Ein Ereignis
Der ZIRKUS kommt in die Stadt!
Plakate, Zugmaschinen, Käfige und Wohnwagen sind seine Vorboten.
Als etwas Ungewohntes, Neues und zugleich Fremdes ist er sofort in aller Munde.Sein Erscheinen gleicht einer Messeneuheit, dem Einzug einer Familie in einem Haus, es durchbricht den Alltagstrott, wenn auch nur für kurze Zeit.
Bei den Kindern weckt er den Eindruck der „großen, weiten Welt“, des Reisens und des Erlebens, die Älteren erinnert er vielleicht an Zigeuner.Familienväter sehen sich mit Fragen überschüttet.Woher kommen diese Tiere? Wie werden sie gefangen? Ist Artist werden schwer? Was und wie viel frisst ein Elefant? Und so weiter…
Auf einem Platz am Rande der Stadt wird ein Holzgerippe errichtet.Hohe Masten und Reihen von Sitzbänken rahmen die kreisrunde Arena, wie ein Hippodrom und zuletzt bedeckt ein riesiges, blaues Kegeldach das Holzgerüst.
Proben beginnen, Zubehör wird entladen, Karten werden verkauft – ein hektisches Leben setzt ein und bald geht es zu, wie auf einem Campingplatz am Ostseestrand in der Hochsaison.
Am Sonntag, zur Ortspremiere, strömen die Menschen aus ihren „Betonquadern“ in das luftige Zelt, in dem sie eine Kombination von Sägemehlgeruch und Tierausdünstungen empfängt.Das Orchester, in dem Blas- und Schlaginstrumente dominieren, eröffnet den Einmarsch der Artisten und Domteure.Ein plastischer Film rollt vor den Augen der Kinder, Mütter, Väter, Omas und Opas ab und zieht mit magischer Gewalt alle in seinen Bann.Sie sind Schauspielern, Sängern und Händlern gleich, diese Artisten, denn sie überzeugen optische und rationelle Unzulänglichkeit und verkaufen sich gleichzeitig gut.Aus hartem Training und geduldiger Arbeit ist gleichsam ein Wunder geboren – unnachahmbar!
Farben, Höhen, Größen, Gefahren und Originalität bestechen, wollen Einmaligkeit in Anspruch nehmen.Und jeder Zuschauer belacht, erschreckt, erstaunt und bewundert die Darbietung auf seine, ihm eigene Art.
Wenn dann am Abend die Scheinwerfer verloschen sind und das Zelt wie ein Schiff voller Lichterketten im Dunkeln schwimmt, bleibt noch ein Ton zurück.
Bald darauf packt man ein, verwahrt das Kunstwerk für eine erneute Premiere an anderem Ort – alles verschwindet, nur ein paar weggeworfene Karten treibt der Vorstadtwind. 1968