Wenn Mauern flüstern
Ein Licht brennt noch – und hört zu
Ein kleines Licht brennt noch. Niemand weiß, wer es entzündet hat, oder wann. Es flackert zwischen Mauern, deren Putz längst bröckelt, deren Inschriften halb vergessen sind. Manche lesen noch die alten Worte, andere lachen darüber, wieder andere kratzen sie ab. Der Wind weht Asche durch die Straßen, trägt Parolen, Zweifel, leere Versprechen. Und doch – irgendwo erklingt eine Stimme, dünn wie ein Faden. Dann zwei. Dann drei. Kein Chor, eher ein Zittern.
Die Dunkelheit ist geduldig, sie kennt den Menschen gut. Sie flüstert: Es lohnt sich nicht mehr. Und viele nicken, müde vom Ringen. Doch in den Schatten malt ein Kind mit Kreide Linien auf den Stein – keine Grenzen, sondern Brücken. Es versteht noch nicht, was es bedeutet, aber seine Hand zittert nicht.
Das Licht erreicht es, schwach, golden, verletzlich.
Vielleicht genügt es nicht, um Mauern zu heilen.
Aber es genügt, um nicht aufzugeben.
Und während der Wind wieder auffrischt,
scheint es für einen Moment heller —
als würde die Mauer atmen.
Denn wenn ein kleines Lichtlein brennt,
wird es nur ein bisschen hell.
Doch brennen viele,
verliert sich die Dunkelheit
und flüstert weiter ...
Manchmal antwortet die Stille.
Nicht laut, nicht sofort,
aber sie trägt Spuren von Schritten,
die niemand mehr hört.
Ein Windzug streift über die Mauer,
nimmt Staub, nimmt Erinnerung,
und irgendwo darin ein Lächeln,
das nicht vergessen will.
Vielleicht ist das Licht nicht mehr
dasselbe –
vielleicht heller, vielleicht müder –
doch es bleibt.
Und mit ihm das Versprechen:
Jede Mauer kann zuhören,
wenn jemand noch flüstert.
– K