Kurzgeschichte
Die Abenteuer des Grinch am Rande der Puszta

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"Die Abenteuer des Grinch am Rande der Puszta"
Veröffentlicht am 20. November 2025, 108 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Ich erinnere mich noch gerne meiner allerersten Zeilen - ein Schulgedicht: Der Winter ist ein Bösewicht, die Bäume tragen Schneegewicht, die Stämme sind kahl und so schwarz wie ein Pfahl, die Felder sind weiß und auf dem See liegt Eis. In den seither vergangenen Jahrzehnten hat sich mein Schreibstil sicher geändert - ist erwachsen geworden -, aber die Freude am Schreiben ist ungetrübt.
Die Abenteuer des Grinch am Rande der Puszta

Die Abenteuer des Grinch am Rande der Puszta

Der Grinch

In den Bergen war der Wind müde geworden, doch der Grinch war es noch mehr. Die Felsen knurrten ständig, die Tannen stöhnten unter Schnee, und irgendwo tief in seinem grünen Pelz pochte ein Unmut, der nicht mehr recht zu ihm passen wollte. Also packte er – etwas beleidigt, etwas neugierig – sein Herz ein und stapfte los. Wohin? In dieses verschlafene Dorf am Rand der Puszta, in dem die Straßen selbst bei Frost nach warmer Milch und Holzrauch rochen. Dort lebte ein kleiner Feenjunge. Ein zarter Bursche mit Augen wie

Morgensternchen und Flügeln, die raschelten wie frisches Geschenkpapier. Er entdeckte den Grinch an einem grauen Nachmittag, als der Schnee gerade begann, die Dächer zu pudern. „Du bist weit weg von deinen Bergen“, sagte der Junge und streckte ihm ein glashelles Lächeln hin, als wäre es eine Einladung. Der Grinch schniefte. „Dort oben knurrt alles. Ich bin müde vom Knurren.“ „Dann bleib“, sagte der Feenjunge. „Hier knurrt man nur beim Aufwachen, und selbst dann selten.“ Also blieb der Grinch. Und weil in seinem grünen Brustkorb etwas Neues glomm – ein Funke, der wahrscheinlich

verboten war, wenn man seine Legende ernst nahm – beschloss er, Weihnachten ein wenig aufzubessern. Nicht so sehr aus Güte. Eher aus … Übermut. Vielleicht auch Sehnsucht. Jeden Morgen schlich er nun durchs Dorf und hinterließ kleine, schelmische Geschenke: Ein Paar Schuhe, die plötzlich Walzer tanzten. Ein Kamin, der seine Funken in Form winziger Sterne spuckte. Ein Kater, der auf einmal Weihnachtslieder summte, obwohl er fest behauptete, absolut unparteiisch gegenüber Festtagen zu sein. Die Menschen wunderten sich, lächelten wider Willen – und schließlich ganz mit Absicht.

Der Feenjunge beobachtete all das mit blitzenden Flügeln. „Du willst der Star des Festes sein“, sagte er eines Abends, als der Grinch sich auf die Schwelle setzte und die Lichter über Csátalja betrachtete. Der Grinch zuckte seine grünen Schultern, aber seine Augen verrieten ihn: ein stilles, unerwartet warmes Funkeln. „Vielleicht“, murmelte er. „Vielleicht will ich einfach nur, dass etwas lacht, das lange nicht gelacht hat.“ In diesem Moment fiel der erste große Schneestern des Jahres vom Himmel, sanft wie eine Versöhnung. Er landete dem Grinch direkt auf der Nase.

Der Feenjunge kicherte. Und der Grinch – der große, grüne, einst mürrische Grinch – lächelte zurück. Ein Lächeln so schelmisch, so hell, dass sogar die Berge es vielleicht spürten. Und ein wenig neidisch wurden. So begann das neueste Weihnachtsabenteuer des Grinch in Ungarn. Und es war erst der Anfang. Im Dorf merkte man bald, dass der Grinch etwas mit sich trug, das nicht in seine Legenden passte. Nicht der verschmitzte Schalk – den hatten alle erwartet, sobald sein Name durchs Dorf wehte. Nein. Es war etwas Leiseres, etwas, das sich wie eine Kerzenflamme

verhielt: zitternd, aber beharrlich. Der Feenjunge bemerkte es zuerst. Es war an einem Abend, als sie am Rand der Puszta saßen, wo der Schnee flach wie ein weißes Tuch lag und die Sterne sich darin spiegelten, als wollten sie beschauen, wie sie selbst aussehen. Der Grinch knetete seine grünen Finger, als wäre er auf der Suche nach Worten, die sich nicht blicken lassen wollten. „Warum bist du wirklich gekommen?“ fragte der Feenjunge. Der Grinch schnaubte – ein Reflex, hart und ungeübt. „Ich habe dir doch gesagt: Ich bin müde vom Knurren.“ „Das stimmt“, nickte der Junge. „Aber das ist nicht alles.“

Der Wind zog sachte an den Flügeln des Jungen, und die silbernen Kanten flackerten wie kleine Mondscheinstreifen. Der Grinch starrte darauf, viel zu lang, viel zu offen. Als er bemerkte, wie still er geworden war, zog er sich in sich zurück wie eine Schildkröte in ihren Panzer. „Weißt du“, begann er, „man erzählt sich viel über mich. Dass ich Herzen stehle oder versteinere. Dass ich Freude hasse. Dass ich Feste zunichtemache. Und… manches davon habe ich wohl auch selbst gefüttert.“ Er presste den Mund zusammen, als hätte er gerade ein Geheimnis verraten, das nicht rausdurfte. Der Feenjunge ließ ihm Zeit. Das war

eine seiner stillen Gaben: Er riss keine Türen auf. Er wartete, bis man selbst den Griff fasste. „Aber irgendwann“, fuhr der Grinch fort, „hörte ich auf, über mich zu lachen. Und wenn man das tut… nun… dann wird das Innere schwer. Es sackt nach unten. Und irgendwann wusste ich nicht mehr, ob ich mich überhaupt noch hochziehen kann.“ Der Junge rückte näher. Nicht zu nah – nur so weit, wie man rückt, wenn man jemandem zeigt: Du musst das nicht allein tragen. „Und dann“, murmelte der Grinch, „habe ich gemerkt, dass mein Herz… weich geworden ist. Verflucht weich. Weicher, als ich es je haben wollte. Und statt es

