Krimis & Thriller
SPURLOS VERSCHWUNDEN 3 - Alfi weiß Rat

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"Otto ist immer noch verschwunden."
Veröffentlicht am 19. Mai 2023, 26 Seiten
Kategorie Krimis & Thriller
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Über den Autor:

Über mich gibt es nichts interessantes. Aber jetzt auch mit schönen bunten Bildern.
Otto ist immer noch verschwunden.

SPURLOS VERSCHWUNDEN 3 - Alfi weiß Rat

SPURLOS VERSCHWUNDEN

Teil drei


Alfi weiß Rat


Ich hatte schlecht geschlafen. Kein Wunder. Der gestrige Tag war mir gehörig auf ́s Gemüt geschlagen. All das hohle Geschwätz vom harmonischen Leben einer Vorzeigefamilie in der sauberen Vorstadt hatte mir das Hirn verkleistert. Ich kochte

Kaffee und gönnte mir eine kurze Dusche. Bewaffnet mit einem dampfenden Becher und einer ebensolchen Zigarette hockte ich mich an meinen zerkratzten Couchtisch, öffnete meinen Laptop und ließ ihn hochfahren. Meine Handy summte. Eine Nachricht aus dem Hause Specht. Der Herr Specht gibt sich die Ehre. Trotz äußerst wichtiger Gespräche die eigentlich keinen Aufschub duldeten war es ihm ein dringenderes Bedürfnis mit mir über das Verschwinden seines vermissten Sohnes zu sprechen. Was für ein Opfer, dachte ich, der arme Mann musste seine geschäftlichen

Interessen als Konzernchef hinten anstellen. Er könne mich morgen zwischen zehn und zehn Uhr dreißig empfangen. Na, was für ein Glück ich doch hatte. Und da ich das Smartphone in der Hand hielt, rief ich Alfi im Dezernat an und lud ihn für heute Abend zum Essen bei unserem Lieblingsitaliener ein. Er sagte zu. Es blieb noch reichlich Zeit für das stöbern im Internet. Ich schaute mir so einiges an was es so alles von der Familie Specht berichtenswertes gab.Vor allem die unsäglichen Klatschpresse – Seiten im Netz boten da so einiges. Vor allem möglichst unverfänglich

Oberflächliches wurde angeboten. Hier eine Spendengala für Waisenkinder, Fam. Specht beim Pferderennen, beim Skifahren in der Schweiz und fröhliche Urlaubsbilder von den Bahamas. Alles obszön teure Freizeitvergnügen. Die vor allem mit vielen bunten Bildern daher kamen um die armen Leute zu beeindrucken. Wenig Text, wenn Text, dann möglichst Nichtssagendes. Ich schaute mir die Bilder ganz genau an. Nette Familie, so auf den ersten Blick. Doch irgendwie wirkte alles nicht so ganz astrein; alles wie gestellt, inszeniert. Steif und wie gezwungen wirkten die Figuren.

Eben typisch Boulevard – Format. Besonders Otto, der auf allen Bildern anwesend war. Er, der Abgängige, mit seiner Birnenförmigen Figur, dem blonden Haar das sich merklich lichtete und dem verkniffenen Mund. Beim Hals verteilen war er offensichtlich nicht da, und einem verschlagen – arroganten Blick aus blass - blauen Augen, die unmissverständlich verrieten das er liebend gern ein Anderer gewesen wäre. Ein König oder Kaiser, zum Beispiel. Darunter machte er es nicht. Einfach gesagt: Er passte so gar nicht ins Bild. Ich hatte schon früher mit einigermaßen reichen

Kunden zu tun, und sie schienen alle das Gleiche zu verwechseln. Nämlich das wollen und das brauchen. Bei dem hier war ich mir sicher, dass er nie genug bekam. Von was auch immer. Der wirkte so als wenn er nie zufrieden wäre. Auf jeden Fall kam mir der Typ seeeeehr komisch vor. Ich suchte mal die Firma des Herrn Papa. Spechte gab es viele. Doch die meisten waren ohne Firma. Endlich hatte ich ihn. Specht Marine Systems inc Es gab nur spärliche Informationen. Aber soweit ich verstand handelte es sich um eine Waffenschmiede die höchst tödliche Torpedos

produzierte. Alles sehr verschwiegen, sehr geheim. Keine Bilder von den Anlagen, aus der Produktion oder von Mitarbeitern. Nur ein Foto von Vadder Specht, ein versierter Maschinenbau – Ingenieur, der eine Handvoll Patente in der Sparte Kriegswaffen am laufen hatte. Aha, vielleicht lag hier die Lösung versteckt. Hatten die großen Skrupel den Otto erwischt? Hatte das immense Vermögen, das aus dem flotten Verkauf von fiesen Kriegswaffen herrührte, sein Gewissen geweckt? Es gab geringere Gründe um aus den fahrenden Zug auszusteigen Doch so recht konnte ich nicht daran

