Fotograf ist Miles Iwes,
gefunden auf unsplash..
30.10.2011, ca. 13:10 Uhr.
Allein unterwegs beim Bergwandern, spürte ich die Einheit mit der Natur, dieses überwältigende Gefühl auf einem Gipfel zu stehen. Ich startete an der Postalm und wollte auf den Laben Berg (1.642 m). Dann die Südwestflanke
hinunter, vorbei am Zinkenbach, der vom Hohen Zinken (1.764 m), Osterhorn (1.742 m) und Pitschenberg (1.720 m) kam. Alles schien friedlich, bis zur Brücke über den Klausbach.
Die Brücke war breit, betoniert, ohne Geländer. Ich ging am oberen Rand, als plötzlich mein linker Schuh wegrutschte. Sekunden später fiel ich, das Bachbett wartete 1,8 bis 2,2 m tiefer. Ich sackte zusammen. Mein linker Arm schlug unbewusst vor mein Gesicht, die Nase blutete, Stirn, Ellenbogen, Knie – überall brannte es.
Mein rechter Fuß fühlte sich fremd und
schwer an, das Sprunggelenk tat höllisch weh. „Was machst du jetzt?“, dachte ich. Ich musste einen klaren Kopf bewahren. Den Stein, den ich für Marita mitgebracht hatte, legte ich aus dem Rucksack vorsichtig beiseite. Ich packte Kamera und Handy zusammen. Akku und Schale hatten sich gelöst, aber alles funktionierte noch.
Ich musste die Böschung hoch, Schritt für Schritt, jeder Hümpel ein Kampf. Mein linker Fuß trug mein ganzes Gewicht, das rechte Knie stieß immer wieder gegen Felsen, Blut durchtränkte meine Hose. Endlich erreichte ich die Forststraße, doch mein Handy zeigte
immer noch kein Netz. Ich musste weiter, Richtung Brücke, höher, an einer Stelle, die frei war, sichtbar.
Die Schmerzen wurden stärker, die Kälte kroch durch meine Kleidung. Ich rief um Hilfe, so laut ich konnte, meine Stimme hallte durch das Zinkental. Immer wieder sah ich auf die Uhr, die Zeit rann wie Sand. Die Angst war überwältigend, die Gedanken wirr: „Was, wenn mich niemand findet? Marita, die Kinder…“
Dann hörte ich das Summen von Rotorblättern. Ein Hubschrauber, am Hohen Zinken, kreiste. Mein Herz schlug schneller. Ich winkte, rief, versuchte
gesehen zu werden. Die Maschine flog weiter, doch ich gab nicht auf. Stunden fühlten sich wie Minuten an, ich fror, zitterte, doch mein Hilferuf hallte durch das Tal.
Plötzlich rief jemand: „Hallo! Wo bist du?“ Ein Mann! Ich antwortete, konnte ihn sehen, er kam mir entgegen, Schritt für Schritt. Glücksgefühle überströmten mich, als er näherkam. „Vorsicht, die Brücke ist rutschig!“, rief ich. Er lachte, machte vorsichtig weiter, die letzten Meter schafften wir gemeinsam.
Der Hubschrauber landete sanft auf der Forststraße. Ich setzte mich vorsichtig,
hielt mich an den Helfern fest. Endlich in Sicherheit, Tränen liefen unkontrolliert. Ich war gerettet. Die Piloten waren freundlich, ruhig, professionell. Sie flogen mich ins LKH Salzburg. Ich spürte Dankbarkeit wie ein warmes Licht, tief in mir: Nicht die Glücklichen sind dankbar, sondern die Dankbaren sind glücklich. Ich war beides zugleich.
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