Kurzgeschichte
Oh du Fröhliche - Schreibparty 114

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"nach einer wahren Begebenheit Weihnachten 1978"
Veröffentlicht am 11. Dezember 2025, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
© Umschlag Bildmaterial: Gabriele Busch
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Da ich schwerhörig zur Welt gekommen bin, hat meine Mutter mir während der Grundschulzeit das Tagebuchschreiben als tägliche Hausaufgabe aufgegeben. So musste ich viel Zeit und Übung investieren, um das Lesen und Schreiben zu lernen. Auf diese Weise entwickelte sich eine Schwäche zur Stärke, denn auch im Berufsleben habe ich viel schreiben müssen. Privat habe ich immer gerne Tagebuch, Gedichte, Kurzgeschichten und kleine Texte geschrieben. Meine ...
nach einer wahren Begebenheit Weihnachten 1978

Oh du Fröhliche - Schreibparty 114

Oh du Fröhliche


Schreibparty 114


Thema: Weihnachten in Familie


Vorgabewörter:

Kittelschürze

Kullerpfersich

Licht







Da saß er nun. Über fünftausend Kilometer entfernt seiner Heimat. Sicher vor den Waffen der paramilitärischen Kräfte. Seine Flucht war geglückt und man hatte ihm Asyl gewehrt. Dafür war er dem Himmel dankbar! Nach Abschluss des Deutschkurses würde er arbeiten dürfen und für seinen Lebensunterhalt selbst tätig werden. Die finanzielle Hilfe war ihm unangenehm.

Heute fühlte er sich sehr allein. Hier im Land feierten die Einheimischen nun drei Tage lang Weihnachten. Das heilige Fest seines Glaubens würde erst wiedere im Herbst stattfinden. Er hoffte sehr, bis

dahin hier einen Landsmann anzutreffen.

Die aufsteigenden Bilder der blutigen Aufstände versuchte er zu unterdrücken. Glücklicherweise drangen unterschiedliche Geräusche aus dem Erdgeschoss zu ihm hoch. Er konnte Klavierspiel vernehmen, wildes Laufen der Kinder, Flötentöne und zwischendrin Möbelrücken. Die gesamte Familie seines Vermieters schien anwesend zu sein. Das lenkte ihn ein bisschen ab. Wenn alles gut wird, dann würde er sich eines Tages auch seinen Traum von Frau und Kindern in einem Haus auf dem Land erfüllen. Er musste noch ein bisschen Geduld haben. Er würde die Hoffnung nicht aufgeben!

Plötzlich klopfte es an der Tür. Noch in Gedanken versunken rief er; „Hallo!“ Nun klingelte es. Als er die Tür öffnete, stand da der Sohn des Vermieters, nicht viel älter als zehn und redete aufgeregt: „Mama hat gesagt, ich soll nachsehen, ob Sie da sind?! Und wenn ja soll ich Ihnen sagen, dass sie bitte mal runter kommen! Machen Sie schnell, denn es geht gleich los!“ Erstaunt folgte er dem Jungen, der sich schon umgedreht hatte und auf der Treppe wartete. Viel Zeit zum Überlegen, ob er alles richtig verstanden hatte, blieb ihm nicht. An der Wohnungstür im Erdgeschoss blieb er stehen, während der Kleine zügig hineinlief.

„Mama! Er ist da!“ Der Zehnjährige verschwand und rief nun lauthals: „Papa, wir können endlich anfangen! – Weg da Susi, dass ist mein Platz….“ Die Frau, Mama von vier Kindern, erschien an der Tür, sie hatte noch die Kittelschürze an und fuhr sich mit den Händen leicht gestresst durch die Haare, als sie ihn begrüßte: „Oh wie schön, da sind sie ja Herr Rahini! Wir feiern Weihnachten und Sie sollten einfach dabei sein! Mögen Sie Gänsebraten und Klöße? Wir haben auch Pudding und Kullerpfirsich zum Nachtisch! Kommen Sie erstmal herein! Schauen Sie mal, wir haben schon die Lichter am Tannenbaum angezündet."



Als der junge Mann ihrer einladenden Armbewegung folgte, betrat er eine ihm noch vollkommen fremde, doch auch spannende, neue Welt.