zu verbergen, wollte ich wissen, ob es irgendwo jemanden gibt, der nicht darüber lacht.“ Der Feenjunge neigte den Kopf. „Ich lache nicht. Aber ich sehe es.“ „Was denn?“ fragte der Grinch misstrauisch. „Dass dein Herz nicht schwach ist. Nur warm.“ Er legte seine Hand – klein, schimmernd, federleicht – über die grüne Brust des Grinch. Etwas darin tat einen leisen, tiefen Schlag. Als hätte es darauf gewartet, erkannt zu werden. Der Grinch sog scharf Luft ein. „Mach

das nicht. Das… das verwirrt mich.“ „Kann sein“, sagte der Junge. „Aber vielleicht ist es genau die Art von Verwirrung, die du brauchst.“ Es wurde still. Die Puszta hielt den Atem an. Sogar der Schnee schien nicht mehr zu fallen, sondern schwebte einfach, als wollte er ihnen eine kleine Kuppel aus Stille bauen. „Warum ausgerechnet ich?“ fragte der Grinch schließlich. Der Feenjunge lächelte – ein leises, wissendes, warmes Lächeln. „Weil selbst ein Feenherz manchmal jemanden sucht, der genau so anders ist wie du.“ Und in diesem Moment, als die Sterne

über ihnen schmolzen und der Schnee unter ihnen glitzerte, begriff der Grinch etwas, das ihm noch niemand beigebracht hatte: Weichheit ist keine Schwäche. Weichheit ist Mut. Und manchmal beginnt jedes große Abenteuer dort, wo ein Herz zum ersten Mal wagt, nicht hart zu sein.

Die Nacht, in der die Tiere verschwanden – und der Grinch sie wiederfand

Der Abend senkte sich über Csátalja wie ein Tuch aus tiefviolettem Samt. Die Dächer glitzerten im Mondlicht, und die Puszta atmete langsam, als würde sie selbst schlafen. Der Grinch jedoch konnte nicht schlafen. Etwas vibrierte in der Luft, ein Unruheschimmer, der seine grünen Ohren kitzelte. „Die Tiere sind unruhig“, murmelte er und trat vors Haus. Tatsächlich: Kein Hundestreuner, keine müde Katze, nicht einmal die kleine Ziege, die

normalerweise nachts an seiner Tür klopfte, um zu schauen, ob der Grinch vielleicht ein Stück Brot fallen ließ. Alles wirkte … leer. Der Feenjunge schwebte aus dem Schatten eines Baumes. „Sie sind verschwunden“, sagte er leise. „Alle. Auf einmal.“ Der Grinch runzelte die Stirn. „Das passiert nicht einfach so. Nicht mit diesem Haufen Chaos auf vier Pfoten.“ Die beiden machten sich auf den Weg, nur begleitet von dem silbrigen Atem der Nacht. In der Ferne flackerte ein

schwaches Licht, dort wo die Puszta in die weiten Felder überging. Ein Rascheln, ein Hecheln, ein gedämpftes Miauen – und plötzlich standen sie vor einem seltsamen Bild: Die Tiere hatten sich versammelt. Hunde in einem Halbkreis, die Schwänze wie Metronome im Mondlicht. Katzen thronten auf Felsen und Strohbündeln wie flauschige Orakel. In der Mitte: ein kleiner, uralter Schäferhund, dessen Fell grau wie Winterasche war. Der Feenjunge flüsterte: „Eine Versammlung. Eine richtige Tierkonferenz!“

Der Grinch spitzte die Ohren. Er hörte die knurrigen Stimmen, die gedämpften Miauer, das leise Stampfen von Pfoten. „Sie … beraten.“ Er schnaubte. „Und das ohne mich!“ Er trat entschlossen in den Kreis, und alle Tiere verstummten. „Na schön“, sagte er und sah in die glitzernden Augen des alten Schäferhundes. „Was ist los?“ Der Hund hob würdevoll die Schnauze. Wau-rrr-wuff. Der Feenjunge übersetzte: „Sie wollen Weihnachten verbessern.“ Der Grinch blinzelte. „Verbessern?

Meine Güte, seit wann machen Tiere Projektbesprechungen?“ Der Hund kläffte kurz. „Sie haben beobachtet, wie du jeden Morgen deine kleinen Überraschungen verteilst“, erklärte der Feenjunge. „Und sie wollen mitmachen.“ Ein Knistern ging durch die Reihen. Pfoten scharrten, Schwänze wedelten, Schnurren vibrierte durch die Luft. Ein Plan begann sich zu formen. Noch in derselben Nacht zog eine Karawane aus Fell, Pfoten und Funkeln

durch Csátalja. Der Grinch lief voran wie ein sehr stolzer, sehr grüner Fackelträger. Der Feenjunge tanzte über ihnen, seine Flügel ein Paar leuchtender Wegweiser. Die Hunde verteilten heimlich kleine Zweige von der Puszta – jeder roch nach Abenteuer und Wind. Die Katzen legten auf Fensterbretter winzige, aus Schnee geformte Herzen, die nicht schmolzen, sondern im Mondlicht glitzerten wie Glas. Die Ziege brachte einem alten Mann den verlorenen Wollschal zurück, den sie – natürlich unabsichtlich – am Vortag entführt hatte.

Als die ersten Lichter im Dorf aufglühten, schwappte ein Staunen wie warmer Kakao über Csátalja. „Das war…“ Der Grinch blieb stehen und sog die klare Luft ein, die wie Musik schmeckte. „… großartig.“ Der Feenjunge lächelte. „Du hast ihnen gezeigt, wie man Freude verschenkt. Und jetzt zeigen sie es dir zurück.“ Der Grinch fühlte, wie sein Herz einen kleinen, winterhellen Purzelbaum machte. Er räusperte sich sofort. „Weichkram“, murmelte er – und lächelte trotzdem.

Im ersten Licht des Morgens liefen die Tiere auseinander, zufrieden, erschöpft, glücklich wie kleine nächtliche Helden. Der Grinch sah ihnen nach und spürte, dass dies ein Abenteuer gewesen war, das in keinem Buch stand, das man jedoch für immer im Herzen trägt wie ein Stück glimmende Glut.

