eine Fabel
Hüben auf der grünen Wiese lebte ein Rabe, stolz auf sein glänzendes Gefieder. Drüben, jenseits des Flusses, schlich ein Fuchs, listig und hungrig.
Jeden Tag warfen sie einander Blicke zu, jeder überzeugt, dass die andere Seite nur Neid und Missgunst nähre. Der Rabe rief vom Baum: „Drüben ist alles trübe und öde!“
Der Fuchs antwortete aus dem Schatten: „Hüben ist alles überheblich und leer!“
So währte ihr Streit viele Monde. Eines
Tages aber sprang ein kleiner Hase in den Fluss, verlor die Orientierung und schrie um Hilfe. Der Rabe schlug seine Flügel, der Fuchs rannte, und gemeinsam retteten sie das verängstigte Tier.
Da bemerkten sie: Hüben und Drüben, Licht und Schatten – sie existierten nur nebeneinander, und manchmal war das Bündnis stärker als der Streit.
Von da an beobachteten Rabe und Fuchs einander noch immer misstrauisch, doch gelegentlich trafen sich ihre Wege, um dem Fluss zuzusehen und zu verstehen, dass weder Hüben noch Drüben ohne das andere existieren konnte.