Journalismus & Glosse
Sie meinen es gut, meinen sie - Lästige Menschenfreunde

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"Sie meinen es gut, meinen sie - Lästige Menschenfreunde"
Veröffentlicht am 14. April 2009, 6 Seiten
Kategorie Journalismus & Glosse
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Über den Autor:

Geboren und aufgewachsen in Süddeutschland. Lange in Berlin und Hamburg gelebt, später in der Lüneburger Heide. Neuerdings wieder in Berlin. Autor von bisher drei Romanen, von Erzählungen und von Kurzprosa. Eine Buchveröffentlichung: Alle Männer sind Brüder, Roman (BoD Norderstedt 2007). Weitere Werke als eBooks unter www.bookrix.de/-arno.abendschoen gratis lesen und herunterladen!
Sie meinen es gut, meinen sie - Lästige Menschenfreunde

Sie meinen es gut, meinen sie - Lästige Menschenfreunde

Beschreibung

Edel sei der Mensch, hilfreich und - aufdringlich?

Sie meinen es gut, meinen sie

 

Nie Einheimische nach dem Weg fragen, sie kennen sich nicht wirklich aus. Damit fahre ich in der Fremde im Allgemeinen gut. Ich studiere Karten, Reiseführer und probiere alles selbst aus. Doch manche Ortsansässigen lassen sich nicht erst bitten, sie sind ungebeten zur Stelle, freundlich und aufdringlich. Einige Fallbeispiele.

     In einem Tessiner Bergdorf mache ich Rast auf einer Bank. Ein Mann aus der Gegend setzt sich zu mir, gibt ungefragt endlose Erklärungen und Ratschläge, die ich nicht benötige. Nach einer Dreiviertelstunde spürt er meine aufkommende Reserve und deutet sie sich falsch: „O, ich habe Wein getrunken, Sie riechen es wohl …“

     Ein anderes Mal gehe ich im Weinheimer Arboretum so vor mich hin, die Riesenmammutbäume betrachtend. Einer, selbst fußkrank, will mir freundlich vorschreiben, welchen Weg durch den Park ich mit dem größten Gewinn und Genuss unbedingt gehen müsse. Ich schlage seinen Rat in den Wind. Soll er mich doch meine eigenen Eindrücke sammeln lassen.

     In Görlitz besichtige ich die x-te Kirche für diesen Tag, meine Augen sind schon etwas müde. Da erhebt sich aus dem Gestühl im Dämmerlicht ein Mütterchen und will mir auf jeden Fall jene Kapelle noch zeigen und erklären. Ich lehne ab, es sei eben schon zu viel für diesmal. Sie kann es nicht verstehen: „Ich zeige sie Ihnen dann, wenn Sie wieder hierher kommen und mehr Zeit haben.“ Ich werde mich hüten.

     In New York erfährt ein neuer Bekannter von meiner Weiterreise nach Boston. Sogleich verpflichtet er mich, seinen Freund dort anzurufen, gleich nach meiner Ankunft. Der werde mir dann alles in Boston zeigen. Ich sage: Ja, ja … Ich rufe nicht an und finde außerdem andere Einheimische, die das Herumführen bestens besorgen. Wieder in New York muss ich mir Vorwürfe gefallen lassen: Du hast ihn nicht angerufen. Er hätte dir doch …

     Und wieder einmal bin ich zu Fuß unterwegs. Zwei Reiterinnen nahen, nebeneinander schwankend auf hohem Ross, emsig schnatternd und dabei mit der Reitgerte spielend. Ich drücke mich an den äußersten Wegrand, bleibe stehen. Da die Damen alle Zeit der Welt zu haben scheinen – unglaublich, wie langsam sich Pferde fortbewegen können -, vertreibe ich mir die Zeit damit, den weiteren Wegverlauf auf meiner Karte zu studieren. Jetzt werden die Pferde auch noch angehalten. Eine freundliche Stimme: „Können wir Ihnen helfen? Wo wollen Sie denn hin?“ – „Immer geradeaus, wenn nur der Weg wieder frei ist.“ Befremdet über mich Grobian reiten die Damen weiter.

     Nein, ich will mir nicht den Weg zeigen und erklären lassen. Ich will meine eigene Reise. Einheimischer, nicht jeder Fremde ist ein hilfloser Trottel. Dränge dich ihm nicht auf, wenn er dich nicht um Hilfe oder Rat bittet.

 

 

 

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Hörbuch

Über den Autor

Abendschoen
Geboren und aufgewachsen in Süddeutschland. Lange in Berlin und Hamburg gelebt, später in der Lüneburger Heide. Neuerdings wieder in Berlin. Autor von bisher drei Romanen, von Erzählungen und von Kurzprosa. Eine Buchveröffentlichung: Alle Männer sind Brüder, Roman (BoD Norderstedt 2007). Weitere Werke als eBooks unter www.bookrix.de/-arno.abendschoen gratis lesen und herunterladen!

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Abendschoen Re: Hmmm ... -
Zitat: (Original von Gunda am 14.04.2009 - 14:05 Uhr) ... meistens (ich betone: meistens) MEINEN sie es auch WIRKLICH gut, Arno. Klar, es gibt diejenigen, die sich einfach nur die Zeit vertreiben wollen, indem sie einen gnadenlos zuquatschen, aber gegen ein freundliches "Kann ich helfen?", wenn jemand ein Fragezeichen deutlich auf der Stirn schweben hat, finde ich eigentlich gar nichts einzuwenden. Man kann es ja ebenso freundlich ablehnen. Jedenfalls ist mir ein solches Verhalten lieber, als mangelnde Aufmerksamkeit anderen gegenüber ...
Aber ich denke, das sind auch nicht die Situationen, die du meinst. Aufdringlichkeit kann ich auch nicht gutheißen.

Lieben Gruß
Gunda




Der von mir gemeinte Typ ist gar nicht selten. Dem Hilfsangebot liegt bei ihm vor allem das Bedürfnis nach eigener Geltung zugrunde. Vermutlich kennst du den alten Kalauer: Pfadfinder, erpicht auf gute Tat, führt alte Dame über die Straße - die wollte aber gar nicht hinüber. - Arno -
Vor langer Zeit - Antworten
Abendschoen Re: es gibt aber -
Zitat: (Original von Boris am 14.04.2009 - 11:39 Uhr) auch viele hilflose Chinesen und Japaner,
die Europa in 10 Tagen besuchen,
die brauchen Hilfe!

LG JFW
Gerade Chinesen und Japaner machen gewöhnlich einen gut vorbereiteten Eindruck. - Arno -
Vor langer Zeit - Antworten
Gunda Hmmm ... - ... meistens (ich betone: meistens) MEINEN sie es auch WIRKLICH gut, Arno. Klar, es gibt diejenigen, die sich einfach nur die Zeit vertreiben wollen, indem sie einen gnadenlos zuquatschen, aber gegen ein freundliches "Kann ich helfen?", wenn jemand ein Fragezeichen deutlich auf der Stirn schweben hat, finde ich eigentlich gar nichts einzuwenden. Man kann es ja ebenso freundlich ablehnen. Jedenfalls ist mir ein solches Verhalten lieber, als mangelnde Aufmerksamkeit anderen gegenüber ...
Aber ich denke, das sind auch nicht die Situationen, die du meinst. Aufdringlichkeit kann ich auch nicht gutheißen.

Lieben Gruß
Gunda




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Boris es gibt aber - auch viele hilflose Chinesen und Japaner,
die Europa in 10 Tagen besuchen,
die brauchen Hilfe!

LG JFW
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