Die Nacht des verschwundenen Sterns

Im Dorf erzählte man sich, dass jedes Jahr ein bestimmter Stern über der Puszta heller leuchtete als alle anderen. Ein Stern, der die Häuser mit einem Hauch von Silber überzog und selbst die müdesten Herzen für einen Augenblick warm wie frisches Gebäck machte. Doch in jener Nacht blieb der Himmel seltsam dunkel. Kein silberner Funke, kein vertrautes Glimmen – nur eine große, atemlose Schwärze. Das Dorf spürte es sofort. Katzen schlichen rastlos umher, Hunde heulten in langen,

fragenden Tönen, und der Wind wirbelte nervös zwischen den Schornsteinen. Der Grinch stand draußen, die Hände tief in seinem Fell vergraben. „Das gefällt mir gar nicht“, murmelte er. „Der Himmel sieht aus, als hätte ihm jemand die Butter vom Brot geklaut.“ Der Feenjunge schwebte heran, seine Flügel flackernd wie Lichterketten im Wind. „Der Stern fehlt. Und ohne ihn wird das Dorf morgen müde aufwachen.“ Er senkte die Stimme. „Man sagt, der Stern kommt nur, wenn jemand ihn ruft. Wenn jemand ihn

braucht.“ „Dann gehen wir suchen“, brummte der Grinch – und schon funkelte es leise in seinem Blick, wie ein Funke, der ein Abenteuer wittert. --- Sie machten sich auf den Weg in die Puszta, begleitet von einer kleinen Karawane aus Fell und Federn. Die Hunde trabten wie eine Patrouille voraus, die Katzen huschten über die gefrorenen Gräser, lautlos wie Schatten. Der Himmel über ihnen blieb dunkel wie

Tinte. „Wo versteckt sich ein Stern, wenn er traurig ist?“ fragte der Grinch. Der Feenjunge schwieg einen langen Moment, dann: „Er sucht Orte, an denen Wärme fehlt. Vielleicht … zeigt er uns etwas.“ Da entdeckte einer der Hunde ein Licht. Kein Sternenlicht – eher ein zitternder Funke, der knapp über dem Boden pulsierte. Vorsichtig näherten sie sich. Und da lag er: der Stern. Klein, zusammengekrümmt, ein leuchtendes Herz, das kaum wagte zu

schlagen. Der Grinch starrte ihn an. „Was in aller Puszta …“ Der Feenjunge kniete sich zu dem hellen Wesen, und seine Stimme wurde weich wie ein Lied: „Er ist erschrocken. Etwas hat ihn verletzt.“ Der Stern flackerte auf, als würde er weinen. Ein winziger, warmer Tropfen glitt über seinen Rand und fiel in den Schnee, wo er sofort zu einem glitzernden Kristall gefror. Der Grinch räusperte sich. So viel

Gefühlsduselei überforderte sein grünes Innenleben, und doch – er beugte sich hinunter. „Hey. Du da. Kleiner Funzelball. Was ist passiert?“ Ein sanfter Blitz durchzuckte den Stern. Bilder formten sich wie Schatten im Licht: Das Dorf, wie es hastig und müde wurde. Menschen, die vergessen hatten, den Himmel anzusehen. Kinder, die an diesem Abend nicht auf die Sterne zeigten, sondern eilig ins Haus rannten. „Er fühlte sich fehl am Platz“, flüsterte der Feenjunge. „Also ist er gefallen.“ Der Grinch schnaubte. „Unsinn. Wenn

die Leute manchmal nicht hinsehen, heißt das nicht, dass dein Licht nichts wert ist.“ Er zögerte. Eine Sekunde. Zwei. Dann legte er seine große grüne Hand über den kleinen Stern. „Komm. Du gehörst nach oben. Und wir bringen dich hin.“ --- Die Tiere bildeten einen Kreis um sie. Die Hunde heulten ein tiefes, tragendes Lied, die Katzen schnurrten wie leise Trommeln. Der Feenjunge hob seine Flügel, und ein Wind erhob sich, der nicht von dieser Welt war – sanft und doch voll

Kraft. „Heb ihn an“, flüsterte der Feenjunge. Der Grinch tat es. Der Stern wurde leichter, dann wärmer, dann strahlender. Schneeflocken tanzten um ihn, als wollten sie ihm Mut machen. Stück um Stück hob er sich aus seinen Händen, in Spiralen aus Licht. Und plötzlich – ein Aufleuchten. Ein klarer Silberstrahl durchschnitt die Nacht, flog höher und höher, bis er wieder an seinem Platz stand, genau dort, wo die Puszta ihm jeden Winter

lauschte. Das Dorf glitzerte. Die Dächer funkelten. Die Herzen wurden warm. Der Grinch blinzelte. „Na schön“, murmelte er. „Wenn das kein Heldentum ist, weiß ich auch nicht.“ Der Feenjunge lächelte zu ihm hoch. „Weißt du, was der Stern uns gezeigt hat?“ „Dass alle ständig dramatisch sind?“ brummte der Grinch. Der Feenjunge schüttelte den Kopf, seine

Flügel raschelten wie Geschenkpapier. „Dass selbst das Licht manchmal jemanden braucht, der es an die Hand nimmt.“ Der Grinch sah lange schweigend zum Himmel. Und sein Herz, dieser rebellische, unerwartet warme Funke, schlug ein wenig heller, ein wenig mutiger. --- Wenn du möchtest, erzähle ich das nächste Abenteuer – vielleicht eines, bei dem der Grinch aus Versehen der Schutzpatron der Dorfkatzen wird …

oder einer, in dem er in einen alten Puszta-Geist hineinläuft.