glauben. Der Anblick dieses Burschen vermittelte mir einen ganz anderen Eindruck. Ich stöberte weiter im famosen Netz. In den sogenannten sozialen Netzwerken hatte ich keinen Erfolg. Das war wohl zu asozial für die betuchten Spechts, oder sie schotteten sich bewusst ab. Reiche Menschen machen das ja gerne, so wie die organisierte Kriminalität, die Angst vor unerwünschten Ermittlungen, Entführung und Erpressung hatten. Die Zeit war zäh verlaufen wie aufgetaute Butter. Ich sollte mich langsam vorbereiten auf das Treffen mit Alfi. Ich zog

mir Hose und ein frisches Hemd an, die Krawatte blieb auf der Couch um das einzige Kissen zu bewachen. Ich holte meine Jacke vom Haken. Und Hoppla. Da war ja noch der Umschlag von gestern. Den hatte ich doch glatt vergessen. Ich schaute rein. Bargeld war drin. Und nicht gerade wenig. Zehntausend Euronen, immerhin, meine Diskretion war ihnen was wert. Und ich musste mir keine Gedanken machen, woher ich die nächste Miete hernahm. Nur verdienen musste ich den Zaster noch. Ich musste den Verschwundenen wiederbeschaffen. Alfi

musste helfen. Ich ließ den Wagen stehen und machte mich zu Fuß auf den Weg. Es war nicht sehr weit und ein kleiner Spaziergang an der frischen Luft konnte mir die Birne frei pusten. Erst links, über einen verwaschenen Zebrastreifen, dann nach rechts, nach vierhundert Metern war ich schon in unserer Innenstadt. Einkaufsmeile runter. Obwohl, zum Einkaufen gab es hier nicht mehr viel. Jeder zweite Laden stand leer, in den übrigen hatten sich Nagelstudios und Handy – Geschäfte eingenistet. Dazu noch reichlich Apotheken. Das konnte ich

nachvollziehen. Wir sind schließlich alle krank. Oder werden es gerade. Am Fluss entlang ging es weiter. Hier roch es leicht nach Schiffsdiesel und penetrant nach Hundescheiße. Ein Penner lümmelte auf einer Bank, eine Flasche Billigwein in Reichweite. Ängstlich blickte er mich an als ich vorüber ging. Ich hatte es nicht mehr weit. Nur noch einmal nach links, dann die Straße runter. Die Gegend hier war genauso herunter gekommen wie der Rest unseres Stückchens Heimat das wir gezwungen sind zu bewohnen. Vom sauren Regen gebleichte Fassaden, bröckeliger Putz, ein paar gesprungene Fenster, dahinter das

ewige Geflimmer der TV – Geräte. Bei Rocco gab es zum Glück keine Fernseher. Nur die beste Pasta der Stadt. Als ich eintrat wartete Alfi schon an einem Tisch am Fenster. Er rauchte eine Selbstgedrehte und nippte an seinem Orangensaft. „Moin Alfi.“ „Moin Alter.“ „Schon bestellt?“ „Nö.“ Und schon erschien der Chef. „Habt Ihr schon entschieden was es sein darf?“ Alfi hatte Lust auf eine Calzone, und ich nahm die Linguine mit Lachs. Dazu eine Flasche Roten. Dem

Guten. „Geht klar,“ sagte Rocco, und schob ab. Ich hatte früher in meiner Bullenzeit öfters mit ihm zu tun gehabt. Er war mehr als nur ein zwielichtiger Pizzabäcker. Doch es war ihm nie etwas Beweisfestes nachzuweisen. Außer das die Pasta wirklich Klasse war. „Was gibt ́s neues?“ Fragte Alfi. „Bin an dieser komischen Specht – Sache dran. Ihr Sohn ist spurlos verschwunden, ich soll ihn wiederbeschaffen. Ich dachte du wüsstest es. Die Specht hat mich aufgrund einer Empfehlung angeheuert. Und ich dachte gleich das die von dir kommen

würde.“ „Falsch gedacht. Von mir hat keiner was in der Art gekriegt. Ich würde mich hüten. Die muss von jemandem kommen, der immer noch nicht gut auf dich zu sprechen ist.“ „Ach was?“ „Ich könnt mir schon denken wer das gewesen ist. Ein gemeinsamer Bekannter. Sitzt zwei Etagen über mir im Präsidium. Der ist eindeutig nicht dein Freund und wenn er dir eins auswischen kann, dann ist er dabei.“ „Warum auswischen?“ „Aber das weiß doch auch jeder. Mit der Familie Specht ist nicht

