Kurzgeschichte
Verirrte Seelen Der Ordnungs-verhüter

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"Verirrte Seelen"
Veröffentlicht am 24. Dezember 2025, 14 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
© Umschlag Bildmaterial: Ulrich Seegschütz/Pixabay
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Verirrte Seelen

Verirrte Seelen Der Ordnungs-verhüter

Nach der schrecklichen Tat des „Teenagers mit der verrückten Mutter“, die nur für ihren Erlöser lebte, den sie nun mehr brauchte denn je, lag das Dorf in Schockstarre. Anschließend summte und brummte es in dem kleinen Ort, bis auch das letzte Detail ausgiebig erörtert war und man sich erschöpft auf die heimische Couch fallen ließ.

Erschöpft und verwirrt; das Sicherheits-gefühl der Bewohner war verletzt worden. „So etwas“ geschah sonst nur im Fernseher, nicht direkt vor der Haustür. Trotzdem ging man recht bald zur Tagesordnung über – was sollte man sonst auch tun?

Und während der Junge, der seine Tante

(mutmaßlich!) missbraucht hatte, auf seinen Prozess wartete und das Opfer im Krankenhaus seiner Genesung entgegen schlief, drehte der ehemalige Polizist Hannes Wiegand weiter seine Runden und hatte „ein Auge“ auf alles, weil er es so gewohnt war. Allerdings litt er seit dem bewussten Tag an hartnäckigen Schlafstörungen.

Seltsam war, dass, wann immer er an dem Feldweg, der zum See führte, vor-beikam und er sich die Geschehnisse des Tages ins Gedächtnis rufen wollte, er auf eine große Lücke stieß. So richtig erin-nern konnte er sich eigentlich nur daran, dass der offenbar verwirrte Junge ihm die Vorfahrt genommen hatte und er

daraufhin misstrauisch geworden und selbst in den Feldweg eingebogen war. Dann wusste er noch, dass er den roten Kleinwagen der Beatrice Krampe gesehen hatte und dann…..nichts mehr!

Nun, das Gehirn spielt uns manchmal üble Streiche – man denke nur an die vielen optischen Täuschungen – und neigt gelegentlich dazu, schlimme Ereig-nisse, schmerzhafte Gedanken, etc. schlichtweg auszublenden und ins Unterbewusstsein zu verschieben. Ein Selbstschutz, der soweit funktioniert und man setzt sein gewohntes Leben fort, als ob nichts geschehen wäre.

Dummerweise gärt und brodelt es unter der Schwelle des Bewusstseins weiter

und so nahm es nicht wunder, dass die Schlafstörungen immer schlimmer wur-den und schließlich zu einer handfesten Depression führten.

Es war letztlich seine Frau, die schon längst genervt das gemeinsame Schlaf-zimmer verlassen hatte, die ihn bei der Hand nahm und zum Hausarzt brachte. Der fackelte nicht lange und überwies Hannes als Notfall zu einem Psycho-logen.

Als dieser mit Gesprächen nicht weiterkam, legte er seinen Patienten in Hypnose und schon nach der dritten Sitzung wurde deutlich, was den älteren Herrn so quälte...


Als der Ordnungshüter im Ruhestand das Unfallauto erreichte und die immer noch bewusstlose Frau mit hochgeschobenem Rock im Gras liegen sah, zählte er eins und eins zusammen und erschrak bei dem Ergebnis! Er kannte Bodo kaum, eigent-lich nur vom Wegsehen – sollte er wirk-lich getan haben, was so offensichtlich war?