Der Grinch und der Geist der stillen Scheune

Der Winter hatte die Wel fest im Griff, doch an diesem Abend lag eine seltsam vibrierende Stille über dem Dorf. Die Katzen strichen unruhig um die Häuser, ihre Augen groß wie gelbe Monde. Die Hunde hechelten nervös, als würde ein kaum hörbarer Ton sie aus dem Takt bringen. „Irgendetwas zieht hier herum“, murmelte der Grinch, der vor der Tür stand und die Nacht wie ein Buch betrachtete, dessen Seiten raschelten. „Etwas, das nicht wedelt und nicht

schnurrt.“ Der Feenjunge glitt neben ihn. „Die Tiere spüren ihn. Den alten Scheunengeist.“ Der Grinch riss die Augen auf. „Was noch? Gibt’s hier auch einen Weihnachtskobold und einen fliegenden Kürbisgeist?“ Der Junge kicherte. „Vielleicht. Aber der Scheunengeist ist harmlos. Meistens. Nur … heute ist er traurig.“ Traurig. Ein Geist. Der Grinch schnaubte. „Seit wann haben Geister

Gefühle?“ „Seit es Herzen gibt, die sie vergessen“, antwortete der Feenjunge leise. --- Sie folgten dem unruhigen Trampeln der Tiere bis zur alten Scheune am Dorfrand. Dort, wo der Wind gerne Geschichten erzählte und Holz immer ein wenig klagte, selbst im Sommer. Die Tür stand offen. Ein fahler Schimmer wehte hinaus, als würde jemand darin eine Laterne aus Nebel

tragen. „Toll“, sagte der Grinch. „Eine Stimmung wie in einer Geistergeschichte. Fehlt nur noch, dass jemand *Buh* schreit—“ Da tat es jemand. Ein *Buh* wie ein nasser Schmollmund. Der Grinch sprang einen halben Meter in die Luft. „Wer war das?!“ Aus den Schatten löste sich eine Gestalt – nicht gruselig, nicht finster, nur …

verlegen. Ein dünner, weicher Nebel, der den Umriss eines kleinen Mannes trug. Und Augen, die funkelten wie zwei traurige Sterne. „Ich wollte nicht erschrecken“, hauchte der Geist. „Ich wollte … nur, dass mich jemand hört.“ Der Feenjunge trat behutsam vor. „Wir hören dich. Was ist geschehen?“ Der Geist schwebte tiefer, seine Form flackerte. „Früher kamen die Tiere zu mir. Katzen schliefen im Stroh, Hunde wärmten sich an den Balken. Aber seit der Scheune die

neue Tür bekommen hat … schließen die Menschen sie immer ab. Ich … bin allein.“ Ein kalter Wind wehte durch die offenen Spalten, und mit ihm etwas wie ein leises Schluchzen. Der Grinch drückte seine Lippen zusammen, verlegen. „Also … du fühlst dich ausgesperrt?“ Der Geist nickte. „Ich bin hier, um zu wachen. Um zu flüstern, wenn das Holz bricht, und zu pusten, wenn Funken gefährlich werden. Das war immer mein Dienst. Aber wenn niemand kommt …

wache ich nur noch über mich selbst.“ Der Grinch seufzte – dieses tiefe, brummige Seufzen, das bei ihm einem zarten Mitgefühl gleichkam. „Na gut. Dann holen wir sie zurück.“ --- Es dauerte keine zehn Minuten, und die Katzen kamen als Erste. Sie schleiften Körnchen Stroh mit sich, als wollten sie dem Geist beweisen: *Wir haben dich nicht vergessen.* Die Hunde folgten, bellend, schwanzwedelnd, froh, einen neuen nächtlichen Posten zu

haben. Die Scheune füllte sich mit Leben – leise, warm, vibrierend wie ein Herzschlag. Der Geist taut auf, wortwörtlich: Seine Nebelform wurde heller, dichter, freundlicher. „Ihr … seid zurück“, flüsterte er. Der Grinch räusperte sich. „Jemand muss ja auf dich aufpassen, oder? Auch ein Geist darf nicht allein rumwabern.“ Der Feenjunge sah ihn an, schmunzelnd.

„Du hast mehr Herz, als du zugibst.“ „Pah.“ Der Grinch verschränkte die Arme, aber seine Augen leuchteten. „Wenn ich’s nicht mache, wer dann?“ --- Und so wurde die alte Scheune wieder zu einem Ort, an dem Fell und Flügel, Atem und Wärme wohnen durften. Die Tiere kamen jede Nacht, damit der Geist nie wieder in die Leere der Balken hineinhorchen musste. Und der

Grinch? Er besuchte ihn ab und zu. Natürlich heimlich. Natürlich brummend. Natürlich mit einer kleinen Laterne, die er jedes Mal dortließ. „Für Gesellschaft“, murmelte er dann und tat so, als sei es völlig nebensächlich. Aber die Scheune wurde heller. Und die Herzen – sogar das grüne – ein Stück

weicher. --- Willst du noch eines? Vielleicht eines, in dem der Grinch und der Feenjunge einer Legende der Puszta begegnen – einer, die man nur sieht, wenn der Schnee rückwärts fällt.

Der Grinch und die Nacht, in der der Schnee rückwärts fiel

Es begann mit einem Flüstern. Nicht von den Menschen, nicht von den Bäumen, nicht einmal vom Wind. Nein — es kam von den Schneeflocken selbst. Sie wirbelten hoch, nicht hinab, lösten sich vom Boden wie Träume, die sich weigerten, vergessen zu werden, und stiegen zurück in den Himmel. Der Grinch stand mitten im Dorfplatz und starrte nach oben, als würde er gerade Zeuge eines besonders frechen Zaubertricks

werden. „Na klasse“, brummte er. „Jetzt ist nicht mal der Schnee normal.“ Der Feenjunge lachte leise, so hell wie eine tanzende Kerze. „Wenn der Schnee rückwärts fällt, kündigt er eine Begegnung an. Eine alte. Eine sehr seltene.“ „Oh nein“, murmelte der Grinch. „Nicht wieder ein Geist?“ „Nein“, antwortete der Junge. „Etwas Größeres. Etwas mit Hufen.“ Der Grinch blinzelte. „Bitte sag nicht