gut Kirschen essen. Oder Pasta. Die sind mit Vorsicht zu genießen. Wenn irgendwer nicht nach denen ihrer Pfeife tanzt, dann gibt ́s Zunder, aber kräftig. Mit denen legt sich keiner gerne an. Die haben kostbare Verbindungen, kennen ne Menge wichtiger Leute mit Einfluss. Die können einem Kerl so richtig die Hölle heißmachen. Das erkennt man daran das sie ne sonderbare Sonderkommission bei uns eingerichtet haben. Sehr sonderbar und sehr verschwiegen. Kein Ton an die Presse, Öffentlichkeit, oder Kollegen. Da gibt ́s auch kein Geplauder. Da ist jeder so

richtig eingenordet worden. Kannst ́e den Job nicht absagen?“ „Hab schon n Vorschuss kassiert. Außerdem... was sollte da schon schief laufen? Ich soll lediglich Sohnemann wieder ran schaffen. Ich will ja nicht deren Steuern prüfen, oder die Leichen aus deren Keller holen.“ „Das wäre auch ne Lebensaufgabe, nach allem was man so hört.“ „So so.“ Unsere dampfenden Teller kamen an. Dazu der Rote. Wir hielten die Klappe um unser Essen zu genießen. Nachdem wir alles verputzt hatten sagte

ich: „Hab morgen n Termin mit dem ollen Specht. Privataudienz in seiner Torpedoklitsche. Kennst Du den Ollen?“ „Nee, nie direkt gesehen. Nur das übliche vom Hörensagen. Kann n ganz übles Aas werden wenn ́s nicht nach seinem Willen geht. Und mit seinen guten Freunden im Hintergrund kann er mehr als einen guten Kerl für immer ruinieren.“ „Dann pass ich mal besser auf. Gerade jetzt kann ich mir keinen Ruin leisten. Obwohl ́s kein großer Unterschied wäre.“ „Denk an meine Worte. Wenn ́s Probleme gibt, dann ruf an. Ich kann

dein Probleme nicht lösen, hab aber immer n sauberes Taschentuch. Für alle Fälle.“ Wir tauschten noch schnell den neuesten Tratsch aus dem Präsidium aus. Dann Verabschiedeten wir uns, und gingen auseinander. Er nach links, ich nach rechts. Ich nahm den selben Weg den ich gekommen war. Kurz vor meinem heimeligen Heim wurde ich höchst unfreundlich angesprochen. „Ey Alter, biste Stolz n Deutscher zu sein?“ „Sieg Heil, Alter!“ Sie waren zu dritt, standen in einer Bushaltestelle, und versoffen

den kläglichen Rest ihres Verstands. An dem ansehnlichen Haufen Scherben in einer Ecke konnte man absehen das sie schon eine Weile an der Arbeit waren. Es waren Skinheads, und zwar so richtige Nazi – Skins. Komplett mit Bomberjacke, DocMartens, Hosenträger und dämlichen Visagen mit Segelohren. Ich dachte diese Art von dumpfen Herrenmenschen wären längst ausgestorben. Die heutzutage tätigen Nationalisten und Faschisten tarnen sich ja gerne als bürgerlich – beliebte Normal – Figuren. Kaum noch zu unterscheiden von den ANTIFA – Leuten.

Doch diese drei Witzfiguren da hatten offensichtlich die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt. „Biste nu Deutsch, oder was?“ Die Ansage wurde deutlich aggressiv. Die suchten wohl Streit; suchten n Opfer. Ich hätte es gut sein lassen können, hätte sie einfach ignorieren können, aber der letzte Tag mit seinen unergiebigen Fragen und Antworten hatte mich ansehnlich frustriert. Wenn Ärger, dann aber richtig, sagte ich mir. Dann ging ich rüber zu ihnen. Die drei sauberen Jammergestalten grinsten blöde als sie mich kommen sahen. Sie warfen sich in Pose, machten sich breit und bereit

einem arglosen Passanten mal ordentlich die Scheiße aus dem Leib zu prügeln. Man kann ja so einiges über mich sagen. Doch arglos war ich nie, und werde ich nie werden, dafür hatte ich genug gesehen und erlebt. Und aus eben diesen Gründen hatte ich so einige Überraschungen parat. Der erste dieser Clowns machte einen Schritt und hob drohend seine Faust. „Ey, willst ́e Ärger Alter?“ Fragte er noch. Ich kickte ihm die Beine weg und gab ihm einen kräftigen Stoß. Er landete mit seiner hässlichen Visage direkt in dem Scherbenhaufen. Er schrie

