Demokratie
Ich hatte lecker gekocht und die Familie eingeladen.Und dann - wie meist- Joachim entfacht das politische Feuerwerk.
"Diese linken Idioten mit ihren Demos - nichts als Krawallmacher", schimpfte er und lud sich ein Stück Fleisch auf seinen Teller.
Ich atmete tief durch. Konfrontation oder ignorieren? Ich entschied mich für das Spiel des passiven Widerstands: ironische Gelassenheit.
"Ach, Joachim, du weißt schon, dass ich regelmäßíg an Demonstrationen teilnehme". Ich füllte mir Kartoffelsalat auf meinen Teller, als sei er das Symbol für unsere Demokratie.
"Ja, genau, Ihr habt doch alle keinen Bezug zur Realität".
In diesem Moment mischt sich seine Tochter ein: "Papa, ich fahre übrigens nicht mehr mit der Bahn, wegen der ganzen Asylanten. Das haben wir in der Gruppe beschlossen und die Eltern fahren uns. Samstag wäre schön, wenn du uns alle fährst".
Stille. Joachims Augen verengten sich.
"Äh, was?", sagte er erstaunt.
"Ja, ist doch gefährlich. Die ganzen Kriminellen und so". Seine Tochter schaut ihn unschuldig an.
Ich lehnte mich zurück. "Joachim, du weißt schon, dass der öffentliche Nahverkehr sicherer ist als dein Internet-Account, oder?"
Er sah seine Tochter an. "Ach, Lisa, das ist ja völliger Unsinn. Wir leben hier in einem Rechtsstaat. In Deutschland kann man überall sicher Bahn fahren. Das ist
doch nur Panikmache von...äh, na ja.."
Ich hob mein Glas. "Auf die Realität Joachim".