mit dem sie ihn nun an die Wand nageln konnte. Schöne Scheiße.

„ Es ist Urigs Geheimnis und ich kann es dir nicht verraten. Das muss er selber machen.“ sagte er kurz und knapp

Alia legte den Kopf schief und sah aus dem Fenster. Dann sagte sie ganz langsam und überlegt:

„ Ich glaube das er es mir erzählen würde, wenn er jetzt hier wäre.“

Wieder fluchte Balus innerlich. War dieses Mädchen wirklich erst neun Jahre alt? Sie hatte mal wieder ins Schwarze getroffen. Urig würde ihr wahrscheinlich alles erzählen. Schließlich war er scheinbar nicht mehr klar bei Verstand, wenn es um die Kleine ging. Aber dieses Sache, ob Urig das gewollt hätte...

Aber verdammt. Es war 7 Tage her seit sie ihn verschleppt hatten, die Kleine würde es sowieso herausfinden. Außerdem konnte nur ein kleines Missverständnis den ganzen Plan gefährden. Balus musste es ihr erzählen.

Er holte tief Luft.

„ Also gut. Aber du musst mir versprechen das du es niemandem weitererzählst und auch Urig gegenüber nicht erwähnst. Denn eigentlich dürfte ich das niemandem sagen.“

Alia blickte ihn an und sah in seinen Augen das er ihr nun die Wahrheit sagen würde.

„ Okay.“ flüsterte sie leise.

Balus sandte ein letztes Gebet gen Himmel. Urig hatte alles für dieses Mädchen riskiert und möglicherweise würde Balus alles, was Urig und Alia an Beziehung zueinander geknüpft hatten, innerhalb der nächsten Minuten zerstören... Aber er hatte sich entschieden.

„ Also...“ fing er an, während ihm Alia wie gebannt an den Lippen hing.

Bianka saß auf einer zusammengefalteten Decke, den Rücken an die kalte Zellenwand gelehnt und blickte zu Urig, der einige Meter an dem von ihr  entferntesten Platz in der Zelle hockte. Das Schwein und das Fretchen hatten ihnen zwei Decken und Verbandszeug gegeben mit dem sie sich um Urigs Wunden gekümmert hatte. Trotzdem war es nicht normal, wie schnell sich der Zwerg regeneriert hatte. Wenn er noch größere Schmerzen hatte, liess er sich das auf jeden Fall nicht anmerken. Trotzdem hatte er Bianka besser gefallen als er noch geschwächt gewesen war. Um einiges besser. Sie wusste nicht was mit ihm los war aber er stand kurz vor einer Explosion. Er hatte die beiden Wärter so lange angeschrieen, bis sie sich in ein Extrazimmer zurückgezogen hatten, denn auch Schläge mit einem langen Stock durch die Gitterstäbe ließen den Zwerg nicht verstummen. Seit er wieder stehen konnte ging er in der Zelle auf und ab. Was bedeutete das er zwei Schritte ging, sich wieder umdrehte und wieder zwei Schritte ging, bevor er wieder vor einer Wand stand. Urig hatte geschrieen, getobt und in den letzen Tagen auch für Bianka kein freundliches Wort mehr übrig gehabt. Er stand in der Zelle und schlug mit den bloßen Fäusten gegen die Steinwand, während er sich die Wut aus dem Leib schrie. Das tat er nun schon seit über einer Stunde. Zuerst hatte Bianka das Geschrei nur gestört, doch als sie Urig gebeten hatte damit aufzuhören, hatte er sie nur wutschnaubend angefaucht und weitergemacht. Das war vor gut einer halben Stunde gewesen, doch langsam machte sich Bianka wieder ernsthafte Sorgen um ihren Mitgefangenen. Zwerge hatten eine robustere Haut als Menschen und Urig hatte eine anschauliche Hornhaut auf seinen Knöcheln aufzuweisen, doch das änderte nichts daran, dass er sich langsam selbst zerstörte. Seine Knöchel hatten schon vor einer kleinen Ewigkeit angefangen zu bluten, doch er schlug immer weiter gegen die Steinwand. An der Wand und unter sich am Boden bildeten sich Blutflecken und Urigs Knöchel platzen mit jedem Schlag mehr auf. Doch er hörte nicht auf.

 

„... Urig kämpfte in illegalen Straßenkämpfen gegen andere Leute.“ erklärte Balus.

„ Das sind Kämpfe die offiziell verboten sind, weil es oft zu dauerhaften Wunden kommt und sogar zu Toten.“

„ Warum hat er das gemacht?“ fragte Alia sofort nach und Balus hob nur die Hand um ihr zu signalisieren das er es gerade erklären wollte.

„ Die meisten Kämpfer brauchen Geld. Man kann, wenn man dem Publikum gefällt, sehr schnell sehr viel Geld verdienen.“ Balus blickte kurz aus dem Fenster und beobachtete einen Vogel, der an eben diesem vorbeiflog. Wahrscheinlich verstand dieses Mädchen gar nicht alles was er ihr hier erklärte, es war ja auch nicht die Art von Geschichte, die für Mädchen in ihrem Alter gedacht waren.

„ Aber Urig ging es nie ums Geld...“

 

Bianka stand langsam von den gefalteten Decken auf und ging einen vorsichtigen Schritt auf Urig zu. Er schien sie nicht zu bemerken, sondern hämmerte unaufhörlich auf die Wand ein. Sein Gesicht war eine Fratze aus Wut und Hass und er schrie aus voller Kehle. Bianka trat nun endgültig neben ihn, streckte die Hand aus, schluckte, bekämpfte ihre Angst und berührte ihn an der Schulter.

„ Urig?“

 

„... Das Geld nutztend wir nur um eine Unterkunft und etwas zu essen bezahlen zu können.“ schilderte Balus Urigs und sein Leben.

„ Aber warum kämpft er dann?“ fragte Alia mit einem ratlosen Blick in Balus Gesicht. Der überlegte kurz wie er es ihr am besten erklären konnte und sagte dann:

„ Du warst doch sicher schon einmal richtig hungrig,“ und als Alia sofort mit dem Kopf nickte sagte er, „ ich meine so richtig hungrig, dass du kaum noch an etwas anderes denken konntest?“

Diesmal überlegte Alia einen Augenblick bis sie wesentlich zurückhaltender nickte als zuvor.

„ Ich glaube schon.“ sagte sie vorsichtig.

„ Dein Körper sehnt sich nach etwas zu essen und auch dein Geist kann deinen Körper nicht ewig im Zaum halten. In manchen Ländern lassen sie Gefangene hungern, stellen ihnen dann etwas zu Essen hin und sagen ihnen das es vergiftet ist. Die Hungernden essen es trotzdem. Irgendwann.  Es ist das gleiche wie mit dem Ertrinken oder Ersticken, beides kannst du dir nicht selber antun, da dein Körper irgendwann von selbst die Kontrolle übernimmt.“ Alia dachte eine Sekunde nach und nickte dann.

„Urig ist...

 

Urig riss den Arm nach oben und verpasste Bianka eine schallende Ohrfeige. Sie flog auf den Boden und tastete nach ihrer schmerzenden Wange. Urig stand über ihr und blickte sie zornig an. Erst nach einigen Sekunden klärte sich sein Blick etwas und sie sah so etwas wie Furcht oder Angst in seinen Augen aufblitzen.

„ Es... es tut mir Leid...“ stammelte er

 

„... zwar ein Zwerg, aber bei Zwergen gibt es genauso Unterschiede wie bei uns Menschen. Ein schwarzer Mann und ein Weißer sind beides Menschen, obwohl sie sehr verschieden aussehen, oder?“ erklärte Balus, als er Alias skeptischen Blick sah und fuhr fort als sie verstehend nickte:

„ Urig ist ein Spross eines bestimmten Zwergesvolkes, dass sich, in den Jahren des Krieges, einen Ruf machte, nach dem Krieg aber immer mehr ausdünnte...“

 

Bianka stand zitternd wieder auf und blickte Urig an, der sie entsetzt ansah.

„ Bleib weg von mir!“ schrie er geradezu panisch und als sie nicht sofort reagierte schubste er sie an die entgegengesetze Wand der Zelle.

„ Ich weiß nicht wie lange ich das hier noch aufhalten kann.“ keuchte er und warf sich im nächsten Moment mit aller Kraft gegen die Gitterstäbe.