wie ein Kind das sich die Finger in der Keksdose eingeklemmt hat. Ich hatte den Schlagring aus fein poliertem Messing längst aus meiner Jackentasche gefischt, als der zweite Blödmann langsam realisierte das er der nächste auf meiner Liste war. Ich machte keine großen Umstände. Er versuchte noch seine Arme zu heben, Deckung zu suchen, als ich ihm schon zwei mal hart und direkt auf seine fettigen Lippen schlug. Ich hörte seine Zähne knacken, ich hörte seinen verdutzten Schrei. Dann war er schon auf seinen Knien, spuckte Blut, Speichel und Stücke seiner Zähne. Seine

Lippen hingen in Fetzen. Der andere wackelte mit seinem bluttriefenden Schädel und redete wirres Zeug. Er hatte jede Menge Schnittwunden, aber nichts ernstes. Er würde in der Zukunft nur noch hässlicher aussehen. Der dritte Herrenmensch machte die Flatter, flink wie ein Wiesel rannte er um sein stolzes - deutsches Leben. Er rief mir noch etwas zu das ich nicht verstand, und schon war er zu weit entfernt um ihm nach zu laufen. „Hu miefes wein...!“ Kam von dem Typen der noch immer sein Blut auskotzte. „... ihr riegen disch

nong.“ „Geht klar.“ Sagte ich. „Aber jetzt verzieht ihr euch in eure Buden und denkt mal über euer beschissenes Leben nach. Mit dem anpöbeln und Randale machen ist jetzt Schluss. Sucht euch n anderes Hobby. Sonst komm ich wieder, und ich finde euch. Darauf kannste einen lassen!“ Damit ging ich wieder meiner Wege. Meine Hand war blutig und etwas verschrammt. Ich müsste noch eine Dusche nehmen. Aber diese kleine Balgerei hatte mir gut getan. Mein Kopf fühlte sich frisch und frei an, jeglicher Frust über den gestrigen Tag hatte sich

verflüchtigt. Und morgen würde ich dem ollen Specht schon noch zeigen wo der Hammer hängt. Schluss mit dem nichtssagendem Gefasel.


Wird fortgesetzt




Text: harryaltona (2023)

Cover: Pixabay


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Über mich gibt es nichts interessantes. Aber jetzt auch mit schönen bunten Bildern.

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Gast Hach, manchmal würde ich schon mit ... Schriftlich können wir mal schön zur Sache kommen; im Leben würde Gewalt sicher neue Gewalt aktivieren.

Vlt. kennst Du diesen Gerichtsfall bei von Schirach?: Zwei angetrunkene Verlierer pöbeln und greifen ausgerechnet einen verdeckten Auftragskiller an. Ja Pech.

Bis gleich im nächsten Teil!
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HarryAltona Nee, kenn ich nicht. Und sicher erzeugt Gewalt Gegengewalt, doch manchmal muss man einfach seinen Standpunkt klarstellen, gell!
Tausend Dank, Gerd!!!
lg... harryaltona
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Brubeckfan Gast: Gerd, gell
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FLEURdelaCOEUR Ja, ich weiß nicht so recht ... Diese Klopperei hat mich irgendwie sehr unangenehm an meinen nächsten Zahnarzttermin im Juni erinnert ...
Mal sehen, wie es weitergeht.

LG fleur
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HarryAltona So ein Termin muss ja nicht gleich was schlimmes sein. Der Rest: Siehe 8unten.
Tausend Dank, Fleur!!!
lg... harryaltona
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Bleistift 
"SPURLOS VERSCHWUNDEN 3 - Alfi weiß Rat..."
Wilde Gegend, in der sich Kattz da bewegt und gut,
dass am Ende aus der verhängnisvollen Frage,
»Willst'e nich mein Bruder sein, sonst schlag' ich dir den Schädel ein!...«
der schlagenden Argumente wegen, nicht so recht was wurde... ...grinst*
LG
Louis :-)
Vergangenes Jahr - Antworten
HarryAltona Man muss sich auch mal kräftig durchsetzen gegen die Dummheit, auch wenn es nichts zur Aufklärung beiträgt, zeigt es Kattz`Standpunkt.
Tausend Dank, Louis!!!!
lg... harryaltona
Vergangenes Jahr - Antworten
Bleistift ...lacht*
Das sollten sich vielleicht auch mal die Damen und Herren von der deutschen Justiz kräftig hinter die Ohren schreiben, wenn wieder mal so ein geistig zurückgeworfenener Asphalt-Klebe-Fuzzi vor ihrem Richtertisch steht...
LG
Louis :-)
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