Kurzgeschichte
Ein ungewöhnliches Menü - Lausbubengeschichten aus längst vergangenen Tagen

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"Ein ungewöhnliches Menü - Lausbubengeschichten aus längst vergangenen Tagen"
Veröffentlicht am 20. April 2009, 6 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Ich bin eher introvertiert, liebe die Menschen, die Natur - die Literatur seit ich lesen kann (bin eine echte Leseratte) und schreibe auch selbst sehr gerne.
Ein ungewöhnliches Menü - Lausbubengeschichten aus längst vergangenen Tagen

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Beschreibung

Die Erinnerungen meines Mannes "Franz" habe ich in einem Buch augeschrieben. Es sind Erinnerungen aus der Zeit vor, im und nach denm 2. Weltkrieg, die Lebensumstände jener Zeit, alles in Lausbubengeschichten verpackt. Vielleicht interessiert es euch, mit mir 60 Jahre und mehr in die Vergangenheit zu reisen, es ist wie ein Ausflug in eine andere Welt- man merkt, wie sehr sich ales geändert hat. Viel Spaß! eure Ingrid

Ein ungewöhnliches Menü


Die gefangenen Franzosen und Belgier waren während des Krieges in Baracken untergebracht, auf einem Gelände, das später ein Fußballplatz wurde und heute mit Wohnhäusern verbaut ist. Die Gefangenen durften sich frei bewegen und waren ihren Fähigkeiten entsprechend im Straßenbau eingesetzt oder als Landarbeiter tätig.

Hans und Franz, die Zwillinge, trieben sich gern auf dem Barackengelände herum, sie waren fasziniert von dem fremdländischen Flair, das von den Männern ausging, aber auch von dem, den Buben gegenüber, durchaus freundlichen Gebaren der Kriegsgefangenen. Bald hatten sich Hans und Franz einige Worte dieser seltsamen Fremdsprache angeeignet, vor allem die Grußworte. Aber auch einige andere Vokabeln.
Bei ihren Streifzügen durch das Lagergelände stießen sie eines Tages auf zwei Behälter, die ihre Aufmerksamkeit erregten. Der eine sah aus wie ein Stück Rauchfang, der aus der Erde heraus ragte, mit einem Drahtgitter zugedeckt. Der andere war eine Badewanne, ebenfalls mit einem Gitter darüber. Neugierig traten die Zwillinge näher - und staunten. In dem rauchfangähnlichen Gefüge sahen sie an die hundert Weinbergschnecken herum kriechen. In der Badewanne schwammen einige Dutzend Frösche im knietiefen Wasser. Die Buben sahen einander an, sahen sich um und schüttelten verständnislos die Köpfe. Zwei Franzosen in Sträflingskleidung gesellten sich zu ihnen und klärten die Zwillinge mit demonstrativen Kaubewegungen und Essensgesten dahingehend auf, dass die eingepferchten Schnecken und Frösche zum Verzehr bestimmt wären. Die Männer schnalzten mit den Zungen und sagten etwas, was auf deutsch vielleicht „lecker“ bedeuten sollte. Im Sand zeichneten sie „19 Uhr“ auf und bedeuteten den Buben, um diese Zeit zu kommen.
Hans und Franz waren sich während des ganzen Tages unschlüssig. Erst, als es Abend wurde, erfanden sie zu Hause eine Ausrede und eilten zum Gefangenenlager. Schon beim Näherkommen rochen sie verführerischen Küchenduft, ähnlich dem starken Knoblauchgeruch bei Mamas Schweinsbraten. Zaghaft traten die Zwillinge näher. Die Franzosen hockten in einem Kreis um eine Feuerstelle. In zwei Pfannen schmorten die Leckerbissen, in der einen die Schnecken, in der anderen die Schenkel der Frösche. Hans und Franz hockten sich zu den Männern. Sie sahen zu, wie der Koch eine Schnecke herausholte, sie in eine nach Knoblauch riechende Soße tauchte, in den Mund steckte und zu kauen begann. Seiner Aufforderung Folge leistend, stachen nun auch alle anderen mit ihren Gabeln zu und bedienten sich einmal aus dieser, einmal aus jener Pfanne. Sie kauten und schmatzten mit sichtlichem Genuss. Die abgenagten Knöchelchen warfen sie ins Feuer. Die Buben sahen, wie begeistert sich die Männer diesem Mahle hingaben; es war offensichtlich ein Festessen. Mehrere Franzosen streckten den Kindern ihre Gabeln mit aufgespießten Schnecken entgegen, hielten sie den Buben unter die Nasen und ermunterten sie mit einladenden Gesten, die Schnecken zu kosten und zu essen. Auch Froschschenkel boten sie ihren kleinen Gästen an. Hans und Franz aber konnten sich nicht dazu überwinden. Eine Weile sahen sie noch staunend zu. Als die beiden Pfannen bis zum letzten Rest geleert waren, verabschiedeten sie sich mit „merci“ und „adieu“ und rannten hungrig nach Hause.
Ein Heferl Milch und ein Stück Brot schien ihnen nun wie ein Festschmaus, den sie gierig hinunter schlangen.
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mukk
Ich bin eher introvertiert, liebe die Menschen, die Natur - die Literatur seit ich lesen kann (bin eine echte Leseratte) und schreibe auch selbst sehr gerne.

