UmgefalleN
durch Sturmwind "Friederike"
Text und Fotos von Gerlinde K-F
Wenn etwas umfällt ist es meistens nichts Erfreuliches, es sei denn, dass man beim Kegeln "alle Neune" mit der Kugel zu Fall bringt.
Doch in diesem Büchlein spreche ich vom Sturmtief "Friederike", welches am 18. Januar 2018 auch über Deutschland fegte.
Diese "Sturmdame" schaffte es in unserer Waldparkanlage einen Baum, einfach so mit Links, umzuhauen. (siehe Foto) Immer, wenn ich beim Betreten des Waldes an ihm vorbeiging, freute ich mich über seine Höhe. Er stand dicht an einer, für Hundebesitzer mit ihren großen und kleinen Hunden, leicht umzäunten Hundefreilauffläche!
(Ich liebe das Wort mit 3 x f)
Nun liegt der Stamm seit Jahren an dieser Stelle und geht eine Allianz mit der Feuchtigkeit, Hitze, Moosen und schleichender, aber zunehmender Verrottung einher. Pilze haben seine ausgehöhlte Bruchstelle lieben gelernt und fühlen sich dort sehr wohl.
Dieser Baum ist nicht tot, solage man ihn über dem Erdreich mit seiner Anwesenheit noch spüren kann. Denn in ihm leben unzähle Insekten, die dahinsiechende Stämme dafür nutzen. Efeu rankt und windet sich suchend um Halt zu finden. Es begrünt den braunen, schlummernden Stamm und täuscht mit seinem umherwindenden Blätterkleidchen Lebendiges vor. Pilze und Moose an dieser schattigen Stelle des Stammes sind seine
engsten vertrauten Nachbarn geworden. Sie lieben diese feuchte Rinde.
Auch dieser Baum wird vom Efeu total eingenommen, ihn nach jahrelangem Kampf eines Tages "erwürgen" und zu Fall bringen. Oder wenn wieder ein Orkan über das Land fegt, als geschwächter Baum nicht länger standhalten können.
In einer paradiesischen Natur, dem Urwald, darf alles wachsen, sprießen, gedeihen, auf natürlicheweise umfallen und liegenbleiben.
Wild - unberührt - schützenswert - romantisch.
Denn dort ist der Sauerstoff am gesündesten.
Und so hoffe ich, dass man die wenigen Urwälder auf dieser Erde noch so belässt, um das Überleben weiterhin sichern zu können. Der Mensch ist für die Wälder die größte Gefahr, nicht nur das Klima.
In einem richtigen Urwald gibt es unzählige
Gefahren durch die dort lebenden Insekten, bekannte Wild- und Raubtiere und einer noch nicht erforschten Tierwelt. Aber dies alles sind die wunderbaren Schätze eines Urwaldes.
Hier, in dieser naturbelassenen Waldanlage des Ortes, wo es harmlose Eichhörnchen, Vögel, Blindschleichen, Schnecken, Spinnen, Käfer, Schmetterlinge, Fliegen und Ameisen gibt, würde ich mir am liebsten zwischen zwei Bäumen eine Hängematte befestigen und sogar auch nachts dort durch das leise Rauschen des Windes und der Blätter mich in den Schlaf wiegen lassen. Ob ich dann wohl von Tarzan träumen würde? Das glaube ich nicht, da es hier keine wilden Tiere im Wald gibt und ich auf einen Beschützer verzichte.
Allerdings weiß ich auch, dass am frühen Morgen, gegen fünf Uhr, das erste Vogelgezwitscher meinen Wecker glatt ersetzen wird. Oder das eine Ameise mein Bein erkunden will und ich diese lächelnd auf die Erde der Tatsache zurückpusten würde.
Tja, die Gedanken sind frei!
BILDANHANG
Die Baumgeister
(Holzfäller im Wald)
In einem tiefen, ganz verborgenen Wald, welcher noch kein menschliches Wesen gesehen hatte, schwirrten aus uralten knorrigen Bäumen jede NACHT sanfte Baumgeister durch die Lüfte.
Aus ihren, fast unscheinbaren Gesichtern, flackerten glühwürmchenmäßig winzige, freundliche Augen. Zwischen ihren langen, feinen Armen wirbelten Blätterfächerhände durch die Luft. Ihre Baumhöhlen bewohnten sie schon seit Jahrhunderten.
Am langsam erwachenden Morgen stellten sich fröhlich gelaunte Besucher ein.