„ Bringt die Frau in eine anderen Zelle!“ schrie er, doch es klang eher wie ein wütendes Geheul einer Bestie, die nach Jahren der Gefangenschaft nun endlich wieder das Tageslicht der Welt erblickte. Doch aus dem Zimmer in dem die beiden Wächter Karten spielten drang keine Antwort, geschweige denn eine Reaktion. Urig blickte Bianka an, die sich vor Angst in die hinterste Ecke der Zelle presste.

„ Ich verliere... die Kontrolle...“ flüsterte Urig, wie unter größten Schmerzen. Die beiden blickten sich kurz in die Augen, dann warf sich Urig mit aller Kraft gegen die Wand und schlug seine Stirn immer wieder gegen die Wand.

 

„... und heute kaum noch existiert.“ berichtete Balus, die Geschichte so wie er sie vor langer Zeit von Urig erzählt bekommen hatte.

„ Was ist Urig den jetzt?“ fragte Alia die ihn aufgeregt anblickte. Balus schloss kurz die Augen, holte tief Luft und sagte dann in einem Atemzug:

„ Urig ist ein Blutzwerg. Sie sind zum Kämpfen geboren und es gibt kaum jemanden in dieser Welt, der sie im Kampf besiegen kann, ihre Wunden heilen schneller als bei normalen Zwergen und sie haben eine unglaubliche Kampfkraft, aber ihr Körper zwingt sie zum Kampf. Immer und immer wieder.“

Alia blickte ihn mit aufgerissenen Augen an, versuchte etwas zu sagen, macht jedoch den Mund nur auf und schloss ihn wieder.

„ Urig ist eigentlich ein netter Kerl, doch je länger sein letzter Kampf zurückliegt, desto aggressiver wird er, bis er irgendwann alles angreift was sich zu dem Zeitpunkt in seiner Nähe befindet.“ Und er ist vermutlich mit deiner Mutter in einer kleinen Zelle eingesperrt fügte Balus in Gedanken hinzu.

„ Urig hasst eigentlich den Kampf, aber sein Blut, dass seiner Vorfahren, dass eines Blutzwerges, zwingt ihn immer weiter zu kämpfen, will er nicht die Kontrolle verlieren und Unschuldige angreifen. Deshalb sind die Blutzwerge so gut wie ausgestorben, es gibt für sie kein Ende des Kampfes.“

Alia konnte immer noch nichts sagen, sondern starrte ihn nur an.

„Urig wird bis zu seinem Tod immer kämpfen müssen. Für ihn gibt es keinen Frieden, keine Hoffnung das die Gewalt irgendwann endet und das zerstört ihn von innen heraus mehr, als es jede Waffe oder jeder Faustschlag könnte. Die Gewissheit das es in seinem Leben niemals etwas anderes als seine Schmerzen und die Schmerzen seiner Gegner geben wird nimmt ihm Tag für Tag etwas von seinem Lebenswillen, bis er irgendwann in der Dunkelheit versinken wird.“ 

Sturm auf die Gefängnisinsel

Der Wachmann ging langsam auf dem Wehrgang auf und ab. 50 Schritte in die eine Richtung, dann einen rundum Blick, umdrehen und wieder zurück gehen. Der Alltag eines Soldaten, der auf der Gefängnisinsel stationiert war, konnte man fast als langweilig beschreiben. Es hatte seit Jahren keinen Ausbruchsversuch mehr gegeben und der letzte gelungene lag noch weit aus weiter in der Vergangenheit. Er drehte sich nach vorne und blickte über die Brüstung. Das Wasser des Flusses lag ruhig unter ihm, keine Bewegungen. Sein Blick wanderte weiter zu der großen Brücke, die mit Fackeln erhellt wurde und von da auf das Tor. Das Haupttor war zu dieser Nachtzeit immer fest verschlossen, es gab nur eine kleine Tür an der Seite der Mauer durch die man Boten entliess oder aufnehmen konnte, doch vor dieser Tür stand ein Wächter und achtete darauf das nur Boten oder Gefängniswachen die Insel betraten oder verließen. Es gab keinen richtigen Grund, aber aus einer Routine heraus beugte sich der Soldat über die Brustwehr und blickte zu dem Soldaten, der vor dem kleinen Türchen positioniert war. Er glaubte seinen Augen nicht zu trauen. Der Mann schlief. Es stimmte zwar, dass ein Posten auf der Insel nicht besonders aufregend war, aber wenn man anfangen würde, sich solche Blöße zu geben, würde es irgendwann wieder Ausbrüche geben. Der Mann stand auf Wache und es gab keine Entschuldigung warum er hier schlief. Auch wenn alles ruhig war durfte man keinen Augenblick in seiner Wachsamkeit nachlassen. Er drehte sich nach rechts und wollte kurz zum Torhaus gehen und seinem schlafenden Kollegen mal gehörig die Leviten lesen doch als sein Blick über die Brustwehr glitt, blieb sein Blick an etwas hängen. Es war so unglaublich und unwahrscheinlich das er es zuerst überhaupt nicht realisierte und erst dann, als er den Abschnitt der Brustwehr genauer fixierte, sich sicher war, was er da sah. Eine Gestalt hockte auf den Zinnen und sprang mit einer fließenden Bewegung von der Zinne auf den Wehrgang.  Sie trug einen langen schwarzen Mantel und hatte sich die Kapuze weit ins Gesicht gezogen. Der Wachmann brauchte immer noch eine Sekunde, obwohl er langsam begriff, was er da sah, auch wenn sein Geist sich weigerte es zu akzeptieren. Das war ein Einbruchsversuch auf die Gefängnisinsel.

„ Im Namen des Königs! Bleiben sie stehen!“ schrie er und packte mit zitternden Fingern seinen Speer fester. Innerhalb von Sekunden flammten überall Fackeln auf und ein Wachmann in dem nächstgelegensten Turm läutete eine Alarmglocke.

Die Gestalt blickte kurz zu dem Wachmann und rannte dann über den Wehrgang. Der Soldat spurtete hinter ihm her und auf jedem Meter folgten ihm weitere Soldaten. Fackeln wurden gehoben, Armbrüste wurden gehoben und eine kaum schätzbare Anzahl an Soldaten kamen, wie Ameisen aus einem Ameisenhügel, aus den Kasernengebäuden.

Die in schwarz gekleidete Gestalt rannte weiter, flog förmlich über die Brustwehr, doch egal wie schnell sie war, diese Jagd war bald zu Ende:

Noch 15 Meter dann endete der Wehrgang abrupt und es ging mehrere Meter steil nach unten in den Kasernenhof. Die einzige Möglichkeit war es in den Aufgang zum Wachturm abzubiegen. Doch die Tür zu eben dieser Wendeltreppe war fest verschlossen. Unten im Hof sammelten sich die Soldaten und es war nun die gesamte Wachmannschaft der Wehrgänge hinter dem Kerl her.

„ Bleiben sie stehen!“ schrie der Wachmann, der schwitzend hinter dem Mann hinterher rannte. Der Kerl hatte keine andere Option als sich umzudrehen und sich seinen Verfolgern im Nahkampf zu stellen. Allerdings standen ihm, alleine auf dem Wehrgang, 30 Männer gegenüber, nicht zu vergessen der Armbrustschützen auf  den Türmen. Dieser Kerl saß in der Falle.

Doch der Kerl wurde nicht langsamer. Er rannte immer weiter. Noch 4 Meter bis zur Kante, noch 2 Meter. Er sprang. In der Luft schlug er einen Salto und landete in der Hocke im Innenhof. Alle Soldaten starrten ihn wie gebannt an. Auch der Wachmann konnte es nicht fassen. Dieser Kerl war gerade über 4 Meter in die Tiefe gesprungen und stand nun dort im Innenhof, umringt von über 100 Soldaten und blickte sich um.

„ Armbrustschützen! Feuer!“ schrie der Kommandant der Wachmannschaft. Ein Rattern erfüllte die Luft als über 20 Armbrustbolzen auf den Innenhof herunterschossen. Doch die Gestalt wartete nicht ab. Er war von einer, vor Waffen starrenden Menge an Soldaten umzingelt und würde in jedem Moment von über einem Dutzend Armbrustbolzen durchbohrt werden, also nahm er den einzigen Fluchtweg den er noch hatte. Nach oben. Er sprang aus dem Stand gute 6 Meter in die Luft, parallel zu der Wand des Wachturms, packte da einen Fenstersims mit einer Hand und katapultierte sich mit einer Hand weitere 4 Meter nach oben. Dort, wo er eben noch gestanden hatte, sah es aus wie auf einem Nagelkissen, der Boden war mit Armbrustbolzen gespickt.                                  

