Kurzgeschichte
Der Kriegsheimkehrer

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"Der Kriegsheimkehrer"
Veröffentlicht am 01. Juni 2007, 24 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Der Kriegsheimkehrer

Der Kriegsheimkehrer

Beschreibung

Es geht in der Geschichte um einen Soldaten, der aus der Kriegsgefangenschafft nach Hause kommt und sich auf die Suche nach Frau und Kind macht, da diese nicht mehr dort leben.

Der Kriegsheimkehrer

Der Zug fährt durch eine einsame Gegend, als die Sonne langsam aufgeht. In einem der vielen Abteile des Zuges sitzt ein Mann, dem man an seiner Uniform ansieht, auch wenn sie sehr zerschlissen ist, dass er ein Soldat war. Es ist Georg Heinemann, der wie alle anderen Mitreisenden des Zuges direkt aus einem russischen Kriegsgefangenenlager kommt.
Seit er im März 1945 in Kriegsgefangenschaft geraten war, hat Georg viel Schreckliches in dem Gefangenenlager erlebt. Viele seiner ehemaligen Kameraden, die sein Schicksal teilten, habe das Lager nicht überlebt. Sie starben an Erschöpfung, Unterernährung und Krankheiten, oder gaben sich einfach selber auf.
Ihn selbst hat nur der Gedanke an seine Frau und seinen Sohn, den er noch nie gesehen hat, am Leben erhalten. Bei Kriegsende ist sein Sohn etwas über zwei Jahr alt gewesen und seit der Gefangennahme hat Georg nichts mehr von seiner Familie gehört.
Als Georg wieder aus dem Fenster sieht, erkennt er dass sich die Landschaft verändert hat. Der Zug fährt nun langsamer und links und rechts sieht man Häuser. Bald müssen sie Fulda, das Ziel ihrer Reise, erreicht haben.
Seine Kameraden sind mittlererweile Wach geworden, und fragen sich, wie der Empfang wohl sein wird. Einer seiner Kameraden fragt Georg, „Glaubst du, dass deine Frau durch das Rote Kreuz informiert wurde? Es wurde ja Listen mit unseren Namen ausgegeben.“. „Ich glaube nicht dass sie da ist. Sie hat auf keinen meiner Briefe geantwortet und ich habe keine Ahnung ob sie überhaupt noch lebt“, erwidert Georg.
Der Zug rollt langsam in den Bahnhof ein und man erkennt auf dem Bahnsteig eine größere Menschenmenge. Als der Zug zum Stillstand kommt, strömen die ehemaligen Soldaten aus den Abteilen hinaus auf den Bahnsteig um ihre Angehörigen zu suchen.
Nach der Verabschiedung von seinen Kameraden wartet Georg noch ein wenig, bis sich der schlimmste Begrüßungstrubel gelegt hat. Vorsichtig steigt er aus dem Zug. Er muss dabei auf seine rechtes Bein aufpassen, das ihm ein Aufseher im Kriegsgefangenenlager zerschmettert hatte. Die ärztliche Versorgung war so schlecht, dass das Bein nur schlecht heilte und er für den Rest seines Lebens mit dieser Behinderung leben muss.
Nach dem er den Bahnhof verlassen hat, sieht er sich auf dem Vorplatz um. Schon im Bahnhof waren ihm die schweren Zerstörungen aufgefallen, aber hier draußen sieht es noch viel schlimmer aus. Die meisten Trümmer sind schon weggeräumt worden, aber viele der Häuser sehen noch immer so aus wie nach dem letzten Bombenangriff.
Da weit und breit ist keine Mitfahrgelegenheit zu sehen ist, muss er sich mit seinem kaputten Bein zu Fuß auf den weiten Weg zu seiner Wohnung machen.
Er nimmt seinen Leinenbeutel mit den wenigen Habseligkeiten die er besitzt und marschiert los. Je weiter er sich vom Zentrum und den Hauptstraßen entfernt, desto mehr Trümmer liegen noch auf den Straßen herum und er sieht auch die vielen Frauen die damit beschäftigt sind diese wegzuräumen.
Sein kaputtes Bein zwingt ihn dazu immer öfters Pausen einzulegen. Die Essensrationen aus seinem Beutel sind schon lange aufgebraucht und er hat Hunger. Manchmal gibt eine der Frauen Georg etwas zu trinken und ein anderes Mal gibt ihm eine Frau sogar was von ihrem Brot, obwohl sie so aussieht, als das sie es selber gebrauchen könnte.
Endlich erreicht Georg die Straße, wo er mit seiner Frau zuletzt gewohnt hat. Als er an die Stelle kommt wo das Haus stehen müsste, ist er schockiert. Das Haus ist nur noch ein riesiger Trümmerberg. Die Nachbarhäuser sind zum Teil auch stark beschädigt, können aber wenigstens noch zum Teil bewohnt werden.
„Bombenvolltreffer“, spricht ihn jemand an, „Es war eines der letzten Häuser die bei dem Angriff getroffen wurden“. Langsam dreht Georg sich um.
„Hallo Georg“, sagt der andere zu ihm und Georg erkennt seinen alten Freund, der im Kriege schwer verwundet wurde und ein Bein verloren hatte. „Hallo Walter“, erwidert Georg und beide umarmten sich.
Nach der Begrüßung fragt Georg, „Weißt du was mit Anna und Hermann ist“. „Ich habe sie nur ganz kurz nach dem Bombenangriff gesehen. Sie hatten glück das sie nicht im Hause waren als es passierte.“, bekam er von Walter zur hören, „Anna sagte zu mir, dass sie aufs Land raus will. Mehr weiß ich nicht“. „Hat sie keine Nachricht für mich hinterlassen?“, hakt Georg nach. „Nein, du giltst doch als vermisst und die Nachricht darüber, war für uns alle ein Schock. Anna war völlig fertig und ohne Hermann weiß ich nicht was sie getan hätte. Aber nun lass uns mal zu mir gehen, es wird bald dunkel und heute hast du keine Möglichkeit mehr nach ihr zu suchen“.

