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NickyPe
ALDI macht's möglich!
Sonderangebote bei ALDI stand überall auf den Seiten, die in meiner Tageszeitung lose eingelegt waren. Ob's nun Computer, Kameras oder frische Unterwäsche war... ich weiß es nicht mehr so genau, die Flut an Informationen war einfach zu groß für mich, als dass ich mich noch an Einzelheiten erinnern konnte. Tatsache war, die Werbebeilage erinnerte mich in erster Linie daran, dass mein Kühlschrank leer war und ich lediglich
einige Grundnahrungsmittel zu besorgen hatte.
Also fuhr ich zu Aldi.
Parkplätze sind, Gott sei Dank, immer ausreichend vorhanden, auch Einkaufswagen gegen Chipeinwurf waren genügend da. Dem Einkauf stand nichts mehr im Wege, also bahnte ich mir meinen Weg an den bekannten Artikeln vorbei und nahm das ein oder andere aus dem Regal und ab in meinen geliehenen Einkaufswagen.
Geschickt lenkte ich das verchromte Gefährt durch die Gassen des Supermarktes, als ich an eine Ecke kam. Sie war etwas unübersichtlich, weil dort (vermutlich durch den oder die
Filialleiter/in) eine Pyramide von Sonderangebots-Eiern aufgestapelt stand und einiges Geschick dazugehörte, sie gefahrlos zu umfahren, ohne sie zu berühren und damit möglicherweise eine Katastrophe auszulösen. Mehrere hundert Eier zu einem Turm aufgebaut... ich habe es geschafft!!!
Aber, mir kam eine recht attraktive, jungdynamische Frau entgegen. Sie schaute mich lächelnd an und raste mit ihrem ebenfalls verchromten Einkaufswagen an mir vorüber. Ich dachte noch bei mir: na, wenn das mal gut geht! Damit meinte ich die ihr bevorstehende Ecke mit dem Eierturm, nicht etwa ihr verführerische
s Lächeln... Ich drehte mich vorsichtig um... und sah... wie sie kreischend, bremsend und gleichzeitig noch vor sich hin sagend: "Wer hat denn das so saublöd dahingestellt?", voll gegen den an sich schon wackeligen Eierturm stieß.
Wie in Zeitlupe sah ich, wie sich der aufgetürmte Berg in alle Einzelteile zerlegte, die Kartons mit den darin wohlgehüteten Eiern im Flug aufgingen, die Eier ihre eigene Flugbahn nahmen, in der Luft zusammenstießen und wegen ihrer Dünnhäutigkeit zerplatzten und ihren schleimigen Inhalt preisgaben, sich vermischten und mit einem zum Teil zarten Krachen auf dem Boden zerschellten, um sich dort klarglänzend,
gemischt mit Gelb und immer wieder zerborstenen Eierschalen, auszubreiten.
Die Filialleiterin kam einerseits schuldbewusst, andererseits entsetzt angerast. Ob sie Schlimmeres verhindern wollte, ließ sich nicht mehr feststellen, denn schließlich hatte auch sie ein erhebliches Tempo drauf, woraus man hätte vermuten können, sie wollte es verhindern, was es ihr aber nahezu unmöglich machte, rechtzeitig zum Stehen zu kommen. Und sie glitt mit einer scheinbaren Zielgenauigkeit mitten in den bereits am Boden liegenden rohen Berg von Eierresten und durch die Fliehkraft bedingt konnte sie sich nicht mehr auf ihren, recht ansehnlichen,
Beinen halten, stürzte und blieb schließlich für einige Sekunden reglos dort liegen!
Alles starrte auf die Filialleiterin, wie sie dort lag... inmitten von rohen Eiern... ein wenig schuldbewusst schaute sie aus der Wäsche... die eigentliche Verursacherin stand fassungslos daneben und wiederholte: "Wer hat denn das so saublöd dahingestellt."
Das Chaos war perfekt. Die Filialleiterin rappelte sich langsam auf, ein Bild des Jammers, mit Eigelb an der Schürze und zerbrochenen Schalen im Haar. Ihr Blick traf den der jungen Frau, die noch immer mit ihrem Einkaufswagen wie angewurzelt dastand. Es war der Blick
einer Henne, die ihr Nest verwüstet sah.
Ein unsichtbares Signal schien durch die Gänge zu zucken, denn plötzlich materialisierte sich das ALDI-Personal wie aus dem Nichts. Zwei junge Männer in roten Poloshirts, bewaffnet mit Wischmopps und einer Rolle Küchenpapier, stürmten herbei, als wollten sie eine Revolte niederschlagen.
"Kein Problem, Frau Hansen", sagte der eine, während er den Mopp mit einer übertriebenen Geste in die glitschige Masse tauchte. "Das haben wir gleich."
Die Frau Hansen – offenbar die Filialleiterin – schnaubte und deutete mit schmutziger Hand auf die Verursacherin. "Und Sie, meine Dame,
kommen bitte mal mit an die Kasse! Das wird teuer!"
Die junge, attraktive Frau, deren Lächeln nun endgültig verschwunden war, schaute mich hilfesuchend an. Ich zuckte nur mit den Schultern. Ich war nur zum Einkaufen hier, nicht als Zeuge. Vorsichtig, um meine neuen Tomaten und das Päckchen Butter nicht zu gefährden, manövrierte ich meinen Wagen rückwärts aus der Gefahrenzone.
Ich ließ das Drama hinter mir, reihte mich in die Schlange an Kasse drei ein und dachte mir: Tja, Sonderangebote bei ALDI machen's möglich – heute gab es nicht nur Eier, sondern auch eine Gratis-Showeinlage. Und das alles, weil jemand
eine Pyramide gebaut hatte, die nicht auf der Einkaufsliste stand.
Ich legte meine Butter und die Tomaten aufs Band, als die Kassiererin routiniert den Preis nannte. Ich bezahlte, packte alles ein und schaute beim Hinausgehen noch einmal zurück. Da fiel mein Blick auf ein kleines Schild direkt neben dem frisch gewischten, aber noch feuchten Fleck am Boden:
"AKTION DER WOCHE: 10er-Pack Eier, nur 1,99 € – Günstiger als eine Vollkasko-Versicherung!"
Ich grinste und dachte: "ALDI macht's möglich! ...manchmal auch unmöglich."