Beinah leichtfüßig landete er auf dem Dach des Wachturms und drehte sich zu der am Boden stehenden Menge um. Über 150 Soldaten glotzen ihn nur stumm an und konnten nicht glauben was sie da eben gesehen hatten. Der Mann sprang von dem Wachturm auf die Brustwehr, gute 3 Meter unter ihm, rollte sich ab und rannte auf das zweite Gefängnisgebäude zu. In diesen Sekunden verfolgten ihn einfach nur die Blicke aller Soldaten, als ob er ein Artist in einem Circus wäre, der eine besonders gelungene Nummer vollführte. Erst nach einigen Sekunden konnte sich der Kommandant aus seiner Starre reißen und schrie:

„ Er will in das zweite Gefängnisgebäude, alle Mann da hin und holt mir einen Trupp Magier her, der Kerl ist nicht normal.“

Es dauerte wieder eine gute Sekunde, bis die Soldaten sich rührten, dann rannten die anderen los, während einer der Soldaten hilflos antwortete:

„ Wie sollen wir ihn den angreifen?“

„ Schlagt ihm den Kopf ab! Wenn das nicht funktioniert warten wir auf die Magier!“

Keiner der Soldaten konnte wirklich sagen, ob das es jetzt ein Witz war oder ob der Kommandant diesen Befehl durchaus ernst meinte. Auf jeden Fall brach er den Bann und die Soldaten stürmten in Richtung des Gefängniskomplex.

Keiner sah die beiden Gestalten, die völlig unbehelligt über die bestbeleuchteste Brücke rannten, den Soldaten, der immer noch schlafend an der Wand lehnte beiseite schoben und sich durch die Tür ins innere des Gefängnisses schoben.  

 

Alia rannte neben Balus über die Zugbrücke. Vor einigen Minuten war in dem Gefängnis das totale Chaos ausgebrochen. Balus und sie hatten auf der anderen Seite der Brücke, im Schatten eines Hauses gewartet bis Balus ihr zugenickt hatte und sie losgelaufen waren. Normalerweise hätte man sie auf der gutbeleuchteten Brücke gut sehen können, doch bei dem Tumult der hinter den Mauern herrschte achtete niemand mehr auf die Brücke. Alia blickte zu Balus. Er spielte ununterbrochen auf seiner Flöte, die Melodie wechselte immer wieder und Alia konnte sie nicht wirklich einordnen.

Sie erreichten das Tor und saßen den Wachmann der immer noch schlafend dalag, er musste an der Wand nach unten gerutscht sein, seit er eingeschlafen war.

„ Wie kann der nur bei dem Krach da drinnen schlafen?“ fragte Alia leise, obwohl sie wohl auch hätte schreien können, da drinnen hätte keiner sie gehört, die waren viel zu sehr mit sich selber beschäftigt.

„ Tja, er wird auch nicht so schnell wieder aufwachen. Vielleicht morgen früh oder Mittag. Aber jetzt sei kurz still“, antworte er während er sich vor die Tür stellte und sich konzentrierte. Alia sah ihn an und bemerkte, während die Melodie seines Flötenspiels immer schneller wurde, wie die Luft neben ihm anfing zu flackern. Und noch während sie auf den Punkt neben Balus starrte materialisierte sich dort eine durchsichtig Gestalt. Sie schwebte in der Luft und man musste sich nicht sonderlich anstrengen um durch sie hindurchzusehen. Ein Geist. Balus rannen Schweißperlen über die Stirn während er denn Rhythmus ein weiteres mal änderte und der Geist auf die verschlossene Tür zuflog und mitten durch sie hindurch schoss.

„ Mach die Tür auf!“ sagte Balus während er die Flöte für eine Sekunde absetzte.

Alia drückte gegen die Tür und sie schwang einfach auf. Die beiden huschten ins Innere der Gefängnisinsel.

Sie rannten durch menschenleere Gänge, da sich jeder verfügbare Mann draußen befand. Balus hatte die Flöte abgesetzt, atmete jedoch immer noch so keuchend als ob er gerade einen Hürdenlauf absorbiert hätte.

„Wie hast du das alles gemacht?“, fragte Alia die immer noch nicht wusste ob sie verwundert oder begeistert sein sollte, dass sie es bis in das Gefängnis geschafft hatten.

„Ich habe es dir doch erklärt“, antwortete Balus, „ mithilfe meiner Flöte rufe ich die Geister aus der Totenwelt. Ein ehemaliger Einbrecher als Ablenkung, ein schlafender Geist zum betäuben eines Mannes, ein ehemaliger Dieb zum Türenknacken, einen ehemaligen Medicus um Wunden schneller heilen zu lassen. Ein Schamane wie ich kann jeden Geist aus der Totenwelt rufen.“

„ Warum hast du dann nicht einfach die ganze Wachmannschaft eingeschläfert?“ fragte sie neugierig.

„ Ein Geist kann immer nur eine Sache gleichzeitig ausführen, der Geist der einen Mann betäubt bleibt in ihm und betäubt seinen Geist. Das bedeutet ich müsste für 100 Mann 100 Geister beschwören.“

„ Einen für die Ablenkung, einen für den Wachmann und einen für das Schloss,“ zählte Alia an ihren Fingern ab, „ dann waren das eben 3 Geister, oder?“

„Genau, aber eigentlich sind zwei mein Maximum. Den dritte, der für Tür, habe ich nur für etwa 10 Sekunden in dieser Welt gehalten und einen Vierten würde ich nicht zustande kriegen.“

Sie rannten eine Weile schweigend durch den Gang, abgesehen davon, dass Balus immer wieder einige Töne auf seiner Flöte spielte.

„ Woher weißt du, wo wir hin müssen?“ fragte Alia als er die Flöte wieder einmal absetzte.

„ Hat der Wachmann ausgeplaudert, den ich letzte Woche verhörte.“ sagte Balus keuchend.

„ Wir sollten uns beeilen, sie werden Magier holen und die durchschauen meinen Geist sofort.“

„ Das heißt, als du sagtest der Wachmann könnte nicht lügen, hast du auch einen Geist benutzt.“

Balus grinste.

„ Den Geist eines Zeugen, vor dem Gericht, der im Zeugenstand einen Herzinfarkt erlitt.“

„ Als Alia ihn nur fragend anblickte fügte er rasch hinzu.

„ Wirst du nur die Wahrheit sprechen  und nichts als die Wahrheit! Diesen Satz musste er sagen, also ist er sozusagen ein Wahrheitsgeist.“

Die beiden hielten vor einer Tür zu einem Zellentrakt.

„ Hier müsste es sein.“ sagte Balus und Alia nickte nur. Sie würde ihre Mama und Urig retten und nichts konnte sie davon abhalten.

 

Bruno blickte aus seinem Fenster und sah wieder ein Dutzend Soldaten vorbeistürmen. Er drehte sich um und ging in Richtung Tür.

„ Das passt mir nicht.“

„ Was ist dein Problem, der Kerl ist doch ins zweite Gefängnisgebäude eingebrochen, dein Zwerg ist im ersten.“

„ Ich habe einfach so ein schlechtes Gefühl,“ erwiderte Bruno, „ gehen wir mal nachschauen ob mit Urig alles okay ist.“

Die Gestalt, die zuvor in einem Sessel gesessen hatte stand nun auch auf und verließ hinter Bruno ihre Unterkunft.

„ Hoffentlich versucht er zu fliehen, dann käme ich ja doch noch zu meinem Kampf gegen ihn.“

 

„ Bitte lass die Tür offen sein, ich bin langsam ganz schön erschöpft stöhnte Balus. Und tatsächlich, als Alia gegen die Tür drückte schwang diese auf und die beiden blickten in einen schmutzigen Zellentrakt. Es gab über ein Dutzend Zellen, doch während sie an ihnen vorbeihuschten, reichte ein einziger Blick um ihnen zu zeigen, dass sie leer waren. Erst als sie um eine Ecke huschten und in die letzte Zelle blickten schrie Alia vor Glück auf. In der Zelle saß ihre Mutter an die Wand gedrängt. Sie sah völlig verängstigt aus und hielt ihre Hände schützend vor sich. Auch Balus kam nun um die Ecke und er und Alia blickten in die andere Ecke der Zelle. Urig. Er hatte sich sein Hemd vom Leib gerissen und kniete in der Zelle während er all seine Muskeln anspannte, dann plötzlich mit beiden Armen auf den Boden schlug und einen markerschütternden Schrei von sich gab. Doch das schrecklichste waren seine Augen. Jede Art von Gefühlen, außer einem unbändigen Hass, war aus ihnen gewichen und sie ähnelten den Augen eines wilden Tieres.