Knapp 600 km von den beiden Männern entfernt, in der Nähe der dänischen Grenze, spielt ein kleiner Junge. „Hermann“, ruft eine ältere Frau, „komm jetzt rein Abendbrot essen, außerdem wird es schon dunkel draußen“. „Wann kommt Mama zurück“, fragt Hermann seine Großmutter. „Es wird spät werden, aber sie kommt dann nachher noch zu dir um dir Gute Nacht zu sagen“. Aus traurigen Augen sieht der Junge seine Großmutter an, „Und wann wird mein Papa kommen? Der Krieg ist doch nun schon lange aus und Mama sagte immer zu mir, dass Papa dann bald kommen wird.“ Die Großmutter weiß nicht was sie sagen soll. Immer wieder fragt Hermann nach seinem Vater.
Aber wie soll man einem kleinen Jungen zu verstehen geben, das sein Vater vermisst wird, vielleicht sogar tot ist. „Er wird bald kommen, wart es nur ab Hermann, er wird bald kommen“, sagt die Großmutter schließlich.
Dann wendet sie sich etwas zur Seite, so das Hermann nicht sehen kann das ihre Augen feucht werden. Sie betet jeden Abend dass Georg, Hermanns Vater, noch lebt und hofft dass er bald kommen wird.
Anna, ihre Tochter, arbeitet seit ihrer Ankunft als Krankenschwester im Krankenhaus der großen Stadt und trifft dort immer wieder auf ehemalige Soldaten, die mit Georg in demselben Regiment gedient haben. Aber keiner kann sagen was mit ihm geschehen ist, oder etwas über seinen Verbleib berichten. Die Erkundigungen, die sie regelmäßig beim Roten Kreuz einholt, sind bislang immer erfolglos.

