Wenn sie zurückdenkt, dann schleichen sich immer wieder dieselben Bilder und Gefühle in ihre Gedanken. Mit traurigem Blick und glitzernden Tränen in den Augen sitzt sie in ihrem Zimmer und träumt vor sich hin. Denn durch ihre Fantasie und ihre Tagträume kann sie der Realität einfach entfliehen und diese geben Ihrem Leben einen neuen Sinn. Sie weiß, dass eigentlich das Leben ihr Sinn geben sollte, nicht ihre Fantasie, doch die Fantasie ist das einzige das ihr Halt gibt.
Es war ein schöner Tag, sie konnte ihn mit ihren Freunden verbringen. Zusammen konnten sie lachen und einfach Spaß haben. An solchen Tagen vergeht die Zeit wie im Flug und schon verabschiedet man sich voneinander.
Ihr sehnlichster Wunsch ist es, dass solche wunderschönen Tage öfters vorkommen sollen.
Dennoch bleiben sie eine Seltenheit. Spaß ist meistens ein Fremdwort, mit dem sie alleine nichts anfangen kann. Die meiste Zeit verbringt sie zuhause vor dem Fernseher oder sie liest Bücher, viele Bücher. Aber meistens ist sie in ihrer Fantasiewelt anzutreffen, die sie sich über die Jahre aufgebaut hat. Es ist nicht nur eine Welt, es sind bald mehr als man zählen kann. Ideen aus dem Fernsehen dienen als Vorlage für eine "bessere" Welt. Sie kann sein wer sie will, cool, anrüchig oder auch nur schüchtern. Jeder mag sie und sie kann tun und lassen was sie will, ohne dass irgendjemand nur daran denken würde sie zu verurteilen, außer sie will es so. Ein Leben wie sie es sich immer wünscht und erträumt, dass aber die anderen Leben.
Ihre Traumwelt ist schon zu ihrem Lebensinhalt geworden. Manchmal scheut sie sich schon vor denn menschlichen Kontakt. Geküsst hat sie schon lange niemand mehr. Sie versteht nicht ganz wieso, immer wieder versucht sie eine Beziehung zu anderen Menschen, vor allem des männlichen Geschlechts, aufzubauen. Doch die Versuche sind beinahe immer zum Scheitern verurteilt. Liegt es etwa an ihrer Art, oder an der Art wie sie andere sehen? Keiner will mit ihr den Abend verbringen. Jeder scheut sie, außer natürlich sie kann ihnen nützen. Besser noch gesagt, die anderen können sie ausnützen. Darin sind sie mittlerweile schon recht gut. Die "Freunde" gewinnen ihr Vertrauen und somit haben sie Macht über sie. Jedesmal wenn sie versucht dem zu entkommen, gelingt es ihr meistens nicht, weil sie schlussendlich wieder ganz alleine sein würde. Ein Teufelskreis, dem man nicht entkommen kann.
Eines Tages, wie könnte es auch anders sein, kam der große Streit. Diesmal merkt sie wieder, wie könnte es auch anders sein, wie sich die Leute gegen sie stellen. Doch diesmal kann sie sich nicht mehr wehren, sie hat einfach keine Kraft mehr. Sie kann es nicht mehr ertragen, ganz alleine zu sein. Immer wieder hat sie es versucht, versucht mit der wenigen Kraft die sie noch hatte, diese Träume auszublenden, aber dieses Mal schaffte sie es nicht mehr. Dadurch wurde sie von allen gehasst, ihre „Freunde“ wussten nicht wieso sie sie hassen, aber sie taten es. Dann sah sie den Ausweg, denn EINEN Ausweg, der alles beenden konnte.
Zeitungsartikel: Selbstmord aus Verzweiflung?
Am 2. Juni sah Anna P. mit ihren 18-Jahren wohl keinen anderen Ausweg mehr. Zum dem tragischen Unglück dürfte es, laut Aussagen ihrer Freunde, wegen einer Unstimmigkeit in der Clique gekommen sein. "Es war doch nur ein kleiner Streit wie er doch unter Freunden üblich ist. Ich kann es noch immer nicht verstehen, wieso sie es getan hat", so ein enger Freund. Alle sind fassungslos, Familie, Freunde und Bekannte. Es können nur Vermutungen angestellt werden, wieso dies geschehen musste, denn bis jetzt wurde noch keinen Abschiedsbrief gefunden. Wieder ist ein Mensch von uns gegangen, weil er anscheinend nicht mehr wusste, wie es weitergehen soll. Anna P. stürzte sich von einer 30 Meter hohen Brücke in den Tod. Bei der Trauerfeier versammelten sich Familie und Freunde, um bei ihrer Lieblingsmusik von Rod Steward, Abschied zu nehmen. Eine bewegender Augenblick.
Monate später wurde er gefunden:
Der Abschiedsbrief:
Wenn ihr das lest, dann bin ich längst nicht mehr auf dieser Welt. Da ich schon immer an Widergeburt geglaubt habe, bin ich fest davon überzeugt, dass es mir jetzt besser gehen wird, egal ob ich nun ein Mensch oder Tier sein werde. Sollte es die Widergeburt aber nicht geben, wäre es wieder ein Tiefschlag für mich. Denn dann wäre alles nicht war, woran ich so lange geglaubt habe.
Aber ihr wollt sicher wissen, wieso ich gesprungen bin?!
Ich konnte einfach nicht mehr. Ich habe keinen Ausweg mehr gesehen. So schnell kann es gehen und man ist dort, wo niemand hin möchte. Auf keinen Fall werde ich mich entschuldigen oder jemanden für meinen Tod verantwortlich machen! Denn wenn ich nicht mehr bin, könnte ich eigentlich, wenn ich wollte, jedem ein schlechtes Gewissen einreden und das bis ans Ende der gewissen Person. Zu Lebzeiten hätte ich es vielleicht auch gemacht aber der Tod ist endgültig. Und danach kann ich mich bei niemanden mehr Entschuldigen wenn ich einen Fehler begangen habe.
Der Grund: Ich konnte nicht mehr mit meinem Leben fertig werden. So schlimm sich das auch anhören mag, es ist so. Ich war einfach verzweifelt, denn ich war fast immer alleine, und wenn ich es einmal nicht war, dann habe ich mich so gefühlt. Meine Träumereien waren meine einzigen Weggefährten, die mir schlussendlich auch nicht mehr zu helfen vermochten.
Seis drum. Was geschehen ist, das ist geschehen.
Entschuldigen werde ich mich nicht, denn es war meine Entscheidung und sollte ich diese Bereuen, dann werdet ihr es sowieso nie erfahren.