„ Mama!“ schrie Alia

„ Alia!“ schrie Bianka und die beiden umarmten sich durch die Gitterstäbe hindurch.

„ Wo ist der Schlüssel für die Zelle!“ fragte Balus schnell.

„ Den haben die Wärter, in dem Raum da hinten“, erwiderte Bianka schnell während sie sich von ihrer Tochter löste.

„ Kannst du nicht einen Geist...“ fing Alia an, doch Balus sagte gleich:

„ Nein, noch ein Geist kriege ich nicht zustande, zumindest nicht solange ich die anderen in dieser Welt halte.“

Er dachte kurz nach und erschauderte dann, als ein neuerlicher Wutschrei von Urig den Zellentrakt vibrieren lies.

„ Holt mich hier bitte schnell raus!“ schluchzte Bianka die ihre Tränen nicht mehr zurückhalten konnte.

„ Wie viele Wächter sind es?“ fragte Balus und winkte Alia zu sich als Bianka zwei Finger in die Höhe hielt. Er flüsterte ihr kurz etwas ins Ohr, sie wurde bleich, dann nickte sie und ging langsam zu der Tür, die in den nebenstehenden Raum führte und klopfte, während sich Balus in einer Ecke verbarg.

Die Tür wurde unsanft ausgerissen und das Fretchen guckte heraus.

„ Was ist!“ schrie er

Alia fing sofort an wie ein Schoßhund zu heulen:

„ Ich habe meinen Papa verloren! Er hat mich mitgenommen um mir seine Arbeit zu zeigen, aber jetzt habe ich mich verirrt.

„ Ach du  Scheiße!“ fluchte das Fretchen und machte einen Schritt auf Alia

„ Du musst wissen, es ist streng verboten hier zu sein, dein Vater wird Ärger kriegen wenn der Kommandant hört das du hier warst...“ weiter kam er nicht. Balus tauchte hinter ihm auf und rammte ihm die Klinge seines Dolches in den Nacken. Er schrie nicht einmal mehr als er vornüberkippe und direkt neben der kreidebleichen Alia zu Boden fiel, die nun wirklich anfing zu weinen.

„ Was zur Hölle...!“ kam das Schwein aus dem Zimmer gestolpert.

„ Nehme den Schlüssel und schließ die Zelle auf!“ schrie Balus, während er sich auf das Schwein warf. Der packte allerdings Balus Hand mit dem Dolch und es entbrannte ein wildes Gerangel um das Messer. Und wenn man die Körper und Muskelmasse der beiden Gegner beachtete war es eine Frage von Sekunden bis Balus diesen ungleichen Kampf verlieren würde. Doch Alia bewegte sich nicht, sie stand nur zitternd da und sah auf den Toten vor ihr.

„ Los Alia!“ schrie Bianka und erst da riss sich Alia von dem Toten los, packte den Schlüsselbund und versuchte mit zitternden Händen die Zellentür aufzuschließen. Während sie einen Schlüssel nach dem anderen probierte, drückte das Schwein Balus gegen die Wand und drückte die Klinge immer weiter in die Richtung von Balus Hals. Da passte ein Schlüssel. Alia drehte ihn im Schloss und die Tür sprang auf. Bianka rannte an ihrer Tochter vorbei, die nur zitternd und weinend vor der offenen Zellentür saß, scheinbar unfähig sich zu bewegen. Bianka packte das Messer, das neben dem Fretchen lag, anscheinend hatte er es aus einem Reflex heraus, noch versucht zu ziehen. Sie packte es, schrie laut auf und rammte es dem Schwein genau ins Auge. Der Mann schrie, schrie wie Bianka noch nie einen Mann hatte schreien hören, taumelte von Balus weg, der augenblicklich mit letzter Kraft nachsetzte und dem Schwein die Halsschlagader durchtrennte. Ein Blutstrahl ergoss sich über Bianka und Balus, als das Schwein zu Boden fiel und zuckend liegen blieb. Balus sackte an der Wand zusammen und hielt sich seinen Hals, da wo das Schwein ihn anscheinend gewürgt hatte. Obwohl er scheinbar kaum atmen konnte, griff er nach seiner Flöte und spielte eine leise aber dennoch schnelle Melodie, bevor er endgültig in sich zusammensackte und schwer atmen liegen blieb. Doch die Pause war ihm nicht vergönnt. Bianka und er zuckten beide herum als sie wieder einen von Urigs unkontrollierten Schreien vernahmen.

Alia kauerte immer noch schluchzend vor der offenen Zellentür und vor ihr stand Urig. Obwohl er nicht besonders groß war, überragte er das kniende Mädchen um das doppelte. Von seinen beiden Händen und seiner Stirn tropfte Blut auf den Steinboden. Seine nackte verschwitzte Brust hob und senkte sich in einem schnellen Rhythmus. Seine Augen blickten auf Alia, die den Kopf gesenkt hielt,  hinab, sowie ein Raubtier auf seine Beute starrte.

„ Urig! Das ist Alia!“ schrie Bianka, doch Balus schrie gleich darauf:

„ Er hat das Stadium, wo er das noch wahrnimmt längst überschritten!“

„ Er wird doch nicht...“ keuchte Bianka

Urig hob seine Hand, holte aus.

„ Nein!“ schrie Bianka.

Er lies seine Faust, wie ein Meteorit auf die Erde, auf Alia niedersausen und schrie dabei. Ein Schrei den kein Wesen aus dieser Welt ausstoßen könnte.

Alia saß nur schluchzend vor ihm und war immer noch unfähig sich zur Seite zu bewegen.

„ Tu das nicht, Urig!“ schrie Balus

Von Weinkrämpfen geschüttelt hob Alia den Kopf und sah zu Urig auf. Sie erblickte nicht den Zwerg, den sie kannte, sondern ein Monster. Ein Monster geboren aus Hass und Wut und verstand nun in einer Hunderstelsekunde was Balus mit dem Satz gemeint hatte : Bis er irgendwann in der Dunkelheit versinken wird...

„ Nein!!!“ schrie Bianka, doch Urig reagierte nicht mehr auf ihren Schrei...

Urigs Kampf


Urigs Faust schlug krachend in die Steinfliesen direkt neben Alia ein. Sie saß vor ihm und konnte ihn nur schluchzend ansehen. Balus und Bianka hatten sich beide zur Hälfte aufgerappelt und hockten nun halb auf den Beinen da und sahen zu dem Zwerg und dem Mädchen. Langsam hob Urig  seine Hand. Die Kachel die er getroffen hatte, war gesplittert und fast komplett in ihre Einzelteile zerbrochen. Mit diesem Schlag hätte man einem kleinen Mädchen den Kopf von den Schultern reißen können. Langsam wanderte Urigs Hand immer weiter und berührte vorsichtig Alias Wange. Alia blickte in Urigs Augen und sah, wie sich die tierische Wildnis langsam aus seinen Augen zurückzog, allerdings nur ein Stück. Und nun rannen Tränen aus Urigs Augen, während seine blutenden, alten, kräftigen Hände unbeholfen über Alias Wange strichen.

„ Immer noch sehe ich in deinen Augen keine Abscheu.“ flüsterte er leise, so als ob ihm jedes Wort unendliche Mühe bereitete.

„ Du hast mich in diesem Zustand gesehen und ich habe dich angriffen und trotzdem ist in deinem Blick nicht die Spur von Verachtung.“

Balus und Bianka tauschten einen kurzen betretenden Blick. Sie hatten Urig gerade eben nur noch als Monster gesehen, Alia hingegen hatte, selbst eben noch, Urig in diesem Blutzwerg gesehen.

„ Alle Menschen betrachten mich mit Abscheu. Auch die Zwerge, Elfen selbst die Orks sehen in mir nur ein Monster,“ hauchte Urig und es schien ihm immer schwerer zu fallen zu sprechen, da er immer doller von Heulkrämpfen geschüttelt wurde, „ aber du, du verachtest mich nicht. Warum? Ich bin ein Monster, eine Bestie...“  dann brach ihm die Stimme und er schluchzte nur noch leise. Alia wischte sich mit dem Ärmel die Tränen aus dem Gesicht, lehnte sich ungeschickt nach vorne und schlang ihre Arme um Urig. Ihre kleinen Arme reichten nicht um ihn komplett zu umschließen, doch sie zog ihn an sich und drückte den massigen, muskelbepackten und vernarbten Körper des Zwerges gegen ihren eigenen kleinen, zierlichen und schmalen Körper. So hielt sie Urig einige Sekunden lang fest.