In Walters Wohnung angekommen, gibt dessen Frau Georg erst mal eine kräftige Suppe. Nach dem Essen sprechen alle noch ein wenig über die vergangenen Jahre und Georg erfährt noch, dass Anna nach dem Kriege nicht in die Stadt zurückgekehrt ist. Irgendwann später schläft er völlig erschöpft ein.
Als Georg aufwacht, ist Walters Frau nicht mehr da. „Sie ist zur Arbeit und räumt Trümmer mit weg. Dadurch erhalten wir die Lebensmittelskarten der Kategorie zwei statt fünf. Lass uns, nachdem du gefrühstückt hast, zur Rotkreuzstelle gehen. Du musst da bekannt geben das du noch lebst und nicht mehr vermisst wirst“, sagt Walter zu ihm.
Beim Roten Kreuz läuft alles gut und man erzählt Georg, dass es noch eine Weile dauern wird bis allen Stellen bekannt ist das er nicht mehr als vermisst gilt. Georg hat als Adresse die seines Freundes Walter angegeben, für den Fall das irgendwelche Informationen über den Verbleib von Anna und seinem Sohn bekannt werden würden.
Nachdem Georg und Walter ein wenig gegessen haben, finden sie eine Mitfahrgelegenheit die Georg in das Dorf Stöckels bringen kann, in dass Anna mit Hermann am wahrscheinlichsten gegangen ist. Bei der Verabschiedung bittet Walter, „Das du dich aber auch meldest und grüß Anna recht herzlich von mir und Trude“. „Ich verspreche es euch und ich melde mich sobald ich Näheres weiß“, erwidert Georg.
Nach knapp einer halben Stunde ereichen sie das Dorf. Georg bedankt sich bei dem Fahrer, gibt ihm eine Wurst die er von Walter bekommen hat und steigt aus. Er sieht noch kurz dem LKW hinterher, als ihm einfällt das Anna während seines letzten Fronturlaubes ihm von einem Bauern aus diesem Dorf erzählt hat, den Sie auf dem Wochenmarkt in Fulda kennen gelernt hat. „Zu dem gehe ich erst einmal hin“, überlegt Georg.

Als Hermann aufwacht hat er ein komisches Gefühl. Er zieht sich schnell an und rennt nach unten in die Küche, wo er aber nur seine Großmutter antrifft. „Wo ist Mama“, fragt er sie. „Sie ist letzte Nacht nicht nach Hause gekommen“, antwortet seine Großmutter, „Vielleicht ist es zu spät geworden, so das sie keine Möglichkeit mehr hatte hier auf das Dorf raus zukommen“. In diesem Augenblick hält ein Auto vor dem Haus an. Die Großmutter sieht aus dem Fenster und erkennt dass es der Dorfpolizist ist. Zu Hermann gewandt sagt sie, „Geh bitte in dein Zimmer und spiel dort ein wenig“. Als es dann klopft öffnet sie die Tür. „Ich habe schlechte Nachrichten für dich Gerda“, hört sie den Polisten sagen. „Oh Gott“, schießt es ihr durch den Kopf, „nicht auch noch Anna“.

Gleich bei dem ersten Bauernhof hat Georg erfolg. Die Bäuerin erkennt Anna auf dem Foto, welches Georg ihr zeigt und erzählt ihm bei wem Anna und Hermann kurze Zeit gelebt haben und wie er dort hinkommen könne.
Dort angekommen klopft er an die Tür und ein Mann öffnet diese. „Ich bin Georg Heinemann, ich suche meine Frau und meinen Sohn. Man sagte mir, dass sie kurze Zeit bei Ihnen gelebt haben“, stellt sich Georg vor. „Und ich bin Friedrich Odenwald“, erwidert der Bauer und bittet Georg einzutreten.
Sie gehen in die Küche und Herr Odenwald stellt Georg seine Frau vor und als sie sich hingesetzt haben fängt Herr Odenwald an zu erzählen. „Ihre Frau kam mit ihrem Sohn am Abend nach dem letzten Bombenangriff auf Fulda zu uns. Gleich am nächsten Tag schrieb sie ihren Eltern einen Brief, dass sie versuchen wollte zu ihnen zu gelangen. Zwei Wochen später bekam sie dann Antwort und schon am nächsten Tag habe ich die zwei wieder nach Fulda zum Bahnhof gebracht. Das ist alles was ich ihnen sagen kann“.
Eine große Last fällt Georg von der Seele als er hört wo seine Frau mit ihrem Sohn hin wollte. Natürlich, ihre Eltern, sie leben auch auf dem Lande.
„Nun stärken sie sich erst einmal“, sagt Frau Odenwald, „und schlafen sie sich richtig aus. Morgen früh bringt mein Mann sie in die Stadt zum Bahnhof. In zwei Tagen sollten sie bei ihrer Frau sein“.
Georg hatte schon lange nicht so gut geschlafen. Er wäscht sich, zieht sich an und geht nach unten, wo Frau Odenwald ihm ein kräftiges Frühstück bereitet und sagt, „Mein Mann spannt schon die Pferde vor den Wagen. Wenn sie mit dem Frühstück fertig sind, können sie gleich losfahren“. So schnell es geht frühstückt Georg, denn er möchte so schnell wie möglich zum Bahnhof. Herr Odenwald wartet schon, als Georg mit seinem wenigen Gepäck kommt. Er verabschiedet sich von Frau Odenwald und dann geht es auch schon los, wobei sie allerdings erst am Mittag am Bahnhof ankommen, da sie unterwegs noch Lebensmittel für die Stadt bei anderen Bauern eingesammelt haben. Georg verabschiedet sich von Herrn Odenwald und nimmt noch Grüße an seine Frau mit auf den Weg.
Während der Zug durch die Landschaften fährt, überlegt Georg wie wohl die erste Begegnung nach all den vielen Jahren verläuft. Wie wird Anna wohl reagieren und was wird sein Sohn sagen. „Ihre Fahrkarte bitte“, schnarrt der Schaffner neben ihm und reißt Georg dabei aus seinen Gedanken, „Flensburg ist die Endstation. Ihr Anschlusszug nach Niebüll fährt von Gleis 2 ab. Sie haben ungefähr 30 Minuten Aufenthalt“.

