Kurzgeschichte
Der Uhu und das Käuzchen - Aus dem heiteren Tierreich

Der  Uhu und das Käuzchen
      

Ein Uhu und ein Käuzchen sitzen auf einem langen Ast einer alten Eiche.

„Uhuuu! Uhuuu! Uhuuu!“, ruft der Uhu; das heißt: „Flieg fort! Das ist mein Ast. Ich bin der Größere und Stärkere!“

„Kiwitt! Kiwitt! Kiwitt!“, antwortet das Käuzchen und das soll heißen: „Aber ich bin weiser als du und gefährlicher, denn man nennt mich den Totenvogel.“

Das Gekrächze geht wutentbrannt hin und her ......
 

Am Himmel verblassen die letzten Sterne. Rosig schimmernd steigt der Morgen am Horizont empor und erste Sonnenstrahlen tauchen die Baumwipfel in flüssiges Gold.

Der Uhu und das Käuzchen aber streiten immer noch um den Platz auf dem dicken Ast.

Plötzlich ein Flügelrauschen – und ein Bussard saust im Sturzflug hernieder.

Flucht ist unmöglich.

Uhu und Käuzchen sehen keinen anderen Ausweg, als sich blitzschnell fallen zu lassen.

..... Und sie fallen gut. Sie fallen sanft in meterhohes Farngestrüpp.

Für den Bussard sind sie verschwunden.

Enttäuscht fliegt er noch einige Runden, bis er vollends abdreht.
 

Der Uhu und das Käuzchen rappeln sich aus dem Dickicht hervor.

„Uhuuu! Uhuuu!“, brummt der Uhu – das heißt: „Das war aber knapp!“

„Kiwitt! Kiwitt!“, flüstert das Käuzchen, was heißen soll: „Das müssen wir feiern!“
 

Von nun an sitzen sie Nacht für Nacht eng beieinander auf dem selben Ast und besprechen immer wieder das unglaubliche Abenteuer – und wie viel Glück sie dabei gehabt hätten....

„Uhuuu! Uhuuu!“

„Kiwitt! Kiwitt!“

... Und freundschaftlich kreuzen sie ihre Schnäbel, ehe sie gemeinsam auf Mäusejagd gehen.  
 

I. H.  2009