Denn ganz in der Baumhohlennähe plätscherte ein Bach. Gemeinsam mit den flinken Libellen, die das Wasser lieben, führten windgetragene Baumgeister elfenhaft und stundenlang ihre wirbelnden Tänze auf. Ganz ohne ein störendes PUBLIKUM.
Keine menschliche Seele kannte bisher diesen Ort der friedlichen Einsamkeit,
denn sie waren die Beschützer von unberührter, wildwachsender, aber auch wettermäßig oft LAUNISCHER Natur.
Doch eines Tages, vollkommen überraschend, änderte sich die Lebenssituation der sanften, unsichtbaren Baumgeister.
Menschliche Stimmen von Weitem durchbrachen plötzlich die heilige
Baumkronenluft und ein immer näher heranrückender höllenhafter Lärm teilte die sonst friedliche Stille. Das Knacken von Baumstämmen und dicken Ästen verriet großes Unheil. Die Erde bebte von den schweren, totbringenden Sägemaschinen.
Die heiligen, uralten Bäume schrien vor Schreck auf. Schlagartig signalisierten sie unterhalb ihrer tiefliegenden Wurzeln mit dem Pilzgeflecht zu allen umliegenden Baumgeschwistern Signale der Warnung. Doch das spürten und hörten die Menschen nicht. Sie fühlten nicht den Schmerz und die Angst der Bäume, obwohl diese genau so wie der Mensch und jede andere Pflanze auch Lebewesen
waren.
Menschliche Arme bogen immer näher kommend das dünne Unterholz beiseite.
Und die dadurch entstandenen schmalen Trampelpfade schlängelten sich durch fast undurchdringliches, wildes Gestrüpp.
Plötzlich standen die Holzfäller auf eine unerwartete, helle Mooslichtung, die von sagenhaft, uralten knorrigen Bäumen märchenhaft beschützend umgeben war.
Die runde Lichtung neben dem kleinen Bach wirkte wie eine heilige Stätte.
STAUNEND hielten die Männer eine kurze Zeit inne, schauten sich sprachlos an, denn das hätten sie niemals vermutet.
Eigentlich waren die Holzfäller zum Arbeiten in den Wald gegangen. Doch nun verspürten sie große Lust, hier auf dieser zufällig entdeckten mystischen Mooslichtung, eine längere Pause einzulegen.
Der kräftigste Mann von den Holzfällern trug einen kurzen, braunen, welligen herabhängenden Kinnbart, den er jedoch, aufgrund der Arbeiten, vorschriftsmäßig mit einem kleinen Gummi zusammengebunden hatte. Genauso seine Haare, denn unter seiner Kappe bedeckte ein langer PFERDESCHWANZ seinen Rücken.
Beseelt lehnten sich nun die Arbeiter, auf einem weichen Moosteppich sitzend, jeweils an einen alten Baum und spürten die
eigenartige, beglückende Energie.
So nutzten sie die Zeit, um über ihren Boss herzuziehen, da er ihnen schon seit Jahren eine Gehaltserhöhung versprach, aber immer wieder andere Argumente hervorholte, welche angeblich wichtiger für die Firma seien.
"Und das sollte uns 'kleine Leute' überzeugen?" rief jemand verärgert in die Runde. Dieser Holzfäller zog aufgeregt seine Zigarettenschachtel hervor. Und der kräftige Kollege, mit den langen Haaren ihm gegenüber sitzend, rief:
"Du willst doch wohl nicht hier rauchen?
Ich dachte, Du wolltest ganz damit aufhören?"
"Naja, das ist hier heute wirklich meine Letzte und ab morgen rühre ich keine Zigarette mehr
an, versprochen." kam die Antwort zurück.
Ein anderer Kumpel von schlanker Figur, nutzte die Zeit, sich auf einen dickeren Seitenast zu hangeln, Klimmzüge zu machen und immer höher zu klettern. Denn er liebte solche ABENTEUER aus Leidenschaft.
Nach dem Motto: "Erst klettern, dann sägen."
Der dritte im Bunde zog einen weißen Block hervor und begann mit dem Stift den ihm gegenüberstehenden Baumriesen künstlerisch auf Papier zu verewigen. In den Baumkronen zwitscherten einige Vögel und flatterten ausgiebig umher. Doch das störte den Zeichner nicht. Seine Konzentration lag auf die möglichst genaue Wiedergabe der Furchen, Risse und tiefen Einkerbungen
dieser alten Rinden.