Hermann weint schon den ganzen Tag. Seine Großmutter kann ihn nicht beruhigen. Wie soll sie auch, Hermann hat nicht nur seine Mutter verloren, sondern sie ihre einzige Tochter. Sie erinnert sich, dass der Polist ihr erzählt hat, das Anna kurz vor Dienstschluss eine Nachricht bekommen hat, in der man ihr mitteilte das ihr Mann Georg mit einem der Kriegsheimkehrtransporte auf dem Weg nach Deutschland sei. Sie ging sofort zur Stationsoberschwester und bat diese ihr freizugeben, da noch einiges geklärt werden müsse.
Als Anna das Gebäude des Roten Kreuzes verlassen, weinte sie hemmungslos vor Freude. Ihr Georg ist am Leben und auf dem Weg nach Hause! Sie konnte es überhaupt nicht fassen das es nach all den Jahren endlich eine Nachricht gab und dazu noch so eine freudige. Doch da geschah das unfassbare. Beim überqueren der Straße bemerkte Anna nicht, das sich ein Fahrzeug von der Seite näherte. Sie wurde von dem Auto erfasst, zur Seite geschleudert und war auf der Stelle tot.

Georg ist fast am Ziel seiner Reise angekommen. Jetzt muss er nur noch irgendwie nach Uphusum kommen, aber zunächst geht er in das Bahnhofsrestaurant um etwas zu trinken. Während er aus dem Fenster schaut geht ihm wieder alles durch den Kopf. Die Gefangennahme, das Kriegsende und das Gefangenenlager. Die Erinnerung an die Verzweiflung die er durchlebte, weil er auf seine Briefe nie eine Antwort von Anna erhalten hat. Auch die Frage wie sein Sohn wohl sein wird, wie er aussieht und wie er auf ihn reagieren wird, all dies erzeugt eine innere Unruhe in Georg. Aber es dauert jetzt nicht mehr lange und er wird seine liebsten wieder im Arm halten können.
Vor dem Bahnhof steht ein Omnibus. Georg geht zu ihm hin und fragt den Fahrer ob er auch durch Uphusum fährte. Der Fahrer erwidert das Georg bis Braderup mitfahren kann, sich von dort aus aber eine andere Weiterfahrmöglichkeit suchen muss. Georg kauft eine Fahrkarte und nur wenige Augenblicke später befindet er sich auf dem letzten Stück seiner langen Reise.
In Braderup ist nicht viel los und so geht Georg zum Dorfkrug um dort nach einer Möglichkeit zu fragen nach Uphusum zu kommen. Georg tritt ein und wendet sich and den Wirt, der hinter dem Tresen steht.
„Moin“, wird er vom Wirt begrüßt, „was kann ich ihnen anbieten?“. „Moin, moin“, grüßt Georg zurück, „ Ein Bier und ein Schinkenbrot, bitte“.
Als der Wirt ihm das gewünschte serviert hat, fragt Georg, „Ich müsste nach Uphusum. Meine Schwiegereltern, die Ellenbrocks, leben dort. Wüssten sie eine Möglichkeit wie ich dort hingelangen könnte?“. Der Wirt überlegt einen Augenblick. Er hat letzten Abend von einigen Gästen gehört, dass es in dem Nachbardorf bei den Ellenbrocks einen Unglücksfall gegeben hat. Es soll die Tochter gewesen sein und nun sitzt hier bei ihm der Schwiegersohn und scheint von nichts zu wissen. „Sie sind Kriegsheimkehrer?“, erwidert deshalb der Wirt zuerst, um in Ruhe überlegen zu können was er nun sagen soll. „Ja, ich war drei Jahre hinter dem Ural in einem Lager und musste dort in einem Bergwerk schuften.“. „In Ordnung, essen sie mal in Ruhe auf. Derweil kümmere ich mich um eine Mitfahrgelegenheit nach Uphusum für sie“, meint der Wirt und geht nach Hinten in die Küche zu seiner Frau.
