Das Leben ist im besonderen ein Ding das unvorhersehbar und auffällig spontan ist. Mein Leben war wenigstens so, bis jetzt. Ich erzähle ein Leben, eine Sache die jeder für sich einmal ausprobieren sollte. Viel Spass damit.
Meine Mutter heißt es, hatte während meiner Schwangerschaft ganz schön mit mir zu kämpfen, und ich muß leider sagen, nach der Schwangerschaft wurde diese Situation durch meine plötzliche Anwesenheit nicht gerade entspannt.
Ich war ein lautes, ein dickes Baby, und anscheinend äußerst strapaziös wie mir durch die Blume mitgeteilt wurde.
Ich war nicht das erste Kind, sondern der erwartete Nachzügler zu meiner damalig fünfjährigen Schwester, die mein Erscheinen auf diesem schnöden Planeten mit den Worten: „Kein Mädchen?“ Segnete.
Ich sollte nämlich ursprünglich ein Mädchen sein, machte aber allen hoffnungsvollen und erwartungsfreudigen einen dicken Strich durch die Rechnung.
Nein! .
Ich war das Sollkind, so wie es eigentlich sein musste, ein Junge ein Mädchen zwei Kinder ein Eigenheim ein Auto kein
Hund! .
Das gehörte sich eben so.
Einer, oder genauer gesagt eine, fand das Klasse, dass war Oma Grim, eine Schwester meiner eigentlichen Oma väterlicherseits, die einen Spleen hatte.
Sie brauchte einen Stammhalter.
Nun, Stammhalter waren in den Siebzigern bei Senioren sehr beliebt, zwecks Erhaltung des Familiennamens.
Ich war angekommen! und konnte die Sippe vermehren!
Immerhin etwas.
Dazu sei noch zu sagen, dass ich keineswegs ein Unfall, ein Tropi oder ein Verlegenheitskind aus Gesellschaftlichem Ethos war, nein, ich war schon gewollt – sagt man jedenfalls.
Ich kann natürlich nicht beurteilen ob dies nach meiner Geburt immer noch so war, ich denke aber doch.
Mein Vater übrigens, war Maurer, zum Zeitpunkt meiner Geburt stolze 30 Lenze zählend, und noch vollen schwarzen Haares auf seinem Haupte. Er konnte sich in diesem Jahrzehnt noch glücklich schätzen eine Taillenweite aufzuweisen die akzeptabel war, späterhin wurde es ein wenig zu seiner Krux.
Meine Mutter, eine geborene Tjad, wähnte sich bereits eine Weile im Stande der Hausfrau.
Ich glaube diesen Stand, nahm meine Mutter irgendwann als eine Art von Religion an sich, Sie hatte es nicht leicht mit unserer Familie schätze ich.
Ich war Mamas Junge, obwohl ich immer schon der Ansicht war, das meine werte Schwester ein wenig der Stern am Firmament war.
Was soll’s sag ich immer, anyway! .
Sie war, so sagt man als Kind ein ruhiges zufriedenes Mädchen mit dicken schwarzen Locken, einem fröhlichen Lächeln und einer reinen kindlichen Seele.
Einmal allerdings ging unser damaliger Nachbar mit ihr ein Stück an der Hand die Straße hinauf und wieder hinab. Dann stieg er bei sich auf den Dachboden und erhängte sich. Immer noch frage ich mich über was die beiden gesprochen haben mögen.
Aber egal.
Sie saß, wenn Sie saß.
Sie aß, wenn Sie aß.
Immerhin ein artiges kleines Ding.
Und dann ich.
Nicht zu bremsen, kein Halten kein Stop.
Immer die Klappe offen, kein Spruch zu gefährlich kein Thema zu dem ich nichts beizutragen wusste.
Mit anderen Worten: eine Plage für die Eltern und ein Klugscheißer obendrein.
Ich glaubte immer daran etwas ganz besonderes zu sein, jemand, der nicht war wie die anderen.
Ich sonderte mich ganz gern ab, in meine Fantasien und Welten in denen nie zuvor ein Mensch den Fuß gesetzt hatte.
