Biografien & Erinnerungen
Mein Tagebuch - Salat ist nicht nur gesund...

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"... sondern auch Arbeitsplatz-gefährdend "
Veröffentlicht am 25. März 2022, 16 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Über den Autor:

...ich bin Ines, geboren und aufgewachsen in der ehemaligen DDR, nach der Grenzöffnung und seit dem Auszug meiner 3 Kinder viel unterwegs, woraus sich auch mein spitz- und username vagabundinchen (vagabund + inchen) ergibt. Ich bin ein Typ, mit dem man Pferde stehlen kann (wenn ich das von mir selbst behaupten darf), meine Hobbys sind lesen, schreiben, Fahrrad fahren, wandern, angeln, zelten ...und alles, was Spaß macht. Ich mache ein paar Mal ...
... sondern auch Arbeitsplatz-gefährdend

Mein Tagebuch - Salat ist nicht nur gesund...

Salat ist nicht nur gesund...






... sondern gefährdet auch den Job


So, nun hatte ich also wieder eine Arbeit nach... ja, wie lange eigentlich? Ich glaube, das waren knapp 2 Jahre. In denen ich aber keine Gelder vom Staat bekommen hatte. Ich lebte ja damals mit den 3 Kindern und meinem Mann auf dem Hof von einem Gemüsebauern zur Miete. Und da mein Mann bei dem Großbauern für kleines Geld angestellt war, fielen immer genügend Eier und saisonales Gemüse ab, um uns alle satt zu bekommen. Was sonst noch fehlte, bezahlte mein Mann eben von seinem mageren Gehalt. Wie gesagt, wir waren schon immer sehr genügsam.

Und in der DDR aufgewachsen, da dachte ich zumindest nicht unbedingt daran, dass jeder Pfennig später einmal für die Rente wichtig wäre. Und mir war nicht klar, dass ich, wenn ich ja keine Arbeitslosenhilfe bekam, auch nichts in dieser Zeit für die Rente zurückgelegt wird. Ich war nur stolz, dass ich keine fremde Hilfe benötigte, obwohl mir bestimmt etwas zugestanden hätte. Na ja und die beiden Jahre fehlen mir nun bei meiner Berechnung. Blöd gelaufen, aber im nächsten Leben mach ich es bestimmt einmal besser.

Aber nun war ja alles gut. Ich arbeitete wieder. Und ganz nebenbei konnte ich auch gleich mein Fitnesslevel enorm steigern. Nicht nur, dass ich nun mindestens 10 Stunden an Stück auf den Beinen war und hin und her lief, immer schön im Eilschritt, nein, wir Angestellte durften auch nicht auf dem Parkplatz halten. Und ansonsten gab es weit und breit keine anderen. Die letzte Möglichkeit des Parkens war am Bahnhof, aber der lag auf halbem Weg und da mein Auto auch nicht vor der Tür stand sondern in entgegengesetzter

Richtung in einem Parkhaus, machte das nicht viel Sinn. Also blieb nur das Laufen zum Arbeitsplatz. Und was hier nicht zu erkennen ist: Natürlich lagen sowohl meine Wohnung als auch mein Arbeitsplatz wesentlich höher als die Stadtmitte und der Bahnhof. Das hieß für mich, dass jeder Weg in eine beliebige Richtung mit einem Anstieg endete. Das machte mir anfangs noch ganz schön zu schaffen. Weil ich ja auch noch meist unter Zeitdruck stand. Ja, ich nahm zu der Zeit ziemlich schnell ab, obwohl ich mich in den Pausen nun doch öfter von Mc Donalds Produkten ernährte. Denn für 2 oder 3 Stunden Arbeit durfte man

sich etwas für einen bestimmten Betrag aussuchen. 80 Cent, oder so? Ergab in etwa einen Burger pro Tag. Den man aber auch nur dort essen und nicht mitnehmen durfte. Ich schmuggelte jedoch trotzdem manchmal was raus von dem, was mir laut Arbeitsvertrag zustand. Apropos Arbeitsvertrag. Das war im Grunde genommen ein stinknormales Dokument. Mich wunderte anfangs allerdings, dass bei den Arbeitsstunden jetzt nicht stand, wie viele Stunden pro Woche oder pro Monat gearbeitet werden sollte, sondern im Jahr. Das war schon leicht eigenartig, denn da kam dann eine utopische Summe bei raus. War ein wenig

komisch, hatte aber Methode, wie ich später schnell herausbekam. Aber dazu mehr. Was ich nicht wirklich verstand, war, dass abgelaufene Waren einfach im Müll entsorgt wurden. Einmal hergestellt durfte ein Burger nur eine bestimmte Zeit in der Ablage liegen. 5 oder 10 min oder so. Genau weiß ich das nicht mehr. Was ja ok war. Wenn sehr viel los war, wurde auch schon mal geschummelt und ein älterer Burger in eine neue Verpackung gesteckt und ging somit als neu wieder in die Ablage. Aber das war die absolute Ausnahme. Wir wurden angehalten, genau so viele Teile zu

