Biografien & Erinnerungen
Töne, Gehör und Poesie

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"Töne, Gehör und Poesie"
Veröffentlicht am 30. Januar 2010, 8 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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einer der auf dem Weg ist ...
Töne, Gehör und Poesie

Töne, Gehör und Poesie

 

Töne, Gehör und Poesie 

 

In der Musik liegt ein guter Teil Schönes. Vererbung überreichte uns einen Ansatz, mit dem wir, mein Bruder und ich, zu leben begannen. Um uns gab es Musik und dass sie in uns war, verstanden wir erst später.

Singe, wem Gesang gegeben - viele müssten’s lassen, denn die Gabe ereilt nicht wahllos Jeden.

Sein ist DASEIN und Bewusstsein setzt rückkopplungsfähiges Denken voraus. Wir sangen überall da, wo man uns hinstellte. Beim Arzt, den Verwandten und vor Bekannten. „Lilie Marlen“ genauso wie Volksweisen, Schlager wie Schnulzen. Instrumentales Dilettieren war in, Konserven in Form von Platten gab’s nur für alte Grammophone, die ich mit seltener Konsequenz zerstörte oder die gleich freiwillig ihren Geist aufgaben. Ersatzteile gab es nicht und ein schickes neues Radio war Luxus. Stereo kam Jahre danach, unser Empfänger stand oben auf dem Küchenschrank und Vater drehte ihn immer ab, wenn er von der Arbeit kam.

Mit 11 oder früher lancierte uns Mutti in den Schulchor, die Volkstanzgruppe war Bestandteil und der Fanfarenzug sollte folgen. Wie jedes Hobby verbanden wir dieses eng mit der Person des Leiters, sein Charisma moderierte den Zulauf. So hatte uns der Chor länger als der Spielmannszug, denn diesen befehligte ein brutaler Lehrer namens Nowak.

Rudi Büchner, außerdem der Gartennachbar, hatte nicht nur das Händchen zum Chorleiten, er war ein Mann mit Phantasie, Ideen und Durchsetzungsvermögen. Es entstanden gestaltete Programme, die die Hörer durch die Jahrhunderte mit Chorliedern begleiteten. „Es steht ein goldnes Garbenfeld, das geht bis an den Rand der Welt“, im Hintergrund projizierte ein Diaprojektor passend die Bilder auf die Leinwand, wir spielten die Kammerdienerszene aus „Kabale und Liebe“ und der Schluss beschwor eine imaginär helle Zukunft.

Büchner lehrte uns die Liebe zu guter Musik, war voll gegen H. Roth und tat den wahren Spruch: „Kunst, die nichts kostet, taugt nichts“. In der Erinnerung bleiben Supertage im Ferienlager in Storkow und meine erste Freundin Karin aus Bautzen. Nebenbei eine platonische Beziehung zu ‘nem Mädel, die wesentlich älter war und die heute ein Zoologieladen mit ihrem Gemahl betreibt. Die Art Mädels war schon fix und fertig, umworben von allen Jahrgängen. Nur ich war klein und unscheinbar, einzig meine ersten Gitarrenklänge taugten zum Anreißen.

Ich hatte mit zwölf begonnen Konzertgitarre zu lernen.

Mein Lehrer Franz Seigert war ein Ostpreuße, ein Heimatverlierer.

Bei ihm lernte ich Schnaderhüpferln und Ländler, Volkslieder und Schrammelmusi. Weil er nie streng war und meine angeborene Faulheit ein hartes Üben von Tonleitern aus- schloss blieben mir die „höheren Weihen“ des Instruments versagt. So hockte ich nur mach mal auf Befehl des Vaters, dem die monatlichen 60 Mark verdammt weh taten und zupfte gelangweilt Tonleitern. Zum Gesang zu klampfen, „Kein Gold am Blue River“ und andere Tagesschlager war simpel, wenn ich dem guten Gehör folgte. Brüderchen lernte die Schlagzitter zum Wimmern zu bringen, seine Geduld brach aber noch eher ab. Gemeinsame Ständchen waren somit von Seltenheitswert. Irgendwann begann eine Zeit im Chor, wo die Reisen nach Bulgarien auflebten und ich gab das Hobby dran, weil ich nicht einsah, warum man wegen einer Reise in den Chor eintritt.

Bruder blieb dabei und erlangte frühen Ruhm bei Fernsehauftritten, noch bevor TV echt „in“ war.

Im Bett lauschten wir die verbotenen Sender, wie den Soldatensender. An einem Abend in 1964 kam der revolutionäre Sound der BEATLES über den Sender. Wolfgang machte mich darauf aufmerksam, ihr „Yeah, yeah, yeah“ und „She loves you“ rüttelten uns wach. Von da an gehörten die Hitparaden zur Pflicht, „Beatclub“ von Radio Bremen - die Kultsendung und HR3 nebst Bayern 3 zu hören ein absolutes Muss. Der Alte war sauer, Boykott seine Reaktion und wir flüchteten uns subversiv zu Fräulein Schneider und zum Bäcker Siegfried. Kings und die Walker Brothers, die Monkees und Manfred Mann, die Rattles und Barry Ryan – genauso viele Bands kamen jede Woche auf, wie gleichzeitig eingingen.