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DJSPotlight Tres bien, madame! - Kulinarisches Meisterstück. Schlicht und doch sehr angenehm zu lesen mit einem Schmunzeln im Gesicht. Eine schöne Zeitreise.
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: Liebe Ingrid -
Zitat: (Original von Shari am 21.04.2009 - 11:22 Uhr) weißt Du, was ich ganz toll fände? wenn Du ein Buch schreiben würdest, wo all Deine so lebendig geschriebenen Geschichten enthalten sind - ich bin überzeugt, ich wäre nicht die Einzige, die sich das Buch dann zu Gemüte führen und sich dran erfreuen würde...
Ich freue mich schon auf Neues von Dir.
Als Kind habe ich schon gebannt den Geschichten gelauscht, die die ältere Generation zu erzählen wusste. Es hat mir sehr viel gegeben.

Liebe Grüsse an Dich
Heidi



Liebe Heidi, danke dir ganz herzlich für so nette, liebe Worte und so viel Lob - freue mich sehr, danke dir! Mit den Erinnerungen meines Mannes, den Lausbubengeschichten, gibt es bereits ein Buch. Ich freue mich sehr, dass dir meine Geschichten gefallen und schicke dir ganz, ganz liebe Grüße!
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
Shari Liebe Ingrid - weißt Du, was ich ganz toll fände? wenn Du ein Buch schreiben würdest, wo all Deine so lebendig geschriebenen Geschichten enthalten sind - ich bin überzeugt, ich wäre nicht die Einzige, die sich das Buch dann zu Gemüte führen und sich dran erfreuen würde...
Ich freue mich schon auf Neues von Dir.
Als Kind habe ich schon gebannt den Geschichten gelauscht, die die ältere Generation zu erzählen wusste. Es hat mir sehr viel gegeben.

Liebe Grüsse an Dich
Heidi
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: Re: Re: *schmunzel* -
Zitat: (Original von WortWichtel am 20.04.2009 - 22:32 Uhr)
Zitat: (Original von mukk am 20.04.2009 - 21:56 Uhr) Lieber Uwe, Harzer Handkäse - mit einem kühlen Blonden?
Oder wie genießt du ihn?
Danke dir herzlich und schicke liebe Grüße
Ingrid

...och, den genieße ich ab und zu mit dem, was gerade da ist - es darf auch etwas Rotwein sein, dann gehören aber noch zwei bis drei andere Käsesorten auf den Teller. Am liebsten habe ich ihn aber auf einem noch warmen Sonntagsbrötchen, mit guter Butter dazwischen... :)

