Romane & Erzählungen
Joana - Was ist das Leben?

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"Joana - Was ist das Leben?"
Veröffentlicht am 15. Oktober 2009, 8 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Joana - Was ist das Leben?

Joana - Was ist das Leben?

Kapitel 1 und 2

Dass dieser Morgen wohl kaum besser sein würde als jeder andere verschissene Morgen, war Joana bereits klar, als sie ihren Traum verscheuchte um die nervtötenden Geräusche des Staubsaugers wahrzunehmen und zu definieren wo genau in dem Haus sich ihre Mutter gerade befand.
  Sie waren ziemlich laut, ohrenbetäubend laut und schon bald erinnerte sich Joana auch wieder an den gestrigen Abend, zumindest annähernd. Schmerzen erinnerten meist besser an vergangene Tage als irgendwelche wohligen Gerüche und Töne.
    Sie erhob sich von ihrem Kissen und musste erst einige Sekunden ihre Augen erneut schließen um ihren Körper darauf einzustellen, dass sie für die nächsten Minuten einen aufrechten Gang geplant hatte, anstatt sich im Kreis zu drehen. Nachdem er überzeugt war, stand sie auf und schloss ihr Fenster.
  Dann ging sie durch den kleinen Raum, vorbei an Bett und Schrank auf der linken-, und Spiegel und Schreibtisch auf der rechten Seite, und presste ihr Ohr an die weiße Tür zum Flur.
  „Na dann.“, sagte sie leise zu sich selbst, als hätte ihr gerade jemand eine beruhigende Information überbracht, und schlenderte zu ihrem Spiegel um sich ein Bild über die übrig gebliebenen Spuren der letzten Nacht zu machen.
  Offenbar befand sich ihre Mutter mit dem Sauger, oder besser der Sauger mit ihrer Mutter, noch im unteren Stockwerk und dort galt es immerhin einen großen Ess-und Wohnraum, einen Flur und ein Gäste-Bad zu reinigen und am Putzen im Allgemeinen konnte sich Anna Pierette den ganzen lieben, langen Tag aufhalten.
  Es bestand also vorerst keinerlei Gefahr irgendeiner Moralpredigt ausgesetzt zu werden.
 
Joana konnte sich gerade vielleicht nicht mit Marilyn Monroe vergleichen, aber ein Charles Manson war sie auch noch nicht.
  Es ging.
  „Es geht.“ Standartantwort auf alle dummen Fragen, die nur gestellt werden, um ein Gespräch in Gang zu bringen, was bereits zu Beginn als wert-und inhaltslos abstempelbar war. Darauf folgte, dann entweder so etwas wie: „Oh, was ist denn los?“ Das waren dann die Interessierten, oder zumindest die, die Interesse heucheln konnten und wollten, oder es kam ein: „Hm, ja es muss ja!“.
  Bei einem „Hm, ja es muss ja!“ war ein Smalltalk meist sofort beendet, bei einem „Oh, was ist denn los?“ kam man schon mal ins Gespräch und somit auch eher ins Bett.
Letzte Nacht war es kein Bett gewesen, sondern ein Mercedes Benz und es war kein „Oh, was ist denn los?“, sondern ein Einfaches: „Was bereitet einem so hübschen Mädchen wie dir, denn schon solche Sorgen, dass sie selbst eine Party wie diese nicht zum Lächeln bringen kann?“
  Wäre Joana nicht völlig betrunken und breit gewesen, wäre sie mit einem Spruch von so einer widerlichen Anmache geflüchtet, aber in dem Zustand war es ihr völlig egal, wer der Kerl war, Hauptsache, sie hatte eine Chance nach Hause gebracht zu werden. Sie war mit ihm raus gegangen, hatte auf dem Rücksitz des schicken Wagens mit ihm geschlafen, war gestreichelt und liebkost, und dann tatsächlich zuhause abgesetzt worden. Mit einer neuen Telefonnummer im Handyverzeichnis und der Bitte, Stephan so schnell wie möglich anzurufen, weil sie ja so wundervoll war.
  „Stephan...“, murmelte sie ihrem Spiegelbild zu und strich sich die langen schwarzen und blauen Strähnen aus dem Gesicht um sie zu einem Pferdeschwanz zu binden.
  Dann schnappte sie sich ihren Bademantel, zog ihn über ihren hageren Körper und schlich sich aus ihrem Zimmer hinaus, ins Bad.
  Die Überreste des kleinen Mädchens, dass sich nach nichts außer Anerkennung und Liebe sehnte, mussten so schnell wie möglich abgewaschen werden.