Hätte uns nur damals Einer gesagt, dass Manfred Weißleder in Hamburg den „Starclub“ gegründet hatte, ich denke wir wären ausgewandert. Da überschneidet sich aber Wissen aus den 60ern mit dem aus den Jahren 1989/90 und wird somit nicht oder vom Autor nur wunschorientiert wiedergegeben. Eben bemerke ich beim öffnen der Datei, wie wichtig der Abgleich zu dem ist, dass ich geschafft habe.

Mindestens ein gutes Feeling muss dabei rüber kommen. Ganz am Rande fiel mir auf, wie wenig ich von meinen Geschwistern weiß. Mit Schwester hatte ich telefoniert und die hat keinen Schimmer davon, dass ich am Buch meines Lebens schreibe. Instinktiv blickte ich in mein Gedankenarchiv, wenn ich was über meine Erinnerungen an sie reflektieren sollte. Da fand ich wenig.

Da die Abfolge lose ist springe ich einfach in die Datei, mit der meine Biographie beginnt und werde da ein Stück „Remember Lonchen“ einbauen. Wann kam der „Singeclub“? Es war 1969 in der Lehr - und Abiturzeit. Der Club war ‘68 gegründet und nannte sich „Glas 68“. Aus Lehrlingen der BBS Technisches Glas war rekrutiert, der Mentor Gerd Rössler war FDJ - Sekretär. Fritjof G. traf ich da wieder, er ging zur Penne und war ein banderfahrener Gitarrenfreak geworden. Von 0 auf 100 in kurzer Zeit, wir waren eine effektive Crew. Husch Husch, Hubi, Gitti, Sabine, Ilona und Pit kamen aus der Labortechnik hinzu und innerhalb eines Jahres hatten wir einen Spitzenplatz im Bezirk Suhl ersungen. Auftritte, Zeitungsartikel und Fotos künden aus der Zeit. Probleme gab es beim Tragen von Blauhemden und -blusen, die Arbeiterpflichtlieder sangen wir nicht gern. Perry Friedmann und ein paar Idealkommunisten hatten die Bewegung angekurbelt und so debattierten/ komponierten wir in Gerds kleinem Büro des LWH’s. Bald nannten wir stolz ein Zimmer im Jugendclub unser Eigen, die Einrichtung sponsorte das Glaskombinat und zu Höhepunkten stellte man uns frei. Gesungen haben wir überall. Auf Versammlungen, zu Konferenzen und zu Wahlen - da kamen erste Allüren, von wegen Singen im Freien. Ausscheide wurden wie Sportwettkämpfe organisiert, für uns war das miteinander diskutieren mehr wert. Über Alles wurde entschieden, der Clubrat war unser demokratisches Instrument der fast wie ein Gericht zu Werke ging. Wir befanden über Verhaltensweisen, zerlegten Texte und Leute - bis einer uns auf den Trichter brachte, daß man Einen auch wieder zusammensetzen muss, wenn man ihn auseinander genommen hat. (Weiter im Text gehen!) Ich brauche diese Stunden am Morgen für mich allein. Gestern, am Sonnabend, stand ich 5 Uhr auf, heute war’s um sechs. Stille und Frieden in mir und um mich. Waschen und Tee kochen, alsdann die erste Zigarette rauchen und auf dem Balkon dem Wind hinterher hören der über den Berg streicht. Die Sonne aufgehen sehen und wenn alle Anderen aufstehen, habe ich schon meinen Teil getan.

 

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Boris
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Boris Re: Viele Details ... - finde ich gut, wenn du das so schreibst - dann will cih sicher nochmal daran arbeiten...


LG J.
Zitat: (Original von Abendschoen am 30.01.2010 - 10:12 Uhr) ... über das Musikleben von damals, aufschlussreich. Den Ansatz, diese Erinnerungen, Aufzeichungen mit der Situation und dem Bewusstsein des Erzählers von heute zu kombinieren, finde ich dem Grunde nach reizvoll. Dennoch hätte ich mir gewünscht, dass das dann noch etwas stärker herauskommt. - Arno Abendschön

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Abendschoen Viele Details ... - ... über das Musikleben von damals, aufschlussreich. Den Ansatz, diese Erinnerungen, Aufzeichungen mit der Situation und dem Bewusstsein des Erzählers von heute zu kombinieren, finde ich dem Grunde nach reizvoll. Dennoch hätte ich mir gewünscht, dass das dann noch etwas stärker herauskommt. - Arno Abendschön
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