Hannes ließ sich auf den Fahrersitz des roten Flitzers fallen und dachte nach. Hier draußen funktionierte weder das altersschwache Funkgerät in seinem ehemaligen Dienstwagen, noch sein Mobiltelefon. Es gab weit und breit keinen Funkmasten. Eigentlich hätte er die Bewusstlose ins Auto laden und in

die nächste Stadt bringen müssen. Statt-dessen dachte er über den Jungen nach, während sein Blick den Kurven des Frauenkörpers folgte, der wie tot da lag. Plötzlich hatte er eine Idee, spurtete zu seinem Auto, öffnete die Heckklappe und suchte fieberhaft. Im Laufe der Jahre hatte sich allerlei Krempel angesammelt und so brauchte er eine Weile. Schließlich fand er das Verhüterli, wie er Kondome nannte, das er irgendwann einmal ein paar Kindern weggnommen hatte, die Kondome aufgeblasen und als „Wasserbomben“ auf Passanten geworfen hatten. Es lag schon so lange zwischen all den anderen Sachen, dass bestimmt das Verfallsdatum überschritten war.

Aber es würde schon gehen.

Dann eilte er zu der immer noch be-wusstlosen Frau, sah sich um, ob jemand in der Nähe war, und dachte kurz an die letzten Jahre, in denen seine Frau ihn mit immer neuen Ausreden abgewiesen hatte, während er begehrlich auf den strammen Körper vor ihm starrte.

So eine Gelegenheit bot sich ihm viel-leicht nie wieder!


Dann verging er sich ebenfalls an der hilflosen Frau.





Auf dem Rückweg vom Psychologen, dessen entsetzten, angewiderten Aus-druck in den Augen er nie wieder ver-gessen würde, gab Hannes seiner neu-gierigen Frau nur ausweichende Ant-worten. Er war froh, dass sie am Steuer des Wagens saß; noch ganz unter dem Eindruck seiner furchtbaren Tat, musste er über so vieles nachdenken. Er konnte sich selbst nicht verstehen. Er, der ehe-malige Polizist, hatte für einige wenige Minuten die Kontrolle über sich verloren und damit sein ganzes Leben und sich selbst infrage gestellt.

Noch am selben Abend wurde ihm klar, dass er mit dieser Schuld nicht leben konnte.

Die folgenden Tage vergingen mit Planungen. Seine Dienstpistole hatte er mit der Pensionierung abgeben müssen. Das wäre die einfachste Lösung gewesen. Schließlich entschied er sich für den See und ihm war, als würde sich dort der Kreis schließen, der mit dem Ausflug der armen Frau begonnen hatte.

Um seine Frau zu schützen, hinterließ er einen Abschiedsbrief, in dem er seine Depressionen als Grund für seinen Ent-schluss angab.

Anschließend fuhr er zum See, parkte am Ufer und dachte noch einmal über seinen Plan und alles andere nach. Niemand außer dem Psychologen wusste von seiner Tat, und der hatte ja seine

Schweigepflicht. Zeugen gab es auch nicht und seine Frau würde erhobenen Hauptes durchs Dorf gehen können.

Zufrieden rang er sich ein Lächeln ab. Dann gab er Gas.


Zu seiner Beerdigung erschien das gesamte Dorf. Er war beliebt gewesen, weil er stets freundlich und hilfsbereit war und alle trösteten die Ehefrau, die überhaupt nicht verstand, was gerade mit ihr geschah.

Hannes Plan hatte funktioniert.



Bis im Krankenhaus festgestellt wurde, dass Beatrice Krampe schwanger war.

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Tetris Whow Uli - die Sache nimmt Fahrt auf.
Bin gespannt wie es weitergeht! Das kann doch jetzt nicht das Ende der Geschichte sein!!!
Bitte mehr
Mara
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Lagadere 
Eine Fortsetzung ist nicht geplant. Ein paar Fragen bleiben vlt. aber die kann man sich leicht selbst beantworten. Man tut hier immer gut daran, sich so kurz wie möglich zu halten :-)
Danke dir und
mach's dir gemütlich!

LG Uli
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sorrynocoffee 
Hallo Uli,

ich hab’s geahnt. Hilfe! Ich tippe auf den Richter.

Grüßle,
sonoco
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Lagadere 
Oh, das wird dem Richter nicht gefallen, wenn man so auf ihm rumtippt...

:-)

Danke dir!

LG Uli

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