—“ Da bebte die Erde unter ihren Füßen. Nicht wie ein Beben, das Angst macht, sondern wie ein Herzschlag, tief und uralt. Aus den Ebenen der Puszta hob sich Nebel — nicht weiß, sondern silbrig, und darin glomm ein Licht wie glühender Atem. Die Tiere des Dorfes eilten herbei: Hunde mit erhobenen Ohren, Katzen mit peitschenden Schwänzen. Sie bildeten einen Kreis um den Grinch und den Feenjungen, als wüssten sie genau, dass etwas Heiliges

nahte. Dann kam *er*. Die Legende der Puszta. Der **Világló Csikó** — das leuchtende Pferd, das nur erscheint, wenn die Nacht selbst etwas verloren hat. Seine Mähne war aus Lichtfäden gewebt, seine Hufe berührten den Boden, ohne ihn zu berühren, und in seinen Augen lag die ganze Weite der ungarischen Ebene. Der Grinch stolperte einen Schritt zurück. „Also schön. Das ist … groß. Magisch. Und vermutlich

kompliziert.“ Der Feenjunge beugte sein Haupt. „Er kommt nur, wenn er jemanden sucht.“ Das Pferd trat näher, sein Atem war warm wie warmer Dunst über Milch. Es senkte den Kopf zum Grinch — nicht zum Feenjungen, nicht zu den Tieren. Nur zu ihm. Der Grinch starrte. „Was? Ich? Nein. Irgendein Fehler. Ich bin grün. Und mürrisch. Und grün.“ Doch der Csikó schnaubte leise, und aus

seinem Atem löste sich ein Funke. Eine kleine, glühende Spur Licht, die sich an den Grinch schmiegte wie ein verlorener Wunsch. „Er erkennt dein Herz,“ flüsterte der Feenjunge. „Und er will etwas zeigen.“ „Mir?“ Der Grinch sah aus, als hätte ihn jemand bei etwas Peinlichem erwischt. „Was denn?“ Das Pferd wandte sich um und trabte davon, ohne den Boden zu berühren. Ein schimmernder Pfad aus rückwärtsfallendem Schnee zeichnete seinen

Weg. „Er will, dass wir folgen,“ sagte der Feenjunge. „Natürlich will er das.“ Der Grinch verdrehte die Augen — und ging los. --- Der Pfad führte sie tief in die Puszta, bis zu einem Ort, an dem die Dunkelheit weicher wurde und der Himmel so nah schien, dass man ihn hätte berühren können. Dort blieb der Csikó

stehen. Er stieß ein tiefes, vibrierendes Wiehern aus — und der Schnee um sie herum begann sich zu drehen, zu heben, zu wirbeln wie ein lebendiger Schleier. In diesem Schleier erschien ein Bild. Ein kleines Dorf. Ein Haus. Und darin ein junger Grinch — kleiner, runder, mit Augen, die voller Sehnsucht auf ein Fenster gerichtet waren, hinter dem andere lachten. Der erwachsene Grinch

erstarrte. „Das … hatte ich vergessen,“ flüsterte er. „Ich dachte, es wäre … nicht wichtig.“ Der Feenjunge legte ihm eine Hand auf den Arm. „Es war wichtig.“ Das Pferd schnaubte wieder, und das Bild löste sich. Stattdessen erschien ein neues: Der Grinch, wie er im Dorf Csátalja kleine Wunder hinterließ. Schuhe, die tanzten. Kaminsterne. Ein Kater, der sang. Ein stilles Zeugnis dafür, dass er längst

begonnen hatte, gut zu sein — ohne es je zuzugeben. „Er zeigt dir, wer du warst,“ sagte der Feenjunge. „Und wer du gerade wirst.“ Der Grinch schluckte schwer. In seinen Augen lag ein warmes Brennen, das er sofort wegwischte. „Toll. Jetzt werde ich auch noch sentimental.“ Der Csikó senkte den Kopf, berührte den Grinch mit seiner Stirn — und für einen Atemzug lang leuchtete dessen Herz durch das Fell hindurch. Hell.

Unverkennbar. Als das Licht verblasste, wandte sich das Pferd um. Ein sanftes, erwartungsvolles Wiehern, dann trabte es zurück in die Nacht, wo der Schnee weiter rückwärts fiel, bis er sich wieder in den Himmel geschrieben hatte. --- Der Grinch stand lange still. Dann atmete er tief ein, als wäre die Luft plötzlich leichter. „Vielleicht … vielleicht war das gar nicht so übel,“ murmelte

er. Der Feenjunge lächelte. „Es war ein Geschenk.“ „Ich hasse Geschenke,“ brummte der Grinch. „Ich weiß,“ sagte der Junge. „Und doch sammelst du sie.“ Sie gingen zurück ins Dorf. Hinter ihnen erloschen die letzten Rückwärtsschneeflocken, und die Nacht nahm wieder ihren ruhigen, gewöhnlichen Atem

an. Doch in Csátalja erzählten die Tiere von jenem Abend. Von dem Lichtpferd. Von dem Grinch, dessen Herz leuchtete. Und von der Nacht, in der der Schnee Mut fasste, gegen die Welt zu fallen

Das Abenteuer der Flüsterpfote

Die Nacht fiel wie ein weiches, dunkles Tuch, gesäumt von silbernen Fäden aus Sternenlicht. Der Grinch schlich durch die Straßen, seine Schritte kaum hörbar – nicht aus Vorsicht, sondern aus Genuss. Er liebte es, wenn die Welt so still wurde, dass selbst die kleinsten Geräusche wie Versprechen klangen. Und da hörte er es: Ein leises *tap–tap*, federleicht wie eine Erinnerung. Dann ein leises, zweifelndes Miauen, das sich anhörte, als hätte jemand eine Frage

an die Dunkelheit gestellt. „Na…? Wer wagt es, so spät noch Geheimnisse in den Frost zu schnurren?“ murmelte er und folgte dem Laut. Unter der alten Esche saß ein winziger, schwarzgrauer Kater. Augen wie zwei verkohlte Glutreste, die trotzdem Wärme versprachen. Auf dem Kopf trug er einen zerzausten Federschmuck – offensichtlich gestohlen, vermutlich mit Stolz. „Aha“, sagte der Grinch, „du bist also einer von denen, die die Nacht für ein Spielfeld

halten.“ Der Kater miaute erneut, höher, dringlicher. Dann lief er ein Stück – stoppte – sah zurück. Ganz klar: *Komm mit. Etwas stimmt nicht.* Der Grinch folgte, und bald schloss sich ihnen ein ganzer kleiner Schweif aus Katzen an – mal neugierig, mal misstrauisch, mal poetenhaft gelangweilt. Die Hunde hielten respektvollen Abstand, denn bei Nacht waren die Katzen die wahren Herrscher des

