Noch ein Beitrag zur Schreibparty ...
Hier die Vorgabeworte:
Haubentaucher
Fußpilz,
Hausputz,
Bratklops,
Brille,
Garten,
Krieg und Frieden
Er schlief, so wie immer. Die BRILLE hing ihm schief im Gesicht. Seine Nachttischlampe hatte er angelassen, das Buch ‚Krieg und Frieden’ lag auf seiner graubehaarten Brust, bewegte sich mit seinen Atemzügen auf und ab. Dieses Buch las er schon seit Monaten, schlief immer nach zwei Seiten ein. Manchmal blätterte sie, wenn sie ihm den Wälzer sanft aus der Hand genommen hatte, ein paar Seiten zurück und legte dann das Lesezeichen hinein. Er merkte es nie.
Sein Kopf, auf dem die wenigen
verbliebenen Haare wirr abstanden, war zur Seite weggekippt, der Mund stand halb offen. Er erinnerte sie auf fatale Weise an einen HAUBENTAUCHER.
Sie scannte ihn weiter ab … Sein magerer Körper – akzeptabel, wenigstens war er nicht fett! Aber die Gehorgane … FUßPILZzerfressen … einfach ekelig.
Wenn sie nun den dicken Wälzer nähme und ihn damit erschlüge? Sie wog das Buch probeweise in den Händen, hob es an, schätzte das Gewicht. Dies war wirklich schwere Literatur, ein fester Hieb mitten auf den Kopf würde reichen. Ein sehr verlockender Gedanke! Sie stemmte den Roman über ihren Kopf,
hielt jedoch mitten in der Bewegung inne. Bedenken machten sich breit: Wie sollte man die Todesursache ‚Schädelbruch durch Tolstoi’ begründen. Bewegungslos blieb sie stehen, das Buch immer noch in den Händen, dachte an die guten Tage die sie miteinander gehabt hatten:
An sein Werben um sie, die sich damals spröde gab. Zwei Wochen lang kam er jeden Tag in die Pommes Bude, in der sie schuftetet. Immer bestellte er die Mega-Extra Portion BRARTKLOPPS mit einer doppelten Portion Pommes.
Als er ihr Interesse geweckt hatte, ging es richtig
los:
Ein Privatflug nach Rom, um dort einen Teller Spaghetti zu essen, von denen er behauptete, dass sie die Besten Italiens wären. Dann eine Safari in Tansania die er umleitete. Einfach so! Weil sie sich den Kilimandscharo von nahem betrachten wollte. Als sie auf einer Weltreise bestand dauerte es keine Woche und sie saß im Flieger.
Eine Villa im angesagtesten Viertel – kein Problem.
HAUSPUTZ? Nichts für zarten Hände. Das erledigte eine Haushaltshilfe.
Ein GARTEN mit einem all zu willigen, sprich potenten Gärtner – er besorgte ihr
alles.
Wollt sie neue Sex Techniken ausprobieren, so kaufte er das nötige Equipment.
Sie schnippte mit dem Finger – er reagierte.
Wenn sie überhaupt jemanden geliebt hatte, dann ihn.
Sie schreckte aus ihrem Tagtraum auf. Der Rücken schmerzte, die Arme waren ihr eingeschlafen. Der attraktive Mann ihrer Träume war verschwunden, hatte sich wieder in den Greis verwandelt, der jeden Tag die gleichen Seiten eines verstaubten Buches las.
Oder war das alles ein Irrtum gewesen
und sie hatte sich in eine Illusion verliebt. In einen Mann, den es nie gegeben hatte?
Noch einmal hob sie den dicken Tolstoi hoch über den Kopf, achtete nicht auf ihre kribbelnden Arme. Das Lesezeichen flatterte sanft heraus. Es war noch an der gleichen Seite eingesteckt wie am vorhergehenden Tag. Sie spannte die Muskeln an, war plötzlich wild entschlossen ‚Krieg und Frieden’ für immer über ihr Schicksal entscheiden lassen …
Da fing er an zu schnarchen, sanft erst, dann immer lauter. Seine Nasenhaare vibrierten im Takt.
Einen Augenblick schaute sie gebannt
auf dieses Schauspiel, dann legte sie das Buch mit einem bedauernden Lächeln auf den Nachttisch ...
… morgen vielleicht...
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