Kurzgeschichte
Mein Name ist?

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"Mein Name ist?"
Veröffentlicht am 16. April 2024, 12 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
© Umschlag Bildmaterial: Elena Okhremenko - Fotolia.com
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Immer hier und nie da. Oder anders herum. Es geht nie um mich, es geht um uns.
Mein Name ist?

Mein Name ist?

Mein Name ist August Ermann und ich bin mir nicht sicher ob es was zur Sache tut. Sie müssen sich meiner nicht annehmen oder versuchen, sich eine Vorstellung zu machen aber verbieten kann ich es auch nicht. Ich überlasse es Ihrer Fantasie und hoffe nur, dass ich nicht ganz so schlecht dabei abschneide. Von einer Selbstbeschreibung sehe ich ab. Es könnte sein, dass ich nur Superlative Adjektive verwende und das würde irgendwie auch nicht richtig sein. Vielleicht bin ich ganz normal, weil ich nicht übermäßig abstürze, Sport mache, beflissen meiner Arbeit nachgehe und mich, in meinem Rahmen, um Familie

und Freunde kümmere. Vielleicht bin ich aber auch ganz anders. Immer auf einem gepackten Koffer sitzend, zweifelnd am Leben der Anderen, verschwenderisch im Umgang mit den schnellen Genüssen ohne selbst Genießer zu sein. Ach was soll das eigentlich hier? Wieder so ein Selbstreflektions-Quatsch ohne Nachhaltigkeit und Wichtigkeit. Ein Text den keiner braucht? Es könnte doch auch um so viel mehr gehen. Wir könnten annehmen das ich Sie bin und Sie sich meiner anzunehmen versuchen, sich eine Vorstellung von sich selbst zu machen. Ach das könnte doch

ein Spaß werden. Wenn man erstmal anfängt darüber nachzudenken wie man aussieht und dann hat man das erste Erfolgserlebnis, weil man sich ja kennt und sogleich die erste bittere Enttäuschung, wenn es darum geht, das Bekannte in Worte zu fassen. Bin ich vielleicht groß? Was ist groß? Ab wann ist man groß und vor allem, ab wann ist man klein? Habe ich schon schlaffe Stellen oder ärgern Sie sich schon lange über einen behaarten Leberfleck? Finden Sie vielleicht das sich Ihre Gedanken verengen oder schieben Sie es auf die Arterien? Wann haben Sie darüber nachgedacht, das sich Herr Ermann doch

sehr um sich selbst dreht und es Ihnen gut tun würde, Ihre Perspektiven zu erweitern, sich mal wieder um die Diversität Ihrer Gedanken zu bemühen? Nennen Sie mich August. Es tut aber eigentlich nichts zur Sache. Doch mit Bestimmtheit mache ich Ihnen das Angebot, dass Sie mir jede Frage stellen können und ich werde Ihnen dabei helfen, die Antwort zu finden. Wenn es Ihnen zum Beispiel schwer fällt, sich die Frage zu beantworten, warum die Welt grad so aus dem Fugen scheint und irgendwie alle verrückt werden, können wir schnell und undefiniert antworten. Im schlechtesten Fall taugt niemand

mehr was. Alle sind empfindlich und dann können es entweder nur die Amis oder nur die Russen sein. Doch wollen Sie nicht generalisieren und Sie würden mich kritisieren, wenn ich vorurteilsbehaftet und allgemein wäre. Vielleicht leide ich an der derweilen pathologischen Überinformation und auch Ihnen fällt es schwer Information von Desinformation unterscheiden zu können. Dann könnte sich das Gefühl ausbreiten das Dummheit und Machtmissbrauch nah bei einander liegen und sie freuen sich, zu dieser revolutionären Erkenntnis gekommen zu sein, eigentlich schon mit dem Fazit, dass auch Sie selbst regieren könnten.

Und es ist doch völlig natürlich das Sie den Kapitalismus an den Stellen kritisieren wo er sich gegen Sie stellt. Kann ich damit jetzt was anfangen? Fühlen Sie die Inspiration für einen Gedanken oder breiten sich Kopfschmerzen aus? Haben Sie bitte keine Angst vor dem Denken, ich bin bei Ihnen. Ich weiss das es sich mitunter so anfühlt, als ob man gleich was kaputt macht aber bitte verlassen Sie sich auf meine Erfahrung. Sie haben selbstverständlich einfache Antworten auf komplexe Fragestellungen und auch ich kann nicht verstehen warum nicht alles so bleiben kann wie damals, als es

noch gut war. Die schönen goldenen Zeiten. Wann waren die nochmal genau? Verzeihen Sie die Frage. Ich versuche meine alten Fotos zu sortieren und komme manchmal mit den Jahreszahlen durcheinander. Sie können mich nennen wie Sie möchten und ich finde das ich das ganz gut gemacht habe und Sie können schon mal sehr stolz auf sich sein. Der erste Gedanke ist ja mitunter der Schwerste. Seien Sie an diesem Punkt lediglich vorsichtig mit dem sprechen, es könnte noch zu früh sein und dabei könnten Sie sich ernsthaft verletzen, wenn wir den

Schritt gehen uns einer Öffentlichkeit zu stellen, die eine Veränderung der Gesellschaft, Lebensinhalte und Wertesysteme fordert. Da wären wir schon fast bei der nächsten Frage die Sie mir stellen, weil die Motoren grad warm laufen. Wofür soll diese Veränderung denn gut sein? Lassen Sie mich kurz in mich gehen und Sie versuchen darüber nachzudenken, was es bedeuten könnte, wenn eine Gesellschaft sich verändert. Wir haben ja keine starren Systeme. Allem liegt eine Dynamik inne und mit gewonnenen Erkenntnissen gehen Veränderungen in Abläufen und Prozessen einher. Soweit

sind sie mit mir d‘accord? Da haben Sie sich jetzt aber selbst übertroffen und die Antwort ist bereits formuliert. Es ist also doch so einfach wie Sie es schon prophezeit hatten und ich maße mir an, Sie vor dem Denken und seinen Anstrengungen zu warnen. Aber Sie machen auf jeden Fall nichts falsch, wenn sie die gewonnenen Erkenntnisse gern den Anderen überlassen und die Beschwerlichkeiten der Veränderung aus Ihren Lebenswelten fern halten. Sie haben mit der Schuld der Vorgängergenerationen genauso wenig was zu tun, wie mit einer falschen Verantwortung für das Handeln und seine Folgen Anderer.

Ihre Gardinen sind weiß und Sie können mit ruhigem Gewissen dahinter stehen und der Welt zusehen. Mein Name spielt keine Rolle. Sie brauchen keinen Transmissionsriemen für Ihre eigene Entwicklung. Gehen Sie raus und verteidigen Sie Ihre Ansprüche und Ihre Rechte. Das haben Sie sich verdient, dafür haben Sie gearbeitet.

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RSchultz
Immer hier und nie da. Oder anders herum. Es geht nie um mich, es geht um uns.

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Apollinaris Hab mal reingelesen - (er-)schien gut geschrieben. :O)
Vor ein paar Wochen - Antworten
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