Dorfes. Sie führten den Grinch zu einem verlassenen Schuppen hinter den Obstgärten. Ein klägliches Wimmern drang aus dem Inneren. Die Tür klemmte im Frost, aber ein kräftiges *Hüpf-und-Tritt* des Grinch reichte – sie sprang auf. Darin: ein junger Hund, das Fell vom Wind zerzaust, eine Pfote eingeklemmt zwischen zwei alten Brettern. Er zitterte, aber seine Augen leuchteten hoffnungsvoll, als der Grinch sich zu ihm

beugte. „Ach, du armer Trottel…“, brummte der Grinch – und doch schwang etwas Zärtliches mit, das er sofort zu verstecken versuchte. „Immer hinein in die Probleme, was?“ Mit einer Mischung aus Kraft, Geduld und einer guten Portion Schelm löste der Grinch das Holz. Der Hund sprang frei, leckte dankbar seine Hand – und die Katzen miauten ein vielstimmiges *Bravo*. „Also gut“, sagte der Grinch und verschränkte die

Arme. „Wenn wir schon wach sind – dann machen wir das Beste draus.“ Und so zog er mit der frisch zusammengeschweißten Nachtbrigade los. Sie befreiten einen Vogel aus einer Dachrinne. Sie fanden eine alte Schlittenkufe und verwandelten sie in ein Katzenkarussell. Sie tanzten mit den Schatten, malten Spuren in den Schnee und ließen die Dunkelheit funkeln wie ein Geheimnis, das nur ihnen

gehörte. Gegen Morgen, als das Licht wie ein leiser Trost über die Felder glitt, setzte sich der Grinch auf eine Gartenmauer. Die Tiere drängten sich um ihn, warm und vertraut. „Na schön“, flüsterte er. „Vielleicht mag ich euch. Ein bisschen. Aber nur ein klitzekleines bisschen.“ Der Feenjunge tauchte hinter ihm auf, schlaftrunken, die Flügel zerzaust. „Du riechst nach Abenteuern.“ „Ich rieche immer nach Abenteuern“,

sagte der Grinch stolz. Und für einen Moment – zart wie Tau, stark wie Mut – schien es, als würden die kommenden Tage noch viele solcher Nächte bringen. Nächte voller Herz, Pfoten und einem schelmischen Funkeln, das niemand außer ihnen verstand

Der Wintermarkt der Unfugskünstler

Der Abend sickerte leise, als hätte jemand einen Pinsel in violette Tinte getaucht und die Welt mit sanftem Strich beruhigt. Der Schnee lag weich und schwer, und jeder Atemzug schien Funken zu tragen. Der Grinch blinzelte in die frühe Dunkelheit. Eine Idee pochte in ihm, leise, aber hartnäckig – wie ein kleines Herz, das unbedingt gehört werden wollte. „Ein Markt“, murmelte er. „Ein geheimer

Markt. Ein Platz für Schelmerei, für flüsternde Pfoten und raschelnde Flügel.“ Der Feenjunge hob misstrauisch eine Braue. „Mit dir endet nichts jemals leise.“ „Richtig“, grinste der Grinch. „Das ist ja der Zauber.“ Und so zogen sie los, die beiden – begleitet von einer Schar Tiere, die sich wie ein lebendiger Schatten um ihre Beine wand. Katzen, die mit ihrem Schweif Sterne von den Zweigen pflückten. Hunde, die den Schnee so begeistert aufwühlten, dass er wie

silberner Staub durch die Luft wirbelte. Sogar ein paar Krähen gesellten sich dazu, neugierig, furchtlos, mit Blicken wie kleine Schmiedefeuer. Sie wählten den alten Platz hinter der Mühle – dort, wo der Wind die Geschichten sammelt, die niemand erzählen will. Mit einem Fingerschnippen des Grinch erwachten die gefrorenen Holzkisten zu Leben: Sie klappten auf, reckten sich, verwandelten sich in kleine Stände. Eine Katze stellte sich stolz auf eine davon, hob eine Pfote – und zack, war er

geschmückt mit glitzernden Bändern aus Reif. „Ein Stand für verlorene Geräusche“, verkündete der Grinch. „Hier verkaufen wir das Rascheln der Nacht, das Knistern der Kerzen, das Seufzen des Windes.“ Die Krähen krächzten begeistert. Ein Hund schob einen alten Blecheimer heran – daraus wurde eine Trommel, die nur Klänge spielte, wenn man Glück im Herzen trug. Der Feenjunge zauberte funkelnde Eisblumen herbei, die nicht schmolzen, sondern leise

sangen. „Für jeden, der sein Lächeln verlegt hat“, sagte er. Der Grinch selbst baute den größten Stand: Ein Karussell aus Schneeflocken und Schatten, das sich nur drehte, wenn mindestens eine Seele daran glaubte, dass Unfug heilend sein kann. Und die Tiere glaubten – oh, wie sie glaubten. Als der Mond hochstieg, begann der Markt zu glühen. Schimmernde Pfoten liefen über den

Platz. Katzen handelten mit Sternschnuppen wie mit wertvollen Gewürzen. Hunde tauschten Knochen gegen Geschichten. Ein alter Hofkater verkaufte verschmitzt den „Geruch von Abenteuer“ in kleinen, unsichtbaren Tütchen. Der Grinch stand inmitten des Trubels, und sein Herz schlug so warm, dass er leicht ins Stolpern geriet. „Du hast es geschafft“, sagte der Feenjunge sanft. „Was denn?“ „Einen Ort geschaffen, an dem selbst die

Dunkelheit lächelt.“ Der Grinch nickte langsam. Seine Stimme wurde weich – so weich, dass selbst der Frost zuhörte. „Weißt du… Wenn man lange genug knurrt, glaubt man irgendwann, die Welt wäre hart. Aber hier… hier sehe ich, dass manches nur darauf wartet, leise zu leuchten.“ Sie blieben, bis die ersten zarten Spuren von Morgendämmerung versuchten, den Platz zu verraten. Doch der Wintermarkt der Unfugskünstler löste sich auf wie Atem im Licht – nur die Tiere wussten,

wohin. Und der Grinch? Er ging nach Hause, knirschenden Schritten entgegen, ein Herz in der Brust, das so hell brannte wie der Mond über der Puszta

Warum der Sternchengeist den Grinch fand

Der Weg zurück ins Dorf war lang und still, nur das Knirschen des Schnees brach die Nacht. Der Grinch trug den Sternchengeist dicht am Körper, als wäre er ein Funke, der jederzeit erlöschen könnte. Doch je näher sie kamen, desto sicherer wurde das kleine Wesen, sein Leuchten wuchs in weichen Atemzügen. Der Feenjunge sah das, und seine Flügel erzitterten mit Erkenntnis. „Er reagiert auf dich“, murmelte er. Der Grinch schnaubte. „Ich bin kein