„ Hey Leute, wäre schön wenn wir uns an den Rückweg machen könnten. Uns rennt langsam die Zeit davon.“ sagte Balus, der sich nun aufgerichtet hatte.

Wie auf ein stilles Kommando lies Alia Urig los und er erhob sich in der selben Sekunden, wobei er sie unter den Armen packte und sie auf die Füße stellte.

„ Hauen wir ab.“ sagte er nur und wandte sich in Richtung Tür.

Balus öffnete die Tür und rannte neben Urig den Gang hinauf, den sie gekommen waren. Er lenkte die verschiedensten Geister seit nun über 15 Minuten und war so langsam am Ende seiner Kräfte. Schweißperlen rollten über seine Stirn, während er sich alle 30 Schritte wieder zwang die Flöte an die Lippen zu setzten und einige Melodien zu spielen. Hinter ihnen kam Alia und Bianka bildete, mit einem blitzenden Messer bewaffnet, die Rückfront.

„ Was ist mit deinem Körper?“ fragte Balus vorsichtig in Urigs Richtung.

„ Weiß nicht. Kann mich im Moment beherrschen, keine Ahnung wie lange noch.“ zischte der Zwerg zwischen zusammengebissenen Zähnen,  was Balus zeigte, dass der Zwerg sich wohl nur noch für Minuten unter Kontrolle würde halten können. Er atmete tief durch und spielte eine kompliziertere Melodie als die vorigen.

„ Ich lasse nun einen Frauengeist und den Geist eines Liliputaners über die Brücke fliehen. Hoffe mal, dass sie das so lange von uns ablenkt, bis wir hoch auf der Brustwehr sind und uns per Seil zu Rückseite der Insel runtergelassen haben.“

„ Da liegt unser Boot.“ fügte Alia schnell hinzu, als sie sah, dass ihre Mutter zu einer überraschten Frage ansetzte.

Sie rannten durch eine Tür und fanden sich in einem Art Raum, der wohl zum warten gedacht war. An der Seite des Raumes standen Bänke und Stühle. Hier warteten die Krieger wohl, wenn bei Angriff nicht alle auf die Wachgänge passten, die Verstärkung aber abrufbereit sein musste. Rechts führte eine Wendeltreppe zu der Brustwehr. Sie blieben jedoch stockend stehen. In der andere Seite dieses Raumes stand Bruno, die Arme verschränkt, ein Kurzschwert an seiner Seite hängen. Er lächelte ihnen entgegen.

„ Schön euch hier so versammelt zu sehen. Ich denke mir ihr wollt diese Treppe dort hoch.“ und während er das sagte trat ein Zwerg aus dem Aufgang der Wendeltreppe. Er war nicht größer als Urig aber, wenn das überhaupt noch ging, noch muskulöser. Er hatte lange weiße Haare und einen kunstvoll frisierten weißen Bart. Er trug nur eine Hose und ein enges Stoffhemd und sein Blick strahlte eine ungeheure Mordlust aus, sodass sie alle im Raum spürten.

„ Das ist übel, ausgerechnet er.“ fluchte Balus.

„ Kennst du ihn?“ fragte Alia Balus.

„ Ich habe für Urig die Kämpfe arrangiert und dabei einiges von ihm gehört. Er ist ein Söldner und gilt als der stärkste Zwerg auf diesem Kontinent. Die Leute sagen, er zerreißt selbst bewaffnete Gegner einfach mit bloßen Händen.“ rekapitulierte Balus alles, was er über den Zwerg vor ihnen gelesen hatte, der nun von der Wendeltreppe weg, in die Mitte des Zimmer trat.

„ Ihr bleibt alle hier stehen, keiner rührt sich.“ sagte Urig tonlos und schritt ebenfalls in die Mitte des Zimmer.

„ Aber...“ fing Alia an, aber Balus hob nur die Hand und signalisierte Alia das sie den Mund halten sollte.

Urig blieb eine Meter vor seinem Gegner stehen und musterte ihn.

Dieser zog sich grinsend sein Hemd aus und warf es achtlos neben sich.

„ Wie im Straßenkampf,“ flüsterte Balus leise, „ Barfuss, nackter Oberkörper.“

„ Warum kämpfst du gegen mich?“ fragte Urig ton- und emotionslos.

„ Du giltst als bester Kämpfer in dieser Stadt, wenn ich dich töte bin ich wahrlich der Beste.“ grinste der andere, stampfte zweimal mit den Füßen auf den Boden und hob langsam seine Fäuste vor sein Kinn.

„ Du kämpfst zum Vergnügen und hast nichts wofür du kämpfst? Gegen einen wie dich verliere ich ganz bestimmt nicht.“ sagte Urig, dann spannte er alle seine Muskeln im Körper an und stieß einen animalischen Schrei aus der in dem kleinen Raum wiederhallte und alle anderen leicht erzittern ließ. Er ließ den Blutzwerg in sich die Oberhand gewinnen.

 

Beide standen einen halben Meter voneinander entfernt und schlugen aus kürzester Distanz aufeinander ein. Beide waren kräftig, Urig befand sich bereits am Anfang des Kampfes in seinem Blutrausch, wobei sein Gegner ausgeruht war, während Urig die letzten Woche in einer Zelle verbracht  hatte. Keiner wollte auch nur eine Zentimeter nachgeben und so schlugen sie aufeinander ein. Urigs Nase brach knackend. Die Lippe seines Gegners platzte auf und er spuckte einen Zahn auf den Boden zwischen ihnen.

Bianka hielt Alia die Augen zu. Sie hatte heute schon genug gesehen was nicht für sie bestimmt gewesen wäre.

Plötzlich schnellte der Weißhaarige nach vorne, zog Urig mit einer blitzschnellen Beinschere die Beine weg und warf Urig rückwärts zu Boden. Urig schrie wie ein in die Enge getriebenes Monster aber er konnte nicht verhindern das er hart auf den Rücken schlug und seine Gegner sofort über ihm war. Urig verschränkte die Hände vor seinem Gesicht um es zu schützen doch sein Gegner zielte nicht auf sein Gesicht. Er holte weit aus und schlug immer wieder zu. Bei jedem seiner Schläge brach eine von Urigs Rippen. Der Blutzwerg spuckte Blut und schrie wieder, diesmal jedoch eher wie ein zu Tode getroffenes Tier. In Todesqualen schaffte Urig es sich beiseite zu drehen und unter seinem Gegner hervorzukommen. Doch dieser hob nur seinen Fuß und trat dem immer noch am Boden liegenden Urig mitten ins Gesicht. Nun wendeten selbst Bianka und Balus vor Schrecken den Blick ab, als Urigs Wangenknochen brach, er sich noch einmal blutspuckend aufbäumte und dann wie ein fallender Baum auf den Boden aufschlug und sich nicht mehr rührte. Nur noch das Blut floss aus seinem Mund auf den Boden.

„ Langweilig.“ kommentierte der Zwerg, schritt an Urigs Körper vorbei auf Balus, Bianka und Alia zu uns ließ die Knöchel knacken.

„ Das reicht nicht um mich glücklich zu machen, ich will noch etwas mehr Blut vergießen.“ sagte er mit grausamer Stimme und musterte die drei.

„ Du verdammtes Schwein hast Urig...“ fing Alia an zu schreien, aber der Zwerg unterbrach sie nur mit emotionsloser Stimme:

„ Denkst du ich schone dich, weil du ein Kind bist? Es ist schon länger her das ich zuletzt das Fleisch eines Kindes gegessen habe, aber ich habe es in guter Erinnerung.“

Die drei erstarrten, doch Bruno Stimme fuhr zwischen sie wie ein Blitz.

„ Ich habe dich nicht bezahlt um Kinder zu töten, also mach deinen alten Job erst mal richtig.“ Der Zwerg drehte sich auf der Stelle um, um Bruno anzufahren, da erstarrte er. Urig stand. Die Arme erhoben, das Blut lief ihm aus dem Mund und tropfte von seine aufgeplatzten Händen doch seine Augen hatten nichts an Schärfe eingebüßt.

„ Ist heftig das du noch stehen kannst, aber Bruno will dich lebend, also leg dich wieder hin, okay.“ richtete der weißhaarige seine Aufmerksamkeit wieder auf Urig, der holte nur tief Luft und stieß einen weiteren Schrei aus, doch diesmal war es nicht einfach nur ein lauter, unkontrollierter Kraftstoss  sondern ein Satz:

„ Du lässt meine Freunde in Ruhe!!!“

Und wieder in normaler Lautstärke fuhr er fort:

„ Außerdem habe ich gesagt, dass ich gegen einen wie dich nicht verliere!“

Bianka packte Balus Arm.