„Vorne sitzt der Schwiegersohn von Frau Ellenbrock. Du weißt doch, die, wo gestern die Tochter durch den Unfall in der Stadt gestorben ist. Der kommt gerade aus der Gefangenschaft zurück und weiß noch nichts davon und nun sucht er eine Möglichkeit um nach Uphusum zu gelangen.“, sagt der Wirt zu seiner Frau. „Wie schrecklich“, antwortet sie ihm, „ich laufe schnell zum Pfarrer und hol ihn her. Er hat ein Auto und kann den Schwiegersohn dorthin fahren und gleichzeitig schonend auf alles vorbereiten“. Sie bindet sich die Schürze ab und verlässt die Gaststätte um zu dem Pfarrer zu gehen, während der Wirt zurück in den Schankraum geht.
„Wir haben jemanden gefunden der sie fahren kann“, spricht der Wirt zu Georg, „es ist unser Pfarrer“. „Danke für die Hilfe“, kommt es von Georg, der inzwischen aufgegessen hat. Kurze Zeit später betritt der Pfarrer den Raum und wendet sich an Georg, reicht ihm zur Begrüßung die Hand und sagt, „Ich bin Pfarrer Claasen“. „Ich bin Georg Heinemann“, erwidert Georg. „Ich kann sie nach Uphusum fahren. Ich will sowieso dorthin, da ich vor kurzem auch die dortige Pfarrei übernommen habe“, meint der Pfarrer. „Wunderbar“, sagt Georg, bedankt sich beim Wirt für die schnelle Hilfe und geht dann mit dem Pfarrer nach draußen zu seinem Auto.
Als sie im Auto sitzen und langsam nach Uphusum fahren, bereitet der Pfarrer Georg sehr vorsichtig auf das vor, was ihn dort erwarten wird. „Sie waren lange Jahre weg“, fängt er an, „dann wissen sie noch gar nicht, dass ihr Schwiegervater ein paar Tage nach Kriegsende von einem Werwolf-Kommando getötet wurde. Die wollten bei ihm unterschlüpfen, aber er wollte es nicht. Da haben sie ihn kurzerhand umgebracht. Ihre Schwiegermutter wäre daran fast zerbrochen, aber zum Glück kam ihre Frau und gab ihr halt und außerdem konnte sich Frau Ellenbrock um ihren Enkelsohn kümmern, was eine Ablenkung von dem Schmerz über den Verlust ihres Mannes war. Ihre Frau arbeitete übrigens im Krankenhaus in Niebüll.“ „Arbeitete?“. Georg sieht den Pfarrer erstaunt an. „Was macht sie denn jetzt?“. Der Pfarrer holt tief Luft. „Sie müssen jetzt stark sein Herr Heinemann, ihre Frau ist gestern bei einem Autounfall gestorben“. Fassungslos starrt Georg den Pfarrer an. Das kann nicht sein, denkt er, nicht jetzt, nicht nach all den Jahren, wo er sie fast erreicht hat. Tränen laufen ihm über die Wangen. „Wie geht es meinem Sohn“, bringt er mühsam hervor“. „Hermann geht es soweit gut“, sagt der Pfarrer, „er ist bei ihrer Schwiegermutter. Allerdings hat es beide sehr mitgenommen. Besonders ihren Sohn, der nun glauben muss, dass er keine Eltern mehr hat. Die Hoffnung das sie eines Tages zurückkehren werden hat er nie aufgegeben. Ihre Frau hat ihm immer wieder versichert das sie eines Tages wiederkommen“. Während sie weiter in Richtung Uphusum fahren, muss Georg immer wieder an Anna denken und was sein Sohn bislang alles durchgemacht hat.
Nachdem sie in Uphusum angekommen sind, nähern sie sich langsam dem kleinen Hof seiner Schwiegermutter. Draußen ist keiner zu sehen und als sie auf dem Hof halten sagt Georg zu dem Pfarrer, „Ich möchte erst alleine reingehen“. „Ich versteh schon, ich werde solange im Auto warten““. Georg steigt aus und geht zur Eingangstür. Dann klopft er.