Ich war ein furchtbarer Spinner, und ich glaube, allein schon deshalb wollte keiner lange mit mir Spielen.
Ich war unsportlich, und hielt Fußball für langweilig, nicht ansprechend genug für mich.
Ich hatte und habe zwei linke Füße, das war’s.
Okay, die sportlichen normalen Jungs mit der Pille in der Hand waren also schon mal nichts für mich.
Ich hatte irgendwie immer schon einen Hang zu Außenseitern, ich glaube das lag daran, das diese Jungs und Mädchen so leicht zu beschwatzen waren, und mir jedes Wort von den Lippen ablasen, ich war auf eine jämmerliche Art und Weise ein Messias der Spinner und Randgruppenkinder.
Na ja, im Prinzip war ich wohl Selbst eines davon.
Meine Eignung zum kleinen Romancier resultiert wohl daraus, das ich schon als kleiner Junge ein rechter Märchenerzähler war.
Das was ich gemeinhin zu sagen hatte, interessierte keinen so richtig, ich meine wer gibt schon etwas auf das Geplapper eines kleinen Jungen!
Also differenzierte ich meine Äußerungen dorthin gehend, dass ich log das sich die Balken bogen.
Gut, nicht immer kam man mit dieser Methode durch, jedoch war es mir jedenfalls gelungen die Aufmerksamkeit und das Interesse von älteren bzw. Erwachsenen zu wecken.
„Er hat halt ziemlich viel Fantasie!“ Pflegte meine Mutter zu sagen.
Eigentlich wollte ich nur meinen Vater imponieren, wie das wohl jeder kleine Junge will.
Aber ich war nicht mit den Optionen gesegnet, die mein Vater im Allgemeinen schätzte.
Ich hatte zwei linke Hände, „Er kann keinen Nagel in die Butter hauen“ hörte ich ihn einmal sagen.
Das stimmte selbstverständlich auch.
Es tat trotzdem weh.
Ich wollte so gern das sein was er erwartete, leider stimmte das mit meinen Prioritäten absolut nicht überein.
Ich versuchte es, immer wieder und immer wieder auch erfolglos, doch ich kann meinem Gewissen einen Stups geben und sagen „ Hey! Ich hab’s doch probiert oder? Jetzt sag was!“.
Doch, ich hatte Geduld mit mir.
Meine Mutter liebte mich so wie ich war, Sie leidet an einem Mutter Theresa Komplex, der sich in einem festen Glauben an das gute in jedem Menschen manifestiert.
Schön, dass man glauben kann Arschlöcher sind auch nur Menschen.
Ich kann das nicht, in meinen Augen waren Arschlöcher das was Sie waren.
Arschlöcher.
Ich wuchs in einem sehr ruhigen, gesitteten Elternhaus heran, in denen Wörter wie: „geil!“ oder Schimpfwörter unterhalb der Gürtellinie nicht geduldet wurden.
Allerdings erwischte ich meinen alten Herrn gelegentlich dabei zu grinsen, wenn ein solches Unwort fiel.
Heute sagt meine Mutter zu meinen Söhnen: „Kann man nicht einfach toll sagen? Muss es denn immer mit Gewalt Geil sein?
„Ja Oma, muss es“ hört Sie dann.
„Sag doch wenigstens Super!“
„Supergeil Oma!“
Ich werde dieses Seufzen das darauf folgt immer in meinem Gedächtnis tragen.
Ich kann mich noch an viele Dinge in meiner Kindheit erinnern, viele Dinge, die meinen Eltern schon längst entfallen ist.
Meine Aversion gegen Fremde zum Beispiel.
Alles was außerhalb der engsten Familienbande stand, war Fremd.
Und auf Fremde hatte ich keinen Bock.
Meine Eltern mussten keine Angst haben, dass ich unangemeldet in den Besuch von Freunden hereinplatzte um mich von meiner ekligsten Seite zu zeigen, ich ging nie zu Nachbarn, oder sprach einfach mir Fremde Personen an.
Im Leben nicht! .