Liebe Grüße
Uwe


Danke, werde ich probieren.
LG
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: Re: Re: *schmunzel* -
Zitat: (Original von WortWichtel am 20.04.2009 - 22:32 Uhr)
Zitat: (Original von mukk am 20.04.2009 - 21:56 Uhr) Lieber Uwe, Harzer Handkäse - mit einem kühlen Blonden?
Oder wie genießt du ihn?
Danke dir herzlich und schicke liebe Grüße
Ingrid

...och, den genieße ich ab und zu mit dem, was gerade da ist - es darf auch etwas Rotwein sein, dann gehören aber noch zwei bis drei andere Käsesorten auf den Teller. Am liebsten habe ich ihn aber auf einem noch warmen Sonntagsbrötchen, mit guter Butter dazwischen... :)

Liebe Grüße
Uwe


Danke, werde ich probieren.
LG
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: Ich gebe zu ... -
Zitat: (Original von Gunda am 20.04.2009 - 12:18 Uhr) ... Schnecken habe ich auch schon gegessen, weil es mal eine Zeit lang schick und in Mode war. Irgendwann ging mir allerdings auf, dass ich den gleichen Effekt auch erzielen würde, kaute ich auf Radiergummi in Knobisauce rum. Seitdem kann ich darauf verzichten.
Und Froschschenkel ... nachdem ich mal eine TV-Sendung über die Praktiken bei der Nahrungszubereitung gesehen habe ... brrr ... Aber auch sonst reizt mich an diesem Genuss absolut nix.
Ein Schmunzeln erzeugendes Eintauchvergnügen in die Vergangenheit ...

Lieben Gruß
Gunda


Liebe Gunda, Radiergummi? das hab ich noch nie versucht.
Ich finde, auch Tintenfisch schmeckt wie Gummi - zumindest der, den ich gekostet habe.
Danke dir herzlich und liebe Grüße
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: Amüsante Geschichte, liebe Ingrid. Wenn es um - Zitat: (Original von Phantasus am 20.04.2009 - 12:24 Uhr) Schnecken und Frösche geht, hat sich, glaube ich, an dem unterschiedlichen landesüblichen Essverhalten seit 60 Jahren nicht viel verändert. In meinem Städtchen wird scherzhaft erzählt, dass französische Urlauber sich nach dem Restaurant erkundigt hätten, als sie gesehen haben, wie Umweltschützer Frösche über eine belebte Straße trugen.
Schmunzelnde Grüße von Ekki

Das ist echt super! Gefällt mir sehr - kannst du keine Geschichte daraus machen? Danke dir und liebste Grüße
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: Ein Wiener Schnitzel -
Zitat: (Original von erato am 20.04.2009 - 13:07 Uhr) würde ich aber immer vorziehen.!!!!!!!!1
Liebe Ingrid,
bin noch auf viele Erinnerungen
von dir gespannt. Eine tolle Geschichte.
GGlG Thomas


Ich auch, lieber Thomas, ich auch. Ist eines meiner Lieblingsessen, so ein Schnitzel ist wirklich was Feines!
Es freut mich sehr, wenn dir diese Geschichten aus längst vergangenen Tagen gefallen.
Mit ggglG
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: Ein ... -
Zitat: (Original von MarianneK am 20.04.2009 - 15:00 Uhr) Na ja, Schnecken sollen wie Kalbfleisch schmecken, meinte mein Bruder und meine Mutter meinte, dass Froschschenkel sehr gut schmecken, denn die hatte sie gegessen als sie in Prag als Haustochter war. (So wie Heidi) Nur ich würde da keinen Bissen herunter bekommen, ich liebe Weinbergschnecken, aber in der freien Natur. Als ich dann einen Bericht sah wie man den Fröschen, noch lebend, die Schenkel heraus riss, denn dadurch würden sie zarter, habe ich geheult.

Einen lieben Gruß Marianne


Liebe Marianne, freue mich sehr über dein Lesen und deine netten Zeilen, danke dir ganz herzlich! Ja, mein Geschmack wäre das bestimmt auch nicht.
Aber - Geschmäcker sind eben verschieden!
Ganz liebe Grüße
Ingrid
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