Keiner sprach jetzt ein Wort. Nur das kurze Zischgeräusch beim Anzünden eines Streichholzes zur Zigarette war zu vernehmen. Doch das war nicht alles, denn plötzlich knackte es über dem Raucher beängstigend nah, so dass er sich rasch nach vorne beugte, um hinaufzuschauen aus welcher Richtung der Ast wohl herunterfallen könnte. Doch da war es schon zu spät.
Ein mittelstarker, vertrockneter Ast fiel kräftig auf seine Schulter und rutschte dann langsam zu Boden.
Vor Schreck ließ er die Zigarettenschachtel fallen, die nun, mit der Rückseite nach oben, vor ihm lag. Dort stand: "Rauchen ist tödlich!"
Die Baumgeister hatten ganze Arbeit geleistet.
Und tatsächlich drückte er nun schnell seine Zigarette aus, während ein anderer Holzfäller genüsslich aus seiner Brotbüchse ein herzhaftes, sättigendes Frühstück entnahm, denn der Hunger war groß. Gleichzeitig bot er sogar seinem Kumpel die Brotbüchse an.
Und der Holzfällerzeichner begann auf einem neuen weißen Blatt zu zeichnen. Denn es reichte ein Blatt für diese starken Bäume nicht aus. Und so riss er, für jeden einzelnen Baum, ein erneutes Blatt vom Block ab und legte es in seine Umhängetasche.
Da plötzlich vibrierte sein Smartphone in der Tasche. Schnell wühlte er sich durch die Zeichenblätter, um es herauszuholen.
Dabei fielen einige Zeichnungen zu Boden
und wirbelten leicht davon.
"Was machst Du denn für eine ZETTELWIRTSCHAFT? rief ihm sein Gegenüber zu. Doch das störte ihn nicht, denn der Anrufer beendete diese Holzfäller-Ruhepause.
Es war der Boss. Sie sollten sich sofort bei ihm melden. Dieser klang sehr ungehalten, weil er durch einen heimlichen Sender in einer Überwachungsdrohne, ohne dass es jemand bemerkte, seine Holzfäller auf diese Art überwachen ließ.
So konnte er jederzeit feststellen, ob sie im Wald arbeiteten und wie lange sie pausierten.
Als die Holzfäller völlig unverhofft auf dieses magische Waldstück stießen, bemerkten sie allerdings nicht, dass über ihnen in der Luft,
ganz geräuschlos, bereits eine Drohne sie überwachte. Minuten später trat allerdings an ihr ein kleiner Defekt auf. Und so schaffte es die ERDANZIEHUNGSKRFAFT das morderne Fluggerät schneller auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen, als es gewünscht war. Als die Holzfäller ihrem Chef gegenüberstanden, stauchte er sie, aufgrund der langen Waldpause, zusammen. Nun erfuhren sie von der Drohnenüberwachung.
"Boss", so begann der kräftige, bärtige Holzfäller ihn anzusprechen. "Wir dürfen dort an der einen, besonderen Stelle, nicht die uralten Bäume absägen, denn das wäre eine große Sünde. Sie sollten sich mit uns gemeinsam unbedingt dieses Waldstück einmal anschauen. Aufgrund der Seltenheit,
müsste es unter Naturschutz gestellt werden, weil es diese schönen Baumgeisterbäume nirgendwo noch geben könnte. Wir bitten Sie Boss, noch keine Entscheidung zu treffen, bevor sie dieses unglaubliche magische Waldstück sich angeschaut haben, denn der Frieden zwischen Mensch und Wald wäre dann endgültig gebrochen."
Mit einem kurzen Blick zu seinen Waldarbeitern, winkte er lässig ab und meinte: "Papperlapapp", was soll der Unsinn. Wenn Bäume stehen bleiben, bringt es dem Unternehmen kein Geld!"
"Aber Boss, bekommen wir dann endlich unsere versprochene Gehaltserhöhung?"
Seine Antwort: "Na, mal sehen, ich gebe Euch
morgen dann Bescheid, kommt gegen 15 Uhr zu mir!"
Am darauffolgenden Tag warteten die Holzarbeiter auf ihren Boss, total pünktlich um 15 Uhr. Sie warteten und warteten, bis die Sekretärin ihnen mitteilte, dass der Boss schon vor Stunden in Urlaub gefahren sei.
E N D E