Frauen schon gar nicht.
Es gab nur zwei Frauen im meinem damaligen Leben bei denen ich lockerer war.
Das war zum einen Tante Irma, die den kleinen Edeka Laden an der Ecke hatte.
Tante Irma war irgendwie immer so ein wenig ein Mutterersatz, obwohl ich mir Ihrer gespielten Freundlichkeit, die schon ans Schleimen grenzte sehr früh bewusst war.
Ich liebte Sie trotzdem, und halte Sie auch heute noch für einen Menschen der mein Leben geprägt hat.
Die andere Frau war meine Oma.
Oma hatte Silbernes Haar, immer ein gütiges Lächeln, und in meiner Erinnerung das Engelgleiche Wesen aus meiner Kindheit.
Oma war eine Art Mysterium für mich, das es nicht wieder gegeben hat, vielleicht liegt das daran, das Oma Tjad so etwas wie eine Sagengestalt war, Sie starb sehr früh, und ich kann mich erinnern das ich nicht wahr nahm das dies passiert war, ich wusste nur, dass meine Mutter in diesen Wochen viel weinte und meine Tanten einen Tee servierten, bei dem alle Anwesenden schwarz gekleidet waren.
Ich bin sehr dankbar für diese Erfahrung, denn heute vermisse Ich sie sehr.
Meine Menschenscheu habe ich bis heute nicht so richtig ablegen können, ich gehe immer noch nicht freiwillig auf Fremde zu, es sei denn ich habe Beruflich mit Ihnen zu tun.
Es fällt mir schwer mich anzubiedern nur um jemanden kennen zu lernen, und ich weiß sehr wohl das die meisten Menschen die mich nur flüchtig kennen mich für ätzend und arrogant halten.
Vielleicht bin ich das auch, ich will mich nicht auf ein Podest stellen.
Mein Großvater lebte eine ganze weile bei uns nach dem Tod meiner Großmutter.
Ich lernte ihn besser kennen als Sie, und kann Ihm nicht verdenken, dass er mich nicht mochte.
Ich mochte Ihn auch nicht.
Er war mürrisch und egozentrisch, sicherlich nicht besonders happy nach dem Tod meiner Großmutter, und er konnte das ganz prima an manchen Personen auslassen.
Er hielt mich für einen Taugenichts, einen Tagedieb, einen Klugscheißer.
Vernünftige Einstellung denke ich oft im Endeffekt.
Ich machte es ihm nicht leicht, ich war sicherlich eine rechte Nervensäge, und mich zu mögen war sein erklärtes Ziel.
Er versuchte es immer wieder, und ich schoss ihm dennoch, in schöner Gleichmäßigkeit vor den Bug.
Trotzdem, manchmal möchte ich ihm heute dafür danken.
Ich hatte eine Menge Dinge in diesem Zeitraum, an die ich mich nicht so gern erinnere, vor allem an den vielen Ärger den ich verursachte.
Ich steckte mit meinen Freunden die eigentlich keine waren einen Dachstuhl in Brand, wurde des Diebstahls bezichtigt. Meine Eltern hatten es gewiss nicht leicht.
Einige meiner heutigen Macken und Vorlieben resultieren aus dieser Zeit, obwohl ich es damals gar nicht realisierte.
Ich fand Frauen unglaublich anziehend, und zugleich ängstigte ich mich und es machte mich verlegen in der Nähe einer solchen zu sein.
Als ich klein war, zog meine Mutter mich zum zu Bett gehen um, und wurde dabei von einer Verwandten überrascht, die mich noch kurz sehen wollte.
Irgendetwas dabei hatte ich wohl verpasst, und sah mich plötzlich einer großen dunkelhaarigen Frau gegenüber die mich plötzlich stürmisch an sich drückte.
Da war´s vorbei, und ich schrie wie am Spieß.
Heute stehe ich auf dunkelhaarige Frauen, und trotzdem mied ich jede Frau in dieser Kategorie fast meine ganze Jugend lang.
Das Leben spielt einem wunderbare bis seltsame Streiche.
Fortsetzung folgt