Beschreibung
Ursprünglich war die Geschichte in englischer Fassung für die Schule gewesen.
Niemand hatte je Jack lachen gesehen. Selbst seine Eltern wunderten sich, was mit ihm nicht stimmte, wo die Ärzte doch sagten, dass er völlig gesund wäre. Und bis zu diesem Tag fand auch keiner den Grund heraus.
Es begann irgendwo in einer unbekannten Stadt an einem sonnigen, warmen Tag irgendwann zwischen Anfang Mai und Ende August. Tony, wie jeder sie nannte, rannte in das Apartment, welches sie sich mit ihrem Freund aus Kindertagen teilte. Jeder der Beiden hatte mehr als genug Platz für sich selbst, da es ein sehr großes Apartment war. Jack war gerade im Flur und sah, wie Tony ins Apartment gerannt kam und - eine Spur aus Tränen hinterlassend - in ihrem Zimmer verschwand. Er war sich sicher, dass etwas Schlimmes passiert sein musste.
Jack ging erstmal in die Küche und machte eine Tasse Tee. Alles in dem Apartment hatte seinen Platz und sie beide sorgten dafür, dass es auch so blieb. Nachdem er die Tasse genommen hatte, ging er aus der Küche. Jedoch vergewisserte er sich, bevor er die Tür durchtrat, ob auch alles wieder an seinem rechtmäßigen Platz stand. Er ging, um den Inhalt der Tasse besorgt, vorsichtig zu Tonys Zimmer. Jack klopfte an die Tür und ging ohne eine Erlaubnis abzuwarten hinein. Drinnen sah er, wie Tony mit im Kissen vergrabenem Kopf auf dem Bett lag und weinte.
Es war kein Problem, dass er keine Erlaubnis zum Eintreten hatte. Diese brauchten sie untereinander nicht, weil sie schon seit dem Kindergarten jeweils beim anderen übernachtet hatten und zusammen immer im selben Zimmer schliefen. Sie sind zusammen zur selben Schule gegangen und auch dieselbe Universität haben sie zusammen besucht. Sie hatten auch dieselben Hobbys und mochten dieselben Dinge. Keiner fragte jemals den Anderen, ob er etwas machen durfte. Die Antwort war meist schon vorgegeben und daher überflüssig. Jeder dachte, dass sie ein perfektes Paar abgeben würden, aber sie waren nur Freunde geblieben. Die besten Freunde.
Immer noch die Tasse Tee in der Hand haltend, ging Jack zum Bett und setzte sich neben sie. Tony bemerkte Jack und versuchte den Wasserfall, der aus ihren Augen kam, zu stoppen. Sie wollte ihm erzählen, warum sie so aufgelöst war. Tony verhielt sich immer so. Sie sprach mit Jack über ihre Probleme seit sie mal gerade angefangen haben zu sprechen. Es half ihr und sie fühlte sich danach immer besser. Jack sprach nie über seine Probleme aus dem einfachen Grund, dass er nie welche hatte. Er hatte einfach keine.
Während Tony anfing Jack die Geschichte zu erzählen, saß Jack weiterhin still neben ihr. Der Dampf des heißen Tees verteilte sich langsam im Raum. Obwohl er jede Ecke kannte, schaute sich Jack langsam im Zimmer um. Alles war so sauber und aufgeräumt, wie auch der Rest des Apartments. Einige kleine Dinge lagen auf dem Tisch. Er erkannte unter ihnen einige Geschenke, die sie zum Geburtstag bekommen hatte. Aber die Meisten waren Souvenirs von Freunden. Seine Augen stoppten an der Vase, die auf dem Fernseher stand. Sie war mit schwarzen Rosen gefüllt. Er hatte sie ihr zum Geburtstag geschenkt, erinnerte er sich und dachte, wie so etwas schönes gleichzeitig nur so gefährlich sein konnte.
Seine Aufmerksamkeit wechselte zu Tony, die sich mittlerweile fast wieder beruhigt hatte. Sie erzählte ihm vom Anbeginn des Tages. An diesem Tag regnete es morgens und sie war sehr spät zur Arbeit aufgebrochen. In der Eile hatte sie ihren Regenschirm vergessen und rannte deshalb schneller zur Bushaltestelle. Alle Eile war aber umsonst gewesen, weil der Bus heute ein wenig früher abgefahren war und sie ihn nur noch wegfahren sah. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als im Regen zur Arbeit zu laufen. Als wäre sie in einen See gefallen, so nass sah sie aus, kam sie auf ihrem Arbeitsplatz an. Sie hatte sich jedoch auf jeden Fall verspätet. Tonys Chef hatte gesehen, wie sie zu ihrem Arbeitsplatz gerannt war und hatte sie im Flur gestoppt. Bei diesen Worten, steigerte sich Jacks Aufmerksamkeit.
Einmal mehr begann der Wasserfall aus Tonys Augen zur Erde zu fließen, aber sie hatte sich schnell wieder gefangen um weitererzählen zu können. Der Tee, den Jack die ganze Zeit über nicht aus der Hand gegeben hatte, war mittlerweile nicht mehr heiß, sondern nur noch warm. Tonys Chef hatte sie angeschrien, dass er ihr Verhalten nicht mehr tolerieren würde und sie gefeuert wäre. Jack wusste, dass sie ihren Job sehr geliebt hatte, obwohl er nicht wusste, wo ihre Arbeit war.