Gerda Ellenbrock sitzt in der Küche und bereitet das Essen vor. Währenddessen ist Hermann oben in seinem Zimmer und spielt, zumindest versucht er es, denn die meiste Zeit muss er an seine Mutter denken und weint. Gerda hört wie ein Auto auf den Hof fährt und schaut aus dem Fenster. Sie erkennt das Auto des Pfarrers, kann aber nicht sehen wer aussteigt. Als es klopft steht sie auf und geht zur Tür. Dabei hat sie ein beklemmendes Gefühl und ihr Herz klopft. Eine Erklärung dafür hat sie aber nicht. Dann öffnet sie die Tür.

Georg sieht wie sich die Tür langsam öffnet und er erkennt sofort seine Schwiegermutter. „Georg, du lebst …“, stammelt sie und bricht Ohnmächtig zusammen, wobei Georg sie gerade noch auffangen kann. „Herr Pfarrer, kommen sie schnell“, ruft er zu dem im Auto wartenden Pfarrer. Dieser hat die Szene mit angesehen, steigt schnell aus dem Auto und eilt zu Georg hin. „Können sie sich um meine Schwiegermutter kümmern, ich möchte jetzt schnell zu meinem Sohn“. „Gehen sie nur, ich mach das hier schon“, lächelt der Pfarrer ihn an.
Georg rennt die Treppe nach oben und bleibt vor der Tür zu dem Zimmer seines Sohnes stehen. Er fragt sich, wie sein Sohn wohl reagiert. Er nimmt seinen Mut zusammen und öffnet langsam die Tür.

Hermann hört von unten laute Stimmen und geht zum Fenster um hinauszusehen. So bemerkt er nicht, wie sich langsam die Tür öffnet. „Hermann?“, sagt eine ihm unbekannte Stimme hinter ihm. Langsam dreht er sich um. Er sieht einen Mann den er schon so oft auf Bildern gesehen hat. „Papa?“, kommt es zögernd aus ihm heraus. „Ja, ich bin es Hermann. Komm zu mir“, antwortet Georg. Zögernd macht Hermann zwei Schritte und bleibt wieder stehen. Dann aber rennt er los und fällt seinem Vater um den Hals, „Papa, Papa, endlich bist du da. Mama hat immer gesagt das du kommen wirst“. Bei beiden flossen die Tränen. Es ist Freude und Leid zugleich und nach einer Weile lösen sie sich voneinander und Georg sagt zu seinem Sohn, „Egal was auch in Zukunft passieren wird Hermann, ich werde dich nie, niemals, alleine lassen“ und sieht dabei in die freudestrahlenden Augen seines Sohnes.
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Halvar

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Halvar Re: Heimkehrer - Danke Marianne für deinen Kommentar. Ich persönlich kenne die Zeit nur aus Erzählungen meiner Eltern und Großeltern.
Vor langer Zeit - Antworten
MarianneK Heimkehrer - Muss mir erst die Tränen aus den Augen wischen, denn es hat mich sehr berührt. damals gab es sehr viele solche Schicksale. Wir hatten Glück, mein Vater kam im Mai 1946, 2 Tage bevor wir aus unserer Heimat vertrieben wurden, zurück. Nur meine 2 ältere Brüder waren noch vermisst. Georg kam dann 1948 aus Dänemark, wo er in englischer Gefangenschaft war und Richard haben meine Eltern 1947 durch einen Zufall gefunden. Darum bewegt mich ja auch Deine Geschichte so.
Lieben Gruß Marianne
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