Alf, die Liebe und ich
Endlich zu Hause! Der Arbeitstag war lang und unerfreulich. Schnell die Schuhe abgestreift, ab in die Küche. Mist, der Kühlschrank bot nichts wirklich Interessantes.
„Ach ja“, murmelte ich (ich gehöre zu der Sorte Mensch, die mit sich selbst spricht. Meistens bin ich sogar einer Meinung mit mir). „Schön wenn jetzt jemand da wäre, der mich abgöttisch liebt, für mich da ist, schon was gekocht hat und mich fragt, wie mein Tag war.“
„Ansprüche hast du gar keine, was!“
Was war das? Verstört schaute ich mich
um.
„Hier bin ich, auf dem Kaffeedings“, wieder die Stimme.
Ich schüttelte den Kopf. War ich jetzt verrückt geworden und hörte Stimmen? Sowas gibt es, hatte ich letztens einen total spannenden Thriller gesehen, in dem genau das einer Frau passiert war. Erst hatte sie fremde Stimmen im Kopf, dann murkste sie jede Menge Männer ab und zuletzt landete sie in der Klapse.
Obwohl ich wusste, dass dort nichts und vor allem niemand sein konnte, äugelte ich zum Kaffeeautomaten. Oben drauf saß Alf in einer Mini Version und grinste mich
an.
„Nein, Tetris, du bist fertig, gestresst. Vielleicht kriegst du auch einen Burnout.“ Ich schloss entschlossen die Augen.
„Das nutzt nichts“, sagte die Stimme.
Vorsichtig öffnete ich erst mal das rechte Auge, dann alle beide. Klein Alf saß immer noch. „Was machst du da?“, fragte ich und griff zum Messerblock, erwischte aber nur das Messer zum Kartoffeln schälen.
„Schön und gewalttätig! Behandelst du alle Männer so? Kein Wunder, dass sie dir abhauen“, knurrte Alf. „Leg das Messer lieber weg, du schneidest du noch“, fügte er etwas freundlicher
hinzu.
Weil das pisselige Ding sowieso keine geeignete Waffe war, legte ich es auf die Arbeitsplatte. „Pass mal auf, du Außerirdischer, von dir brauche ich mir nichts sagen zu lassen. Schon gar nicht über Männer“, legte ich los. „Normalerweise schleicht sich kein Kerl in meine Küche, setzt sich auf die Kaffeemaschine und gibt doofe Ratschläge. Was willst du überhaupt? Hast du die Tanners satt und bist abgehauen? Oder wolltest du zurück nach Melmac und hast dich verflogen?“
Alf grinste mich geschmeichelt an. „Du kennst dich ganz schön aus, was. Dass du es weißt, ich bin extra von Melmac
hergekommen, um dir zu helfen.“
Mir kam ein Gedanke: „Klar. Wo ist die versteckte Kamera? Leute, wer immer das ausgeheckt hat … ich bringe ihn um.“ Dann holte ich eine Leiter aus der Besenkammer und untersuchte die Küche von oben bis unten, während Mini Alf mir relaxed zuschaute.
Schließlich gab ich auf. Ich hatte einen verlorenen Ohrring gefunden und gemerkt, dass es nötig war die Küche wieder mal gründlich sauber zu machen, aber sonst gab es nichts Auffälliges.
„Fertig? Wird auch Zeit“, merkte Alf an.
Verzweifelt ließ ich mich auf einen Stuhl sinken und fixierte ihn starr. Leider verschwand er
nicht.
„Klaro, du bist verwirrt. Verstehe ich doch.“ Jetzt wurde der Außerirdische auch noch mitfühlend. Ich beschloss, meine Temperatur zu messen, konnte mich aber nicht aufraffen, um das Fiberthermometer zu holen.
Er fuhr fort: „Ich beobachte dich schon länger. Früher warst du immer lustig und gut drauf. Das war super unterhaltend. Aber in der letzten Zeit … voll depri. Das zieht mich runter. Deshalb werde ich dir helfen.“ Er stockte. „Gibt es bald mal was zu essen?“
Auch schon egal. Ich bestellte eine Pizza, die wir uns teilten. Wobei mein neuer Mitbewohner herummeckerte, weil
ich keinen gepressten Katzensaft vorrätig hatte, gab sich aber dann mit einem Bier zufrieden.
Schließlich rülpste er, wischte sich den Mund mit dem Arm ab und schaute ernst aus der Wäsche. „Was wünscht du dir?“
Ich überlegte. „Im Moment …“
„Ja?“
„Ich würde schon gern jemanden kennenlernen…“
„Hast du noch ein Bier?“
Wir tranken an diesem Abend noch ziemlich viel Bier und quatschten. Über dies, das, Partnerwahl, Glück und Liebe.
Oh Mann, am nächsten Morgen quälte ich mich verkatert aus dem Bett. Alf war
immer noch da. Er hatte sich auf der Kaffeemaschine ein Bett aus Handtüchern gebaut und schnarchte.
Im Büro angekommen, kochte ich mir erstmal einen Kaffee. Mein Kollege Sebastian schaute mich mitleidig an. „Kopfschmerzen?“
„Hm.“
„Charmante Nacht gehabt?“
„Lustig“, nuschelte ich. „Alf ist bei mir eingezogen. Also … kein Kerl, sondern der Außerirdische aus dem Fernsehen. Du glaubst nicht, wie versoffen der ist.“
Sebastian grinste. „Ist klar. Alf.“
„Ehrlich! Verstehe ich auch nicht ganz. Er sagt, er will mir helfen, in Sachen
Liebe.“
„Ich habe jetzt einen Termin, muss weg“, sagte Sebastian bedauern. „Sollen wir uns heute Abend treffen. Ich lade dich zum Essen ein. Dann kannst du mir alles genauer erzählen. Vor allem das, was Alf über die Liebe gesagt hat.“
„Er will mich heute Abend zum Essen einladen. Ich glaube er ist ein bisschen verliebt in mich“, erklärte ich meinem Außerirdischen.
Der blockierte immer noch den Kaffeeautomaten. „Bis du auch verliebt in ihn?“
Ich stutze. So genau hatte ich mir Sebastian noch nie angeschaut. Aber er
war nett und freundlich und schon irgendwie mein Typ. „Keine Zeit, ich muss schauen, was ich anziehe.“
„Das!“ Alf war mir nachgeschlichen, saß auf dem Bett und nickte. „Genau das. Sieht heiß aus.“ Er schnipste mit dem Finger. Darauf trinken wir … hast du jetzt gepressten Ka …“
„NEIN! Wie wäre es mit Sekt?“
„Klaro. Geht auch.“
Als ich viel später, nach einem wunderbaren Abend mit Sebastian, in den ich mich (vielleicht ein bisschen) in ihn verguckt hatte, zurück in meine Wohnung kam, war er weg!!! Ich stellte die ganze Wohnung auf den Kopf, mein Außerirdischer blieb verschwunden. Aber
auf dem Badezimmerspiegel hatte er mir eine Botschaft hinterlassen (wobei er meinen sauteuren Lippenstift ruiniert hatte).
„Bin zurück nach Melmac, werde nicht mehr gebraucht. Das mit der Liebe kriegst du jetzt allein hin. Vielleicht komme ich trotzdem mal wieder vorbei. Tipp, du solltest dir ne Katze anschaffen.“
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