Kurz vor Mitternacht schrieb er in sein Vokabelheft alle neu gelernten Wörter fein säuberlich in Druckbuchstaben auf: Tannenbaum – Eisenbahn – Lichterkette – Tischdecke – Pudding - Puppenstube – Katze – Kaufmannsladen – Blockföte – Oh du Fröhliche







Nach einer wahren Begebenheit Weihnachten 1978.

Coverbild, Foto und Text:

Gabriele Busch

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Hörbuch

Über den Autor

Gabriele
Da ich schwerhörig zur Welt gekommen bin, hat meine Mutter mir während der Grundschulzeit das Tagebuchschreiben als tägliche Hausaufgabe aufgegeben. So musste ich viel Zeit und Übung investieren, um das Lesen und Schreiben zu lernen. Auf diese Weise entwickelte sich eine Schwäche zur Stärke, denn auch im Berufsleben habe ich viel schreiben müssen. Privat habe ich immer gerne Tagebuch, Gedichte, Kurzgeschichten und kleine Texte geschrieben. Meine Lieblingsthemen sind: der Mensch, das Leben, Psychologie, die Natur und Engel.

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drachenzaehmer Hallo, nett, wenn man aus der Zeit kommt, hat man bestimmt viel in Erinnerung, was man dann in Geschichten erzählen kann.
Ich hab deine Geschichte gerne gelesen,
LG Mike
Vergangene Woche - Antworten
Gabriele 
Hallo Mike,
danke für deinen Besuch und den Kommentar!
Das stimmt wohl, dass man im Alter mehr Geschichten zu erzählen hat.
Doch erst durch die Tatsache, dass sich im Laufe der Jahre so viel verändert hat, gibt einem das Gefühl, dass eine Geschichte erzählenswert ist - dabei sind alle Erfahrungen und Sichtweisen erzählenswert!
Liebe Grüße von Gabriele
Vergangene Woche - Antworten
KatharinaK Liebe Gabriele,das erinnert mich an Weihnachten - Ende der 70er - da war unser Tisch nicht nur mit Gant und Klößen überladen. Drumrum saßen Tamilen, Ägypter, Araber und wir. Als wäre es völlig normal gewesen. War es aber nicht.
Allein für die Erinnerung - 10 Punkte. Danke.
Katharina
Vergangene Woche - Antworten
Gabriele 
Liebe Katharina,
Danke für dein Lesen und das Feedback!
In Not- und Kriesenzeiten spielen Menschlichkeit zum Glück meistens eine größere Rolle als die Nationalität. Ich hoffe, die Erinnerung an Ende 1970 war überwiegend positiv!?
Liebe Grüße von Gabriele
Vergangene Woche - Antworten
KatharinaK Ich habe die Gans gerne geteiilt. Mit wem auch immer.
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schnief Eine sehr warmherzige Geschichte und hoffen wir, dass es viele Menschen gibt, die andere nicht allein lassen.
Liebe Grüße Manuela
Vergangene Woche - Antworten
Gabriele 
Ja, dass hoffe ich auch!
Und es kann ja auch schön sein, "Besuch" zu bekommen, wenn die Familie nicht so groß ist.....
Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren liebe Manuela,
Grüße von Gabriele
Vergangene Woche - Antworten
Kornblume Eine weihnachtliche Geschichte, die auch heute (oder wieder) Vorbild für gute Nachbarschaft sein könnte.
Gefällt mit gut ,liebe Gabriele.
Grüße schickt die KOrnblume, die sich über die rege Beteiligung an der SP 114 sehr freut aber auch etwas Bammel vor der Bewertung hat. Es sind so viele wunderbar weihnachtliche Beiträge , welche die Entscheidung sehr schwer machen.
Vergangene Woche - Antworten
Gabriele 
Ja, liebe Kornblume,
auch in der Stadt gibt es Menschen in der Nachbarschaft, die sich über eine unverbindliche Einladung oder kurzen Besuch freuen :-)
Bzgl der SP kann ich dir nur beipflichten: So spannend und vergnüglich die vielen unterschiedlichen Beiträge sind (es macht ja richtig Spaß!) so schwierig wird hinterher die Bewertung.
Viele liebe Grüße für ein schönes 3. Adventswochenende
von Gabriele
Vergangene Woche - Antworten
Feedre Hallo Gabriele...geht unter die Haut....
eine wunderbar warmherzig, menschliche Geschichte.
Wundervoll..
Lieben Gruß in den Abend
Feedre
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