Nachtlicht.“ „Nein. Du bist etwas Besseres.“ Doch der Sternchengeist hörte es – und hob sein hauchzartes Stimmchen: „Ich habe dich gesucht.“ Sie blieben stehen. Alle. Sogar der Wind schien eine Sekunde lang zu vergessen, wie man weht. Der Grinch starrte auf das kleine Wesen in seiner Hand. „Mich? Wieso denn mich?“ Der Feenjunge legte eine Hand an die

Lippen, als wolle er jedes Wort behüten. Der Sternchengeist begann zu erzählen – zögernd, wie ein Klang, der Angst hat, zu laut zu werden. „Ich bin gefallen, weil ich zu hell geworden bin. Sterne dürfen nicht zu viel fühlen… sonst ziehen sie sich selbst aus ihrer Bahn.“ Er blickte zum Himmel, der wie ein dunkler Spiegel über ihnen schwebte. „Ich habe gesehen, wie dein Herz geleuchtet hat, obwohl du es nicht wolltest. Ein Licht, das seinen eigenen Weg

sucht.“ Der Grinch blinzelte verwirrt. „Mein Herz leuchtet nicht.“ „Doch“, flüsterte der Geist. „Ich habe dich von oben gesehen. Du warst wie eine Kerze im Sturm. Und ich… ich wollte dorthin, wo Wärme ist.“ Der Feenjunge nickte langsam, seine Flügel schimmerten wie stille Überzeugung. „Sternchengeister werden von Herzen angezogen, die im Wandel sind. Herzen, die gerade erst begreifen, was sie

tragen.“ Doch das war nicht alles. Der Sternchengeist senkte die Stimme, bis sie kaum mehr als ein zitternder Hauch war. „Ein dunkler Funke hat mich festgehalten. Ein Schatten, der sagte, ich müsse erlöschen, weil ich zu hell geworden bin.“ Er bebte, und sein Licht flackerte. „Er wollte mich für sich. Wollte, dass ich falle und verglühe.“ „Wer?“ fragte der Grinch, und sein Ton war plötzlich rau, wie eine Felswand, die

bricht. „Der Schatten nennt sich *Ulalom*“, wisperte das kleine Wesen. „Es ist kein Dämon. Kein Tier. Eher… die Stimme in Herzen, die sagen, sie seien es nicht wert zu brennen.“ Der Feenjunge sah den Grinch an – einen langen, durchdringenden Blick. „Und warum hat der Schatten dich losgelassen?“ Der Sternchengeist drehte sich zu dem großen, grünen Wesen, das ihn trug. „Weil du in dem Moment, als ich fiel, an etwas geglaubt hast, das stärker war als

der Schatten.“ Der Grinch schnaubte. „Woran denn?“ „Daran, dass du nicht allein bist.“ Der Feenjunge lächelte – ein warmes, stilles Leuchten. „Das ist die Art von Glauben, die sogar Schatten entwaffnet.“ Der Grinch seufzte – tief, müde, aber mit einem ungekannten Frieden darin. Er legte seine große, raue Hand vorsichtig an den Sternchengeist, der nun heller brannte als zuvor. „Also bin ich schuld,

ja?“ Seine Stimme war ein Brummen, halb Verlegenheit, halb Stolz. Der kleine Geist gluckste. „Ja. Und danke.“ Sie gingen weiter, zurück nach Hause, unter einem Himmel, der stiller wirkte als sonst – vielleicht, weil sich ein Stern wieder an seinen Platz erinnerte. Vielleicht, weil irgendwo in der Brust eines Grinch ein neues Licht zu flackern begann. Und als sie das Dorf erreichten, sah man es deutlich: Zwischen den Lichtern der Häuser glomm

ein weiteres. Eines, das weder Kerze noch Lampe war – ein Licht, das wanderte, wärmte, lebte. Ein Licht, das längst fällig war

Wenn ein Stern heimfindet

Der Morgen kam leise, beinahe schüchtern. Ein feiner Schimmer lag über Csátalja, als hätte jemand das Dorf mit einem Pinsel aus Dämmergold berührt. Die Tiere streckten sich, gähnten, schnupperten nach dem neuen Tag. Und über allem schwebte ein flüsterndes Gefühl von Abschied. Der Sternchengeist wusste es als Erster. Er leuchtete stärker als am Abend zuvor, doch das Leuchten war anders – weicher, voller

Richtung. Ein Licht, das heimwärts ruft. Der Grinch bemerkte es, als der kleine Geist auf seiner Hand saß und sanft pulsierte, wie ein Herz mit Flügeln. „Du willst gehen“, sagte er. Kein Vorwurf, kein Festhalten. Nur ein tiefer, warmer Ton, der sich selbst überrascht hatte. Der Sternchengeist nickte. „Ich muss zurück. Sterne, die zu lange bleiben, verlieren sich selbst.“ Seine Stimme klang nicht traurig – nur

wahr. Der Feenjunge trat neben den Grinch, seine Flügel leuchteten wie Morgentau. „Und doch… etwas hält dich noch.“ Der kleine Geist wandte sich an den Grinch. „Ich möchte dir etwas geben. Etwas, das nur entsteht, wenn ein Herz gerade beginnt, mutig zu werden.“ Er hob seine winzigen Arme, als würde er die Luft formen. Ein Funke löste sich von ihm – klar wie ein Tropfen Licht, warm wie ein Atem voller

Hoffnung. Er schwebte, spiralförmig, und legte sich dem Grinch direkt auf die Brust. Dort – wo einst ein hartes Herz gegen die Welt knurrte – fing etwas an zu glimmen. Nicht grell. Nicht laut. Sondern wie ein heimliches Versprechen, das zu leben beginnt. „Was war das?“ fragte der Grinch leise. Der Sternchengeist lächelte. „Eine kleine Wahrheit: Licht verliert nichts, wenn man es

weitergibt. Es wird nur mehr.“ Der Grinch sah hinunter. Das Glimmen auf seiner Brust verschwand unter seinem Pelz, doch er fühlte es – eine sanfte Wärme, die weder brannte noch drängte. Sie war einfach da. Echt. Unverrückbar. „Danke“, murmelte er, so rau wie ein alter Fels, so weich wie ein neuer