„ Mit diesen Wunden kann er nicht kämpfen, kein Mensch und auch kein Zwerg kann das!“

Doch Balus ignorierte sie und richtete seine nächsten Worte an Alia:

„ Siehst du jetzt warum die Blutzwerge in allen Kriegen nicht geschlagen wurden, sondern sich selber vernichten mussten: Auf ihnen liegt zwar ein bösartiger Fluch, aber dafür kann sie auch kein anderes Wesen in die Knie zwingen.“

 

Urigs Gegner ging langsam wieder auf den schwer atmenden Blutzwerg zu und blickte ihn prüfend an.

„ Du bist doch schon lange fertig, also lass uns dieses Spiel beenden!“ und mit diesen Worten holte er aus und schlug mit seiner rechten Faust nach Urigs Gesicht. Man konnte vom ersten Blick an sehen, dass Urig kräftig war, er war sogar unglaublich stark aber was man ihm nicht ansah, war die Gewandtheit mit der er nun konterte. Er lehnte seinen Oberkörper nur ein kleines Stück nach hinten, sodass die Faust seines Gegners knapp an seinem Kinn vorbeischlug. Gleichzeitig schlug Urig selber zu und traf den ungedeckten Zwerg in den Magen. Und noch während sein Gegner spuckend einen halben Schritt nach vorne machte um nicht zu fallen riss Urig seine zweite Faust nach oben. Der Kinnhacken traf den Zwerg perfekt, schleuderte ihn in Luft und lies ihn krachend auf den Boden aufschlagen. Urig stand einfach nur da, die beiden Fäuste noch gehoben und leckte dann langsam das Blut von den Knöcheln seiner rechten Hand.

Der Weißhaarige rollte sich schnell weg, obwohl Urig keine Anstalten machte ihm nachzusetzen. Er wollte sofort wieder aufspringen, geriet aber deutlich ins Schwanken, da ihm Urig Kinnhacken noch in den Knochen steckte. Er schüttelte einige Male benommen den Kopf bis sich sein Blick wieder klärte und er Urig wieder klar sehen konnte.

„ Du verdammter Bastard!“ schrie er wutentbrannt und ging wieder auf Urig zu, diesesmal hatte er beide Fäuste erhoben und schien wesentlich konzentrierter als beim Mal zuvor.

„ Ich bringe dich um!“ fauchte er Urig entgegen, der nichts entgegnete und seinen Gegner nur abschätzig musterte. Wie ein Wolf, der auf ein Schaf blickte was sich gegen ihn wehrte.

Der Zwerg schlug wieder zu. Viel schneller und präziser als vorher. Seine Faust fuhr auf Urig nieder, sie zielte mitten auf Urigs Gesicht. Doch statt ihr auszuweichen warf Urig sich nach vorne. Die Faust traf Urigs Stirn. Urigs Stirn traf die Faust. Eine Nanosekunde drückten die beiden Zwergen mit ihren Körperteilen gegeneinander, wie zwei Ringer in einem endlosen Kampf. Dann brach die Hand des Zwerges, die Knochen aller Finger brachen, sämtliche Adern in der Hand platzten und der Zwerg fiel schreiend nach hinten. Im nach hinten stolpern erwischte ihn Urigs Faust. Der Blutzwerg zog sie von unten seitlich hoch und lies sie gegen die Schläfe seines Gegners krachen. Der Zwerg hob vom Boden ab, drehte sich einmal, in der Luft, um sich selbst und landete danach auf dem Boden. Er blieb liegen und einzig das Blut floss aus seiner völlig zerstörten Hand. Urig blickte noch eine Sekunde auf seinen besiegten Gegner herab, dann drehte er sich langsam zu seinen Freunden um und nun sahen auch Bianka und Balus wieder Urig, einen unglaublich erschöpften, verletzten und verdreckten Urig, aber Urig. Der Blutzwerg in ihm hatte sein Blut bekommen und hatte Urigs Geist nun erst mal endgültig freigegeben. Doch statt Erleichterung, Hoffnung, Freude und Glück standen Schrecken, Angst und Panik in den Gesichtern von Urigs Freunden, als er sich zu ihnen umdrehte.

„ Urig hinter dir!“ schrie Alia

Urig wirbelte herum. Bruno stand über ihm, das Kurzschwert gezogen und zum Schlag erhoben. Sein Gesicht war von Wahnsinn gezeichnet und er lachte unkontrolliert, als er die Waffe auf Urig niedersausen lies. Urig wollte seine Arme nach oben reißen, sich irgendwie schützen, dem tödlichen Schlag, der seinem Hals galt entgehen, aber sein Körper forderte seinen Tribut. Seine beiden Arme waren unglaublich schwer. Zu schwer. Er konnte sie nicht mehr heben und besaß auch nicht mehr die Kraft sich zur Seite zu werfen. So sollte es also enden. Doch Urig verschwendete keinen Gedanken an Trauer oder den Gedanken, dass er nun seinem Ende, in Form von Brunos Kurzschwert, entgegenblickte. Seine Freunde würden es bis zur Treppe schaffen, sie würden entkommen und irgendwo ein neues Leben beginnen. Er würde ihnen aus einer anderen Welt zusehen und ihr Glück und ihren Frieden, dass was er nie gehabt hatte, und dank seinem Erbe auch nie hätte haben können, würde auch sein endgültiger Friede sein. Und so lächelte Urig, als Brunos Klinge auf seinen Hals zuschoss.

 

Brunos Kurzschwert war nur noch einige Zentimeter von Urigs Halsschlagader entfernt als Bruno plötzlich, vor Schmerz schreiend, in sich zusammenbrach und vor Urig auf den Boden fiel und dort zuckend liegen blieb.

„ Der Geist eines gefolterten bringt dem Opfer die Schmerzen, die der Geist bei seinem Tod fühlte.“ stieß Balus zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

Eine Sekunde lang war es still, dann rannte Alia los, packte Urigs Arm und zog ihn drängend zur Wendeltreppe während Bianka den keuchenden Balus stützte. Die Treppe schien für den ramponierten Tross zu einem unüberwältbarem Hindernis zu werden, doch nach zahllosen kleiner Schritte und stöhnenden Schmerzensschreien gelangten sie auf den Wehrgang. Balus trug die ganze Zeit ein Seil um die Schultern, dass sie nun an der Mauer hinab ließen und nacheinander hinunterkletterten. Wobei Urig festgebunden und von dem schnaufenden Balus und der keuchenden Bianka hinuntergelassen wurde. Unten lag ein vertäutes Boot und auf Biankas Frage wie sie das hier her bekommen hatten erwiderte Balus nur das er es schon vor einigen Nächten von einem Geist hier in den Schatten hatte bringen lassen. Sie stiegen zu viert in das Boot und Balus stieß sie vom Ufer ab. Sie zitternden alle und warteten förmlich darauf, das ein Schrei eines Wachsoldaten ihrer Flucht nun doch noch ein jähes Ende bereiten würde, doch die Soldaten bewachten entweder das zweite Gefängnis, jagten Balus Geistern hinterher oder waren anderweitig vollauf beschäftig. Und selbst, wenn ein Soldat einen flüchtigen Blick über die Brustwehr werfen würde, war heute zu viel passiert, als dass er sich die Ruhe nehmen würde das Wasser genau nach einem, langsam in den Schatten der Nacht versinkendem Boot abzusuchen.

 

Doch erst als sie sich sicher waren, dass sie außer Sicht und Hörweite der Gefängnisinsel waren trauten sie sich erst wieder laut zu atmen oder sich zu bewegen. Zum Glück konnten sie sich von der Strömung tragen lassen, den keiner von ihnen besaß noch wirklich die Kraft um zu rudern. Doch trotz ihrer Erschöpfung waren sie alle zufrieden. Selbst der manchmal so griesgrämige Urig hatte eben erst gekämpft und hatte einen völlig freien Kopf.

„ Balus gib mir dein Messer.“ sagte Urig mit schwacher Stimme. Er lag im Heck des Bootes und streckte die zitternde Hand aus als Balus ihm sein Messer reichte.

„ Und jetzt deinen Arm.“ sagte Urig während er sich unter leisem stöhnen halb aufrichtete.