Er stand auf, gab ihr den Tee in die Hand und verlies das Zimmer in Richtung Küche. Es war nicht ungewöhnlich und Tony hatte sich in der Vergangenheit schnell daran gewöhnt. Sie wusste, dass er ihr was zu essen machen ging, ob sie nun wollte oder nicht.
Jack nahm zwei Scheiben Toast und öffnete eine Schublade. Er schaute auf die verschiedenen Arten von Messern, die dort lagen. Es waren so viele und unterschiedliche Messer, dass jeder dachte, dass es sich dabei um eine Sammlung handelte. Jack schaute lange und intensiv auf die unterschiedlichen Arten die da lagen. Er nahm sich ein langes scharfes raus und teilte damit die Toastscheiben in zwei Stücke. Ein leichtes Zucken ging durch sein Gesicht.
Nachdem alles sauber und am richtigen Ort war, ging Jack zurück zu Tonys Zimmer und gab ihr einen Teller mit Sandwiches. Sie aß eines davon. Es war, wie von Jack gewohnt, sehr köstlich. Sie stellte den Teller auf einer kleinen Bettkommode ab und erzählte weiter von ihren Geschehnissen.
Sie erzählte, dass sie mit Tränen in den Augen aus dem Büro raus rannte. Der Regen hatte noch nicht nachgelassen und es war ihr auch mittlerweile egal gewesen. Sie wollte nur noch zu ihrem Freund. Sie hatte gewusst, dass er genug Verständnis besaß um ihr einen guten Rat geben zu können.
Jack hat nie viel geredet und gab auch nie irgendwelche Ratschläge. Er empfand es als Zeitverschwendung. Aus diesem Grund war Tonys Freund die einzige Adresse, an die sie sich wenden konnte. Er wusste auch nicht, dass Tony einen Freund hatte, weil es für ihn nicht wichtig erschien.
Auf dem Weg zu ihrem Freund rannte sie schneller, als sie je in ihrem Leben gerannt ist. Das war jedoch ein Fehler, sagte sie Jack, da sie neben einem Café auf dem Marktplatz auf den nassen Steinen ausrutschte und in einem schönen Bogen in eine Pfütze voller Schlamm klatschte. Ihr Gesicht war mit Schlamm bedeckt und ihre Kleidung war nass und schmutzig. Sie sah aus, wie das Ding aus dem Horrorfilm, kam von ihr die Erläuterung. Es wäre auch nicht so schlimm gewesen, wenn die Leute im Café nicht angefangen hätten mit dem Finger auf sie zu zeigen und zu lachen. Es waren auch welche dabei, die ein Foto gemacht haben. Sie hatte sich wirklich zum kompletten Idioten da gemacht, sagte sie in einem schnifenden Laut. Unbemerkt von Tony zuckten Jacks Mundwinkel kurz auf, aber in der nächsten Sekunde war sein Ausdruck wieder wie sonst auch.
Tony erzählte von ihrer Ankunft bei ihrem Freund weiter. Er wäre verwirrt gewesen, weil sie doch im Büro hätte sein müssen und wie sie den aussehe. Sie zog sich erstmal bei ihm um - sie hatte bei letzten Besuch ein paar Sachen bei ihm vergessen - und wusch sich das Gesicht. Tony erzählte ihrem Freund ihre Geschichte. Sie hörte aber sofort auf, als er anfing zu lachen. Sie war schon genug gestresst durch den Tag und schrie ihn an, was denn so witzig daran wäre. Das führte zu einem großen Streit, welcher mit der Trennung von ihrem Freund endete. Sie konnte es nicht glauben, bis er sie aus seiner Wohnung geschmissen hat und ihr sagte, dass sie von ihm fernbleiben solle. Von dort rannte sie wieder durch den Regen den ganzen Weg zurück zu ihrem Apartment.
Nachdem Tony zu Ende gesprochen hatte, saß Jack einfach nur auf dem Bett neben ihr. Er blickte in ihre verweinten und müden Augen und das wieder schmutzig gewordene Gesicht. Sie sah völlig ausgebrannt aus. Tony legte sich wieder ins Bett und drehte sich von Jack weg. Von Jack waren keine Worte zu erwarten. Er gab nie Ratschläge und das war auch ok. Tony hatte lange schon gewusst, dass ihr Worte und gutes Zureden nichts brachten. Jack stand ruhig auf und zog die Decke über ihren zitternden Körper. Als er das Zimmer verließ, schaltete er das Licht aus und schaute noch einmal in die Dunkelheit, bevor er die Tür hinter sich schloss.
Jack zog sich seine schwarze Lederjacke und Schuhe an und ging aus dem Apartment. Die Sonne schien draußen, als er durch die Gegend ging und sich die Geschichte von Tony immer und immer wieder ins Gedächtnis rief. Jack ging eine Weile so in Gedanken vertieft rum und jeder der ihn sah, fragte sich, warum er denn so lächelte.