produzieren, wie auch in dieser bestimmten Zeit über die Ladentheke gingen. Das war natürlich unmöglich. Einerseits durfte ein Kunde nicht länger als 2 min auf sein Essen warten, andererseits durfte kaum was auf Vorrat gemacht werden. Ich hatte es etwas einfacher, denn das panierte Fleisch blieb im Wärmeschrank, bis es gebraucht wurde. Da hatte ich etwas mehr Spielraum. Und obwohl wir alle wirklich versuchten, vorausschauend zu produzieren, landeten am Ende jeder Stunde so viele Lebensmittel im Müll, dass man damit zwei bis drei Zehnliter Eimer füllen

konnte. Die standen nämlich für den Kunden nicht sichtbar unter der Ablage. Und mussten stündlich geleert werden. In eine Extra Tonne im umzäunten Außengelände, die dann zur Futterverwertung alle paar Tage abgeholt wurden. Aus den abgelaufenen Speisen durften wir uns nicht bedienen, darauf stand zwar nicht die Todesstrafe, aber die sofortige Entlassung. Und das wurde ernst genommen. Ich habe einmal erlebt, wie ein Arbeitskollege eine Abmahnung bekommen hatte, weil er sich gedankenverloren ein Stück Salatblatt in den Mund gesteckt hat, was auf der Arbeitsplatte liegengeblieben war. Entlassen wegen einem Fitzelchen

SALAT! War eben verboten. Gegen den Arbeitsvertrag verstoßen. Kann man nix machen. Ich arbeitete mich schnell ein. Aber das war nun auch nicht wirklich schwer, weil die Arbeitsschritte alle genau vorgeschrieben waren und sich im Grunde immer nur wieder wiederholten. Das hatte man schnell drauf. Da alle Mitarbeiter im Rotationsverfahren arbeiten sollten, musste jeder mal überall eingearbeitet werden. Es gab zwei Tschechische Mitarbeiter, eine männlich Person in der Küche und eine weibliche am Tresen, die

irgendwie das Sagen zu haben schienen. Jedenfalls kommandierten die ziemlich viel die Neuen herum. Und Neue gab es ständig neu. :-) Ich machte mich am Besten in der Küche und da fühlte ich mich auch am Wohlsten. Schließlich verstand ich viele Bayern noch nicht wirklich gut und da ist man bei dem Bestellungen aufgeben eher ungeeignet. Damals gab es am Freitag immer einen Sonderrabatt für alle, die vorher im Kino waren und um 23 Uhr Hunger auf einen Burger bekamen. Die stürmten dann um diese Zeit unseren Laden, weil auf der Rückseite des

Kinotickets ein Gutschein abgedruckt war. Natürlich kamen alle zur gleichen Zeit. Und das kurz vor Feierabend. Ich habe Freitage gehasst! Die meiste Zeit übernahm ich in der Küche die Seite mit den Fritteusen. War also zuständig für alle Burger mit panierten Pattys wie Fischburger, Mc Chicken, … und natürlich den Nuggets. Ich arbeitete sauber und schnell und eigentlich war alles gut. War jetzt nicht wirklich mein Traumjob, aber ich verdiente soviel Geld, dass ich mich und meinen Sohn ernähren konnte. Und auch noch ein klein wenig übrig blieb für den Urlaub oder mal ein Konsolenspiel für

meinen Ableger. Also alles war gut. Warum ich trotzdem nicht lange dort blieb, erfahrt ihr beim nächsten Mal. Für heute ist Schluss. Ich wünsche euch allen da draußen noch einen schönen Abend … und passt auf euch auf. Euer vagabundinchen

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Über den Autor

vagabundinchen
...ich bin Ines, geboren und aufgewachsen in der ehemaligen DDR, nach der Grenzöffnung und seit dem Auszug meiner 3 Kinder viel unterwegs, woraus sich auch mein spitz- und username vagabundinchen (vagabund + inchen) ergibt. Ich bin ein Typ, mit dem man Pferde stehlen kann (wenn ich das von mir selbst behaupten darf), meine Hobbys sind lesen, schreiben, Fahrrad fahren, wandern, angeln, zelten ...und alles, was Spaß macht. Ich mache ein paar Mal in der Woche Linedance und probiere gerne mal was Neues aus. Freundschaften sind mir sehr wichtig. Wenn ihr mir schreiben wollt, dann traut euch ruhig. Ich beiße nicht.
Ansonsten viel Spaß beim Lesen...

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