Wie befohlen  hielt Balus Urig schweigend seinen Arm hin und sah mit unbewegter Miene zu wie sich Urig mit dem Messer über Balus Arm beugte und dabei vor Schmerzen zuckte.

„ Was tust du da?“ fragte Bianka, erkannte aber schon in der nächsten Sekunde was Urig vorhatte und hielt ihrer Tochter gerade noch rechtzeitig die Augen zu. Urig ritzte etwas in Balus Arm, der atmete zwar zischend ein aber zeigte sonst mit keinem Geräusch die Schmerzen, die durch seinen Arm toben mussten. Nach einem kurzen Moment war Urig fertig, er warf das Messer neben sich ins Boot und lies sich schwer atmend zurückfallen.

„ Das musste ich jetzt tun.“ sagte er matt.

Balus zog seinen Arm zurück und betrachtete mit vor Schmerz zusammengekniffenen Augen seinen Arm, von dem das Blut tropfte. Tränen sammelte sich in seinen Augen und von einem auf den anderen Moment schloss er Urig weinend in die Arme und drückte den Zwerg so doll wie es seine Verletzungen eben zuließen. Urig hätte gerne Balus Schulter getätschelt, doch dazu fehlte ihm nun wirklich die Kraft und so konnte er nur abwarten, bis Balus sich einigermaßen beruhigt hatte und ihn losließ. Sofort drängten sich Alia und Bianka um ihn und blickten auf seinen blutenden Arm. Dort wo vorher „Sokai“ gestanden hatte, hatte Urig einen weiteren Buchstaben in den Arm geritzt.

„ Tsokai? Was bedeutet das?“ fragte Alia verständnislos

Urig antwortete:

„ Es bedeutet so viel wie „ Guter Diener“.“

„ Guter Diener?“ fragten Alia und Bianka gleichzeitig verwundert.

 Balus schluchzte und wischte sich mit dem nicht verletzten Arm die Tränen aus den Augen.

„ Das ist die wortwörtliche Übersetzung. Außerhalb meines Stammes wird eigentlich immer die freie Übersetzung verwendet.“

„ Und die ist?“ fragte Bianka gespannt.

Balus brach wieder in Tränen aus.

„ Freund.“

Epilog

 

 

Urig lag in dem Bett, in der Dachkammer die Balus und Alia gemietet hatten. Sein ganzer Körper tat ihm unglaublich weh und er glaubte fast, dass an Schlaf in dieser Nacht nicht zu denke war. Die drei anderen hatten das Zimmer geräumt und teilten sich das Nebenzimmer. Balus hatte dem Schwein, wie Bianka ihren Gefängniswärter immer genannt hatte, wohl noch einen Beutel mit Münzen abgenommen. Der Sold eines einfachen Soldaten dürfte nicht für lange reichen doch zumindest für ein Weilchen. Doch er wollte sowieso nicht schlafen. Sein Kopf war wunderbar frei und er genoss das Gefühl wie immer in vollen Zügen. Ein Knarren unterbrach die Stille der Nacht. Urig drehte den Kopf zur Tür und sah einen Schatten hereinhuschen und einen Moment später schlüpfte Alia zu ihm unter die Decke.

„Müsstest du nicht längst schlafen?“ fragte er in gespieltem Ernst.

„ Mama und Balus sitzen noch draußen und ich kann nicht alleine einschlafen, also wollte ich fragen ob...“ fing sie an während sie sich an seine Seite kuschelte.

„ Kein Problem.“ sagte Urig und lächelte im Dunkeln.

Sie beide schwiegen eine Weile und gerade als Urig dachte, die Kleine wäre nun eingeschlafen legte sie ihren Kopf auf seine Brust und sagte.

„ Weißt du, Mama hat sich immer gut um mich gekümmert, aber es gab immer wieder Situationen, wo sie nicht weiterkam. Viele Leute haben ihre Schwäche ausgenutzt und dann habe ich mir immer vorgestellt, wenn sie nicht mehr weiter wusste, was mein Papa tun würde. Er würde uns in jeder Situation beschützen und uns vor allen bösen Menschen beschützen. Er würde immer für uns da sein und würde alle Probleme, die Mama nicht lösen kann für sie erledigen.“

Sie schwieg eine Weile und flüsterte dann in Urigs Ohr:

„Genau so wie du das getan hast. Ich hatte zwar nie einen, aber ich könnte mir keinen besseren Papa als dich vorstellen.“

Dann schwieg sie und Urig konnte kaum glauben, was er da gerade gehört hatte, dann sagte er ganz vorsichtig:

„ Alia ich könnte mir auch keine bessere Tochter als dich wünschen, denn wenn ich in deine Augen schaue, dann sehe ich in ihnen etwas, dass mir hilft, das dafür sorgt, dass ich niemals aufgebe, dass mein Leben einen Sinn hat. Ich werde niemals zulassen das dir jemand etwas antut, solange ich irgendwie in der Lage bin das zu verhindern. Aber ich habe mehrere gebrochene Rippen, könntest du bitte deinen Kopf von meiner Brust nehmen?“

Doch es gab keine Reaktion. Alia war eingeschlafen. Urig stöhnte innerlich auf. Nun war er sich ganz sicher, dass er in dieser Nacht keinen Schlaf finden würde. Aber genau genommen wollte er das auch gar nicht mehr. Er wollte einfach nur noch hier liegen, Alia neben sich, und diesen Moment in all seinen Zügen auskosten.

 

 

Bianka lies sich auf dem Balkon des zweiten Zimmers das sie genommen hatten wieder neben Balus sinken.

„ Die Kleine ist bei Urig.“ sagte sie lächelnd zu Balus, der die ganze Zeit auf das Wort in seinem Arm starrte. Ein dauerhaftes Lächeln umspielte seine Züge. Dann blickte er auf und starrte in die Ferne.

„ Ich habe dir doch gerade Urigs Geschichte erzählt,“ sagte er lächelnd, „ ich habe einen Punkt vergessen zu erwähnen.“

„ Und welchen?“ fragte Bianka nach

„Bis er irgendwann in der Dunkelheit versinken wird...“ wiederholte Balus den Satz mit dem er Minuten zuvor seine Erzählung beendet hatte.

„... wenn nicht irgendein Lächeln die Dunkelheit für immer vertreibt.“

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Kenshin

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Kenshin Re: -
Zitat: (Original von EagleWriter am 09.05.2012 - 21:12 Uhr) Scheint sich zu lohnen. Werde auf jeden Fall weiterlesen


Danke :)
Vor langer Zeit - Antworten
EagleWriter Scheint sich zu lohnen. Werde auf jeden Fall weiterlesen
Vor langer Zeit - Antworten
Treebeart Hallo Kenshin,

Nun, wie bereits angedroht, meine Meinung zum Blutzwerg. Dies spiegelt natürlich nur meine,rein subjektive, Meinung dar.

Generell bin ich der Meinung, dass Du die Geschichte bereits vor einiger Zeit geschrieben hast. Während der Geschichte passiert es Dir immer wieder, dass Du plötzlich ?moderne? Begriffe oder Redensarten (z.b. er ist auf 180, Slums, auschecken, Nanosekunde ) verwendest, was vom Stil her überhaupt nicht passt. Diese Stilbrüche gibt es bei der Händler-Geschichte immer seltener. Ebenso wie ständige Wortwiederholungen (z.b. das Schwein). Hier sehe ich definitiv eine positive Lernkurve.
Wenn mich nicht alles täuscht ist Alia zu Beginn der Geschichte acht Jahre alt. Später, bei den Vorbereitungen zum Ausbruch ist sie Neun. Hab ich da einen Geburtstag verpasst?

POSITIVES:

- Ein sehr gelungener Einstieg. Vom Aufbau her erinnert mich das sehr die Eröffnungssequenz von Rambo III, was ich hier aber sehr gelungen finde. Schließlich geht der Blutzwerg hier in ziemlicher Rambo-Manier vor.

- Der Gemütszustand des Zwerges. Endlich mal eine Hauptfigur, bei der von Anfang an klar ist, dass es kein unfehlbarer Held ist.

- Die Einführung von Alia und Bianka. Das Kind füttert Spatzen und die sorgenvolle Mutter passt auf ihre Tochter auf. Sehr gelungen.

- Dass Urig vor Kämpfen sein Genick knacken lässt. Frag mich nicht warum, aber dieses Detail hat es mir angetan.

- Urig nimmt sich mittendrin die Zeit, um Schmiedekunst zu bewundern. Sehr schön. Realismus pur.