2

„Auch schon wach?“, tönte es ihr nur entgegen als Joana sich die Treppe hinunter begab um die allgemeine Lage zu checken.
  „Guten Morgen, Uwe!“ Sie verdrehte die Augen und folgte dann dem Staubsaugerkabel in die Küche.
  „Du könntest deiner Mutter ruhig mal zur Hand gehen, findest du nicht?“
  Sie blieb stehen, verdrehte die Augen und atmete tief ein und aus. Sie fühlte sich noch ein wenig zu schwach um auszurasten und irgendwie fehlten ihr auch noch die richtigen Worte um Uwe mit zwei knappen Sätzen in die Schranken zu weisen. Nicht, dass er sich das gefallen ließ, aber irgendwo wusste auch er, dass er hier nur Gast war. Er war weder Joanas Stiefvater noch auch nur im Entferntesten irgendeine andere Form von Vormund, er hatte keine Rechte, in diesem Haus. Auch nicht, wenn er das glaubte, nur weil er Anna glücklich machte. Zumindest behauptete die das in der Nachbarschaft, beim Kaffee-Trinken oder in ihrer „Hilfe, ich trinke zu viel Wein“- Selbsthilfegruppe, die allerdings nur als Selbsthilfegruppe getarnt war und in der mehr Wein ausgeschenkt wurde, als Bier auf einer Party mit 120 Gästen, und das bei gerade einmal 5 alten, frustrierten Hausfrauen.
  „Nein, finde ich nicht.“, seufzte Joana bloß und ließ ihn dann links liegen, so wie er sie links liegen ließ und wieder gebannt auf den Fernseher starrte.
  „Blöder Idiot“, stieß dann noch aus ihr hervor, aber Fernseher und Staubsauger bildeten wohl eine so enorme Geräuschkulisse, dass das niemand mehr gehört hatte.

Erst als Joana sich bereits wieder auf dem Weg nach oben befand, hatte ihre Mutter Notiz von ihr genommen.
  „Wo willst du hin?“ Diese Frage trübte alle vorher gehegten Hoffnungen auf ein freundliches „Guten Morgen.“
  „In mein Zimmer.“, antwortete Joana platt und setzte ihren Weg fort.
  „Kotzen?“ Sie blieb stehen.
  „Oh, Bitte!“, vernahm sie Uwe seufzen. „Nicht schon wieder.“
  „Nein!“, schrie Joana sie an und drehte sich um.
  „Ich bitte dich, hab doch genau gesehen, was du da alles in dich hinein gestopft hast!“
Super. Beobachten war also durchaus möglich. Begrüßen allerdings nicht. Schlüsse ziehen über das kranke Verhalten ihrer Tochter, es analysieren nach dem neusten Psychologiebuch, das sie sich gekauft hatte und dann eine Diagnose nach der anderen anwenden, um das eigene Kind zu verstehen. Verstehen und dann anklagen, aber bloß niemals fragen woher das alles kam.
  Wieder musste Joana einige Male tief Luft holen um sich unter Kontrolle zu halten. Wenn sie jetzt eine der vielen endlosen und vor allem sinnlosen Diskussionen begann würde sie wohl tatsächlich nicht dazu kommen sich zu übergeben. In dem Punkt hatte ihre Mutter Recht, sie hatte es übertrieben, 5 Brötchen und 2 Schüsseln Cornflakes waren zuviel und mussten so schnell wie möglich wieder aus dem ausgemergelten Körper entfernt werden, bevor sie ansetzen konnten.

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Slamboreeno

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