Die letzte Weihnachtsfeier
Die Lichterkette flackerte nur noch halb, als wir den Konferenzraum betraten. Die Kollegen saßen schon da, mit den Gesichtern, die nur nach vier Monaten Homeoffice noch existieren: angestrengt fröhlich, ein bisschen erschöpft, zu viel Glühwein in den Händen. Der Tisch war gedeckt, und auf den Tellern lag der letzte Rest von Käse, der schon vor Tagen aus der Kühlung geflüchtet sein musste.
Ich setzte mich, schaute auf die halb geschmolzenen Kerzen und dachte: Wenn
dies das Ende der Welt wäre, würde es so aussehen. Kein Feuerwerk, kein Drama, nur der muffige Geruch von Industriegebäck und altem Humor. Meine Kollegin neben mir lachte über etwas, das ich nicht hörte, und ich fragte mich, wie wir es geschafft haben, so viel Leben in so wenig Bedeutung zu packen.
Dann kam der Höhepunkt: die obligatorische Rede des Chefs. Er sprach von Erfolg, Teamgeist, Visionen – und ich sah in seinen Augen das gleiche Verlangen wie in den meinen: Überleben, zumindest bis zum Dessert. Seine Worte waren wie Zuckerstreusel auf einer toten Torte. Wir nickten, applaudierten,
lächelten. Alles wie immer.
Als die Feier endete, sammelte ich meine Jacke, trat hinaus in die kalte Nacht. Der Wind roch nach nassem Asphalt und Zigaretten, und irgendwo lachte jemand – vielleicht ich selbst, vielleicht nur der Wahnsinn. Ich dachte an die leeren Stühle, die wir nie besetzt hatten, an die Geschenke, die wir nie auspackten, und an die Kerzen, die langsam erloschen.
Ich lächelte bitter, weil ich wusste: Nächstes Jahr werden wir wiederkommen. Mit neuen Gesichtern, neuer Bedeutung, demselben Humor. Und alles wird wieder flackern, schmelzen,
enden – wie jedes Jahr zuvor.