- Urig rennt, um Aila zu Hilfe zu kommen. Sehr gut geschriebene Szene

- Die Falle und der anschließende Kampf, in dem Urig sich für das kleine Mädchen opfert. Sehr gut geschrieben. Vor allem das Werfen hat was.

- Das erste Gespräch zwischen Balus und Aila. Es gefällt mir vor allem, das Balus erstmal vor sich in stottert und nicht recht weiß, wie man mit kleinen Mädchen redet.

- Feindbild Inquisition.

- Etwas riskieren und alles riskieren ? Nettes Wortspiel.

- Der ständige Szenenwechsel zwischen Urig und Balus, während Balus vom Geheimnis des Blutzwerges erzählt. Spannend gemacht durch die schnellen Szenenwechsel.

NEGATIVES:

- Der Name Urig. Klingt unfreiwillig drollig, finde ich. So in etwa wie ?Urig lustig? oder ?Urkomisch?.

- Urig lässt sich von mehreren Gegnern blutig schlagen und macht nichts außer glücklich zu lächeln, nur weil er das kleine Mädchen sieht. Das ist bestenfalls kitschig, aber vor allem ziemlich unrealistisch. Als Leser möchte man ihm zurufen ?Mensch, dann guck halt woanders hin!?

- Die Figuren siezen sich teilweise. Das passt nicht zum Stil. Lass sie sich mit Du, Ihr oder Euch anreden.

- Bianka fallen mal eben 4 Goldlinge aus der Tasche. Da sie das Geld so dringend braucht sollte man davon ausgehen, dass sie entsprechend drauf aufpasst. Lass sie vom Gnom schubsen oder sowas, dann könnte ein Stück Stoff vom Kleid reißen und schon wirkt das realistischer.

- Sportvereine ? Es ist Deine Welt, klar. Aber das klingt irgendwie, als würden sich alle auf die bevorstehende Fußball WM freuen...

- Das Aufdecken beider Tätowierungen geschieht zu schnell hintereinander. Bei Balus ist das sehr schön in eine Szene verpackt. Aber direkt im Anschluss entdeckt Bianka bei Urig (oh Wunder oh Wunder) ebenfalls eine Tätowierung. Der Zwerg wacht gerade in einer Zelle auf, nachdem er die Prügel seines Lebens kassiert hat. Er sollte wütend sein, sich Sorgen um die anderen machen oder eine Flucht planen. Stattdessen zeigt er einer Frau seine Tattoos.
Die Idee mit den Tätowierungen ist genial. Du solltest aber etwas Zeit verstreichen lassen bevor Urig seines ebenfalls zeigt und erklärt.

Das Lesen hat Spaß gemacht und Du schaffst es mit der Gattung ?Blutzwerg? eine neue Zwergenart einzuführen, ohne die bestehenden Wesensarten eines Zwerges zu missachten. Das Ende ist etwas kitschig und für meinen Geschmack zu sehr auf Happy End getrimmt, aber das kann jeder sehen wie er will. Besonders der Gag am Schluß (Nimm den Kopf runter, ich hab gebrochene Rippen) hat mir gefallen. Ansonsten hast Du die ganze Geschichte über diesen derben Humor, der mir schon beim Händler so gut gefallen hat.
Vor langer Zeit - Antworten
Kenshin Re: Also -
Zitat: (Original von Arrix am 29.03.2010 - 22:09 Uhr) nachdem ich mir nun die ersten drei Abschnitte durchgelesen und dann auf die Länge geuckt habe, bekam ich erstmal große Augen. *gg*
Ich dachte es wäre was kleines für zwischendurch und dann ists so ein kleiner Roman. :D
Ich hoffe du hast nichts dagegen, dass ich mir deine 51 Seiten mal kurz in Office reinkopiert und abgespeichert habe. Wird was dauern bis ich damit fertig bin.

Aber dafür lass ich erstmal ein kleinwenig Kritik und Lob für das, was ich bis jetzt gelesen hab hier.
Also erstmal bei "3fach" und dergleichen schreibt man die Zahlen aus. Alle Zahlen bis 13 oder so werden ausgeschrieben und das auch nicht ohne Grund. Verbessert das Schriftbild meiner Meinung nach erheblich. Ansonsten hab ich noch ein zwei Wiederholungen entdeckt.

Aber sonst sehr schön geschrieben. Ich konnt mir alles gleich vorstellen und musste bei der Beschreibung vom Zwerg richtig lachen. Ich glaub ich nenn meine beste Freundin (weniger als 1, 55 *gg*) nicht umsonst Zwerg. :D

Ich versuch sobald es mir meine Zeit erlaubt mal weiterzulesen und dir dann Feedback zu geben.

Liebe Grüße
Arrix.


Danke, ja das mit den zahlen war mir schon bewusst aber wenn ich schnell schreibe vergesse ich es immer wieder....
:(((

Ja ist etwas länger geworden, also lass dir ruhig zeit^^
Vor langer Zeit - Antworten
Arrix Also - nachdem ich mir nun die ersten drei Abschnitte durchgelesen und dann auf die Länge geuckt habe, bekam ich erstmal große Augen. *gg*
Ich dachte es wäre was kleines für zwischendurch und dann ists so ein kleiner Roman. :D
Ich hoffe du hast nichts dagegen, dass ich mir deine 51 Seiten mal kurz in Office reinkopiert und abgespeichert habe. Wird was dauern bis ich damit fertig bin.

Aber dafür lass ich erstmal ein kleinwenig Kritik und Lob für das, was ich bis jetzt gelesen hab hier.
Also erstmal bei "3fach" und dergleichen schreibt man die Zahlen aus. Alle Zahlen bis 13 oder so werden ausgeschrieben und das auch nicht ohne Grund. Verbessert das Schriftbild meiner Meinung nach erheblich. Ansonsten hab ich noch ein zwei Wiederholungen entdeckt.

Aber sonst sehr schön geschrieben. Ich konnt mir alles gleich vorstellen und musste bei der Beschreibung vom Zwerg richtig lachen. Ich glaub ich nenn meine beste Freundin (weniger als 1, 55 *gg*) nicht umsonst Zwerg. :D

Ich versuch sobald es mir meine Zeit erlaubt mal weiterzulesen und dir dann Feedback zu geben.

Liebe Grüße
Arrix.
Vor langer Zeit - Antworten
Kenshin Re: Eigentlich bin ich kein großer Fan von Zwergen ... -
Zitat: (Original von Bonnie am 07.02.2010 - 18:57 Uhr) Habe mich mal nach neuen Büchern umgesehen und bin auf deine Geschichte über deinen ganz persönlichen Zwerg gestoßen. Finde die Idee wirklich interessiert, wenngleich ich, wie das Thema dieses Kommentares schon erwähnt, kein großer Fan von Geschichten über Zwerge bin. Jedoch werde ich mich über eine Fortsetzung freuen, da ich deinen leichten, witzigen Schreibstil mag. :-)

Mit freundlichen Grüßen,
Bonnie


Das ist doch das bestmögliche Kommentar, wenn ich schon Leute, mit meiner Zwergengeschichte, begeistern kann die eigentlich gar keine Zwerge mögen
:=)))
Werde versuchen möglichst schnell eine Fortsetzung fertigzustellen^^^

Vor langer Zeit - Antworten
Kenshin Re: -
Zitat: (Original von Prinzesschen am 07.02.2010 - 18:56 Uhr) Die Geschichte an sich gefällt mir gut, klein siegt über groß. Der Kampf ist auch gut beschrieben, so dass man alles gut nachvollziehen kann.
Das einzige was mich ein biscchen stört ist, dass du an manchen Stellen Sätze hast, die sehr lang und verschachtelt sind. Die muss man zwei oder drei Mal lesen.
Aber insagesamt gut, bin auf die Fortsetzung gespannt.
Grüße


Danke für das Kommentar, das mit den langen Sätzen habe ich mi leider angewöhnt und werde es mir wohl auch nicht mehr abgewöhnen können^^
hoffe es stört nicht allzusehr
Vor langer Zeit - Antworten
Prinzesschen Die Geschichte an sich gefällt mir gut, klein siegt über groß. Der Kampf ist auch gut beschrieben, so dass man alles gut nachvollziehen kann.
Das einzige was mich ein biscchen stört ist, dass du an manchen Stellen Sätze hast, die sehr lang und verschachtelt sind. Die muss man zwei oder drei Mal lesen.
Aber insagesamt gut, bin auf die Fortsetzung gespannt.
Grüße
Vor langer Zeit - Antworten
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