Morgen. Der Feenjunge berührte den Sternchengeist behutsam. „Wir bringen dich hinaus aufs Feld.“ Die drei gingen zur Puszta, wo der Schnee im Licht des jungen Tages wie feiner Silberstaub glitzerte. Die Hunde trotteten hinterher. Die Katzen stolzierten, als hätten sie den Himmel selbst eingeladen. Alles wirkte still und doch gespannt – wie vor einem großen Moment, den selbst der Wind nicht stören wollte. Der Sternchengeist schwebte aus den

Händen des Grinch hinauf, höher, immer höher. Sein Licht zog eine Spur, zart wie ein Faden aus Mut. „Kommt gut Heim“, rief der Feenjunge. „Und vergesst nicht“, rief der Grinch ihm nach, „dass manche Herzen im Dunkeln heller sind, als sie glauben!“ Der Sternchengeist lachte – ein Ton wie fließendes Licht – und in dieser Sekunde riss der Himmel sanft auf. Ein Stern erschien, dort, wo eben noch nur Grau

war. Ein funkelnder Punkt, der kurz heller glomm, als begrüße er ein altes Familienmitglied. Der kleine Geist stieg hinein, verschmolz mit seinem Ursprung. Ein letzter Funke fiel zurück zur Erde – kaum sichtbar – und landete direkt auf dem Schneefeld. Die Tiere beobachteten es. Der Feenjunge lächelte. Der Grinch spürte, wie das Licht in seiner Brust antwortete. Und so stand er da, groß und grün und

doch von einer Wärme durchwoben, die ihn selbst überraschte. „Na gut“, brummte er, während der Himmel wieder still wurde. „Wenn der Kleine heimgefunden hat, dann sollten wir sehen, was wir hier unten noch zum Leuchten bringen können.“ Der Feenjunge nickte. „Das wird ein schönes Fest.“ Und der Grinch – der grimmige, weiche, überraschend mutige Grinch – ging mit ihm zurück ins

Dorf, bereit, die Welt ein wenig heller zu machen. Nicht aus Pflicht. Nicht aus Tradition. Sondern aus einem Licht, das bleiben wollte.

Nachspiel: Wenn ein Dorf zu glimmen beginnt

Seit jener Nacht war das Dorf nicht mehr ganz dasselbe. Es wirkte, als hätte der Himmel einen Kuss auf das Dach des Dorfes gelegt, einen, der leise nachleuchtet – in Fenstern, in Atemzügen, in Herzen. Die Tiere bemerkten es zuerst. Die Hunde liefen morgens nicht einfach hinaus. Sie trabten, als hätten sie eine Aufgabe – wachsam, aber freundlich, ihre Schritte von einem leichten Schimmer

begleitet. Manche behaupteten später, ihre Pfoten hätten winzige Sterne im Schnee hinterlassen. Die Katzen hingegen gaben sich natürlich weltmännisch unbeeindruckt. Aber in ihren Augen funkelten Spuren des Sternenlichts, das sie in jener Nacht gesehen hatten. Und wenn sie über Dächer schlichen, sah man manchmal etwas Helles an ihren Schwänzen zittern – wie ein Gruß aus der Ferne. Der Feenjunge schwebte nun jeden Morgen durchs Dorf, seine Flügel heller

als zuvor. Nicht lauter, nicht auffälliger – aber bestimmt. Als führte er eine Melodie weiter, die er nur im Herzen hörte. Und der Grinch? Der ging mit einem seltsamen, neuen Gleichgewicht in den Schultern. Nicht weichgespült, nicht zahm – aber heller. Entschlossener. Wie ein alter Baum, der mitten im Winter begriffen hat, dass es nicht schadet, ein bisschen früher mit dem Austreiben zu

beginnen. Immer wieder legte er die Hand auf die Brust, dorthin, wo das Licht des Sternchengeists noch warm nachglimmte. Manchmal sagte er nichts. Manchmal brummte er etwas wie: „Na schön, wenn’s sein muss…“ Aber wenn ihn jemand ansah, war da ein Funkeln, das nie zuvor dagewesen war – ein Funkeln, das stur, schelmisch und doch freundlicher war als jedes Weihnachtslicht. Und so begann das Dorf selbst zu

leuchten: In den Laternen brannte das Licht etwas länger. In den Fenstern wurde etwas öfter gelacht. Und die Puszta atmete ein kleines bisschen tiefer auf. Abends, wenn der Himmel dunkel wurde, tauchte der Stern des kleinen Geists wieder auf – an genau dem Punkt über Csátalja, an dem er in jener Nacht verschwunden war. Manchmal glomm er heller. Manchmal sendete er ein kurzes Funkeln

hinab, wie ein Augenzwinkern. Der Grinch sah das eines Abends und brummte: „Jaja, ich seh dich schon. Mach nur weiter da oben.“ Doch der Feenjunge lächelte. „Er sagt Hallo.“ „Und was soll ich sagen?“ Der Junge legte seine schimmernde Hand auf die große grüne Faust des Grinch. „Dass du glühst.“ „Ach,

unsinn…“ „Doch.“ Und der Grinch, überrascht vom eigenen warmen Atem, gab endlich zu: „Vielleicht ein bisschen.“ So endete kein Märchen. So begann eines. Ein Dorf, das ahnte, dass Licht nicht laut sein muss. Ein Feenjunge, der wusste, dass Wärme weiterwandert. Ein Grinch, der gelernt hatte, dass selbst ein Herz, das lange fror, irgendwann zu

flackern beginnt. Und hoch oben, in einer stillen, klaren Nacht: ein Stern, der lächelte.

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Hörbuch

Über den Autor

KatharinaK
Ich erinnere mich noch gerne meiner allerersten Zeilen - ein Schulgedicht:
Der Winter ist ein Bösewicht,
die Bäume tragen Schneegewicht,
die Stämme sind kahl
und so schwarz wie ein Pfahl,
die Felder sind weiß
und auf dem See liegt Eis.
In den seither vergangenen Jahrzehnten hat sich mein Schreibstil sicher geändert - ist erwachsen geworden -, aber die Freude am Schreiben ist ungetrübt.

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Apollinaris Wie sagt der Grinch zum Schwamm: ,, Putzda". ;O)
Vor einem Monat - Antworten
Apollinaris Ääääh Puszta
Vor einem Monat - Antworten
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